Protokoll der Sitzung vom 20.01.2005

Sicherlich wäre es interessant, den in Reden gegossenen Erkenntnisprozess nochmals Revue passieren zu lassen. Das ist nicht möglich und auch nicht nötig. Deshalb nur so viel: Uns waren Kompensierungsmaßnahmen für die Einnahmeverluste der Landkreise, die eine Jagdsteuer erheben, schon wichtig, noch dazu, weil dafür über eine anteilige Zweckbestimmung der Jagdabgabe für kreisliche Projekte Möglichkeiten bestehen.

Da es sich um die 1. Lesung eines Gesetzentwurfs handelt, haben wir in den zuständigen Ausschüssen noch die Möglichkeit, diese Sache rund zu machen. Es ist gut, dass wir mit den vielen parlamentarischen Debatten die Jagd in Brandenburg ein Stück aus dem Dünkel von Reichtum und Luxus herausgeholt haben. Eine Luxussteuer für eine Leistung, auf die die Gesellschaft angewiesen ist, zu erheben, macht einfach keinen Sinn. Insofern taugen die Vergleiche Ihrer Gesetzesbegründung nur bedingt. Eine Gemeinwohlleistung bei Golf, Reiten, Rad fahren und anderen Sportarten vermag ich nicht zu erkennen. Gleichwohl kommt noch nicht einmal meiner Partei der Gedanke nahe, dafür eine Luxussteuer erheben zu wollen.

(Beifall bei der PDS)

Worum es bei einer verantwortungsvollen Steuerung der Jagd im Land Brandenburg eigentlich gehen müsste, wird bei näherer Betrachtung der überhöhten Wilddichten deutlich.

Ebenfalls Indizien sind die Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft sowie die Verkehrsunfallstatistik. Auch hier ist seit Jahren weitgehende Untätigkeit im zuständigen Ressort zu beklagen, und das, obwohl das Land Brandenburg als größter Waldeigentümer in erheblichem Maße selbst betroffen ist. Aber was man im eigenen Laden nicht in den Griff bekommt, kann man von anderen auch nicht verlangen. So bezahlen wir in unseren Wäldern Kilometer für Kilometer Zaun, damit selbst die Kiefer in einigen Gebieten nicht verbissen wird.

Herr Minister Woidke bzw. Vertreterinnen und Vertreter des Kabinetts - man kann es ja auch übermitteln -, Ihr Amtskollege in Mecklenburg-Vorpommern hat beim Ausbruch der Schweinepest vor einigen Jahren das Schwarzwild mit Unterstützung von Hubschraubern jagen lassen. Das bringt sicherlich die beliebten medial wirksamen Bilder, ist aber letztlich nur Ausdruck dafür, dass man die Wildsituation nicht im Griff hat. Er

sparen Sie Brandenburg diese Vision und machen Sie als Chef der obersten Jagdbehörde endlich Nägel mit Köpfen!

Die Abschaffung der Jagdsteuer ist ein richtiger Schritt, denn sie ist antiquiert. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein. Wir haben diese Diskussion mit der fachlichen Begleitung eines konkreten Sachproblems in der letzten Sitzung des zuständigen Fachausschusses bereits begonnen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Jagd in Brandenburg wegweisend zu gestalten.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Frau Abgeordnete Wehlan. - Die SPD-Fraktion fühlt sich durch den Abgeordneten Helm offensichtlich hinreichend vertreten und verzichtet auf ihr Rederecht an dieser Stelle. Wir kommen zum Beitrag der DVU-Fraktion. Es spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ist die Jagd in der heutigen Zeit noch ein Luxus oder ein sinnvoll regulierendes Eingreifen des Menschen in die Natur? Die Fraktion der DVU sagt hier ganz eindeutig Nein zum Luxus und Ja zum sinnvoll regulierenden Eingreifen in die Natur. Allein aus dieser Fragestellung und ihrer Beantwortung ist die Auffassung unserer Fraktion zur Problematik Jagdsteuer unschwer zu erkennen. Ich kann mich daher in meinen Ausführungen auf das Wesentliche beschränken.

Die Jägerei ist in der heutigen modernen Gesellschaft kein Vergnügen einer privilegierten Schicht. Sie erfüllt vielmehr eine gesellschaftlich notwendige ehrenvolle Aufgabe zum Erhalt des biologischen Gleichgewichts in der Natur und trägt auch noch zu Ordnung und Sicherheit bei.

Die moderne Zivilisation führt mehr und mehr zu einer einseitigen Auswucherung unserer Wildbestände, weil der Lebensraum der Tiere immer kleiner wird und zum großen Teil die natürlichen Feinde in unseren Wäldern fehlen. Die Folge davon ist, dass das Wild Schaden auf den Feldern bis in die Wohngebiete hinein anrichtet. Wer von Ihnen hat nicht schon einmal einen Wildunfall gesehen oder vielleicht sogar selbst gehabt? Wer ist dann an vorderster Front tätig? Natürlich die Jäger. Das wäre zum Beispiel die Problematik Ordnung und Sicherheit.

Ich könnte mich noch weiter über Einzelheiten der Regulierung der Wildbestände, des Abschusses von kranken Tieren, über die Fütterung an kalten Wintertagen, die Beräumung von toten Tieren usw. auslassen, setze jedoch voraus, dass jeder von Ihnen diese Fakten kennt.

Zusammenfassend ist unsere Fraktion der Meinung, dass es in der heutigen Zeit keinen plausiblen Grund mehr für eine Jagdsteuer gibt. Im Gegenteil, diese Steuer ist zutiefst ungerecht, weil sie die Natur- und Tierschutzaktivitäten der Jägerschaft bestraft. Man sollte sich stets vor Augen führen, dass sich die Jäger ehrenamtlich im Natur-, Tier- und Umweltschutz betätigen und oftmals unentgeltlich für die Allgemeinheit arbeiten.

Wir stimmen einer Überweisung in die jeweiligen Ausschüsse

selbstverständlich zu. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Vielen Dank. - Hat die Landesregierung Redebedürfnis? - Herr Innenminister, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung stimmt dem Gesetzesvorhaben ausdrücklich zu, und zwar aus den Gründen, die hier vom Abgeordneten Helm benannt wurden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank für diese kurze und präzise Aussage.

Ich kann den Antrag der Einreicher in der Drucksache 4/386, der die Überweisung in den Innenausschuss zur federführenden Beratung und den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zur Mitberatung beinhaltet, zur Abstimmung stellen. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wie zu erwarten, kann ich sagen: einstimmig angenommen.

(Vereinzelt Beifall)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und gehe zum Tagesordnungspunkt 5 über:

Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/425

Wir beginnen die Debatte zu diesem Antrag mit dem Beitrag der DVU-Fraktion. Der Abgeordnete Claus hat das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mehr als 15 Jahre nach dem Untergang der letzten Diktatur auf dem Gebiet Brandenburgs müssen wir endlich der Macht der Geheimdienste demokratische Grenzen setzen. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist im Land Brandenburg ein Organ des Landtages, mit dem die Legislative die Arbeit der Exekutive in Form der Abteilung für Verfassungsschutz im Ministerium des Innern überwachen soll.

Die Kommission setzt sich nach § 24 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg aus höchstens fünf Mitgliedern zusammen. Diese sollen Einblick in die Arbeit des Verfassungsschutzes erhalten. Weil die Arbeit solcher Dienste naturgemäß geheim bleiben soll, sind natürlich

die Mitglieder des Kontrollorgans zur Verschwiegenheit verpflichtet, auch gegenüber anderen Mitgliedern des Landtages.

Nicht nur unter diesen formellen Gesichtspunkten bleiben Teile der Opposition in diesem Hause bisher außen vor. Wir als DVUFraktion sehen es als notwendig an, dass der Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 3 in der Form, dass die parlamentarische Opposition wirklich angemessen vertreten ist, künftig Rechnung getragen wird. Das bedeutet, dass die parlamentarische Überwachungsarbeit seitens der Opposition nicht nur einseitig der PDS-Fraktion zufallen darf, sondern auch unsere Fraktion daran teilhat und einem Mitglied der DVU-Fraktion Einblick in die Arbeit der Abteilung des Verfassungsschutzes gewährt wird.

Das in der Vergangenheit angeführte Argument, dass Parteien, die von anderen Parteien für überwachungsrelevant gehalten werden, aufgrund ihrer Präsenz im Landtag keinen Platz in diesem Kontrollgremium beanspruchen dürfen, war dem undemokratischen DDR-System, das von mir eingangs angesprochen wurde, zwar angemessen, wird aber einer demokratischen Legitimationskette, spiegelbildlich zum Wahlverhalten des Wahlvolkes, bei der Ausübung parlamentarischer Aufgaben, wie vom Demokratieprinzip der Verfassung vorgesehen, nicht gerecht. Vor allem entspricht es nicht dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes, dass Mitglieder konkurrierender Fraktionen ihnen nicht genehme Konkurrenten in der Manier einer Diktatur von der parlamentarischen Demokratie ausschließen können. Diese Zeiten sind in Deutschland - hoffentlich auch in Brandenburg - bald vorbei.

Der Verfassungsschutz ist ein Gremium, das von der genannten demokratischen Legitimationskette, die von den Bürgern bis zur Exekutive reicht, nicht ausgenommen werden kann. Er ist kein Staat im Staat mit eigenen Souveränitätsrechten, sondern Bestandteil der Exekutive, welche vom Volk über seine Vertreter lückenlos auf Rechtsverstöße hin kontrolliert werden muss. Diesem Anliegen dient unser Antrag. Er dient damit auch der Durchsetzung des Demokratieprinzips im Land Brandenburg.

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ihre Zustimmung. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Koalitionsfraktionen fort. Es spricht der Abgeordnete Schulze.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Verfassungsschutz ist eine Einrichtung des wehrhaften demokratischen Rechtsstaats, um sich Leute vom Hals zu halten, die an der Abschaffung dieses Staates arbeiten. Erinnern wir uns an einen der berüchtigtsten Menschen der deutschen Zeitgeschichte, einen gewissen Herrn Goebbels, der 1926 beim Einzug der NSDAP in den Reichstag gesagt hat:

„Wir werden alle Mittel dieser Demokratie benutzen, um diese Demokratie abzuschaffen. Wir bedienen uns im Waffenarsenal der Demokratie, um sie fertig zu machen. Wir lassen uns den roten Teppich ausrollen. Wir sind der Wolf im Schafspelz.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen; man kann es in einschlägiger Literatur sicher noch einmal nachlesen. Es ist bedrückend, aber so ist es. In dieser Hinsicht dürfen wir nicht blauäugig sein. Deswegen hat das Land Brandenburg, angelehnt an den Bundeszwang des Grundgesetzes, weil es ein Bundesgesetz gibt, in Artikel 11 seiner Verfassung verbrieft, den Verfassungsschutz eingerichtet. Der Verfassungsschutz, in den natürlich viel hineingeheimnist wird, ist eine Einrichtung, die durch Auswertung aller zugänglichen Mittel - es ist gar nicht so viel Spionagekrimi dabei, wie uns hier glauben gemacht werden soll - aufdecken soll, wer gegen dieses Land arbeitet.

Die Entwicklung einer parlamentarischen Kontrollkommission hat überhaupt nichts mit der DDR oder mit den Erfahrungen aus der DDR zu tun; denn ein solches Gremium hat es in der Bundesrepublik Deutschland schon gegeben, als von der deutschen Einheit noch keine Rede war.

Im Gesetz steht, dass eine parlamentarische Kontrollkommission eingerichtet wird und bis zu fünf Mitglieder haben kann. Das ist auch gut so. Die jetzige Parlamentarische Kontrollkommission arbeitet mit vier Mitgliedern, zweien von der SPD und jeweils einem von CDU und PDS. Wenn die DVU-Fraktion begehrt, auch ein Mitglied dorthin zu entsenden, muss sie für ein entsprechendes Wahlergebnis sorgen; denn die Besetzung dieses Gremiums erfolgt schlicht und einfach nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren - Informationen darüber können Sie sich bei der Landtagsverwaltung gern beschaffen -, wonach die DVU-Fraktion auch bei angenommenen fünf Sitzen nicht zu berücksichtigen wäre. Daran ist nichts zu kritisieren; es ist ein Verfahren, welches Sie selbst mitgetragen haben und das in Deutschland stets Anwendung findet. Insofern ist die Besetzung der Kommission korrekt.

Im Übrigen wird dieses hohe Haus zum richtigen Zeitpunkt darüber befinden, wann die Parlamentarische Kontrollkommission neu zu besetzen ist, nämlich dann, wenn die jetzigen Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission es dem Plenum anraten. Dass die Parlamentarische Kontrollkommission in der Besetzung der vorigen Wahlperiode weiterexistiert, ist auch nicht zu kritisieren. Das Landesverfassungsgericht hat in einem Urteil ausdrücklich festgestellt, dass die Parlamentarische Kontrollkommission nicht an die Wahlperiode des Landtags gebunden und demzufolge auch kein Ausschuss ist, sondern sich ihr Einsetzungszeitraum nach anderen verfassungsrechtlichen Grundsätzen bemisst.

Insofern empfehle ich Ihnen, einschlägige Literatur und Kommentierungen zur Kenntnis zu nehmen, bevor Sie derartige Anträge stellen. Der Antrag ist zurückzuweisen, denn er ist nutzund fruchtlos.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Schulze für seinen Redebeitrag. Die PDS hat Redeverzicht angekündigt. Möchte die Landesregierung das Wort ergreifen? - Auch sie verzichtet. Demzufolge hat der Abgeordnete Claus noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schul

ze, Ihr Redebeitrag war schön und gut, hat aber wenig zum Thema beigetragen.

Zu Beginn der Legislaturperiode wurde uns allen von der Landtagsverwaltung ein Papier zugestellt, das in fortlaufender Nummerierung über die Besetzung der Gremien informierte. Unter Nr. 20 „Gremium Parlamentarische Kontrollkommission“ steht als nächster Wahltermin: Beginn der 4. Wahlperiode. Als gesetzliche Grundlage ist der § 24 Abs. 1 Verfassungsschutzgesetz aufgeführt. So viel dazu.

Kommen wir zurück zum Wesentlichen: Als sich die Väter des Grundgesetzes nach den Wirren und dem Unheil des Krieges darum bemühten, für Deutschland ein demokratisches Grundgesetz zu schaffen, welches das Volk als Souverän anerkennt und der Exekutive konstruktive Schranken setzt, hätte kein Mensch geglaubt, dass so etwas wirklich eintritt, was der Kollege Schulze hier sagte.