Protokoll der Sitzung vom 02.07.2010

Ein vierter Grund: Die Stipendien können - dies ist aus unserer Sicht eines der Hauptprobleme - von den Unternehmen mit einer Zweckbindung für bestimmte Studiengänge oder Fachrichtungen verbunden werden. Das heißt, die Unternehmen, die das Stipendium ausreichen, können bewusst auswählen, welchen Studiengängen ihre Forderung zugute kommen. Das halten wir für völlig falsch. Wenn, dann müssten die Mittel an die Hochschule fließen, und sie entscheidet, wo sie investiert.

(Senftleben [CDU]: Genau!)

Das ist mit dem Programm nicht vorgesehen, sondern es sollen bewusst einzelne Studiengänge gefördert werden. Das halten wir für falsch.

(Beifall DIE LINKE)

Einen fünften Grund will ich Ihnen nennen: Die Hochschulen müssen für die Verwaltungskosten aufkommen, die bei der Auswahl der Unternehmen und der Studierenden entstehen. Sie müssen die Unternehmen suchen, sie müssen für die Ausrei

chung dieses Stipendiums selbst aufkommen. Das heißt, die Kosten für die Umsetzung des Stipendiums liegen bei den Hochschulen. Das ist unverantwortlich, weil es in den Zuweisungen nicht berücksichtigt ist.

Deswegen unser Vorschlag: Das Geld, das der Bund bereitstellt, ist wesentlich besser angelegt, wenn es in eine deutliche Erhöhung des BAföG investiert wird, das heißt: eine Senkung der Freibeträge und eine deutliche Erhöhung des BAföG an sich. Da wäre das Geld viel, viel sinnvoller eingesetzt. Aus den genannten Gründen werden wir den Antrag ablehnen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Jürgens. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Niels, bitte.

Sehr geehrte Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf ein bisher noch nicht genanntes Defizit eingehen - ich wundere mich, dass es überhaupt noch nicht angesprochen wurde, Herr Lipsdorf -: die Autonomie der Hochschulen, die tatsächlich beschränkt wird. Wenn über zwei Drittel der Stipendienmittel vonseiten der Spender eine Zweckbindung verfügt werden kann und die Hochschulen bei den Stipendien, die sie ja zu 50 % eingeworben haben - übrigens auch von Privatleuten, nicht nur von der Wirtschaft; die vermögenden oder weniger vermögenden Privatleute können auch einen Beitrag dazu leisten, muss man schon sagen -, nicht selbst bestimmen dürfen, wem dieses Stipendium zugute kommt, dann ist das wirklich ein Eingriff in die Autonomie der Hochschulen. Dies widerspricht dem, was Sie in Ihrem letzten Antrag zum Thema Autonomie der Hochschulen formuliert haben.

Ich würde mich an Ihrer Stelle einmal fragen - vor der Rede wäre dies ganz gut gewesen -, warum 15 von 16 Bundesländern im Bundesrat dieses Stipendienprogramm abgelehnt haben und warum Brandenburg zustimmen soll. Was wir mit der BolognaReform eigentlich wollten - dies ist das zweite Defizit, das heute noch nicht benannt wurde, ansonsten verweise ich wieder einmal auf die Vorredner -, ist die Einschränkung in der Mobilität. Denn diese Stipendien, die vergeben werden sollen, werden von der Hochschule ausgeschüttet und sind an die Hochschule gebunden.

Wir wollen aber noch mehr Studentinnen und Studenten nach Brandenburg bekommen. Diese könnten dann aus den anderen Bundesländern ihr Stipendium nicht mitnehmen, und sie könnten, wenn sie feststellen, dass es zwar an der TU in Cottbus schön war, aber Senftenberg wesentlich interessantere Studiengänge anbietet, und sie wollen vielleicht wechseln, dies nicht tun. Zumindest würden sie dann die 300 Euro monatlich verlieren.

Das sind für uns ausreichende Gründe, diesen Antrag heute abzulehnen. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass unsere Bundestagsfraktion grundsätzlich für ein Zwei-Säulen-Modell plädiert, das zum einen Unabhängigkeit von den Eltern, also einen festen Sockelbetrag für alle innerhalb des BAföG, fordert und zum anderen einen Aufstockungsbetrag für die soziale Staffelung.

Insofern unterscheiden wir uns bisher noch von den anderen Fraktionen und hoffen, dass wir auf Bundesebene Anschlusspartner finden, die zu uns hinzukommen, sich dieses Zwei-Säulen-Modell zu Hause gut durchlesen und noch einmal mit uns in den Dialog treten. Was Brandenburg betrifft, muss ich sagen: Der Aufwand der Hochschulen für die Akquise ist im Moment so einzuschätzen, dass von der Effizienz her gesehen der dann zu erwartende Mittel-Output viel zu gering ist. - Danke schön.

(Beifall GRÜNE/B90, DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Niels. - Für die Landesregierung bekommt Frau Dr. Münch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung ist das tragende Element der Bildungsfinanzierung nicht die vage Aussicht auf Stipendien aus der Wirtschaft, sondern es sind in allererster Linie Leistungen nach dem BAföG. Unser Ziel ist, das BAföG auskömmlicher zu machen - zum Beispiel mit höheren Sätzen und Freibeträgen und es flexibler zu machen. Dabei haben wir besonders hinsichtlich Teilzeitstudium und Lebensaltersgrenzen noch einiges nachzuarbeiten. Außerdem wollen wir es gerechter machen. Wir haben unser Schüler-BAföG auf einer unserer letzten Sitzungen verabschiedet; aber Ziel ist ja, dass es auch bundesweit wieder eingeführt wird.

(Senftleben [CDU]: Aha!)

Genau dies verstehen wir darunter, die Studienfinanzierung in Deutschland auf eine breitere Basis zu stellen, wie es auch im Antrag der FDP heißt. Genau das fehlt aber in der BAföG-Novelle der Bundesregierung, die zurzeit beim Bundesrat liegt. Wenn Sie, meine Damen und Herren von FDP und CDU, die Basis der Studienfinanzierung in Deutschland gerechter machen wollen, müssen Sie keine Landesanträge stellen, sondern Sie müssen Ihren Parteifreunden in Berlin raten, ihre BAföG-Novelle nachzubessern, und zwar mit einem akzeptablen Vorschlag für die Verteilung der Finanzlasten zwischen Bund und Ländern. Dann haben wir nämlich eine gerechte und breite Basis.

In Ihrem Antrag behaupten Sie, Deutschland sei bei den Stipendien ein Schlusslicht. Dieser Vergleich ist nicht richtig, denn die Expertenanhörung im Bundestag hat bestätigt, dass der Ansatz der Bildungsfinanzierung - eben über unser BAföG international beispielgebend ist. Das lässt die Stipendienzahlen anderer Staaten in einem völlig anderen Licht erscheinen, denn wir erreichen mit unserem BAföG sehr viel mehr Studenten als mit teilweise nach recht willkürlichen Kriterien ausgewählten Stipendien.

Ich wende mich nicht gegen eine Begabten- und Bestenförderung oder gegen Stipendien. Beides hat zweifelsohne seine Berechtigung, und die Begabtenförderungswerke in der Bundesrepublik Deutschland leisten hier bereits eine sehr gute Arbeit, denn wir haben bereits ein funktionierendes System der Begabtenförderung, das gleichmäßig in allen Bundesländern, unabhängig von der Wirtschaftskraft des Landes, Stipendien vergibt.

Unsere aktuelle Aufgabe ist es aber, Bildungsbeteiligung zu erhöhen. Das werden wir nicht schaffen, wenn wir die knappen Mittel, Herr Schierack, dazu verwenden, die Stipendiatenzahlen künstlich zu erhöhen. Wenn man das Geld, das Sie für das Stipendienprogramm ausgeben wollen, in das BAföG stecken würde, wäre das ein sinnvoller Beitrag für eine verlässliche Studienfinanzierung. Dazu ist aber leider Schwarz-Gelb derzeit nicht bereit.

Im Antrag wird behauptet, das Stipendienprogramm diene der Fachkräftesicherung. Diese Behauptung ist aber völlig realitätsfern, denn wer wird sich mit einer vagen Aussage über eine Förderung überhaupt auf ein Hochschulstudium einlassen? Gerade Hochschulen in strukturschwachen Regionen haben im Standortwettbewerb keine wirkliche Chance; das haben meine Vorredner schon ausführlich ausgeführt. Wenn wir uns auf dieses unfaire Spiel einlassen würden, würden wir keine Fachkräfte gewinnen, sondern würden gezielt die Wettbewerbsposition unserer Hochschulen in Brandenburg schwächen. Wir verhindern auch das angestrebte Ziel der Mobilität; darauf hat Frau Niels zu Recht hingewiesen.

Meine Damen und Herren, wir sprechen über ein aller Voraussicht nach ohnehin politisch gescheitertes Projekt. Selbst Länder, in denen CDU und FDP regieren - das hat meine Vorrednerin schon gesagt -, sagen: Das ist eine nette Idee; aber das geht mit uns nur, wenn es umsonst ist. - Überzeugende Zustimmung sieht anders aus. Deshalb wird die Landesregierung im Bundesrat gegen dieses Stipendienprogramm stimmen, weil es sozial ungerecht ist und nicht das Ziel von Bildungsgerechtigkeit und Bildungsteilhabe für alle fördert. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung. Es liegt Ihnen der Antrag der Fraktion der FDP vor: Drucksache 5/1478, „Gesetzentwurf zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms im Bundesrat unterstützen!“ Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag bei einer deutlichen Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9, den letzten für heute, auf:

Vorbereitung auf die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ab 1. Mai 2011 - wirksame Schritte hin zu einem gemeinsamen deutsch-polnischen Arbeitsmarkt an Oder und Neiße

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/1481

Des Weiteren liegt der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/1592, vor.

Wir eröffnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Bernig von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Linke hat in den letzten zehn Jahren regelmäßig ihre Vorschläge zur Arbeitnehmerfreizügigkeit eingebracht, und zwar schon im Vorfeld des EU-Beitritts der mittel- und osteuropäischen Länder zum 1. Mai 2004. Wolfgang Thiel begründete zum Beispiel Anfang 2004 unseren Antrag auf eine Bundesratsinitiative dahin gehend, einzelnen Bundesländern die Möglichkeit einzuräumen, ihren Arbeitsmarkt und Dienstleistungssektor bereits vor Ablauf der Übergangsfrist zu öffnen.

Wir hatten damit die Forderungen von Bürgermeistern der brandenburgischen Grenzstädte aufgegriffen, die über alle Parteigrenzen hinweg forderten, mit dem Thema offensiv umzugehen und zum Zeitpunkt des polnischen EU-Beitritts den Arbeitsmarkt für polnische Arbeitskräfte zu öffnen. Dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit Grundlage für eine solche Öffnung sein muss, war uns schon damals klar. Diese vorzeitige Öffnung gab es aber weder 2006 noch 2009. Es tut mir leid, Kollege Wichmann: Es war der Bund, der vom vollen Umfang der Übergangsbestimmungen in den Beitrittsverträgen Gebrauch gemacht hat. Für zwei plus drei plus zwei, also insgesamt sieben Jahre, war die Freizügigkeit, eine der vier Grundfreiheiten, auf denen die Europäische Union fußt, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Beitrittsstaaten außer Kraft gesetzt - außer Malta und Zypern.

Der Brandenburger Arbeitsmarkt war in dieser Zeit zumindest von außen geschützt. Was sich im Inneren vollzog, wissen Sie. Erst gestern haben wir unter anderem über die Abwanderung von jährlich 12 000 jungen Menschen wegen des Niedriglohns gesprochen. Für die Grenzregion hatte und hat dies keine positiven Wirkungen. Die Einschränkung führte unter anderem dazu, dass bestimmte deutsch-polnische Projekte nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen realisiert werden konnten, dass das Zusammenwachsen der beiden Teile der deutsch-polnischen Grenzregion stark behindert war, dass kein gemeinsamer Arbeitsmarkt einschließlich der zugehörigen Instrumentarien der Arbeitsvermittlung entstanden ist, und auch im Bereich des Abbaus sprachlicher Hürden wurde zu wenig getan.

Weil diese nachteiligen Wirkungen im Alltag immer spürbarer wurden, wuchs allmählich auch die Zahl der Parteien, Verbände und Einrichtungen, die sich gegen die volle Ausschöpfung der Übergangsregelungen aussprachen und dies auch mit der Forderung nach der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verbanden - endlich, möchte man sagen. Nun steht Deutschland und damit auch Brandenburg knapp ein Jahr vor der vollen Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Estland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien sowie Ungarn. Übrigens hat auch Polen von den Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht.

Vor diesem Hintergrund war der rot-roten Koalition im Herbst 2009 klar, dass wir diesen Prozess in Brandenburg umfassend begleiten müssen. Wir kennen die Ängste, die viele Brandenburgerinnen und Brandenburger mit der bevorstehenden Öffnung des Arbeitsmarktes verbinden. Denn obwohl die Arbeitslosenquote weiter sinkt, war sie mit 10,6 % im Juni immer noch sehr hoch. 142 432 Brandenburgerinnen und Brandenburger waren ohne Arbeit. Die Gefahr, dass die damit verbunde

nen Ängste Oberhand gewinnen und dass sie von Kräften aus dem rechtsextremen und rechtspopulistischen Spektrum benutzt werden, ist groß. Ich möchte daran erinnern, dass auch in Brandenburg im letzten Wahlkampf Plakate hingen, auf denen „Arbeit für Deutsche!“, „Poleninvasion stoppen!“ oder „Ausländer raus!“ gefordert wurde.

Wir alle sollten ein gemeinsames Interesse daran haben, dass mit den Ängsten der Menschen nicht gespielt wird. Vor allem sollten wir Fakten und Tatsachen dagegensetzen und sie vor der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes in die Öffentlichkeit bringen. Unser Antrag fordert einen umfassenden Bericht der Landesregierung, mit dem wir alle gemeinsam mit der Landesregierung an die Öffentlichkeit gehen können. Wir erwarten eine umfassende Bestandsanalyse und die Ableitung von Handlungsempfehlungen.

Unser Antrag greift zentrale Anliegen des Koalitionsvertrages von SPD und Linkspartei auf: den am Leitmotiv des sozialen Europas ausgerichteten Einsatz für einen gesetzlichen Mindestlohn, der die Beratung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bezug auf soziale Standards und Arbeitnehmerrechte in Deutschland ebenso einschließt wie die konsequente Bekämpfung von Schwarzarbeit, die gleichberechtigte Zusammenarbeit mit den Nachbarn in Polen, um einen gemeinsamen Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialraum an Oder und Neiße zu schaffen, die Ausrichtung der Bildungspolitik des Landes an den Bedürfnissen der Grenzlage unseres Landes.

Wir brauchen Qualifizierung für den gemeinsamen deutschpolnischen Arbeitsmarkt, was mit verstärkten Anstrengungen, zum Beispiel bei der Vermittlung von Polnisch in allen Bildungsgängen, verbunden sein muss. Lassen Sie uns heute gemeinsam diskutieren, was im Vorfeld der Öffnung des Arbeitsmarktes und danach an wirksamen Schritten notwendig ist.

Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE möchte ich einige Aspekte besonders hervorheben. Stichwort: Schaffung von Beratungsmöglichkeiten für ausländische Arbeitnehmer. Wir brauchen auch in Brandenburg eine breitere Information von ausländischen Arbeitnehmern über ihre Arbeitnehmerrechte in Deutschland. In Sachsen funktioniert so etwas zum Beispiel über den Interregionalen Gewerkschaftsrat Elbe-Neiße, der im Dreiländereck gebildet wurde. Hier bekommt man Informationen zu gesetzlichen Mindeststandards, zu Voraussetzungen für eine Arbeitsaufnahme und zu Ansprechpartnern in der Bundesrepublik.

Das Land Berlin fördert seit kurzem im Zusammenhang mit der Einrichtung des einheitlichen Ansprechpartners nach der EU-Dienstleistungsrichtlinie eine entsprechende Beratungsstelle, die beim DGB Berlin-Brandenburg angesiedelt ist. Warum sollte so etwas nicht auch in Brandenburg möglich sein?

Stichwort: Kontrolle der Einhaltung der bundesweit geltenden Standards. Lohndumping und Verstöße gegen das Arbeitsrecht dürfen nicht von Einzelnen für ihre privaten Zwecke missbraucht werden. Gegen solche Verstöße muss konsequent vorgegangen werden, egal woher der Unternehmer kommt, aus dem In- oder aus dem Ausland.

Stichwort: Qualifizierung Jugendlicher und Erwachsener für den deutsch-polnischen Arbeitsmarkt. Auf der Tagesordnung steht die Vermittlung von interkultureller Kompetenz, von Kenntnissen über die Geschichte über das heutige Polen und

vor allem auch von Kenntnissen der Nachbarsprache Polnisch. Wir können stolz sein, dass wir beim Polnisch-Unterricht unter allen Bundesländern an der Spitze liegen. Aber wir sollten als Grenzland zu Polen zugleich unseren Nachholbedarf, darunter den in der beruflichen Ausbildung, klar identifizieren und ihm schrittweise gerecht werden. Das war unter anderem ein Befund einer Veranstaltung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Frankfurt (Oder), die sich Anfang Mai 2010 mit der Vermittlung der polnischen Sprache an Berufsschüler beschäftigte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich einige Worte zum Entschließungsantrag von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen. Die Linke ist mit Ihnen auf einer Linie, wenn Sie die Versäumnisse der deutschen Politik in den vergangenen zehn Jahren kritisieren. Ich sage aber auch mit aller Deutlichkeit: Wir können Versäumnisse nicht, wie Sie es im Entschließungsantrag fordern, innerhalb von fünf Monaten die Sommerpause eingeschlossen - wettmachen. Für eine Bestandsanalyse brauchen wir nach sieben Jahren Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit etwas mehr Zeit.

Eine ganze Reihe von Forderungen, die Sie erheben, finden Sie auch in unserem Antrag; das können Sie nachlesen. Dazu gehört fast alles, was zum Bereich Bildung der Fachkräfte in Ihrem Antrag steht.

Die von Ihnen geforderte Anpassung des Arbeitspolitischen Programms des Landes könnte zum Beispiel eine mögliche Folge des Berichts der Landesregierung sein. Im Unterschied zu Ihnen haben wir noch keine fertigen Antworten, um danach Schritt eins, zwei und drei zu bestimmen. Mit der Forderung Nr. 7, alle von der Bundesregierung vorzulegenden Gesetze zur Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen mitzutragen, verlangen Sie, dass wir die Katze im Sack kaufen. Wir können Ihrem Antrag auch deshalb nicht zustimmen, weil er die Fragen der Anforderungen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit erheblich verkürzt und zu einseitig betrachtet. Die soziale Seite, die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, um Lohndumping zu verhindern, fehlt völlig.

SPD und Linke haben bewusst einen breiteren Ansatz gewählt, einen Ansatz, der über die Fachkräftesicherung in Brandenburg, über die Werbung oder besser Abwerbung von hochqualifizierten Arbeitskräften aus Polen, wie es Punkt 1 Ihres Entschließungsantrags suggeriert, hinausgeht. Die Öffnung des Arbeitsmarktes und die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialraums ist eine komplexe Aufgabe und eine Chance gerade für uns in Brandenburg. Sie kann den Prozess der Öffnung unseres Landes nach Osten weiter befördern und die Akzeptanz der EU in der Bevölkerung weiter erhöhen.

Ich bitte Sie um die Zustimmung zu unserem Antrag.