Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Große von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von einer Vision zu sprechen im Rahmen dessen, was heute angemahnt wurde, halte ich für verfehlt. Ich meine, dass das, was Sie heute vorlegen, Herr Minister Rupprecht, bisher wirklich nur ein Wunsch ist. Strukturell sind Sie zwar auf dem richtigen Wege - bezüglich des Ziels, Inklusion, sind wir uns ja einig -, aber das, was Sie an Rahmenbedingungen schaffen, reicht nicht aus. Sie sind auch nicht in der Lage - das werden wir heute Nachmittag im Zusammenhang mit dem Schulressourcenkonzept noch ausführlich debattieren -, das, was Sie eigentlich wollen, so auszustatten, dass es funktioniert. Wir haben im Rahmen des Schulressourcenkonzepts gerade im Bereich Grundschule eine sehr schlechte Ausstattung mit Lehrerinnen und Lehrern. Darüber müssen wir nachdenken. Wenn Sie vorhaben, FLEX flächendeckend einzuführen, frage ich mich, warum das nicht mit der Schulgesetznovelle, die immerhin die 17. war, getan wurde.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Warum haben wir das nicht hinbekommen? Warum sehe ich in diesem Schulressourcenkonzept nichts zu dieser von Ihnen als Vision formulierten Ausstattung der flexiblen Eingangsphase? Warum haben wir immer noch keine Sonderschulpädagogen, die wir dort dann installieren könnten? Nur 44 % der Grundschulen haben eine halbe Stelle im Bereich Sonderpädagogik. Es gibt aber an allen Grundschulen mit gemeinsamem Unterricht oder in den Förderklassen sehr viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf der verschiedensten Ausprägungen - Lernen, emotionale, soziale Förderbedarfe, Sprache usw. Der Sonderpädagoge mit der halben Stelle an dieser Schule hat nur eine Ausbildungsrichtung. Der kann alldem nicht entsprechen. Das müssen wir ändern, wenn unsere Vision wirklich Inklusion ist.

Es reicht mir übrigens nicht, diese Vision zu haben. Wenn wir sie umsetzen wollen, müssen wir ganz schnell, möglichst ab morgen, Sonderpädagogen ausbilden, damit wir die Lehrerinnen und Lehrer im gemeinsamen Unterricht befähigen, mit Kindern umzugehen, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Das Hauptproblem ist doch, dass die Kolleginnen und Kollegen dafür nicht ausgebildet sind und bei 28 Wochenstunden, die eine Grundschullehrerin arbeitet, die Zeit auch gar nicht ausreicht, sich mit dem Sonderpädagogen mit der halben Stelle zu verständigen, damit die Förderung beim Kind auch wirklich ankommt.

Wir haben also sehr viel mehr Probleme. Ich wünschte mir, dass wir demnächst nicht über die Sicherung der Förderschulen, sondern über die Förderung von Kindern mit individuel

Meine Damen und Herren, ich läute noch nicht die Sommerferien ein, sondern schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/4764

Wir beginnen mit der Frage 1284 (Braunkohlestudie), die die Abgeordnete Hackenschmidt stellt.

Die Braunkohlestudie wurde vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben, um später eine Entscheidung hinsichtlich der Versorgungssicherheit des Landes Brandenburg mit Energierohstoffen treffen zu können.

Ich frage die Landesregierung: Inwieweit wurden weitere Studien, Gutachten oder Potenzialanalysen für alle anderen Energieträger, fossile oder alternative, als Grundlage zur Fortschreibung der Energiestrategie des Landes in Auftrag gegeben?

Herr Minister Junghanns, wir sind gespannt auf die Antwort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete Hackenschmidt, zu den erneuerbaren Energien liegen folgende Potenzialanalysen im Entwurf vor bzw. werden erarbeitet: Das eine ist die Studie zur Biomasseverfügbarkeit in Brandenburg, erstellt im Rahmen des Programms INTERREG-III-B. Sie liegt vor.

Eine Potenzialanalyse für erneuerbare Energien einschließlich einer Bewertung der Potenzialerschließung bis 2020 sowie eine Untersuchung zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung, erstellt im Rahmen der Netzstudie Brandenburg, liegt als Zwischenbericht vor. Eine Bewertung der künftigen Rolle von Importenergieträgern - den tradierten Energieträgern Erdöl, Erdgas, Steinkohle - wird durch die Prognos AG im Rahmen ihres Auftrags zur Unterstützung der Erstellung der Energiestrategie erstellt. Diese Felder werden auf diese Art und Weise beackert. - Danke schön.

Es gibt eine Nachfrage von der Abgeordneten SteinmetzerMann.

Herzlichen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung der Frage eines Kommunalpolitikers meines Wahlkreises. Trotzdem habe ich Nachfragen zur Braunkohlestudie.

In der Beantwortung meiner drei Fragen zur Studie sagten Sie, dass durch die Bekanntgabe dieser Ergebnisse keine wirtschaftlichen Nachteile für die Lausitzregion entstanden seien.

lem Förderbedarf reden. Das ist es, was das Land zu leisten hat. Hier gibt es noch erhebliche Defizite.

Eines will ich Ihnen sagen, das ist auch meine Erfahrung aus der gestrigen Schulkonferenz an der James-Krüss-Sprachheilschule: Es kann nicht sein, dass die unteren Behörden, sprich die Schulämter und die sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstellen, das Gesetz unterlaufen und sagen, es gebe grundsätzlich keine Förderklassen und keine Förderschulen zum Beispiel im Bereich Sprache. Das kann nicht sein. Wir haben im Gesetz geregelt - ich möchte, dass auch so verfahren wird -, dass alle Möglichkeiten des bisherigen Gesetzes ausgeschöpft werden, um diesen Kindern eine Chance zu geben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Senftleben. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, eines ist deutlich geworden: Es gibt Unterschiede in der Beurteilung der aktuellen Lage, aber es gibt auch viele Gemeinsamkeiten. Es ist wichtig, dass wir diese einmal deutlich herausstellen. Deswegen herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die heute gesprochen haben. Auch im Bildungsausschuss haben wir es uns in den letzten Jahren nicht leicht gemacht und Entscheidungen zu dieser Thematik zu treffen bzw. inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Aber eines muss auch klar sein: Wenn sich die einen für ein erfolgreiches, bewährtes System der Förderschulen und die anderen für ein aus ihrer Sicht genauso gutes System des gemeinsamen Unterrichts stark machen, dann darf man da keinen Widerspruch hineininterpretieren. Vor allem darf man die Einführung dieses Systems im Land Brandenburg nicht übers Knie brechen, wenn die Bedingungen dafür noch gar nicht vorhanden sind. Deswegen war unser Ansatz heute, den Pädagogen, die vor Ort - auch im Vorfeld - eine wichtige Arbeit leisten, Dank auszusprechen, und ihnen zu sagen, dass wir weiterhin auf ihre Arbeit und ihr Engagement an den Förderschulen, an den Grundschulen, an den Oberschulen und damit auch im gemeinsamen Unterricht bauen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Eines muss klar sein: Wir brauchen die Förderschulangebote im Land Brandenburg, weil sie nun einmal eine gute Möglichkeit sind, den Unterricht gemeinsam zu gestalten. Deswegen müssen wir ihren Wert insgesamt steigern. Es ist an der Zeit, über die Möglichkeit der Ausbildung von Sonderpädagogen im Land Brandenburg nachzudenken, die Unterrichtszeiten der Förderschulen denen der Grundschulen anzupassen, um Chancengleichheit zu gewährleisten, und ein gemeinsames Lernen zu gestalten. - Herzlichen Dank. Ich wünsche allen Lehrerinnen und Lehrern schon jetzt schöne Sommerferien.

(Zuruf: Und den Schülern?)

Den Schülern natürlich auch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Fragen lauten: An welchen Kriterien machen Sie diese Aussage fest? Wird diese Auffassung von den Verantwortungsträgern in den Kommunen geteilt?

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das hat wohl nichts mit der Frage der Abgeordneten Hackenschmidt zu tun, die sich ausdrücklich darauf ausrichtet, zu fragen, was noch wie untersucht wird. Sie fragen jetzt nach einer Bewertung der Studie in Bezug auf eine Frage, die Sie ein andermal gestellt haben und die ich beantwortet habe. Ist es so?

Nein, es geht um die Braunkohlestudie.

Hier geht es nicht um die Braunkohlestudie; hier geht es um etwas ganz anderes.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zu den Spielregeln: Nachfragen dürfen sich natürlich nur auf die Beantwortung einer hier gestellten Frage und nicht auf frühere Äußerungen des Ministers beziehen. Insofern hat er korrekt geantwortet.

Ich rufe jetzt die Frage 1285 (Gleichwertige Lebensbedingun- gen als Verfassungsauftrag) auf, die in Stellvertretung der Abgeordneten Kaiser von der Abgeordneten Wöllert gestellt wird.

Vor 15 Jahren wurde die Landesverfassung in einem Volksentscheid angenommen. Diese Verfassung fixiert in Artikel 44 den besonderen Auftrag an das Land, in allen Landesteilen gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen und zu erhalten. In seiner Regierungserklärung vom 27. Oktober 2004 hatte der Ministerpräsident dies aufgegriffen und betont:

„Ziel allen politischen Handelns muss und wird es sein, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sicherzustellen und den Menschen gleiche Chancen ihrer Entfaltung zu ermöglichen.“

Frau Kaiser fragt die Landesregierung: Welche Fakten sprechen zur Mitte der Wahlperiode dafür, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und gleiche Chancen heute in höherem Maße gesichert sind als vor zweieinhalb Jahren?

Der Ministerpräsident wird seine Aussagen erläutern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst gute Besserung für Frau Kaiser.

Gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteilen zu schaffen und zu erhalten ist ein Staatsziel von hohem Stellenwert. Die Landesregierung ist diesem Ziel in besonderer Weise verpflichtet und arbeitet daran ressortübergreifend in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen auf regionaler und kommunaler Ebene. Es gibt kein Politikfeld, das davon ausgenommen ist.

Bei den Entscheidungen, zum Beispiel über die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderpolitik - hier im Hause heftig diskutiert -, aber auch der Landesplanung, der Arbeitsmarktpolitik, der medizinischen Versorgung im Land und auch bei Standortentscheidungen wird genau dieses offenkundig.

„Gleichwertig“ bedeutet allerdings nicht „gleich“, bedeutet auch nicht „gleichförmig“. Räumliche Vielfalt von Lebensbedingungen lebt ja gerade von einer ebenso großen Vielfalt an individuellen und auch gemeinschaftlichen Leitbildern und Lebensformen, Bedürfnissen, Interessen, Idealen und Bindungen.

Diese Vielfalt möglicher Lebensformen bedeutet für uns in Brandenburg auch eine wichtige Standortqualität, gerade auch in Ergänzung zur Metropole Berlin. Die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Lebensbedingungen kann jedoch immer nur in dem Maße - das haben wir in den vergangenen 17 Jahren schmerzhaft gelernt - gesichert werden, wie es die wirtschaftliche Situation des Landes und der Bewohnerinnen und Bewohner ermöglicht. Hier hat Brandenburg in den letzten Jahren - in dieser Legislaturperiode - wichtige Schritte voran getan. Die Wirtschaftsleistung des Landes wächst kontinuierlich. Die Zahl der Arbeitslosen geht Monat für Monat zurück. Das ist natürlich nicht nur, aber auch ein Ergebnis der Neuausrichtung der Landespolitik, der Prioritätensetzung im Haushalt und der Konzentration auf die räumlichen und sektoralen Stärken in allen Landesteilen.

Gleichwertigkeit muss mit jeder Maßnahme, mit jeder Aufgabe, die erfüllt wird, angestrebt werden. Allerdings sollten wir uns nicht einbilden, dass irgendwann ein Endzustand erreicht ist. Es bleibt eine tägliche Herausforderung.

Der zitierte Artikel 44 verknüpft das Staatsziel mit der Strukturförderung, die bekanntlich auf Landes-, Bundes- und EUEbene erfolgt. Die Landesregierung hat das Staatsziel auf allen drei Ebenen verfolgt und dabei der Entwicklung des Landes und der Landesteile sowie den deutlich veränderten Rahmenbedingungen Rechnung getragen.

Zwei dieser sich in den letzten Jahren stark verändernden Bedingungen will ich hier beispielhaft kurz anführen - den demografischen Wandel, dessen Auswirkungen auf die einzelnen Landesteile, wie wir wissen, sehr unterschiedlich sind, und die Veränderungen in der EU-Strukturförderung aufgrund unserer eigenen Entwicklung und der Entwicklung der Europäischen Union als Ganzes. Wir haben dieser und anderen Entwicklungen mit einer veränderten Strukturförderung und der Prioritätensetzung in der Landespolitik, wie Sie wissen, Rechnung getragen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Ich begrüße unsere soeben eingetroffenen Gäste vom Gymnasium Senftenberg, eine zwölfte Klasse. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!