Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit der Menschen in der Lausitz und in ganz Brandenburg in der Braunkohle weiterhin einen wichtigen Energieträger sieht, wenn es gelingt - es wird uns gelingen -, eine funktionierende umwelt- und klimagerechte Technologie zu finden.
Wie es mit der Energiewirtschaft und -versorgung im Land weitergeht, hängt in erster Linie davon ab, wie tatkräftig die Bürger des Landes, Wirtschaftsunternehmen, Kommunen, Kreise, Bürgermeister, Landräte, Verbände, Initiativen und Verbraucherschützer an der Strategie mitwirken. Wir werden uns weiterhin jedem Gespräch, jeder Diskussion, auch jeder Auseinandersetzung - ich mache es mittlerweile fast täglich - stellen, weil ich das gut und richtig finde. Nur in dieser Debatte können wir unsere Ziele und Strategien so verifizieren, dass am Ende im Interesse der Menschen eine vernünftige und gute Energiepolitik steht.
„Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass es auf eine so komplexe Fragestellung kein einfaches Ja oder Nein geben kann. Die Volksinitiative suggeriert ihren Befürwortern eine Entscheidungsmöglichkeit, die es so jedoch nicht gibt. Das Integrierte Energieprogramm der Bundesregierung muss mit Augenmaß auch in unserer Region umgesetzt werden. Dazu leistet die Energieerzeugung auf Braunkohlebasis ihren innovativen Anteil... Nach fast hundertjähriger Tradition in der Braunkohlenutzung mit all ihren Problemen, aber auch mit Entwicklung und Innovation kann die Abkehr von der Braunkohle kein gangbarer Weg sein, schon deshalb nicht, wenn wir der Forschung zur stofflichen Verwertung den ihr zukommenden Stellenwert einräumen. In unserer Erfahrung liegt unsere Verantwortung, die Nutzung der Braunkohle effizient, umwelt- und klimaverträglich und sozial zu gestalten, und das nicht nur in der Lausitz, sondern weltweit.“
Vorgestern gesagt von Lothar Nicht, Beigeordneter der LINKEN in Cottbus. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. - Danke, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, ich möchte eine Vorbemerkung machen und bitte Sie, das freundlicherweise zu akzeptieren.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie kennen Frau Dr. Enkelmann sehr gut; sie hat dort gesessen. Das ist genauso, wie ich Lothar Nicht kenne, wir uns öfter mal sehen und uns über Dinge austauschen.
Wir werden uns den Satz noch einmal ansehen, den sie formuliert hat. Wenn Sie ihn so zitiert haben, hoffe ich, dass er korrekt war. Trotzdem möchte ich darum bitten, weil Sie Frau Dr. Enkelmann kennen, zur Kenntnis zu nehmen, dass das Stammtischniveau in diesem Parlament nie auf diesem Platz saß. Zu keiner Zeit! Ich glaube also, Sie wissen das besser.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeitsplätze, Klima- und Umweltschutz, Energieversorgung und Preise, Recht auf Heimat - das sind Seiten eines Widerspruchs. Man kann von einer Volksinitiative nicht ernsthaft erwarten, dass sie auf alle Fragen eine Antwort und für alle Probleme eine Lösung hat.
(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Holzschuher [SPD]: Wer Gesetze macht, übernimmt Verantwortung!)
Das ist Aufgabe dieser Regierung, dieses Parlaments. Es steht die Frage im Raum: Was haben Sie denn in den letzten 15 Jahren gemacht, um eine alternative Zukunft für die Lausitz zu gestalten? - Sie haben soeben geradezu für die alternative Energiegewinnung und den neuen Energiemix geworben; das Anliegen teile ich. Sie sagen an der Stelle: Auch vor zehn Jahren wusste noch niemand, wie schnell das passiert.
Wir werben für einen mittelfristigen Ausstieg in 40 Jahren. Das sind vier Mal zehn Jahre, und da kann man schon vier Mal zehn Jahre nicht wissen, was passiert.
Die Volksinitiative hat ihre Priorität zur Lösung eines Widerspruchs zur Debatte und zur Abstimmung gestellt, und sie hat damit die Debatte befördert. Sie ist damit Teil des gesellschaftlichen Dialogs. Das ist und bleibt ihr Verdienst.
Wir wissen: Die Volksinitiative will nicht über Nacht Dunkelheit und Kälte über Deutschland oder Brandenburg oder die Lausitz bringen. Sie rührt keinen einzigen der bereits genehmigten Tagebaue an. Bleiben Sie locker, Herr Baaske: Es geht nicht nur um einen kurzfristigen, sondern um einen mittelfristigen Ausstieg. Noch 40 Jahre, bis 2050, kann in der Lausitz Braunkohlestrom produziert werden.
In den aus den 90er Jahren stammenden Kraftwerken können wir bis 2040 Strom produzieren, in den älteren Blöcken noch bis 2020.
Zum Thema G 8-Gipfel in Japan: Selbst Präsident Bush hat sich dem nun angeschlossen, China und Indien sollen ins Boot. Aber wir sollen als - global gesehen - kleines widerständiges Dorf in Brandenburg die Energieprobleme der Zukunft mit einer Technologie aus dem letzten Jahrhundert angehen. Ich weiß nicht, ob das die Priorität sein kann.
Herr Ministerpräsident, die Zahlen zum CO2-Ausstoß würden ernüchtern, wenn man als Vergleich nicht 1990, sondern 2005 nähme, wie es sich gehören würde.
Im Leitszenario des Bundesumweltministeriums von 2006 für den Primärenergieverbrauch in Deutschland wird die jährliche Verstromung von nur noch etwa 5 Millionen Tonnen Braunkohle angenommen; wir haben jetzt in Brandenburg 40 Millionen Tonnen. Dasselbe Leitszenario des Bundesumweltministeriums geht davon aus, dass 2050 knapp die Hälfte des Primärenergiebedarfs aus erneuerbaren Energien kommt. Das ist die Zukunft. Ich weiß nicht, ob Sie wollen, dass die linke Opposition hier den Plänen der Bundesregierung zum Durchbruch verhilft.
Nun mag CO2-Abscheidung für Deutschland eine Übergangsstrategie sein, und das mag für andere Länder in der anderen Welt auch wirklich anders aussehen; das ist okay. An der Stelle sollten wir uns nicht verkämpfen - andere Länder, andere Lösungen. Dann schauen wir auf die Lösungen hier. Die Volksinitiative Windenergie sei angesprochen.
Ich weiß nicht, ob es nicht sein kann - zumindest will ich die Frage stellen, dass hier dieser massive, schnelle Ausbau - eben nicht im Dialog, nicht mit dem Ziel der Konfliktvermeidung dazu geführt hat, dass die Probleme entstanden sind. Herr Ministerpräsident, ich habe noch nicht darüber nachgedacht, ob ich in die Uckermark fahre. Vielleicht würde ich Sie da bei der Volksinitiative treffen. Das ist ja Ihr Wahlkreis.
Ich bleibe dabei und werbe nachdrücklich dafür: Am Energiedialog führt kein Weg vorbei. Er wird sein, er muss sein. Wir von der LINKEN suchen ausdrücklich nicht die Polarisierung.
Wir haben in der Debatte zur Energiestrategie unsere Fragen formuliert, und ich kann sie gern wiederholen, wenn Sie möchten. Die Fragen sind: Geht es auch ohne die Devastierung von Dörfern? Geht es auch mit weniger CO2? Wie sicher kann man die Bindung der weiteren Braunkohleverstromung an CCS aus
gestalten? Im Augenblick steht nur das Versprechen des Ministerpräsidenten. Schließlich: Solange wir CCS im Alltagsbetrieb nicht haben, so lange haben wir es nicht. Man muss für diesen Fall die Option eines mittelfristigen Ausstiegs zumindest bedenken.
In dem Energiedialog, den wir führen, versuchen Sie, einen Dialogpartner wegzubeschließen. Das ist keine nachhaltige Lösung. Ich werbe dafür, dass wir vom parlamentarischen Schlagabtausch zum Energiedialog im Land kommen und dabei gemeinsam ein Stück klüger werden. - Vielen Dank.
Zum Abschluss der Debatte erhält noch einmal die SPD-Fraktion das Wort. Es spricht die Abgeordnete Gregor-Ness.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Lausitzer hier im Raum! 1984 hat Herbert Grönemeyer einen Hit geschrieben, der auf jedem Konzert von allen Konzertteilnehmern inbrünstig mitgesungen wird. In diesem Lied gibt es eine Zeile, die da lautet: „Dein schwarzes Grubengold hat uns wieder hochgeholt.“ Nun komme ich leider nicht aus dem Ruhrpott, sondern aus der Lausitz, und dieses Lied bezieht sich eigentlich auf Grönemeyers Heimatstadt Bochum. Man hätte die Hymne aber locker auf unsere Stadt Cottbus umschreiben können. Cottbus, meine Heimat, die Lausitz, haben durch, mit und für die Kohle gelebt. Das wollen sie auch weiterhin tun. Nun haben sich die Zeiten seit 1984 geändert. Ob Gott sei Dank oder leider, das liegt, glaube ich, im Auge des Betrachters.
Was ich sagen will, ist: Das Image der Kohle hat sich seitdem gewandelt. Es ist nicht mehr das eines Energieträgers, eines Bodenschatzes, wie der Ministerpräsident schon ausführte, und sie steht auch nicht mehr als Quelle des Wohlstandes im Fokus, sondern die Kohle wird in unseren Breiten- und Längengraden nur noch als Klimakiller bezeichnet. Diese Wahrnehmung können auch nur wir uns in diesen Längen- und Breitengraden leisten, denn wir haben ja sauberen Strom im Angebot, und wir können ihn auch teuer bezahlen. - Weltweit ist es leider nicht so einfach.
Seit langer Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, beschäftigt mich persönlich die Zerrissenheit meiner Region. Diese Zerrissenheit ist mir nicht erst durch die Volksinitiative wieder deutlich geworden, sie hat sich auch noch einmal am vergangenen Sonntag verstärkt, denn das erste Juliwochenende ist in der Lausitz traditionell der „Tag des Bergmanns“ gewesen. Wer die Hunderte Teilnehmer am „Tag des Bergmanns“ erlebt hat, die mit Wehmut im Herzen, aber auch mit Stolz der vergangenen Zeiten gedacht haben, wird verstehen, wie schwierig es in der Lausitz ist, damit umzugehen. Der komplette Verlust von Identität - auch von Heimat - wird schon wahrgenommen. Wenn man heutzutage Industrie nur noch in Form von Industriebrachen - oder, wenn es gut geht, umgestaltet zu einem Schaubergwerk als postmodernes Museum wahrnehmen kann, dann
Heimatverlust hat für uns immer zum Alltag gehört. Doch ich frage mich: Was will DIE LINKE uns eigentlich noch zumuten? 1984, als ich angefangen habe, im Bergbau zu arbeiten, wurde für die Kohle und von der Kohle ohne Rücksicht auf Verluste alles abverlangt. Es ging um Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit, Autarkie, und es ging um Friedenspolitik.
Heute nähern Sie sich, liebe LINKEN, dem Problem von der anderen Seite, allerdings - so mein Gefühl - mit der gleichen Verbohrt- und Verbissenheit.
Die wenigen Vernünftigen in Ihrer Fraktion können sich leider nicht durchsetzen; denn sie unterliegen primär der Parteistrategie und -taktik. Ein so polarisierendes Thema ist natürlich ein ideales Fressen für Strategen und Taktiker. Ich frage Sie ernsthaft: Darf man mit Gefühlen von so oder so Betroffenen so umgehen? Darf man sie politisch missbrauchen?