Dass Sie zudem die in Ihrem eigenen Referentenentwurf vor kurzer Zeit noch vorgesehene Einhaltung des Verbots von Zwangsarbeit und Kinderarbeit aus dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf herausgestrichen haben, übersteigt dann doch unser Fassungsvermögen. Stattdessen gibt es nun eine Konzentration auf eine angemessene Lohnhöhe - für eine rot-rote Landesregierung vermutlich das wesentliche Ziel ihrer Politik. Das ist grundsätzlich ein gutes Ziel für die Politik und wird auch von uns Bündnisgrünen mitgetragen. Für uns wie übrigens auch für die rot-grüne Landesregierung in Bremen und auch für das momentan noch allein von der SPD regierte RheinlandPfalz ist das auch ein wesentliches, aber nicht das einzige Ziel in der Vergabepolitik.
Nun wollen Sie den Kommunen 106 Stellen für Kosten in Höhe von 6,5 Millionen Euro zuzüglich Schulungskosten schaffen und ihnen großzügig bemessene Fallpauschalen für Vergabe- und Kontrollaufwand zukommen lassen, für Mindestlohn und Tariftreue. Ich finde, das ist ein Missverhältnis. Für so viel Geld könnte man ambitioniertere Vorgaben erwarten. Hier wird der Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Ich finde das nicht korrekt. Zumindest die von Ihnen nunmehr auf die Kommunen verlagerte Kontrollpflicht über die Einhaltung von Tarifverträgen und Mindestlohn wäre nach unserem Gesetzentwurf teilweise obsolet, da wir eine zentrale Kontrolle der Einhaltung dieser Bestimmungen auf eine Sonderkommission des Landes übertragen würden. So würden den Kommunen weniger Kosten entstehen.
Zudem bestehen erhebliche Zweifel, dass derartige Überprüfungen in Amts- und Stadtverwaltungen des Landes einheitlich und jederzeit fachgerecht erfolgen. Mir fehlt der Glaube, dass jeder gute Beschaffer auch ein guter Buchprüfer ist. Zudem ist es sinnlose Verschwendung, wenn acht Gemeinden denselben Auftragnehmer prüfen. Eine zentralisierte Nachprüfung kann hier Synergieeffekte erbringen und zugleich eine einheitliche Rechtsanwendung sicherstellen.
Aber auch die Zusammenstellung aller verstreuten Vergabebestimmungen in einem einheitlichen Gesetz wäre dringend erforderlich. Negatives Beispiel ist für mich schon jetzt die für die Kommunen uneingeschränkt gültige Frauenförderverordnung vom 25. April 1996. Hand aufs Herz: Hätten Sie gewusst, dass hierzulande eine derartige Verordnung existiert, die den Verga
bestellen vorschreibt, Anbieterinnen zu bevorzugen, die einen höheren Frauenanteil an den Beschäftigten aufweisen
oder die Frauen in höherem Ausmaß in qualifizierten Positionen beschäftigen? Ist Ihnen bekannt, dass solchen Unternehmen die Auftragsübernahme sogar angeboten werden muss, auch wenn deren Angebot das wirtschaftlichste Angebot um 20 % übersteigt, sofern diese dann bereit sind, zum Preis des günstigeren Anbieters zu liefern?
Forschen Sie im Landesgleichstellungsbericht nach Anwendung dieser Verordnung - Fehlanzeige. Kein Wunder, wenn selbst die nach § 7 Abs. 3 der Frauenförderverordnung regelmäßig fortzuschreibenden Ausnahmen nach ihrer Erstveröffentlichung 1998 nie überarbeitet wurden, kein Wunder, wenn als einzige größere Initiative die Befreiung des Kaufs von Schulbüchern von den Bestimmungen dieser Verordnung zu verzeichnen ist.
In unseren Gesetzentwurf haben wir ausdrücklich den Hinweis auf diese Verordnung aufgenommen, da für jedermann leicht erkennbar ist, dass einzeln verstreute Vergabebestimmungen, die zudem keiner regelmäßigen Kontrolle unterzogen werden, von den Vergabestellen auch nicht eingehalten werden.
Zusammengefasst: Dieser Gesetzentwurf ist kleinmütig. Er greift die großen Themen einer nachhaltigen und sozial verträglichen Beschaffung nicht auf. Er bezieht zwar die Gemeinden ein, verzichtet aber darauf, diesen ehrgeizigere Vorgaben zu geben.
In den Ausschüssen wartet bereits unser Gesetzentwurf darauf, mit Ihrem Minimalvorhaben verglichen zu werden. Wir werden Ihnen dort unsere besseren Regelungsvorschläge nahebringen. Was Sie daraus machen, werde ich dann in den folgenden Lesungen bewerten. Möglicherweise wird es dann keine guten Noten geben. - Recht herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Herr Vogel, ich habe auch nicht erwartet, dass Sie uns für den Gesetzentwurf loben. Das wäre zu viel verlangt. Es gibt nach wie vor eine Trennlinie zwischen politischen Parteien. Das muss man so deutlich sagen. Wir haben mit § 97 GWB all das nachvollzogen, was Sie meinten, jetzt einführen zu müssen. Wir haben aber ein Stück weit mehr Vertrauen in die kommunale Selbstständigkeit. Die Kommunen können möglicherweise selber entscheiden, was sie davon anwenden können, wollen oder müssen. Das kommt auf die jeweilige Situation an.
Ich möchte auf einige Bemerkungen eingehen. Wir werden mit Sicherheit darüber reden müssen, wie Schwarzarbeit bekämpft
wird. Ob dieser Gesetzentwurf dazu der richtige Rahmen ist, müssen wir möglicherweise im Ausschuss klären.
Sie wissen, dass insbesondere die Fachgemeinschaft Bau dazu vor längerer Zeit eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt hat, die möglicherweise aber nicht auf Landesebene umsetzbar sind. Um diese Vorschläge umzusetzen - darum bemühen wir uns schon seit Jahren -, brauchen wir möglicherweise auch die andere Seite des Hauses.
Was die Frage der Präqualifikation betrifft: Das Gesetz regelt ausdrücklich, dass akzeptierte und anerkannte Präqualifizierungsverfahren als Nachweis ausreichend sind. Wir haben nur darauf verzichtet, sie alle namentlich zu nennen, weil es neben den zentralen Verzeichnissen bei der IHK eine Reihe von städtischen Präqualifikationsverfahren gibt - zum Beispiel in der Stadt Potsdam -, die qualitativ gleichwertig sind.
Meine Damen und Herren! Was die Grenze von 100 000 Euro betrifft: Als das Konjunkturpaket II verabschiedet worden ist, war es unter anderem die Bauwirtschaft, die den außerordentlichen Beihilferahmen bis zu 100 000 Euro nutzen wollte, um eine schnelle Auftragsvergabe sicherzustellen. Wir haben in unserem Gesetzentwurf sichergestellt, dass auch unterhalb der Grenze von 100 000 Euro eine vertiefte Kontrolle unter bestimmten Konditionen realisiert wird. Aber ich finde, das sind Details, über die wir im Ausschuss sprechen können. Ich bin sehr froh, dass auch hier im Parlament, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Lohnuntergrenze von 7,50 Euro als ein zu erstrebendes politisches Ziel akzeptiert und umgesetzt wird. Vielen Dank.
Besteht der Bedarf, eine weitere Runde zu eröffnen, oder stimmen wir über die Vorlage ab? - Wir stimmen über die Vorlage ab. Ihnen liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/3030 vor. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft - federführend -, den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie sowie den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Die SPD-Fraktion beantragt darüber hinaus die Überweisung zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres sowie den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Wer all diesen Überweisungsanträgen seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall, damit ist der Gesetzentwurf überwiesen.
Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/3078 vor.
Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Abgeordnete Jungclaus spricht zu uns.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Im letzten Jahr hat unsere Fraktion eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet, um Informationen über das Auslaufen von Konzessionsverträgen in Brandenburg zu erhalten. Leider waren die Antworten weder auf die Große Anfrage noch auf die daraus folgende Nachfrage sehr ergiebig.
Bislang gibt es in Brandenburg keine systematische Erfassung über die laufenden Verträge und deren Auslaufen, den Neuabschluss oder die Verlängerung. Eigentlich müssten doch dem Wirtschaftsministerium Angaben darüber vorliegen, da dieses als Genehmigungsbehörde nach dem Energiewirtschaftsgesetz dazu verpflichtet ist, Anträge auf den Betrieb eines Energieversorgungsunternehmens zu genehmigen. Die Landesregierung sollte sich ein Beispiel an anderen Bundesländern wie BadenWürttemberg, NRW oder Sachsen-Anhalt nehmen. Dort sind entsprechende Listen mit der Übersicht über Auslaufdaten der Strom- und Konzessionsverträge für Gas vorhanden und sogar veröffentlicht.
Wie in der Aktuellen Stunde des letzten Plenums auch von Ihnen bekräftigt wurde, ist das Vorantreiben der Energiewende in Brandenburg eine zentrale landespolitische Aufgabe. Für uns heißt das: Atomenergie und die sogenannten Brückentechnologien, basierend auf der Nutzung fossiler Brennstoffe, müssen schnellstmöglich durch erneuerbare Energien und dezentrale Energieversorgung abgelöst werden.
Die Neuregelung der Konzessionsverträge kann dabei einen wichtigen Baustein bilden. Daher sollte das Land die Kommunen bei dieser Herausforderung unterstützen. Diese Unterstützung sollte vor allem folgende Punkte beinhalten, die wir auch zum Inhalt unseres Entschließungsantrages gemacht haben:
Erstens - ein klares Bekenntnis in der Energiestrategie 2020 zu den Kommunen als wichtige Akteure für die Erreichung der Klimaschutzziele und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende.
Zweitens - die Bereitstellung von Informationsmaterialien, die Durchführung von Infoveranstaltungen und die Benennung von konkreten Ansprechpartnern.
Drittens - sich auf Bundesebene für eine Klarstellung zu Netzübernahmen im Energiewirtschaftsgesetz einzusetzen, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu verbessern.
In den nächsten Jahren werden viele Konzessionsverträge in Brandenburg auslaufen. Da diese Verträge in der Regel die maximale gesetzliche Laufzeit von 20 Jahren haben, besteht jetzt eine seltene Chance für die Kommunen, wichtige Weichenstellungen für eine nachhaltige Energieversorgung vorzunehmen.
Erstens: den bestehenden Vertrag zu verlängern, zweitens: einen neuen Netzbetreiber zu verpflichten oder drittens: als Kommune mit oder ohne strategischen Partner die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen.
In allen drei Fällen ermöglicht die Neuregelung der kommunalen Energieversorgung eine Verknüpfung mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und dezentraler Erzeugungsstrukturen. Sie kann somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe leisten.
Den größtmöglichen Einfluss auf die Energiepolitik vor Ort können die Energieunternehmen mit der dritten Variante nehmen. Die Rekommunalisierung versetzt sie in die Lage, Eigenstromversorgung und erneuerbare Energien aufzubauen, eine effiziente Kraft-Wärme-Kopplung und klimafreundliche Nahwärmeversorgung zu fördern. Sie können das Angebot von Ökostrom steuern und die Beratung für Energieeinsparung vorantreiben. Das bedeutet Daseinsvorsorge und Verbraucherschutz.
Dazu gibt es viele positive Nebeneffekte. So entstehen Arbeitsplätze in der Region, die sonst in Konzernzentralen, fern vom Verbraucher, verortet sind. Die Gewinne aus dem Netzbetrieb, dem Vertrieb und der Stromerzeugung bleiben vor Ort und können somit für den weiteren Ausbau der örtlichen Energieversorgung verwendet werden, anstatt sie beispielsweise über Vattenfall dem schwedischen Staat zuzuspielen.
Das Beispiel Prenzlau, die 20 000-Einwohner-Stadt in der Uckermark, zeigt, wie dort in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken ein Energiekonzept verfolgt wird, sodass bereits seit einigen Jahren mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, als die Stadt selbst verbraucht. Auch für die technologische Weiterentwicklung von erneuerbaren Energien und deren Speicherung wird dort Pionierarbeit geleistet. Die Vorreiterrolle der Stadt hat zu diversen Unternehmensansiedlungen im Erneuerbare-Energien-Sektor geführt. Wir sprechen beim Thema Konzessionsverträge also auch von Wirtschaftskompetenz, und zwar jenseits von Schwimmbädern und Nagelstudios.
Aber auch die Kommunen, die den Weg des Rückkaufs der Netze nicht oder noch nicht gehen wollen, benötigen dringend eine Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber den Netzbetreibern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben hierzu übrigens einen speziellen Musterkonzessionsvertrag erarbeiten lassen, der dabei hilft, die kommunalen Interessen zu vertreten.
Mein Fazit: Damit die Absichtserklärung von Parlament und Landesregierung zum Betreiben einer zügigen Energiewende bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur als leere Worte ankommt, sollten wir sie intensiv dabei unterstützen, mehr Eigenverantwortung für ihre Energieversorgung übernehmen zu können. Wenn die Menschen in den Kommunen auch von dem Mehrwert in finanzieller sowie qualitativer Hinsicht profitieren, wird eine nachhaltige Energiepolitik attraktiv. Die Kommunen werden gestärkt daraus hervorgehen und einen wesentlichen Teil der Daseinsvorsorge in Eigenregie übernehmen.
Klimaschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen, geschieht in erster Linie vor Ort. Darum bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.