Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

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Es liegt die Dringliche Anfrage 50 (Sozialticket für Branden- burg) vor, die von der Abgeordneten Tack gestellt wird.

In der Debatte um den Doppelhaushalt 2008/2009 wurde vonseiten der Landesregierung gegen die Einführung eines Sozialtickets in Brandenburg vor allem mit der Begründung argumentiert, dass dafür kein Geld zur Verfügung stehe und dies ohnehin in die Verantwortung der Kreise falle. Laut Presseveröffentlichungen will der Ministerpräsident bzw. die Landesregierung nun doch ab 1. September 2008 ein Sozialticket in Brandenburg einführen.

Ich frage die Landesregierung: Für welchen Benutzerkreis, zu welchen Bedingungen und mit welcher finanziellen Unterstützung des Landes soll das Sozialticket eingeführt werden?

Herr Minister Dellmann, bitte.

(Zuruf des Abgeordneten Lunacek [CDU])

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, sehr geehrter Herr Lunacek, der Landtag hat sich intensiv mit der Volksinitiative beschäftigt und sie abgelehnt. Der Landtag hat sich in seiner letzten Sitzung nicht explizit gegen ein Sozialticket in Brandenburg ausgesprochen. Er hat vor allen Dingen ganz klar gesagt, dass er der Landesregierung den Auftrag gibt, die bestehenden Systeme im Land Brandenburg zu evaluieren und den zuständigen Fachausschüssen einen Bericht vorzulegen. Genau das ist die Grundlage dafür, dass sich die Landesregierung weiter mit diesem Thema zu beschäftigen hat. Unabhängig davon ist es natürlich sinnvoll, dass sich auch die demokratischen Parteien im Land Brandenburg mit diesem Thema weiterhin beschäftigen.

Es liegen erste Evaluierungsergebnisse vor. Es gibt verschiedene Landkreise, die Sozialtickets eingeführt haben, und zwar mit unterschiedlichen Ausformungen. Es hat sich bei dieser Evaluierung ganz klar herausgestellt, dass die Idee der Volksinitiative, ein Sozialticket nur auf den Bereich eines Aufgabenträgers bezogen zum halben Preis eines VBB-Umwelttickets anzubieten, nicht tragfähig ist. Das kann und sollte eine Möglichkeit sein, über weitere Lösungen nachzudenken. Bisher gibt es keine abschließende gemeinsame Auffassung innerhalb der Landesregierung. Darüber wird in der Koalition noch zu reden sein. Aber ich glaube, dass der Grundsatz, dass die Landkreise für diese Themen die primäre Zuständigkeit haben, nach wie vor gewahrt ist. Nur kann und sollte das Land darüber nachdenken, ob über dieses Maß hinaus etwas möglich ist.

Wir haben uns im zuständigen Verkehrsministerium im Rahmen unserer Tätigkeit im Rahmen des Verkehrsverbundes Ber

lin-Brandenburg, der im Übrigen hinterher für die Tariffestsetzung zuständig ist, mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ich kann sagen, dass durchaus finanzielle Spielräume vorhanden sind, um hier Möglichkeiten zu eröffnen.

(Zuruf des Abgeordneten Lunacek [CDU])

- Ich will das gerne erläutern. Es ist so, Herr Lunacek, dass der gesamte ÖPNV und SPNV aus Regionalisierungsmitteln finanziert wird. Es wird übrigens gerade das Schülerferienticket eingeführt, das als gemeinsame Initiative für das Land Brandenburg aus diesen Mitteln finanziert wird. Im Bereich des VBB gibt es Rückflüsse. Das heißt, es sind Mittel völlig außerhalb des brandenburgischen Haushaltes vorhanden, die gezielt eingesetzt werden können. Es ist eine politische Entscheidung innerhalb der Koalition, Herr Lunacek, und innerhalb der Landesregierung, hierzu Vorschläge zu erarbeiten.

Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung in den nächsten Wochen einen einvernehmlichen Vorschlag unterbreiten können wird, plädiere aber eindeutig dafür, dies nicht über eine Neuverschuldung oder unter Inkaufnahme weiterer Haushaltsbelastungen zu finanzieren, sondern nur im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten. - Vielen Dank.

Vielen Dank. Es gibt Nachfragen. Frau Tack, bitte.

Herr Minister, die Möglichkeiten sind vielfältig. Ich habe ausdrücklich nicht nach der Volksinitiative gefragt, sondern daran erinnert, dass wir eine Haushaltsdebatte hatten, in der es einen Antrag zur Einführung eines Sozialtickets in Brandenburg gab, und meine Fragen daran festgemacht.

Stimmt es, dass das Finanzierungsmodell 50 % Land, 40 % Landkreise und 10 % Verkehrsunternehmen die Grundlage zur Finanzierung des Sozialtickets ist, wenn Sie Ihren Koalitionspartner mit in das Boot geholt haben? Das war offensichtlich Gegenstand der Zustimmungsdiskussion im Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes.

Eine zweite Frage: Warum bemühen Sie sich nicht, dieses Sozialticket sofort bzw. baldmöglichst einzuführen und nicht erst zum 1. September? Das hat einen sehr eigenartigen Beigeschmack von einem Wählergeschenk. Sie werden nicht vergessen haben, dass Ende September Kommunalwahlen sind.

Eine dritte Frage: Wie ist der Stand der Diskussionen mit den Landkreisen und der Evaluierung? Wir wissen alle, das es bisher nur in zwei Landkreisen ein Sozialticket gibt.

Frau Tack, ich möchte noch einmal ganz klar sagen: Es gibt keinen Vorschlag der Landesregierung, sondern es gibt Vorschläge einer politischen Partei, und es steht mir an dieser Stelle nicht zu, diese zu bewerten, obwohl ich persönlich ein hohes Maß an Sympathie habe. Wir werden darüber zu diskutieren haben.

Die Frage, inwieweit die Verkehrsunternehmen bereit wären, sich daran zu beteiligen, ist in den Gremien des VBB diskutiert

worden. Weil die Verkehrsunternehmen davon ausgehen, dass dann auch mehr Fahrgäste diese Angebote nutzen werden, wären sie bereit, sich mit 10 % daran zu beteiligen. Die anderen Dinge sind, wie ich glaube, der Diskussion innerhalb der Koalition und der Landesregierung vorbehalten.

Ich möchte daran erinnern, dass der Landtag ganz klar gesagt hat, dass im II. Quartal ein Evaluierungsbericht vorgelegt werden soll. Das werden wir machen. Ich glaube, es ist dann im Zusammenhang mit dem Evaluierungsbericht an den Landtag sinnvoll, diesen konkreten Vorschlag hier vorzulegen.

Es gibt eine weitere Nachfrage. Herr Kollege Lunacek, bitte.

Da Sie hier als Minister der Landesregierung stehen und nicht als Mitglied des Landesvorstandes der SPD, stelle ich Ihnen, Herr Minister, die Frage, wie es kommt, dass Sie hier das glatte Gegenteil von dem erklären, was uns Herr Finanzminister Speer vor wenigen Wochen erklärt hat. Der sagte damals, dass es keine finanziellen Spielräume gibt. Sie sagen, dass es finanzielle Spielräume gibt. Wer hat denn nun Recht?

Wir haben beide Recht, aus dem ganz einfachen Grunde, weil sich Herr Finanzminister Speer auf den Landeshaushalt bezog. Im Rahmen des Landeshaushalts gibt es selbstverständlich keine finanziellen Spielräume. Sie wissen allerdings auch, dass beispielsweise durch den Streik bzw. durch Schlechtleistungen von Verkehrsunternehmen Rückflüsse zu verzeichnen sind, das heißt, dass die Verträge nicht zu 100 % ausgeschöpft worden sind. Über diese finanziellen Spielräume rede ich. Diese Mittel sinnvoll zu nutzen, darum geht es. Das sind vorhandene Mittel, die dem Land Brandenburg über den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zur Verfügung stehen. Darüber sollten wir gemeinsam reden. Deshalb sind unsere beiden Aussagen richtig.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 1621 (Stand der Ein- führung des elektronischen Baugenehmigungsverfahrens in Brandenburg), die der Abgeordnete Gujjula stellen wird.

Mit der Novelle der Brandenburgischen Bauordnung im Jahr 2004 wurde mit der Einführung der sogenannten Konzentrationswirkung der Baugenehmigung ein wirkungsvoller Beitrag zur Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren geschaffen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Bearbeitungszeiten bei den jeweiligen unteren Bauordnungsbehörden zum Teil signifikante Unterschiede aufweisen.

Um zu einer höheren Qualität des Baugenehmigungsverfahrens zu kommen und insbesondere die Bearbeitungszeiten zu verkürzen, hat das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg das Projekt der Elektronischen Baugenehmigung gestartet.

Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Stand der Einfüh

rung des Elektronischen Baugenehmigungsverfahrens in Brandenburg?

Herr Minister Dellmann, Sie haben wiederum das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Gujjula, die Landkreise haben die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörden wahrzunehmen. Wir können feststellen, dass wir im Land Brandenburg recht unterschiedliche Situationen haben und es den Wunsch bzw. die Forderung gibt, dass die Baugenehmigungsverfahren qualifizierter durchgeführt werden. Diese Forderung kommt aus dem Bereich der Wirtschaft, der Industrie, aber vor allen Dingen auch vonseiten der Ingenieure und Architekten. Deshalb war es für uns wichtig, gemeinsam mit den Landkreisen und auch den Städten und Gemeinden - einige Städte wie Schwedt, Eisenhüttenstadt oder Eberswalde nehmen die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde wahr - über die Einführung eines modernen elektronischen Baugenehmigungsverfahrens nachzudenken.

Wir als Land Brandenburg sind Schrittmacher. Ich freue mich, dass Kollege Schönbohm in den nächsten Tagen auf der CeBIT in Hannover gemeinsam mit unserem Haus der Öffentlichkeit dieses elektronische Baugenehmigungsverfahren wird vorstellen können; es ist wirklich eine gemeinsame Arbeit. Das Verfahren gliedert sich in drei Elemente: elektronische Bau-Beauskunftung; eigentliche Behördenbeteiligung, also das, was behördenintern stattfindet; elektronischer Bescheid. Es ist ein Angebot an die Städte und Gemeinden, keine Pflicht. Wir gehen davon aus, dass sich bis zum Jahr 2009 sämtliche unteren Bauaufsichtsbehörden daran beteiligen werden. Die ersten zwei Phasen haben 16 von 21 Bauaufsichtsbehörden eingeführt. Ich gehe davon aus, dass sich die restlichen fünf - darunter Frankfurt (Oder) und Cottbus - zeitnah anschließen werden. Wir werden also eine zentrale Anlaufstelle schaffen, und ich gehe davon aus, dass sich die Bearbeitungszeiten dadurch noch einmal deutlich verkürzen werden.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 1622 (Bodenreformflä- chen für den BBI), die die Abgeordnete Tack stellt.

(Abgeordneter Gujjula [SPD] meldet sich.)

- Ich habe nicht registrieren können, dass Sie eine Nachfrage angemeldet haben.

Circa zehn Flächen Bodenreformland sollen für den Bau des BBI in Schönefeld genutzt werden. Einen Teil davon hat das Land Brandenburg an die Flughafengesellschaft veräußert. Zwei Flächen wurden bereits überbaut. Für den größeren Teil der Flächen wurde der Verkauf Anfang Februar gestoppt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen auf den zeitlichen Fortgang des Baugeschehens, einschließlich der nötigen Finanzierung der Flächen, ergeben sich aus dieser Situa

tion?

Herr Minister Junghanns bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, nach derzeitigem Kenntnisstand hat die Brandenburgische Bodengesellschaft, die mit der Verwertung der Flächen betraut worden ist, folgenden Bearbeitungsstand: Zwei Flächen - das sind die von Ihnen genannten überbauten betreffen den sogenannten Standort „Umsiedlungsort Neu-Diepensee“; die sind verkauft, das ist abgeschlossen. Sie betreffen nicht Betriebsflächen des Flughafens. Das gilt auch für die anderen Fälle. Es gibt drei weitere derartige Bodenreformflächen, die im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens veräußert werden. Das betrifft drei Flurstücke in der Gemarkung Waltersdorf, ca. 2 000 m2. Da geht es um Flächen, die für die Schienen- und Straßenanbindung des Flughafens gebraucht werden. Sie wissen, als Konsequenz aus dem Urteil ist das Verfahren gestoppt worden, und es wird nach Recht und Gesetz, wie es vorhin deklariert worden ist, behandelt. Es gibt fünf weitere in Waltersdorf gelegene Grundstücke, die ebenfalls der Schienen- und Straßenanbindung unterliegen. Bis dato ist dafür ein Antrag gestellt, und es wird nach dem gleichen Verfahren, wie es im Rahmen der Regierungserklärung beschrieben worden ist, vorgegangen. - Danke.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Frau Tack.

Herr Minister, ist schon abschließend geprüft, welche Auswirkung die Tatsache, dass der Flächenverkauf gestoppt wurde, auf die Umsetzung des Planfeststellungsverfahrens hat? Denn diese Flächen werden ja in jedem Fall gebraucht, um eine Straßen- und Schienenerschließung für den Flughafen zu realisieren.

Frau Tack, da Sie sehr gut mit dem gesamten Projekt vertraut sind, wissen Sie sicherlich, dass es im Zuge der Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses zu einer großen Anzahl von Eigentumsübergängen zugunsten des Projekts gekommen ist. So, wie bisher mit den Grundstücken verfahren wurde, wird auch mit den im Zusammenhang mit den Straßen- und Schienenanbindungen stehenden Flächen bzw. anstehenden Verfahren umgegangen. Das heißt, wir gehen nach Gesetzesgang in die Kaufverhandlungen mit den Eigentümern und werden einen Interessenausgleich zugunsten des BBI suchen.

Die Frage war, ob der Planfeststellungsbeschluss infrage gestellt wird.

Nein.

Die Frage 1623 (Internetapotheken) wird vom Abgeordneten Karney gestellt.

In Gesprächen mit Apothekern, auch in meinem Wahlkreis, wird uns Abgeordneten immer wieder signalisiert, dass sie es als externe Bedrohung empfinden, dass Bürger ihre Medikamente zunehmend über Internetapotheken beziehen. Die Apotheker befürchten, dass diese Entwicklung langfristig dazu führt, dass etablierte Apotheken vor dem Aus stehen könnten.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die diesbezügliche Entwicklung im Land Brandenburg?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.