Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass in diesem Bereich aus guten Gründen die kommunale Selbstverwaltung gilt. Von daher sind der Landtag und die Landesregierung nur im Gesetzesrahmen gefordert. Die Entscheidungen müssen in der Tat vor Ort getroffen werden. Das ist auch das, was die kommunalen Aufgabenträger von uns verlangen, dass wir ihnen nämlich auch Spielraum lassen, vor Ort individuell entsprechend den Gegebenheiten mit der Situation umzugehen.
Meine Damen und Herren, die Linkspartei hat hier so sehr an das Gerechtigkeitsgefühl appelliert. Herr Scharfenberg hat das Wortspiel von der Entlastung der Altangeschlossenen, der Altanschließer einfließen lassen - völlig unzutreffenderweise, weil niemand vorhat, die Altangeschlossenen, also die vor dem 3. Oktober 1990 Angeschlossenen, zu belasten.
Sie haben dann so elegant zu der Behauptung übergeleitet, erst durch die letzte Novellierung des Kommunalabgabengesetzes wäre es überhaupt ausgelöst worden. Sie wissen natürlich, dass Brandenburg - hier leben zwar glückliche Menschen - dieses Problem als letztes der fünf neuen Bundesländer, Berlin einmal ausgenommen, aufgegriffen hat. Alle anderen haben es schon getan. Also haben wir auch Gelegenheit, im Rahmen der Prüfaufträge nach Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zu schauen, wie es dort gemacht wurde. In diesen Bundesländern hat man die Arbeit, die mit mehr oder weniger Schmerzen verbunden war - mal für die Bürger, mal für die Landeskasse -, schon hinter sich gebracht. Von daher ist es definitiv falsch, wenn Sie die Verantwortung für die Aufgabe, die jetzt zu lösen ist, einfach auf eine Novellierung des Kommunalabgabengesetzes hier im Landtag Brandenburg abschieben.
Meine Damen und Herren von der Linkspartei, Ihre Anträge beweisen ein weiteres Mal: An einer sachlichen Diskussion über Lösungswege in diesem wie in anderen Problembereichen sind Sie nicht wirklich interessiert. Bei zahlreichen Veranstaltungen zum Thema Abwasser im Land, an denen auch ich teilnehme, bekomme ich das immer mit. Sie versprechen den Menschen alles, was ein Teil von ihnen hören will. Man hat dann erst einmal zu tun, die Bürgerinnen und Bürger wieder mit sachlichen Argumenten vertraut zu machen und ihnen klarzumachen: So einfach, wie Sie es darstellen, ist es leider nicht.
Deshalb, meine Damen und Herren von der Linkspartei, fordere ich Sie auf: Lassen Sie Ihre DDR-verklärende Klientelpolitik einfach beiseite! Widmen Sie sich den wirklichen Aufgaben und Problemen der Menschen hier im Land Brandenburg! Es wäre schön, wenn Sie Ihren Antrag hier so nicht stellen würden. Wir werden - dazu hat auch der Kollege Holzschuher schon eingeladen -, in der weiteren Diskussion, wenn uns die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen, selbstverständlich auch mit Ihnen wieder versuchen, ein sachliches Gespräch zu führen. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben es verdient, aus dem Landtag Brandenburg nicht mit weiteren Fragen überschüttet zu werden, sondern mit möglichst breit getragenen Lösungen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Holzschuher, ich will feststellen, dass das Gesetz nicht unseretwegen geändert werden muss, sondern wegen der zahlreichen Betroffenen.
Zweitens will ich feststellen, dass es offensichtlich eine große Offenheit im weiteren Umgang mit dieser Problematik gibt. Wir haben unterschiedliche Ansätze. Wir haben den Ansatz,
dass es eine volle Entlastung der Altanschließer geben soll. Mit anderen Worten: Sie sollen nicht belastet werden.
Insofern muss ich Sie korrigieren, Herr Holzschuher: Wir sind nach wie vor dafür, dass es eine Stichtagsregelung oder etwas Ähnliches gibt, was dazu beiträgt, eine solche volle Entlastung zu sichern.
Im Übrigen meine ich, dass wir versuchen sollten, diese Gemeinsamkeiten jetzt zu betonen. Wir unterscheiden uns nicht zuletzt dadurch, dass wir der KAG-Änderung nicht zugestimmt haben. Ich muss in dieser Frage Herrn Dombrowski ausdrücklich widersprechen. Sie wissen, dass durch diese Festschreibung im Kommunalabgabengesetz eine Verschärfung der Situation entstanden ist. Das ist umso bedenklicher, als man die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern hier sehr wohl hätte mit einfließen lassen können.
Wir sehen uns hier mit Ihnen in der Verantwortung. Aber die Verantwortung ist nicht die gleiche. - Danke.
Meine Damen und Herren, das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in Drucksache 4/6422 an den Ausschuss für Inneres. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen ohne Enthaltungen ist der Überweisung Folge geleistet worden. Gemäß § 49 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages gilt der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE als mit überwiesen und steht dann auch in der Ausschussarbeit zur Debatte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am 24. Juni haben wir im Hans Otto Theater mit einem Festakt den 10. Jahrestag des Handlungskonzeptes der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ würdig begangen. Viel Lobendes wurde gesagt, und viel Lobenswertes ist auch in den letzten zehn Jahren passiert.
Ich teile die Einschätzung, dass sich in Brandenburg das Klima in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wesentlich verändert hat. Vielerorts wird nicht mehr weggesehen und nichts unter den Tisch gekehrt, sondern es herrscht überwiegend ein offener Umgang mit dem Problem. Dort, wo rechtsextremistische Bestrebungen auftreten und lokale Aktionsbündnisse bestehen, reagieren die Zivilgesellschaft, kommunale Vertretungen und staatliche Organe sofort. Trotzdem muss festgestellt werden, dass wir mit dem Rechtsextremismus in Brandenburg nach wie vor ein Problem haben. Niemand hat das in der Festveranstaltung verschwiegen.
Trotz harter Repressionsarbeit gegen offen neonazistische und gewaltbereite Kräfte, trotz Verbot neonazistischer Kameradschaften, trotz vielfältiger zivilgesellschaftliche Initiativen und ihrer Bündelung im landesweiten „Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt“, trotz des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung, die allesamt nicht gering geschätzt werden dürfen, setzen rechtsextremistische Kräfte ihre Aktivitäten fort, versuchen, sie weiter auszubauen, und finden einen Nährboden in der Gesellschaft dafür. Es stellt sich also für alle Demokraten die Frage: Was ist dagegen weiter zu tun?
In Mecklenburg-Vorpommern hat sich nach dem Einzug der NPD in den Landtag eine Volksinitiative „Für ein weltoffenes, friedliches und tolerantes Mecklenburg-Vorpommern“ gebildet. Ziel war, in die Verfassung des Landes die Friedenspflicht und das Gewaltverbot aufzunehmen und die Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankengutes als verfassungswidrig zu erklären und unter Strafe zu stellen. 17 000 Unterschriften wurden dafür gesammelt.
Die vier demokratischen Parteien SPD, CDU, DIE LINKE und FDP haben diese Initiative aufgegriffen und nach einem viermonatigen parlamentarischen Verfahren und verfassungsrechtlicher Prüfung einen Kompromiss gefunden und die Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern durch einen Artikel 18 a ergänzt.
Warum sollte uns das in Brandenburg nicht gelingen? Gibt es doch hier seit langem den Konsens der Demokraten, dass die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht parteipolitisch instrumentalisiert werden soll. Ich erinnere zum Beispiel an den Antrag des Landtagspräsidenten vom April 2005 „Gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt für ein tolerantes und weltoffenes Brandenburg“.
Im Übrigen haben wir vieles aus dem Konsens von Mecklenburg-Vorpommern in unserem Antrag bereits berücksichtigt.
Es ist an der Zeit, in der Brandenburger Verfassung und auch im Grundgesetz die Regelungen zur Verfassungswidrigkeit der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts aufzunehmen, das auch deshalb, weil der einzige Artikel im Grundgesetz mit direktem Bezug zum Nationalsozialismus, der Artikel 139 in den Übergangsbestimmungen, mit dem Inkrafttreten der Entnazifizierungsabschlussgesetze und mit dem Zweiplus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 obsolet geworden ist, wie kein Geringerer als Roman Herzog festgestellt hat.
Als Staatsziel und Wert wäre die Verfassungswidrigkeit der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts zum einen eine verpflichtende Handlungsanweisung für die staat
Ich will nur daran erinnern: Der Bundesgerichtshof hat im Juni 2005 entschieden, dass die unter Rechtsextremisten übliche Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ nicht strafbar ist. Ich will hier keine Richterschelte betreiben, wie das andere gerne tun; die Richter haben so entschieden, weil die Gesetze nicht exakt sind. Also sind nicht die Richter schlecht, sondern die Gesetze.
Mit einem Verbot der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts könnten die Bürgerinnen und Bürger, die Zivilcourage aufbringen, noch sicherer darauf vertrauen, dass sie staatliche Organe, Polizei und Justiz auf ihrer Seite haben.
Mit dieser Verfassungsänderung würde auch die so wichtige und entscheidende politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gestärkt werden.
Die öffentliche und parlamentarische Diskussion dieses Ansinnens könnte ein deutliches Zeichen für die Wählerinnen und Wähler sein, dass rechtsextremistische Parteien in Brandenburg nicht wählbar sind, weil sie die Grundrechte und Freiheiten und die Demokratie nutzen, um diese letztlich abzuschaffen. Wir als demokratische Politiker aber müssen darüber diskutieren und kritisch hinterfragen, wie wir dazu beitragen können, dass Grundrechte und Freiheiten nicht eingeschränkt werden, dass die Demokratie weiter ausgebaut wird und sich die Interessen der Wählerinnen und Wähler wieder mehr in der Politik widerspiegeln.
Es sollte uns schon zu denken geben, wenn nach einer jüngsten Studie 53 % der Befragten nicht mehr glauben, dass die Demokratie ihre Probleme lösen könne.
Die demokratischen Parteien würden mit dieser Diskussion ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen, zur Willens- und Meinungsbildung beizutragen und die Demokratie zu schützen.
Unser Vorschlag geht übrigens auf eine Initiative der Gewerkschaft der Polizei aus dem Jahr 1994 zurück. Auf ihrem 23. Bundeskongress im November 2006 in Dresden hat die GdP diesen Vorschlag erneuert. Hintergrund dafür war unter anderem, dass Polizistinnen und Polizisten sich nicht selten von der Politik im Stich gelassen fühlen. Sie sind es leid, sich wegen ihres Einsatzes zur Sicherung des verfassungsmäßig verbrieften Grundrechts auf Versammlungsfreiheit mit Worten wie „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!“ beschimpfen zu lassen. Auch für die Gewerkschaft der Polizei ist die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus keine einseitig polizeiliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich aus der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands und dem damit verbundenen Missbrauch der Polizei im Dritten Reich ergibt.
Denen, die sagen, dass im Grundgesetz und in der Verfassung Brandenburgs alles hinreichend geregelt sei, möchte ich widersprechen. Die Regelungen in Artikel 9 - Vereinigungsfreiheit -, Artikel 18 - Verwirkung von Grundrechten - und Artikel 21 Verfassungswidrigkeit von Parteien - des Grundgesetzes sowie in Artikel 20 - Vereinigungsfreiheit - der Brandenburger Verfassung sind eben nicht hinreichend konkret, denn sie benennen das Problem „Rechtsextremismus“ nicht exakt.
Für eine sachgerechte grundgesetzliche Definition wird der Begriff der „Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts“ vorgeschlagen, weil hinreichend bekannt ist, was nationalsozialistisches Gedankengut ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Verbot der Sozialistischen Reichspartei vom 23. Oktober 1952 dieses Gedankengut charakterisiert. Ich nenne nur einige Stichworte aus der Definition: die Lehre vom totalen Staat; die Rassendoktrin und der hierarchische Aufbau; Führer und Gefolgschaft; das Instrument der völkischen, auf Schlagworten von Blut, Boden und Ehre beruhenden Weltanschauung; der Vorrang der „völkischen Lebensgesetze“ nach den Grundsätzen „Recht ist, was dem Volke nützt; Unrecht ist, was ihm schadet“ und „Du bist nichts, dein Volk ist alles“; Aufhebung der Rechtsordnung und ihre Ersetzung durch Willkür.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine behauptete Einschränkung von Grundrechten und ein Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz liegen nicht vor. Die Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts ist durch die Grundrechte nicht gedeckt, eben weil sie auf die Abschaffung dieser Grundrechte und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Wir haben es schon oft gesagt: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in unseren Antrag ganz bewusst die Friedenspflicht und den Grundsatz der Gewaltfreiheit aufgenommen, weil wir damit verdeutlichen wollen, dass wir gegen jegliche Art von Gewalt, die immer mit Extremismus verbunden ist, sind. Man kann es auch anders formulieren: Wir sind gegen jeglichen Extremismus, auch weil er mit Gewalt verbunden ist.
Lassen Sie uns in den Ausschüssen über unseren Vorschlag diskutieren, Experten hören und eine Lösung finden, wie wir einen nicht unwichtigen neuen verfassungsmäßigen Akzent in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus setzen können! Geben wir den Menschen in Brandenburg damit die Gewissheit, dass alle demokratischen Parteien ernsthaft weiter daran arbeiten, Brandenburg toleranter, demokratischer, friedlicher, gewaltfreier und weltoffener zu machen! Rechtsextremismus in Form von Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Heterophobie, Etabliertenvorrechten und Sexismus dürfen in Brandenburg und in der Bundesrepublik insgesamt keine Chance haben!