Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

In diesen Bereichen entsteht im Zusammenhang mit einzelnen Projekten ein kurzfristiger Bedarf an einer hohen Zahl von Arbeitskräften, die aus sogenannten Veranlassmitteln finanziert werden. Das Landesamt hat eigene Grabungskräfte. Da aber der Personalbedarf unregelmäßig auftritt und demzufolge schwankend ist, kann es den Veranlassern nicht zugemutet werden, so lange zu warten, bis eigene Kräfte frei sind. Umgekehrt kann man es dem Steuerzahler nicht zumuten, einen großen Stamm festangestellter Grabungsarbeiter zu finanzieren, die nicht ständig benötigt werden. Ein aktuelles Beispiel ist die Erdgasleitung OPAL, für die derzeit ca. 20 Leiharbeiter beschäftigt sind.

Im Technikbereich der Fachhochschule Eberswalde I wird eine Fachkraft über eine Zeitarbeitsfirma eingestellt.

Die Landesbetriebe greifen zum Abbau von Arbeitsspitzen in Einzelfällen auf die Leistung von Zeitarbeitsfirmen zurück. So werden zum Beispiel im LDS zur Bewältigung von Arbeitsspitzen im Bereich der Haushandwerker bei Umzügen Zeitarbeitskräfte eingesetzt. Zurzeit erfolgt keine Inanspruchnahme; das kann aber wieder geschehen.

Im LGB wird derzeit ein Spezialist von einer Zeitarbeitsfirma für sechs Monate für das Projekt „Errichtung eines Geoportals in Brandenburg“ eingesetzt, da Personal mit der erforderlichen Qualifikation im LGB nicht vorhanden ist.

Ich fasse zusammen: Zeitarbeitskräfte werden immer dann eingesetzt, wenn Arbeitsspitzen entstehen, deren Abarbeitung möglichst zeitnah erfolgen muss, und keine eigenen Kräfte zur Verfügung stehen.

Herzlichen Dank. Es gibt eine Nachfrage, Herr Minister. - Bitte schön, Herr Görke.

Herr Minister Schönbohm, hat die Landesregierung Kenntnis, nach welchen tariflichen Eingruppierungen diese zum Beispiel im Wissenschaftsministerium oder in den nachgeordneten Einrichtungen des Wissenschaftsministeriums tätigen Leiharbeiter bzw. Leiharbeiterinnen beschäftigt werden?

Ich habe davon keine Kenntnis, da das im nachgeordneten Bereich ist und das im nachgeordneten Bereich entsprechend den Vorgaben gemacht wird. Ich kann die Frage nicht beantworten.

Das Wort erhält der Abgeordnete Thiel, der die Frage 1896 (Einordnung des Tagebaus Welzow-Süd Teilfeld II) stellt.

Der Landtag ist am 10.07.2008 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses - Drucksache 4/6472 - gefolgt, nach der Neuaufschlüsse von Braunkohletagebauen von der Landesregierung nur dann genehmigt werden, wenn die dazugehörigen Kraftwerke zur Braunkohleverstromung mit der CCS-Technologie - also Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid - ausgestattet werden. Diese Technologie steht nach übereinstimmender Meinung aller Experten frühestens 2020 großtechnisch zur Verfügung. Die zu versorgenden Kraftwerksblöcke in den Kraftwerken der Brandenburger Lausitz werden aber entsprechend der Planungen von Vattenfall und der Landesenergiestrategie 2020 bis 2020 und darüber hinaus ohne CCS-Technologien arbeiten.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie ordnet sie im Zusammenhang mit der jüngsten Beschlussfassung des Landtages das laufende Braunkohleplanverfahren für den Tagebau Welzow-Süd Teilfeld II ein, das nach Maßgabe dafür vorgese

hener Zeiträume bis spätestens 2014/15 abgeschlossen sein wird?

Herr Minister Dellmann wird die Antwort geben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thiel, sicherlich ist es Ihnen entgangen, dass es sich bei dem Teilabschnitt II, wie der Name Welzow-Süd Teilfeld II schon sagt, nicht um einen Neuaufschluss handelt, sondern um eine Fortsetzung des ersten Teilabschnittes. Sie wissen sicherlich auch - oder es ist Ihnen entfallen -, dass dieser Teilabschnitt II vorrangig dafür da ist, das genehmigte Kraftwerk in Schwarze Pumpe mit Braunkohle zu versorgen, sodass dies voll im Kontext mit der entsprechenden Beschlussfassung des Brandenburgischen Landtags ist. - Vielen Dank.

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Schier. Sie stellt die Frage 1897 (Zunahme der Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen).

Experten haben in den zurückliegenden Wochen mehrfach darauf hingewiesen, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die an Verhaltensstörungen leiden, in den letzten Jahren zugenommen hat. Sie machen unter anderem den wachsenden Leistungsdruck und die mangelnde Erziehungskompetenz vieler Eltern dafür verantwortlich. Als problematisch werden auch die Störungen im Sozialverhalten eingeschätzt.

Ich frage die Landesregierung: Welchen Handlungsspielraum sieht sie, um insbesondere die Erziehungskompetenz der Eltern nachhaltig zu verbessern?

Herr Bildungsminister, Sie haben die Chance zu antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schier, wir sind uns einig, es gibt in Brandenburg viel zu viele Familien, die sowohl mit dem Erziehungs- als auch mit dem Bildungsauftrag für ihre Kinder überfordert sind oder zumindest Probleme haben bei der Umsetzung dieses Auftrags. Wie sich die Zahl dieser - ich sage mal - „Problemfamilien“ in den letzten Jahren entwickelt hat oder auch die Frage, wie viele verhaltensauffällige Schüler es im Vergleich zu vergangenen Jahren gibt, ist schwer zu beantworten. Es gibt keine empirischen Forschungen auf diesem Gebiet. Aber Berichte von Beteiligten in den Unterstützungssystemen stützen Ihre Aussage, dass es offensichtlich einen Anstieg gibt.

Für uns ist entscheidend, den betroffenen Elternhäusern zu helfen. Ich glaube, wir haben in Brandenburg inzwischen einiges zu bieten. Ich will einige Beispiele nennen, um auf Ihre Frage zu antworten: Es gibt zunächst das breite Spektrum der Kinderund Jugendhilfe. Ich nenne einige Stichpunkte; Sie kennen sie:

Familienbildung, Erziehungsberatung, sozialpädagogische Familienhilfe, betreutes Wohnen für junge alleinerziehende Väter oder Mütter usw.

Darüber hinaus gibt es - ein aus meiner Sicht sehr großer Fortschritt - seit Oktober 2005 das Ihnen bekannte Programm für Familien- und Kinderfreundlichkeit. Hierbei geht es um innovative familienpolitische und unterstützende Ansätze, die entwickelt werden. Ein sehr schönes und erfolgreiches Beispiel sind die Eltern-Kind-Zentren, für die pro Jahr 400 000 Euro aus dem Landesjugendplan zur Verfügung stehen. In zwölf Jugendamtsbereichen sind solche Eltern-Kind-Zentren aufgebaut worden. Sie dienen hauptsächlich der Vernetzung aller familienbezogenen Dienstleistungen und damit auch den Betroffenen. Es geht unter anderem um gemeinsame Fortbildungen, aber vor allen Dingen um den täglichen Austausch, damit Probleme möglichst erfolgreich bekämpft werden können. Diese Entwicklungsarbeit - das kann man heute sagen - war sehr erfolgreich. Die Projektstätten sind zu anerkannten Orten in den Gemeinden geworden. Im Jahr 2009 läuft die Förderung aus. Ich kann keine Garantie für alle Zentren geben, aber ich bin sicher, dass die meisten in Eigenregie, also ohne Landesfördermittel, weiter betrieben werden.

Optimistisch stimmt mich das, was ich am Montag auf einer Kreisreise durch Potsdam-Mittelmark erlebt habe. Ich hatte die Freude, mit dem dortigen Landrat in Belzig das dritte ElternKind-Zentrum des Landkreises Potsdam-Mittelmark zu eröffnen. Dieses wird von Anfang an voll vom Kreis und von der Kommune getragen, ohne Zuschuss vom Land.

Ein weiterer Schwerpunkt in unserem Land sind die lokalen Netzwerke „Gesunde Kinder“. Hierbei geht es darum, die Erziehungskompetenz zu verbessern, indem man zwei Probleme zusammen anpackt: zum einen die notwendige gesundheitserzieherische und zum anderen die pädagogische Unterstützung von Familien, die dieser Unterstützung bedürfen.

Wir haben seit dem Jahr 2006 das Modellprojekt lokale Netzwerke „Gesunde Kinder“. Im Jahr 2006 gab es sie an zwei, im Jahr 2007 an drei Standorten, und seit 2008 gibt es sie an sieben Standorten im Land. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Des Weiteren möchte ich deutlich auf unsere Kindertagesstätten hinweisen. Wir haben ein flächendeckendes Netz an Kindertagesstätten. Denen kommt eine sehr wichtige Aufgabe zu, nämlich den Kontakt speziell zu den Elternhäusern zu knüpfen, die der Unterstützung bedürfen. Das ist im Kindergartenalter der Kinder deutlich leichter möglich als später in der Schule. Die Hemmschwelle, sich auszutauschen und sich bei Problemen an eine Erzieherin zu wenden, ist deutlich niedriger, als später zu einem Lehrer oder einer Lehrerin in der Schule zu gehen. Ich wünsche mir deshalb, dass jede Kita eigentlich ein „verstecktes Eltern-Kind-Zentrum“ ist, ohne den Ansatz in Gänze, den man den Zentren, die ich beschrieben habe, zuordnet. Ich glaube, viele Kitas sind auf einem sehr guten Weg. Ich besuche relativ viele Kitas. Es gibt sogar Kitas, die sich nicht nur um den Kontakt zu den Eltern, sondern auch zu den Großeltern kümmern. Denn sie sind in einer Familie beim Thema Erziehung und Bildung häufig entscheidend beteiligt. Ich meine, das ist ein sehr lobenswerter Ansatz. Ich kann für die Landesregierung sagen: Wir werden uns bemühen, gerade solche unterschwelligen Angebote weiter auszubauen und gemeinsam mit den Kreisen und kreisfreien Städten die Angebotspalette zu erweitern.

Neben den Kitas gilt unser Augenmerk natürlich auch den Schulen. Wir verpflichten die Schulen, auch im Zuge der Entwicklung von Schulprogrammen, die Elternarbeit bei allem, was in der Schule passiert, entsprechend hoch zu werten. Ich denke, diesbezüglich haben viele Schulen durchaus Reserven. Es gilt, Anstrengungen zu unternehmen, damit Schule ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag in Zusammenarbeit mit den Eltern besser gerecht wird.

Wenn wir das alles, was ich beschrieben habe, schaffen, sind wir auf einem guten Weg, und dann werden die Zahlen - so hoffe ich -, die Sie genannt haben - es gibt geschätzte und vermutete - zukünftig erfreulicher ausfallen. - Vielen Dank.

Herr Minister, trotz ausführlicher Antwort gibt es Nachfragebedarf. In der Reihenfolge Herr Krause, Frau Große und Frau Fechner können die Fragen gestellt werden.

Herr Minister, Sie haben eingestanden, dass sich die Defizite bei den Eltern bzw. deren Erziehungskompetenz vergrößert haben. Darauf zielte ja auch die Frage ab. Sie haben Projekte genannt, die sozusagen als „Reparaturbetriebe“ nachwirkend an diesem Problem arbeiten. Meine Fragen an Sie lauten: Was sind - erstens - die Gründe, die zu der Situation führen, dass Eltern Schwierigkeiten haben, ihre Kinder großzuziehen, und zweitens - wie können wir diese Ursachen von Anfang an bekämpfen, anstatt immer über Projekte zu reden, die im Nachhinein zu reparieren versuchen?

Es geht um die gesamtgesellschaftliche Situation. Es gibt Familien, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befinden. Es stellt sich mitunter Frust ein, der auf die Kinder übertragen wird. Die verhalten sich dann adäquat. Das alles soll Schule - gewöhnlich richtet sich dieser Auftrag immer nur an die Schule - auffangen und reparieren, wie Sie es genannt haben. Das heißt, wir müssen es schaffen, die beiden wichtigsten Säulen beim Thema Bildung und Erziehung, nämlich die Familien und die Schulen - ich binde auch die Kitas mit ein - besser zu verzahnen. Dann ist das keine Reparatur, sondern eine beidseitige Anstrengung, die erfolgreich sein kann. Es gilt, so früh wie möglich zu beginnen; nicht erst in der Schule, sondern schon in der Kindertagesstätte. Sie wissen, wir haben eine Betreuungsquote von 97 % im letzten Kita-Jahr. Es sind also fast alle Kinder in dem System der staatlichen Betreuung, in Kitas und in Schulen in freier Trägerschaft integriert. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz. Dann haben wir eine Chance, die Probleme - dass wir sie haben, muss ich eingestehen - zu bekämpfen. Mehr kann ich dazu an der Stelle nicht sagen, Herr Krause.

Bitte schön, Frau Große.

Herr Minister, Sie haben den Katalog der Projekte und Maßnahmen zur besseren Zusammenarbeit mit den Eltern zur Stär

kung deren Erziehungskompetenz aufgelistet, dem wir nur beipflichten können, wobei wir hoffen, dass das endlich Früchte trägt. Die Fragestellerin hat in ihrem Vortext eindeutig darauf hingewiesen, dass die Experten - so lese ich es - auch den wachsenden Leistungsdruck in den Schulen für die Verhaltensauffälligkeiten verantwortlich machen. Ich frage Sie, Herr Minister, welche Maßnahmen und Projekte zur Verhinderung dieses Leistungsdrucks, zur Verhinderung dessen, dass Schule krank macht, von Ihrem Hause geplant sind?

Solche Pauschalaussagen sind für die Polarisierung natürlich sehr schön, aber sie bringen uns nicht weiter. Ich glaube nicht, dass Schule in Brandenburg prinzipiell krank macht, weil sie Leistung fordert. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Dem können sich weder Schule noch Kita entziehen. Wir müssen Kindern klarmachen, dass Leistungen gefordert werden, das heißt, dass wir zwar fördern, aber auch fordern. Dazu gehört auch eine gewisse Leistungsbereitschaft. Da ist es eben schwierig, wenn nur die Schule oder die Kindertagesstätte dazu etwas leisten und die Familie - das ist leider eine bei vielen Familien in Brandenburg ausgeprägte Einstellung - sagt, das sei deren Job und damit habe die Familie nichts zu tun. Sicherlich, Fälle von überzogenem Leistungsdruck an Schulen, die Sie vielleicht im Kopf haben und die wirklich krank machen - nebenbei bemerkt, der Leistungsdruck an Schulen wird teilweise unter den Schülern selbst aufgebaut und ist mitunter nicht so einfach zu steuern, wie sich das manch einer vorstellt, der noch nie als Lehrer an einer Schule gearbeitet hat -, sind nicht zu akzeptieren. Aber dass Schule von Schülern auch Leistungsbereitschaft verlangt, davon können wir nicht abrücken. Ansonsten kommen Sie mir mit der nächsten PISA-Studie, die für Brandenburg wieder nicht gut ausfallen wird, und fragen: Was ist hier los? Die Schulen leisten ja nichts.

Das Wort erhält jetzt Frau Fechner.

(Zuruf der Abgeordneten Fechner [DVU])

- Sie hat ihre Frage zurückgezogen. - Dann herzlichen Dank, Herr Minister.

Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Brandenburgisches Gaststättengesetz (BbgGastG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/6415

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft

2. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen, sodass wir sofort zur Abstimmung über den Änderungsantrag in der Drucksache 4/6731, eingebracht von der SPD und der CDU, kommen können. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist diesem Änderungsantrag zugestimmt.

Wir kommen zweitens zur Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/6702, Neudruck, einschließlich Korrekturblatt. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch hier gibt es Einstimmigkeit. Somit ist dieses Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3.

Bevor Sie in die Mittagspause gehen, gestatten Sie mir bitte noch einen Hinweis. Wir werden in der Mittagspause Sportlerinnen und Sportler bei uns begrüßen: Frau Chukhrova, Frau Herold, und Frau Wagner sind hier zu Gast auf dem Hof des Landtages. Dazu hat sich eine der erfolgreichsten Olympiateilnehmerin der letzten Jahrzehnte, die Potsdamerin Kathrin Boron, gesellt. Sie werden in einer persönlichen Erklärung zu ihrer zukünftigen ehrenamtlichen Tätigkeit Stellung nehmen und sportliche Aktivitäten ausführen. Wir alle, Sie und die Ministerinnen und Minister, sind zu diesem Event eingeladen. Wir treffen uns hier um 13 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.03 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.04 Uhr)