Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

Das Problem könnte sein, dass Prozesse hinter dem Rücken von engagierten Akteuren ablaufen, manchmal auch in der Art, dass plötzlich doch noch Geld da ist, um künstlerische Einrichtungen mit Weihnachtsgeschenken zu beglücken. Das ist schön, aber Standard darf das nicht werden.

Kulturpolitik in der Demokratie geht anders. Dialog gehört dazu; das sagen auch Sie. Hier gibt es wiederum bereits bei Aristoteles einen wichtigen Hinweis für brandenburgische Politik. Er unterscheidet nämlich zwischen Erwerbslehre und Lehre zum Zwecke der Geldvermehrung. Bei ersterer geht es um die Schaffung von Gütern und dem Guten. Das ist richtig und erstrebenswert. Die Menschen müssen sich dabei auf Dialog und

Kooperation - Interaktion - einlassen. Im zweiten Fall geht es nur noch um Geld. Transparenz stört hier. Das aber, so der alte Grieche, sei das widernatürlichste Tun allen Tuns der Menschen.

Ich bitte Sie noch einmal: Stimmen Sie unserem Antrag zu und erfüllen Sie die Aufgabenstellung meinetwegen auch vorfristig. - Danke.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, damit sind die Beiträge zu diesem Punkt erschöpft. Ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Evaluierung der Kulturentwicklungskonzeption des Landes Brandenburg, Drucksache 4/5821, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 3 und wünsche Ihnen eine kulturvolle Mittagspause bis 13 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 11.58 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.04 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treten in die Nachmittagssitzung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Schulkostenausgleich

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/5822

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Große spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Während sie zum Pult kommt, begrüße ich ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Oberschule Mühlenbeck. Herzlich willkommen bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schade für die Schülerinnen und Schüler, dass sie sehen müssen, wie gering das Interesse an diesem Thema ist!

(Klein [SPD]: Ganz im Gegenteil!)

Aber vielleicht füllt sich der Raum noch. Es sitzen also nur die Interessierten da, das ist auch schön.

Auch Kollege Baaske ist leider nicht anwesend, aber ich sage es trotzdem. Er hantiert gern mit Beispielen, wie wir gestern wieder einmal erleben durften. Gestern waren es Fridolin und

Herr Kubicek. Ich versuche es heute auch einmal mit einem Beispiel. Eigentlich hatte ich die Hoffnung, zumindest den Fraktionsvorsitzenden der SPD zu überzeugen. Aber das wird nun nicht funktionieren.

Das Beispiel ist aus dem wirklichen Leben. Es geht um einen Jungen - ich nenne ihn Max -, der elf Jahre alt ist und in einem Ackerbauerstädtchen mitten in Brandenburg wohnt. Er hat alle Voraussetzungen erfüllt, die Eliteschule des Sports in Cottbus zu besuchen. Max ist ein Fußballgenie. Er war auf Platz 11 der Auswahl für diese Eliteschule. Zehn Schüler wurden aber nur genommen, weil in Cottbus auch Plätze für Kinder aus anderen Bundesländern vorgehalten werden müssen. Es gab dann die Empfehlung, sich im „Ausland“, also in Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, zu bewerben. Dort wurde Max genommen. Der Haken: Mecklenburg-Vorpommern stützt den Internatsplatz für „Ausländerkinder“ nicht, das heißt, 510 Euro zuzüglich Verpflegungskosten sollten von den Eltern getragen werden. Da es aber nur einen alleinerziehenden Vater gibt, war dies nicht möglich.

Max ist nun glücklicherweise dennoch im zweiten Jahr in Neubrandenburg, weil er das Glück hatte, dass seine Kommune wahrlich keine vermögende - als Schulträger die Internatskosten zunächst übernahm. Ein Hinweis für die SPD-Abgeordneten: Der Bürgermeister ist sozialdemokratisch engagiert und spielt Fußball; auch die Stadtverordnetenversammlung hat offensichtlich dafür Interesse. Dies jedenfalls würde aber bis zum Ende der Schulzeit für die Kommune so teuer werden, dass die ersten Gemeindevertreter jetzt schon kalte Füße bekommen. Im schlimmsten Fall für den Jungen, der jetzt in der 8. Klasse ist, müsste das Ganze abgebrochen werden. Das wäre die Katastrophe für das Kind, für die Eltern und natürlich auch für den Fußball in der Fußballnation Deutschland.

Brandenburg verhält sich mit Kindern aus anderen Bundesländern solidarischer; das soll hier zunächst positiv angemerkt werden. Es gibt hier keine Unterschiede zwischen landeseigenen und landesfremden Kindern. Wer aber bezahlt die Spesen? Sicher das Land auch, vor allem aber die Schulträger. So verblieben der Stadt Potsdam beispielsweise als Schulträger der Sportschule für 90 Schüler aus anderen Bundesländern nach Abzug des Schullastenausgleichs im Jahr 2007 Ausgaben in Höhe von 221 302 Euro, die nicht in Rechnung gestellt werden konnten und damit vom Schulträger aufzubringen waren. Die Stadt Frankfurt hat im Jahr 2006 für 78 Schülerinnen und Schüler der Sportschule und drei Schülerinnen und Schüler am Gauß-Gymnasium 161 789 Euro aufwenden müssen. Eigentlich ist das alles kein Anreiz, Sport-, Mathe- und ähnliche Talente aus anderen Bundesländern in Größenordnungen zu fördern. Ähnliches beklagt übrigens auch die Sportschule in Cottbus.

Ziemlich stiefmütterlich geht das Land mit den eigenen Landeskindern um, die in einem anderen Bundesland eine Spezialschule besuchen wollen, weil ein adäquates Angebot in Brandenburg nicht existiert. Sie erhalten nämlich kaum Unterstützung und sind auf finanzkräftige Eltern angewiesen. Beispielsweise hat ein benachbartes Bundesland seine Regelungen in der Weise geändert, dass den dortigen Schulträgern nach einer Übergangsfrist für landesfremde Kinder kein Schullastenausgleich mehr gewährt wird. Das hat zur Konsequenz, dass Schulträger des Nachbarbundeslandes die Aufnahme Brandenburger Schülerinnen und Schüler davon abhängig machen, dass der

anfallende Schulkostenbeitrag entweder von den Eltern oder dem Schulträger, in dessen Bereich das Kind in Brandenburg seinen Wohnsitz hat, bezahlt werden muss.

Derart ungleiche Bedingungen sind im Sinne der Förderung besonders begabter Kinder - davon gibt es wahrlich nicht allzu viele - einfach nicht hinnehmbar. Vor allem werden Potenziale nicht ausgeschöpft, Potenziale, mit denen sich Regierungen aller Länder gern schmücken. Die deutsche Kleinstaaterei ist hierbei - wie natürlich ohnehin im Bildungsbereich - eine regelrechte Entwicklungsbremse.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das ist in Zeiten der Globalisierung - Herr Ministerpräsident Platzeck hat es gestern beim Treffpunkt Landtag der SPD-Fraktion auch angesprochen - geradezu anachronistisch.

Da Bildungspolitik aber eben Ländersache ist, werden in absehbarer Zeit kaum einheitliche gesetzliche Regelungen für alle Bundesländer erreichbar sein. Regelungen wären also höchstens durch Staatsverträge zwischen den Bundesländern möglich, doch auch das dürfte bei der Anzahl der Bundesländer eher schwierig sein. Eine Einigung im Kreise der Kultusminister darüber, dass das Entsendeland die Kosten für seine Landeskinder trägt und sie dem Aufnahmeland zukommen lässt, muss doch aber denkbar und möglich sein. Ich bin schon gespannt auf Ihre Antwort, Herr Minister. Ich meine, ehe sich der Bundesrat zu einer Entscheidung hierüber durchringt, die ja aufgrund der Föderalismusdebatte im Moment eher schwierig ist, könnten sich doch die zuständigen Kultus- und in der Regel ganz oft auch Sportminister einigen. Es geht hier nicht um irgendwelche besonderen finanziellen Aufwendungen für dieses Land. Man muss sich einigen, das heißt einen Ausgleich vereinbaren.

Die LINKE erwartet, dass sich die Brandenburger Landesregierung dafür im Bundesrat oder aber in der Kultusministerkonferenz stark macht, eine solche Einigung einfordert und Vorschläge unterbreitet, die im Interesse der Förderung von Kindern mit besonderen, speziellen Begabungen sind.

Meine Damen und Herren der Koalition, mir fehlt diesmal wirklich die Fantasie, aus welchen Gründen Sie das im Antrag formulierte Anliegen ablehnen wollen. Stimmen Sie also einfach einmal zu! Die künftigen Eliten dieses Landes werden es Ihnen danken.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Geywitz.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Große, normalerweise leiden Sie nicht unter Fantasiemangel. - Was den Antrag anbetrifft: Sie haben ein Problem aufgegriffen, das existiert und das uns schon mehrfach beschäftigt hat. Wenn es so einfach zu lösen wäre, wie Ihr Antrag es suggeriert, hätten wir es schon gelöst.

(Ah! bei der Fraktion DIE LINKE)

Ein bisschen komplizierter ist es schon.

Sie selbst haben es in Ihrem Einführungsbeitrag gesagt: Der Bundesrat, der sich laut Ihrem Antrag mit dem Schulkostenausgleich beschäftigen soll, ist dafür vielleicht nicht das richtige Gremium. Ehe sich die Ministerpräsidenten der Länder damit beschäftigt haben, wie die Schulkosten der Sportinternate von Bayern bis Potsdam miteinander verrechnet werden, sind wahrscheinlich unsere Enkelkinder in diesen Schulen.

(Görke [DIE LINKE]: Das ist ja das Schlimme!)

Das können wir nicht wirklich wollen.

Es ist aber richtig, darüber nachzudenken, wie man das Problem löst. Es gibt insoweit eine gewisse Ungleichheit zwischen den Bundesländern. Wir haben in Brandenburg Strukturen, innerhalb derer gerade Sportbegabungen sehr intensiv gefördert werden. Das ist nicht in allen Bundesländern so. Wir sind sozusagen Importeur von Sporttalenten. Das ist sehr schön für die Sportschulen, aber - Sie haben es erwähnt - nicht immer einfach für die Schulträger.

Sie haben in der Begründung zu Ihrem Antrag nicht nur Sport, sondern auch Mathematik als besondere Begabung erwähnt. Es ließe sich jetzt diskutieren - das haben wir in der Schulgesetzdebatte weidlich getan, auch mit Ihrer Unterstützung -, was eine besondere Begabung ist und welche besondere Begabung in eine solche Regelung mit eingefasst werden soll. Was ist zum Beispiel mit den Privatschulen? Zahlen wir dann auch für die Kinder, die irgendwo in Bayern, weil Mutti es möchte, in einem schönen Internat am See sitzen? Das sind alles Detailfragen, die wir im Ausschuss miteinander besprechen sollten.

Ferner ist zu klären: Welche Schulträger betrifft es? Welche Internatstypen meinen Sie? Ich denke, die Sportschulen - es gibt drei große im Land Brandenburg -, die nicht in Ihrem Antrag stehen, die Sie aber bei der Einbringung erwähnt haben, bilden eine Hauptgruppe. Wir müssen uns dann verständigen, was noch weitere Begabungen sind und welche Kriterien man anlegen muss, bevor solch ein Bundesländerfinanzierungsausgleich startet.

Die Anregung, die sich nicht in Ihrem Antrag findet, die Sie aber in der Einbringung aufgegriffen haben, das Anliegen vielleicht doch eher auf KMK-Ebene, unterhalb eines Staatsvertrages, zu klären, ist, glaube ich, zielführend. Obwohl wir Ihren Antrag heute ablehnen werden, weil er formal doch ein paar Fragezeichen hat, würde ich mich freuen, wenn wir das Thema in einer der nächsten Sitzungen des Bildungsausschusses miteinander besprechen könnten. Wir hatten auch in der letzten Sitzung über eine entsprechende Petition zu beraten und haben diese genutzt, um das Ministerium noch einmal zu beauftragen, uns ein paar Detailangaben, zum Beispiel die Anzahl der Schüler, die es betrifft, und eine grobe Kostenschätzung, zur Verfügung zu stellen, damit wir uns wirklich seriös und fundiert mit dem Anliegen auseinandersetzen können. Es reicht nicht, das Problem zu erkennen - das ist geschafft -, sondern wir müssen auch eine Lösung finden, die dem Problem gerecht wird und möglichst schnell umzusetzen ist. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. Frau Geywitz, ich hatte Ihr Ansinnen zunächst so verstanden, dass Sie die Überweisung an den Ausschuss beantragen. Aber da habe ich Sie sicherlich missverstanden.

(Frau Geywitz [SPD]: Ja!)

- Gut.

(Görke [DIE LINKE]: Das wäre aber konsequent! - Dann würden wir das beantragen, wenn sie sich nicht traut, Frau Präsidentin!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Fechner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag hört sich wieder einmal sehr nett an, und er greift auch ein Thema auf, welches Inhalt etlicher Petitionen war. Auch der Bildungsausschuss hat sich während einer der letzten Sitzungen mit einer solchen Petition beschäftigt.