Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, dass die bereits hier im Saal Sitzenden den aufmerksameren Teil des Publikums darstellen,

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

aber dass dies der Behandlung der Sache keinen Abbruch tut.

(Zurufe von der SPD)

Schon beim letzten Mal gab es die Kritik, dass dies möglicherweise kein geeignetes Thema für grundsätzliche Erwägungen ist. Nur, Kollege Holzschuher, heute, vor der 2. Lesung, hatten wir noch einmal Gelegenheit, das Protokoll der ersten Debatte nachzulesen. Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass es hier angesichts der aus meiner Sicht immer noch grundlegend berechtigten Kritik Missverständnisse gab.

Ich habe wiederum kein Verständnis für eine Auffassung, wonach man sich den Amtsanwälten nicht inhaltlich zuwenden sollte. Wer weiterhin die zentrale Ausbildung des Amtsanwaltsdienstes anstrebt, der sollte damit natürlich auch etwas bezwecken. Die Möglichkeit der Ausbildung durch das Land Brandenburg wird nicht genutzt. Es stellt sich also die Frage: Wem nützt es? Dem Land Brandenburg, so hört man, würde die Einrichtung eines eigenen Studiengangs wahrscheinlich teurer kommen als diese nun erneut vereinbarte zentrale Ausbildung

durch das Land Nordrhein-Westfalen. Aber es ist Sache der Koalitionsfraktionen, das Agieren der eigenen Landesregierung als alternativlos darzustellen. Ich habe mir abgewöhnt, solche Beschwörungen zu glauben. Nie ist etwas alternativlos in der Politik.

Insofern, Frau Ministerin, wiederholen wir hier unsere Kritik aus der 1. Lesung. In der Gesetzesvorlage kann das Parlament sehr wohl erwarten, dass auf die zu erwartenden Kostensteigerungen und ihren Umfang hingewiesen wird - ein Problem, das nicht nur diesen Gesetzentwurf kennzeichnet.

Die Tätigkeit der derzeit 36 Amtsanwältinnen und Amtsanwälte im Land Brandenburg ist durchaus schwierig. In den Staatsanwaltschaften des Landes leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der sogenannten leichten Kriminalität. Das betrifft Trunkenheitsdelikte, Hausfriedensbruch und leichtere Vermögensdelikte. So tragen sie einen Großteil der Aktenberge der Staatsanwaltschaften ab. Seit einiger Zeit werden solche Verfahren vorrangig im beschleunigten Verfahren verhandelt. Damit besteht die Gefahr, dass man beabsichtigt, den Amtsanwälten vermehrt andere Deliktgruppen zuzuteilen.

Wir warnen die Landesregierung, die Deliktfelder für die Amtsanwälte auf die Fälle schwerer Kriminalität auszuweiten, wie es andere Bundesländer bereits vormachen. Bei diesen schwierigeren Delikten ist eine lange und fundierte Ausbildung erforderlich, und damit steht und fällt auch die Qualität der Rechtsprechung; denn das Gericht kann nur so gut urteilen, wie die Staatsanwaltschaft vorher ermittelt hat und plädiert.

Die Verlängerung der theoretischen Ausbildung von vier auf sechs Monate bei entsprechender Verkürzung des praktischen Teils stellt keine wirkliche Verlängerung und Verbesserung der Ausbildung dar. Der Einsatz von Amtsanwälten bei Fällen der schweren Kriminalität wird sich auf Dauer nicht wirklich rentieren. Insofern wird meine Fraktion dem Gesetz zum Staatsvertrag heute nicht im Wege stehen. Einer Ausweitung der Tätigkeit der Amtsanwältinnen und Amtsanwälte zur Haushaltskonsolidierung werden wir jedoch eine Absage erteilen. Die rechtspolitischen Rahmenbedingungen und den künftigen Einsatz von Amtsanwälten gilt es abzustecken, unabhängig von diesem Staatsvertrag. Das fordern wir bei Gelegenheit dieser Debatte ein. Es lohnt eben doch, und der Gesamtüberblick durch die Große Anfrage zur Situation der Justiz zwingt es uns geradezu auf, sich auch scheinbar weniger bedeutsamen Justizthemen zu widmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank, Herr Sarrach. - Das Wort erhält der Abgeordnete Holzschuher. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Sarrach, ich habe das Protokoll der letzten Plenarsitzung zu diesem Thema nicht nur gelesen, ich habe es gleich mitgebracht.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Ich wollte einmal gucken, ob ich jetzt verstehe, nachdem ich es beim Lesen nicht verstanden habe, was eigentlich der grundsätzliche Ansatz im Umgang mit diesem Staatsvertrag ist. Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich das verstanden habe. Möglicherweise kritisieren Sie im Staatsvertrag bzw. im Gesetzentwurf, dass nicht ausdrücklich auf die konkreten Kosten hingewiesen wird, die anfallen. So weit, denke ich, habe ich Sie verstanden. Sie sagen aber selbst, es gibt Mehrkosten. Ich bin nicht sicher, ob sich die beziffern lassen. Ich sagte hier aber bereits vor einem Monat: Diese Mehrkosten sind aus meiner Sicht gut investiertes Geld, weil die Amtsanwaltsausbildung eine wichtige Angelegenheit ist, und sie ist darüber hinaus alternativlos, weil es mit Sicherheit viel höhere Mehrkosten verursachen würde, wenn wir uns dieser bundeseinheitlichen Linie nicht anschließen würden, sondern Amtsanwälte vor Ort im Land Brandenburg oder gemeinsam mit dem Land Bayern das wäre wohl die Alternative, wenn ich das richtig verstehe ausbilden ließen. Das ist, glaube ich, auch nicht der richtige Weg.

Im Übrigen sehe ich an dem „großen“ Interesse der Kollegen, dass dieses Thema nicht ganz so grundsätzliche Bedeutung hat wie das, wozu ich heute Morgen reden durfte, sodass ich hoffe, dass wir jetzt gemeinsam diesem Gesetzentwurf zustimmen und uns dann alle gemeinsam anderen Themen zuwenden können. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Schulze.

(Schulze [SPD]: Norbert Schulze! - Bochow [SPD]: So viel Zeit muss sein!)

Ich hatte in die richtige Richtung geschaut, Herr Abgeordneter Christoph Schulze.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verwaltungsoptimierung und Rechtsangleichung erfordern durchdachte Lösungen, gerade in personalpolitischer Hinsicht. Die organisatorische Zusammenfassung der justizinternen Ausbildung am Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen und die derzeitige Organisation der Fortbildung von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern für die Tätigkeit des Amtsanwalts können nur ein provisorischer Zustand sein. Deswegen ist die Einrichtung eines gemeinsamen Studienganges für den Amtsanwaltsdienst und die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamtes notwendige Konsequenz.

Da Amtsanwälte im Bereich der Strafrechtspflege im Rahmen ihrer Ermittlungsverfahren und Verhandlungen ausschließlich Bundesrecht, insbesondere die Strafprozessordnung, anwenden, muss die Vorbereitung und Prüfung schon im Interesse einer einheitlichen Strafrechtspflege länderübergreifend besser koordiniert werden.

Die Verlängerung der theoretischen Ausbildung auf sechs Monate ist insofern zu begrüßen, als die Kandidaten letztlich keine volljuristische Ausbildung mitbringen. Daher muss, auch wenn es sich um staatsanwaltliche Tätigkeiten im Bereich sogenann

ter Bagatellkriminalität handelt, die Ausbildung einen dennoch einigermaßen ausreichenden Umfang haben.

Die Beschlusslage im Hauptausschuss war fraktionsübergreifend einstimmig, und wir werden dem Gesetzentwurf wie auch der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete von Arnim. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Grunde genommen wie beim letzten Mal vor vier Wochen: Es ist den genannten Themen eigentlich nichts hinzuzufügen.

Herr Sarrach, Sie sprechen mit Recht noch einmal die Frage der Kosten an. Ich bleibe dabei: Es ist richtig, dass wir so verfahren und die Ausbildung im gemeinsamen Auftrag mit Nordrhein-Westfalen durchführen, auch unter dem Aspekt, dass wir im Moment etwas mehr zahlen. Ich habe letztes Mal schon darauf hingewiesen, dass wir bislang mietfrei dort untergekommen sind. Dass das nicht auf Dauer von NordrheinWestfalen getragen werden kann, ist verständlich. Von daher bleibe ich dabei, dass wir mit der Lösung, die wir hier anstreben, den richtigen Weg gewählt haben.

Ich bitte um Annahme des Antrags. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Ministerin Blechinger. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Da nicht alle das Protokoll der letzten Landtagssitzung vor sich haben, gestatte ich mir noch ein paar kurze - die Betonung liegt auf kurze - Ausführungen über den Gesetzentwurf. Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes eröffnen die Möglichkeit, das Amt des Staatsanwalts vor den Amtsgerichten durch einen Amtsanwalt ausüben zu lassen. Diese Möglichkeit hat das Land Brandenburg wie die meisten anderen Bundesländer genutzt, und es hat mit dieser Entscheidung gute Erfahrungen gemacht.

Die im Land tätigen Amtsanwälte leisten eine wertvolle und erfolgreiche Arbeit an den Amtsgerichten unseres Landes. Voraussetzung dafür ist eine umfassende Ausbildung sowohl in fachwissenschaftlicher als auch in praktischer Hinsicht. Diese Ausbildung stellen wir seit Jahren gemeinsam in enger Abstimmung mit dem Land Nordrhein-Westfalen sicher. Auch mit dieser Zusammenarbeit haben wir gute Erfahrungen gemacht, Erfahrungen, die wir nicht nur mit dem Land Berlin, sondern auch mit den anderen Bundesländern, die diesen Staatsvertrag ebenfalls ratifiziert haben, teilen.

Mit dem Abschluss des Staatsvertrages setzen wir die Zusammenarbeit fort und stellen sie auf eine gesicherte rechtliche Grundlage. Zugleich wird die Ausbildung modifiziert. Durch die Verlängerung der fachtheoretischen Ausbildung wird den gestiegenen beruflichen Anforderungen entsprochen. Diese Verlängerung ist, darüber sind sich alle Fachleute einig, notwendig, und sie entspricht außerdem einer langjährigen Forderung des Deutschen Amtsanwaltsvereins.

Eine längere theoretische Ausbildung kostet mehr Geld, das ist nicht zu vermeiden. Worin die weitere Kostensteigerung beruht, hat der Abgeordnete von Arnim schon erläutert.

Ich denke, zum Abschluss des Staatsvertrages gibt es keine vernünftige Alternative. Wir werden in den nächsten zehn Jahren vielleicht 10 bis 15 Amtsanwälte ausbilden. Dafür eine eigene Ausbildungsstruktur im Land Brandenburg aufzubauen wäre nicht wirtschaftlich. Es besteht auch keine Notwendigkeit, nach einer Alternative zu suchen, da wir mit der bisherigen Ausbildungsstruktur gute Erfahrungen gemacht haben. Sie sichert bundesweit vergleichbare Standards und eine vielseitige Einsetzbarkeit der Absolventinnen und Absolventen. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass wir diese bewährte Form der Kooperation fortsetzen. Diese Entscheidung liegt nicht nur im Interesse unserer künftigen Amtsanwaltsanwärter, sondern auch im Interesse der rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger, die von uns eine qualifizierte und seriöse Ausbildung der Amtsanwälte verlangen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Die Aussprache ist damit beendet, und ich rufe zur Abstimmung auf.

Es liegt Ihnen in Drucksache 4/5290 die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 2. Lesung einstimmig angenommen und verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz über die Errichtung der „Stiftung EuropaUniversität Viadrina Frankfurt (Oder)“ (StiftG-EUV)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/5174

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur

Drucksache 4/5305

Ich eröffne die Aussprache. Der Abgeordnete Jürgens von der Fraktion DIE LINKE erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn der Landtag heute das Gesetz über die Errichtung der Stiftung EuropaUniversität Viadrina Frankfurt (Oder) beschließt, beschließt er damit ein Stück Hoffnung. Anders kann man es wohl nicht nennen, wenn die positiven Effekte eines Gesetzes, wenn überhaupt, dann erst in 10 oder 15 Jahren eintreten werden. Trotz allem gibt es gute Gründe, Hoffnung zu haben. Die Stiftungsuniversität Viadrina wird die erste ihrer Art in den neuen Bundesländern sein. Brandenburg ist damit Vorreiter. Dass es die Viadrina als deutsch-polnische Hochschule ist, die diesen Schritt als Erste geht, hat unbestritten Symbolkraft. Ebenso ist es ein deutliches Signal der Hoffnung an die Brandenburger Peripherie, in der Frankfurt (Oder) liegt, dass nicht alles auf den Speckgürtel fokussiert wird. Als Stiftung, so die Hoffnung der Viadrina und auch der Landesregierung, ist das Einwerben von privaten Spenden wesentlich einfacher. Diese Hoffnung klingt berechtigt; bietet doch die Stiftung wesentliche fiskalische Vorteile.

Allerdings - insoweit ist es eben zunächst nur eine Hoffnung konnte bisher keine Stiftungshochschule in Deutschland diesen Vorteil überzeugend nutzen. Diese Anmerkung fiel unter anderem in der Anhörung im Wissenschaftsausschuss. Leider gibt es sogar Fälle wie den der Universität Witten/Herdecke, in denen sich die Hoffnungen überhaupt nicht erfüllten und die Hochschulen Insolvenz anmelden mussten. Dies ist bei der Viadrina als öffentlicher Stiftung glücklicherweise nicht zu erwarten. Auch die zweite Hoffnung der Viadrina, eine stärkere Identifikation mit der Hochschule und der Stadt zu erreichen und somit als Imagefaktor für die Region zu dienen, ist eine berechtigte Hoffnung.