Protokoll der Sitzung vom 12.09.2007

Ich habe eine Frage zu Studienanfängerzahlen im Land Brandenburg und beziehe mich - ich hoffe, Sie gestatten das - nicht nur auf den „Bildungsmonitor 2007“, sondern vor allen Dingen auf die jüngst veröffentlichte Bertelsmann-Studie, die man unbedingt mit heranziehen muss. Diese Studie attestiert uns unter anderem, dass Brandenburg die niedrigsten Studienanfängerzahlen habe. Meine Frage hierzu: Stimmt das? Wie geht die Landesregierung mit diesen Aussagen um?

Frau Ministerin Wanka wird hierauf antworten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Studien und den entsprechenden Empfehlungen ist es so eine Sache. Bei der angesprochenen Bertelsmann-Studie gab es zwei Zahlen zum Hochschulsystem Brandenburg. Zum einen Herr Niekisch fragte danach - hieß es: Brandenburg hat die niedrigsten Studienanfängerzahlen. - Die Studienanfängerzahlen eines Landes haben auch etwas mit der Zahl der Hochschuleinrichtungen zu tun. Brandenburg ist ein Land, das 1990 fast hochschulfrei war. Wir haben jetzt - gemessen an anderen Ländern - ein kleines Hochschulsystem. Dies hat zwei Gründe: zum einen trotz der großen Aufbauleistung - weil am Anfang fast nichts da war - und zum anderen die Tatsache, dass nach der Wende in Berlin plötzlich zum Beispiel im Bereich Veterinärmedizin wie auch in vielen anderen Fächern riesige Angebote vorhanden waren, sodass sie nicht - quasi ein zweites Mal - in Brandenburg aufgebaut werden mussten. Das heißt, Brandenburg hat also ein kleines Hochschulsystem. Demzufolge ist völlig klar, dass die Zahl der Studienanfänger, die wir pro Jahr haben, entsprechend klein ist. Das könnte man nur ändern, indem man neue Hochschulen baute.

Interessanter ist aber die Frage, wie gut das System wirklich ist. Werden die Plätze, die wir aufgebaut haben, genutzt? Kommen die Studienanfänger nach Brandenburg?

Es geht an dieser Stelle nicht nur um die Brandenburger, sondern um die Zahl der Studienanfänger generell. Dabei haben wir in Deutschland die traurige Situation, dass in den letzten Jahren die Zahl der jungen Leute, die zum Studium gehen, gesunken ist, und dies, obwohl wir im OECD-Vergleich schon eine nicht so hohe Studienanfängerzahl haben. Beispielsweise ist im Jahr 2006 - das sind die neuesten Zahlen, die uns vorliegen - die Zahl der Studienanfänger bundesweit um 3,5 % zurückgegangen. Das bedeutete zum Beispiel in Sachsen einen Rückgang um fast 10 % sowie in Baden-Württemberg um 3 %. Es gab drei Bundesländer, in denen die Studienanfängerzahlen gestiegen sind, und dazu gehört auch Brandenburg. Gemessen daran, wie wir unser System auslasten und wie attraktiv wir sind, ist Brandenburg jedoch besonders gut. Deshalb ist eine Aussage bezüglich der niedrigsten Studienanfängerzahlen, die etwas Negatives suggeriert, völlig unsinnig.

Es gibt natürlich auch Punkte, die man kritisieren kann, aber in diesem Punkt sind wir richtig gut, und wir müssen uns anstrengen, dass dies auch so bleibt. Ich denke, das Wichtigste, damit das so bleibt, ist eine hohe Qualität des Studiums; deshalb muss man dort investieren. Wir bekommen jetzt im Rahmen des Hochschulpaktes Gelder vom Bund und haben zum Beispiel im Brandenburger Haushalt, den wir nachher diskutieren werden, auf diese Summe noch einmal dieselbe Summe an Landesmitteln zur Verbesserung der Qualität des Studiums gerade in den ersten Semestern - obendrauf gelegt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Dr. Niekisch hat noch Fragebedarf.

Frau Ministerin, vor diesem Hintergrund hat ja die Landesregierung und auch Ihr Haus eine interessante Werbe- und Imagekampagne gestartet. Wenn Sie zum Beispiel in Berlin „Unter den Linden” aus der S-Bahn steigen, dann fällt Ihnen sofort ein roter Adler ins Auge, auf dem steht: „Greif dir deine Chance!“ Das soll bedeuten: klare Betreuungsverhältnisse; intensives, qualitätsvolles Studieren. Dies macht überall Furore. Die Frage ist: Gibt es hier schon erste Anzeichen einer positiven Wirkung dieser Werbung für Brandenburgs Hochschulstandorte?

(Zuruf von der SPD: Aber natürlich! - Zuruf der Abge- ordneten Tack [DIE LINKE]: Das ist peinlich!)

Wenn man seriös ist - Frau Tack, hören Sie zu -, muss man feststellen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen können, wie viele Studienanfänger wir in diesem Jahr haben, weil wir uns noch in der Bewerbungsphase befinden.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Genau!)

Die Zahlen sind gut, aber mittlerweile bewerben sich die jungen Leute ja an drei bis acht Stellen. Daher wollten wir die Ent

scheidung für den Standort Brandenburg mit der Werbekampagne befördern.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Die Frage ist offenbar recyclebar und kann wiedergestellt werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich rufe die Frage 1352 (Zwangsanschluss der ehemaligen Ge- meinde Briesensee an die zentrale Wasserver- und Abwasser- entsorgung) auf, die der Abgeordnete Norbert Schulze stellen wird.

Entgegen dem Willen der Bürgerinnen und Bürger wurde die ehemalige Gemeinde Briesensee im Zuge der Eingemeindung in das Amt Lieberose (Oberspreewald) an die dortige Wasserverund Abwasserentsorgung angeschlossen.

Denjenigen Bürgerinnen und Bürgern - zum Beispiel die dortige Ortsbürgermeisterin und ihre Familie -, welche sich dem Anschlusszwang bis heute verweigern, wurde inzwischen mit der zwangsweisen Vollstreckung des Anschlusszwangs gedroht, und zwar selbst dann, wenn von ihnen dezentrale Wasserver- bzw. Abwasserentsorgungssysteme installiert wurden.

Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: Welche Maßnahmen wollen Sie im Rahmen der Kommunalaufsicht ergreifen, um für die Bürgerinnen und Bürger von Briesensee, welche dezentrale Wasserver- bzw. Abwasserentsorgungssysteme installiert haben, eine Befreiung vom Anschlusszwang zu ermöglichen?

Der Innenminister wird darauf antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die vor der Gemeindegebietsreform 2003 selbstständigen elf Mitgliedsgemeinden des ehemaligen Amtes Oberspreewald haben durch Beschluss ihrer Gemeindevertretung die kommunalen Aufgaben der Abwasserbeseitigung auf das Amt übertragen. Ein entsprechender Beschluss wurde auch in der ehemals selbstständigen Gemeinde Briesensee gefasst. Nach dem Aufgabenübergang auf das Amt und nach dem Abschluss eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens beschloss der Amtsausschuss in seiner Sitzung am 29. Mai 1997 den Abschluss eines Betreibervertrages über die Entsorgung des Schmutz- und Fäkalwassers im Amtsgebiet.

(Bochow [SPD]: Das ist ja noch gar nicht lange her!)

Die erste Abwasserbeseitigungssatzung hat der Amtsausschuss in seiner Sitzung am 11. März 1998 beschlossen. Sofern es in diesem Zusammenhang um die Durchsetzung des satzungsgemäßen Anschluss- und Benutzungszwanges bzw. eine Befreiung vereinzelter Grundstücke im Ortsteil Briesensee geht, so

sind dem geschilderten Sachverhalt keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Handelns des Amtes zu entnehmen. Somit ist auch kein Tätigwerden der zuständigen unteren Kommunalaufsichtsbehörde, des Landrats des Landkreises DahmeSpreewald, notwendig.

Im Übrigen wurden im konkreten Fall der Ortsbürgermeisterin des Ortsteils Briesensee Vollstreckungsmaßnahmen des Amtes zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwanges mittels Ersatzvornahme bis zum Abschluss des in der Sache anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorerst ausgesetzt. Ich denke, dieses verwaltungsgerichtliche Verfahren wird den Sachverhalt klären.

Herr Schulze hat weitere Fragen.

Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, damit bei den Betroffenen die zwangsweise Vollstreckung des Anschlusszwanges unterbleibt?

Keine.

Danke, das ist eine klare Antwort.

Ich rufe die Frage 1353 (Ergebnisse Zentralabitur 2006/2007 der Schulen in freier und öffentlicher Trägerschaft) auf, die die Abgeordnete Geywitz stellt.

Mich interessieren die Ergebnisse in den Fächern des Zentralabiturs 2006/2007 an den öffentlichen und freien Schulen im Land Brandenburg.

Der Bildungsminister wird darauf eingehen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Geywitz, kurze Frage - kurze Antwort: In diesem Jahr sind an 89 öffentlichen Gymnasien sowie an neun Gymnasien in freier Trägerschaft Abiturprüfungen abgelegt worden. Die Gesamtauswertung ist noch nicht ganz fertig, aber ich kann Bezug nehmend auf Ihre Frage schon zu einigen Leistungskursfächern Stellung nehmen: Ich vergleiche die Ergebnisse der schriftlichen Abiturprüfung in den Leistungskursfächern des Zentralabiturs, und zwar in den vier sogenannten großen Fächern, in denen die Mehrzahl der Schüler Abitur schreibt: Deutsch, Mathematik, Englisch und - traditionell auch immer sehr stark vertreten - Biologie.

Im Leistungskurs Deutsch wurde in der schriftlichen Abiturprüfung an öffentlichen Gymnasien ein Schnitt von 8,3 Punkten erreicht, an den freien Gymnasien von 7,5 Punkten. - Viel

leicht als Erläuterung für diejenigen, die noch - wie ich - ihr Abitur ohne Punkte absolviert haben: 8 Punkte entspricht der Note „befriedigend“.

Im Fach Mathematik ist die Differenz größer: An den öffentlichen Gymnasien wurden im Schnitt 9,5 Punkte erreicht, an freien Schulen 8,2 Punkte - also ein Unterschied von immerhin 1,3 Punkten.

Im Leistungskursfach Englisch lagen die öffentlichen Gymnasien bei 9,3, die freien Gymnasien bei 9,5 Punkten.

In Biologie - wie gesagt, traditionell sehr oft gewählt schwankten die Ergebnisse zwischen einem Punktwert von 8,9 Punkten an den öffentlichen und 8,4 an den freien Schulen.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass im Durchschnitt bei diesen wichtigen Prüfungsfächern in den Leistungskursen in etwa befriedigende Leistungen erreicht wurden. In drei Fächern haben die öffentlichen Schulen besser abgeschnitten, in einem Fach - und zwar in Englisch, was für mich nicht überraschend war - die freien Schulen.

Ich möchte hinzufügen: Sie haben nur nach dem Zentralabitur gefragt. Aber interessant ist auch, welche Durchschnittsnote am Ende auf dem Abiturzeugnis steht. Das ist die sogenannte Gesamtqualifikation, in die alle Leistungen und nicht nur die Prüfungsnoten einfließen. Hier gibt es eine komplette Übereinstimmung: Sowohl bei den öffentlichen als auch bei den freien Schulen ergibt sich eine Durchschnittsnote von 2,4.

Ich will diese Ergebnisse nicht ausführlich bewerten, jedoch zeigen sie eindrucksvoll, dass der oftmals unterstellte Unterschied im Leistungsstand zwischen öffentlichen und freien Schulen offensichtlich ein Klischee bzw. Märchen ist. Die Schulen unterscheiden sich, gemessen am Leistungsstand, nicht signifikant voneinander, und diesbezüglich Vorurteile zu haben ist nicht angebracht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich rufe die Frage 1354 (Erneu- erbare-Energien-Branche: Bundesdeutsches Klimaschutzpro- gramm erreicht EU-Ziele nicht) auf, die der Abgeordnete Thiel stellt.

Nach Auffassung von Vertretern der Erneuerbare-EnergienBranche und prominenten Energie- und Klimaexperten bleibt die Bundesregierung mit ihrem kürzlich im brandenburgischen Meseberg beschlossenen Klima- und Energieprogramm weit hinter ihren eigenen Ausbauzielen für erneuerbare Energien zurück. Gleichzeitig werden die unter deutscher Ratspräsidentschaft festgeschriebenen Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen auf europäischer Ebene regelrecht unterlaufen. Ein wesentlicher Grund ist auch das unzureichende Konzept zur Förderung von Wärme aus erneuerbaren Energien.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie beurteilt sie die im Meseberger Klima- und Energieprogramm beschlossenen Maß

nahmen der Bundesregierung, die nach Aussage der Landesregierung maßgeblich in die Landesstrategie einfließen sollen?

Minister Dr. Woidke wird darauf antworten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thiel, ich gehe davon aus, dass Sie wissen, dass in Meseberg kein von der Bundesregierung ausgearbeitetes offizielles Klimaprogramm, wie es Ihre Frage impliziert, verabschiedet wurde, sondern ein Eckpunktepapier, das 29 Bereiche, in denen die Bundesregierung in den nächsten Monaten konkrete Beschlüsse fassen will, benennt. Deutschland wird für die Periode von 2008 bis 2012 seinen Kyotoverpflichtungen nachkommen. Deutschland ist im Bereich Klimaund Umweltschutz nicht etwa europäisches Schlusslicht - das lässt sich aus Ihrer Frage beinahe so heraushören -, sondern war und ist im Klima- und Umweltschutz europäischer Vorreiter, und ich habe keinen Zweifel daran, dass das so bleiben wird.

Schon heute über die Erfüllung von Klimaschutzzielen im Jahr 2020 zu spekulieren und zu sagen, die Ziele könnten nicht erreicht werden, weil das Eckpunktepapier dies nicht detailliert belege, halte ich für Kaffeesatzleserei. Die spekulative Überschrift der Anfrage „Erneuerbare-Energien-Branche: Bundesdeutsches Klimaschutzprogramm erreicht EU-Ziele nicht“ entspricht nicht der Sachlichkeit, die wir für die Erreichung der Ziele und die Bewältigung der Herausforderung „Klimawandel“ brauchen.