Die Frage ist auch: Ist das nationale Stipendienprogramm sozial gerecht? Ist es, weil es den Aufstieg durch Bildung fördert. Genau das ist es doch. Wenn mir gesagt wird, dieses Stipendium komme nur den Reichen zugute, die ihre Kinder sowieso zum Studium schicken, dann muss ich antworten: Wer das behauptet, behauptet per se, alle, die kein Geld haben, sind zu dumm für dieses Stipendium. Das wäre die Schlussfolgerung aus dieser Behauptung. Die kann ich nur ablehnen.
Wir stellen nicht die Systemfrage, aber wir fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, ein ausgewogenes System aus BAföG, Stipendium und Bildungsdarlehen zu schaffen. Das sind drei Säulen eines Finanzierungsmodells für ein Studium. Ich denke, dies macht insgesamt Sinn. Dafür werben wir auch.
Es macht deshalb Sinn, weil die Lasten gleichmäßiger verteilt sind. Es besteht auch in der Wirtschaft eine Bereitschaft, dieses Stipendienprogramm zu unterstützen. Natürlich ist Brandenburg wirtschaftlich nicht so leistungsstark, dass wir automatisch auf diese 8 % kommen werden; das ist uns allen klar. Aber es ist der Anfang. Es ist die Chance für einen Beginn in diesem neuen System.
Es ist sozial gerecht, weil bei der Auswahl der Stipendiaten eben nicht nur die Noten ausschlaggebend sein sollen, sondern neben der Begabung und Leistung auch das gesellschaftliche Engagement eine Rolle spielt, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, auch Verantwortung für unser Land. Es sollen besondere Umstände berücksichtigt werden, die zum Studium geführt haben, zum Beispiel die familiäre Herkunft oder der Migrationshintergrund. All das sind Faktoren, die bei diesem Stipendium ausschlaggebend sein sollen.
Es ist sozial gerecht, weil die Stipendien aus diesem Programm bis zu einem Satz von 300 Euro nicht auf das BAföG angerechnet werden. Es ermutigt Menschen aus sozialen Schichten, ein Studium aufzunehmen, die es sich sonst stark überlegen würden.
Die Förderung von Spitzenleistungen und von Kompetenz - in der Breite mit dem BAföG und an der Spitze mit dem Stipendium - ergibt insgesamt einen Sinn, weil sie logisch zusammengeführt werden. Das ist genau die Chance, die wir erkannt haben und für die wir um Akzeptanz werben.
Warum ist das nationale Stipendienprogramm für die Hochschulen ein Gewinn? Weil es der Öffentlichkeit wieder einmal die Fragestellung des Studiums ins Bewusstsein rückt, weil es für die Aufnahme eines Studiums gerade auch bei sozial Schwachen wirbt. Es macht Sinn, weil die Hochschulen letztlich Stipendiaten oder Studierende an sich binden und sich selber dadurch wieder profilieren können. Das ist etwas, wo wir in Brandenburg mühselig auf dem Weg sind: dass sich die Hochschulen profilieren können und nicht mehr einen breit gestreuten Brei anbieten. Wir sind auf einem guten Weg. Die letzten Ergebnisse haben es gezeigt.
Das Programm ist auch deshalb richtig, weil strukturschwache Standorte davon profitieren können. Hochschulen haben dann natürlich teilweise das Problem der Einwerbung von Drittmitteln. Aber warum sollte man sich davon abschrecken lassen?
Über die Kosten für die Hochschulen muss noch gesprochen werden. Es ist nicht abschließend besprochen, wie diese aussehen sollen. Auch diesbezüglich wird es Instrumentarien geben. Es wird Möglichkeiten geben, dass dieser bürokratische Moloch nicht entsteht und die Kosten handelbar sind.
Der Aufwuchs auf 8 % kann nur schrittweise erfolgen. Das ist allen klar, das habe ich schon erwähnt.Es werden sich Synergieeffekte ergeben: im Zusammenspiel mit Wirtschaft, mit den Universitäten und eben auch mit den Alumnis. Das ist ja der Gegeneffekt. Es ist nicht so, dass nur die Wirtschaft hier gegenfinanziert. Es können auch Vereine sein. Es können diese Alumni-Netzwerke sein. Es können generell Einzelpersonen sein.
Die Etablierung der Stipendienkultur ist in Deutschland, wie gesagt, sehr schwach ausgeprägt. Diese Etablierung ist wichtig, um Deutschland international in der Entwicklung der Eliten voranzubringen. Wie stark ist Deutschland? Wie stark ist Deutschland in der wissenschaftlichen Ausbildung und in der Forschung? Es werden die Eliten sein, die diese Ergebnisse bringen und uns bei einzelnen Programmen und Produkten wieder an die Weltspitze bringen.
Bildung und Nachwuchsförderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das wird hierdurch klar: Die Zivilgesellschaft ist wieder mehr gefordert, denn nicht nur der Staat ist für die Ausbildung unserer nachkommenden Generation verantwortlich, sondern jeder selbst: Die Wirtschaft ist dafür verantwortlich. Die Vereine sind dafür verantwortlich.
Meine Damen und Herren, es ist ein Programm der Chancen. Ich habe versucht, das deutlich zu machen. Es hängt auch von der Bereitschaft ab, auf diese Chancen einzugehen und es zu können. Ihre Entscheidung letztlich wird zeigen, inwieweit Sie bei der Bildungspolitik Prioritäten setzen, ob Sie wirklich nach dem Gießkannenprinzip auf einer Nivellierung beharren oder sagen: Wir brauchen auch Eliten. Darum geht es: Wir brauchen Eliten, um dieses Land vorwärtszubringen, um Eliten an uns zu binden.
Wenn es Modifizierungsbedarf bei diesem Programm gibt, so gibt es natürlich die Bereitschaft, darüber zu reden. Darüber
kann man reden, auch wenn Sie unseren Antrag heute ablehnen werden. Ich kann es Ihnen nur anbieten. Wir können darüber reden, auch, um noch einen weiteren Schritt zur Vervollkommnung dieses Programms zu gehen. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lipsdorf. Als Hinweis: Sie haben Ihre Redezeit aufgebraucht. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Melior hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema, das die FDP in ihrem Antrag anspricht, sieht aus wie ein Geschenk. Geschenke nimmt man in der Regel gern. Hübsch verpackt, buntes Papier, schöne Schleife.
Manche Geschenke, Herr Finanzminister, muss man jedoch näher betrachten. Ich würde dieses Geschenk als Mogelpackung bezeichnen wollen; denn was ist hier passiert? Frau Schavan meint, mit einem nationalen Stipendienprogramm die Leistungsmotivation der Studierenden nun endlich besser fördern zu können. Wahr ist aber, dass alles aus Steuermitteln bezahlt wird. Die Hälfte soll aus der Wirtschaft kommen. Das heißt für Brandenburg: Wenn ein Land wirtschaftlich nicht sehr stark ist, dann sind die Studierenden eben arm dran. Dann gucken sie in die Röhre, dann läuft hier eben nichts. Also ein weiterer Beitrag zur Umverteilung der Mittel von Nord nach Süd. Sie werden verstehen, dass wir diesem Unsinn nicht zustimmen können.
Jeder Studierende - so sieht es dieses Programm vor - soll 300 Euro im Monat dafür erhalten, dass er dann bestimmt motiviert ist und mehr Leistung bringt. Die Finanzierung sollen sich Bund und Länder zur Hälfte teilen, die andere Hälfte soll die Wirtschaft übernehmen. Genau das ist das Problem. Herr Kollege Zöllner in Berlin hat es auch schon angesprochen: Die strukturschwachen Gegenden sind die Verlierer dieses Programms.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, das wäre zynisch gegenüber unseren Studierenden. Es wäre darüber hinaus eine weitere Umverteilung. Beides wollen wir nicht. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen.
- Das war für mich ganz besonders spannend, daher musste ich einmal Luft holen. Der Antrag ist übrigens nicht nur hier in Brandenburg gestellt worden, sondern von Bremen herunter bis nach Bayern in etwas variierter Form von Ihren Kollegen eingebracht worden.
Was ich am lustigsten finde, ist, dass Sie uns hier in Brandenburg auffordern, Herr Lipsdorf, dieses schöne Programm zu begrüßen. Mogelpackungen begrüßen wir grundsätzlich nicht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und: Bleiben Sie hart! Lehnen Sie ab!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Melior. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Dr. Schierack wird das Wort ergreifen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU sieht in dem Konzept zur Kreierung eines Leistungsstipendiums für leistungsstarke Studenten einen weiteren Baustein zur Verbesserung der Studienfinanzierung als auch ein gutes Angebot für unsere Studenten. Das ist a priori erst einmal nicht abzulehnen.
Die Idee, leistungsstarke Studenten zu unterstützen - also Förderung und Forderung zusammenzubringen und das unabhängig vom Geldbeutel der Eltern -, müsste hier in diesem Saal doch eigentlich Konsens sein.
In der Gesamtbetrachtung brauchen wir ein Fördersystem, das zum einen eine soziale Komponente hat, das zum anderen zielgenau ist und auf mehreren Fundamenten steht. Da gibt es - das wissen Sie - das BAföG, das eine absolute soziale Komponente hat. Der Geldbeutel der Eltern ist beim BAföG das entscheidende Kriterium. Damit sind der Studentenschaft Bedingungen gegeben, und das wird von der breiten Masse der Studenten auch angenommen.
Wir benötigen darüber hinaus aber ein System, das uns hilft, unseren Anteil an der Wertschöpfung - die besteht nun einmal aus der komplexen Forschung - hier in Brandenburg, also auch in Deutschland, zu belassen. Das müssen wir aufbauen und sichern. Dazu benötigen wir - das sage ich ausdrücklich - leistungsbereite, forschungswillige Studenten bzw. deren Leistungsvermögen, Flexibilität und natürlich Innovationskraft, die wesentliche Ressourcen sind, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Es gilt solche Anreizsysteme zu etablieren, die auf der einen Seite Leistungen honorieren und auf der anderen Seite dafür Sorge tragen, dass Spitzenleistungen in unserem Land bleiben und eben nicht nach Amerika gehen. Viele Studenten entscheiden sich, dorthin zu gehen, wo sie die besten Voraussetzungen haben, wo sie a) gute Forschungsmöglichkeiten haben und b) entsprechend honoriert werden. Wenn sie reihenweise beispielsweise nach Amerika gehen, ist uns in diesem Land nicht geholfen. Deshalb ist es wichtig, leistungsstarken und forschungsorientierten Studenten dieses Geld zur Verfügung zu stellen.
Deshalb ist es wichtig, diese Idee der Förderung hier zu etablieren. Dazu gehört es zu sagen: Na klar, wir müssen die Studentenquote erhöhen. Ja, wir müssen Freude und Befriedigung an der Leistung und Forschung erhöhen, und wir müssen etwas zur Verstetigung der Exzellenzinitiative und zur Verbesserung der Lehre an unseren Hochschulen tun und die Exzellenzcluster verbessern. Dazu gehört auch, das Graduiertenkolleg hier in Brandenburg weiter zu verstetigen.
Auch das Leistungsstipendium ist ein Baustein für ein Gesamtkonzept für unsere Studenten. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich dieses Stipendium grundsätzlich. Ich finde es richtig, dass die Hochschulen weiterhin die Autonomie haben, solche Stipendien auszuloben. Das Neue daran ist: Es geschieht im Verbund mit der Wirtschaft. Die Wirtschaft wird mit ins Boot genommen und ist mit dabei, wenn es darum geht, Studenten zu belohnen.
Allerdings, Frau Melior, da gebe ich Ihnen Recht: Die Zielsetzung ist sehr ambitioniert. Es ist von 8 % aller Studenten die Rede. Dies in fünf Jahren erreichen zu wollen, ist sehr ambitioniert. Ich gebe zu: Ich teile durchaus auch etwas die Sorge, dass in diesem Gesetz die Bedingungen in Ostdeutschland nicht berücksichtigt wurden, weil das wirtschaftliche Umfeld da gebe ich Ihnen Recht - nicht unbedingt dem der südwestdeutschen Länder entspricht. Es wäre doch eine Möglichkeit der Einflussnahme, wenn Sie im Bundesrat darauf drängten, dass die Wirtschaftsstruktur der ostdeutschen Länder berücksichtigt wird. Denn sonst werden wir das Problem haben, dass es eine Abwanderung von Ost nach West, nämlich hin zu den leistungsstarken Universitätsstandorten, gibt. Das wäre für uns tatsächlich kontraproduktiv.
Noch einmal: Die Idee, leistungsstarke Studenten zu unterstützen, ist im richtigen Fahrwasser. Die politische Absicht, erstmalig ein Stipendiensystem zu etablieren, das Leistung belohnt, und langfristig eine Stipendienkultur zu entwickeln, die mit unserer Wirtschaft Hand in Hand geht, halte ich für gut. Deshalb stimmen wir für diesen Antrag. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Linksfraktion fort. Der Abgeordnete Jürgens hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Lipsdorf, ich bin Ihnen fast dankbar für diesen Antrag, weil ich einmal darstellen kann, warum dieses nationale Stipendienprogramm aus unserer Sicht unsinnig ist und es eben nicht, wie Herr Dr. Schierack gerade gesagt hat, im richtigen Fahrwasser läuft, sondern im Gegenteil schon auf dem Grund des Sees liegt.
Ich möchte erläutern, warum wir dagegen sind. Es klingt zunächst einmal - das hat die Kollegin Melior ausgeführt - ganz nett, wie ein kleines Geschenk mit Bonbonpapier darum herum. 10 % der leistungsstärksten Studierenden sollen 300 Euro im Monat erhalten. Aber wenn man sich das Programm im Detail anschaut, sieht man ganz genau, wo das Problem liegt.
Das erste Problem, lieber Herr Prof. Schierack, besteht darin, dass man mit 300 Euro im Monat eben keinen Spitzenforscher und keinen Spitzenstudierenden hier hält. Dafür sind 300 Euro deutlich zu wenig. Da müsste man deutlich mehr aufsatteln, denn in Amerika und anderen Ländern wird solchen Spitzenleuten wesentlich mehr gezahlt.
Die 300 Euro, die die Studierenden bekommen sollen, setzen sich zur Hälfte aus Geldern, die die Wirtschaft leistet, und zur Hälfte aus Mitteln des Staates zusammen. Die Mittel des Staates setzen sich wiederum zur Hälfte aus Geldern des Bundes und zur Hälfte aus Geldern der jeweiligen Länder zusammen. Die Crux ist: Heruntergerechnet auf das Land Brandenburg, müssten im Höchstfall 10 Millionen Euro im Jahr in die Hand genommen werden, um ein Stipendium auszuschreiben. Ich denke, wir haben in Brandenburg mit unserer Hochschullandschaft wesentlich bessere Möglichkeiten, diese 10 Millionen Euro einzusetzen, als sie in ein solches Programm zu stecken.
Das Zweite, meine Damen und Herren: Das Stipendium kann nur dort eingesetzt werden, wo die Wirtschaft das Geld dazugibt. Das heißt, dass es sicherlich in Ländern wie Baden-Württemberg und Bayern, wo es starke Unternehmen gibt, die für so etwas Geld übrig haben, durchaus möglich ist, ein solches System zu implementieren. Aber gerade in Brandenburg fehlen diese leistungsstarken Unternehmen, um genau so etwas zu schaffen. Deswegen - das ist selbst von den Antragseinbringern angesprochen worden - wird es hier nicht funktionieren.
Das Programm benachteiligt alle Hochschulen ohne Wirtschaftsbezug, denn die Unternehmen werden vor allem ein Interesse daran haben, Ingenieurstudiengänge oder wirtschaftsnahe Studiengänge zu unterstützen. Das heißt, alle Studiengänge, alle Fakultäten, bei denen dies nicht der Fall ist, sind automatisch im Nachteil. Das Programm befördert die Entstehung einer ZweiKlassen-Hochschullandschaft. Genau das zeigt sich in Nordrhein-Westfalen, wo es dieses Stipendienprogramm bereits gibt. Die dortigen Erfahrungen lehren, dass die wirtschaftsnahen Fakultäten und Universitäten profitieren und die in strukturschwachen Regionen eben nicht; und genau das ist das Problem.
Ich möchte ein drittes Problem ansprechen: Die Ausgaben für diese Stipendien können von den Unternehmen steuerlich geltend gemacht werden. Wenn man hochrechnet, was an Steuerausfällen dazukommt, dann entstehen Mehrkosten in Höhe von rund 100 Millionen Euro, die bei alldem, was der Staat dazupacken muss, noch nicht berücksichtigt sind.
Ein vierter Grund: Die Stipendien können - dies ist aus unserer Sicht eines der Hauptprobleme - von den Unternehmen mit einer Zweckbindung für bestimmte Studiengänge oder Fachrichtungen verbunden werden. Das heißt, die Unternehmen, die das Stipendium ausreichen, können bewusst auswählen, welchen Studiengängen ihre Forderung zugute kommen. Das halten wir für völlig falsch. Wenn, dann müssten die Mittel an die Hochschule fließen, und sie entscheidet, wo sie investiert.