Die zweite Frage: Wie beurteilt die Landesregierung die Frage der Befangenheit von Stadtverordneten und Aufsichtsratsmitgliedern,
Herr Burkardt, zur Frage des Einschreitens: Sie haben ja einen juristischen Hintergrund. Da wundere ich mich ein bisschen über Ihre Frage; denn es gibt in Deutschland die sogenannte Gewaltenteilung. Das heißt, die Justiz in diesem Land entscheidet frei, gegen wen sie aus welchen Gründen Ermittlungen einleitet.
Das wird auch in diesem Fall so passieren. Deswegen erübrigt sich der Rest Ihrer Frage. - Danke sehr.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Dringlichen Anfrage 44 (Brandenburger Jobcenter und Optionskommunen im bundesdeutschen Leistungsvergleich), die der Abgeordnete Büttner stellt.
Am Montag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstmals einen Leistungsvergleich der 440 Jobcenter und Optionskommunen veröffentlicht, die sich um die Bezieher von ALG II und deren Kinder kümmern. Die Ergebnisse für die Brandenburger Einrichtungen sind ernüchternd: Bei der Integration erwerbsloser Personen in den Arbeitsmarkt sind die märkischen Jobcenter und Kommunen mit einer Quote von nur 14,7 % hinter Berlin bundesweit Schlusslicht.
Defizite gibt es auch bei der Entwicklung der Leistungsberechtigten: Von den insgesamt 16 bewerteten Landkreisen und kreisfreien Städten im Land lagen hinsichtlich der Verringerung des Anteils von Personen im ALG-Bezug lediglich sieben über dem Bundesdurchschnitt.
Ich frage daher die Landesregierung: Welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um die bestehenden Defizite gemeinsam mit den Jobcentern und den Optionskommunen zu verringern?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Büttner, den Begriff „ernüchternd“ finde ich zutreffend. Die Analysen, die jetzt vorliegen, sind in der Tat ein Ausfluss der Vereinbarung, die wir im vergangenen Frühjahr im Vermittlungsausschussverfahren gewonnen haben, als es um die neue Organisation der Jobcenter ging. Wir haben damals gesagt: Jawohl, Leistungsvergleiche sind gut. Dann kann man auch sehen, wo man steht. Ich halte es auch für wichtig, dass man korrigieren kann, wenn man Fehler gemacht hat. Ich stehe hinter diesem Projekt und denke, dass es gut ist und dass man daraus dann auch Schlüsse ziehen muss.
2011 - auch das war damals vereinbart worden - soll zunächst eine Testphase sein, weil die Datenbasis noch etwas unsicher ist. Wenn Sie sich die Zahlen im Detail angesehen haben, werden Sie auch festgestellt haben, dass darin ein paar Sachen sind, die so einfach nicht zu erklären sind. Wir sind zum Beispiel, was die Senkung der Ausgaben zum Lebensunterhalt angeht, auf dem 8. Platz. Wenn es darum geht, die Langzeitleistungsbezieher in Arbeit zu bringen, sind wir auf dem 3. Platz.
Aber in der Summe sind wir Letzter. Das verstehe ich nicht so richtig. Ich kann auch nicht verstehen, warum zum Beispiel die Integrationsquote in Elbe-Elster bei 16,6 % liegt, in OSL bei 13,2 %, aber Spree-Neiße, also eine arbeitsmarktpolitisch ähnlich gelagerte Region, mit 2,4 % durch das Rennen kommt. Ich weiß nicht, was da passiert. Dann habe ich das Jobcenter Saale gefunden, das hat eine Integrationsquote von 59,6 %. Wenn die bis zum Sommer so weitermachen, dann können sie sich im Herbst ihre Hartz-IV-Empfänger aus anderen Landkreisen borgen. Dann können sie das Jobcenter zumachen. Ich weiß nicht, wie solche Zahlen zustande kommen.
Wir haben vorgestern auch gleich bei Spree-Neiße nachgefragt. Die meinten, diese Zahl würde niemals stimmen. Wenn man die Zahl einbaut, die stimmt, kommen wir vielleicht nicht viel weiter nach oben - das ist mir auch klar -, aber auf jeden Fall kommen wir nicht so weit nach unten, wie wir es jetzt sind. Aber Spree-Neiße konnte bis eben - ich habe gerade noch einmal nachgefragt - auch noch nicht genau sagen, wie der Fehler entstanden ist. Daran werden wir in den nächsten Wochen noch arbeiten.
Ihre Frage ist, wie wir damit umgehen werden. Wir haben jetzt mit der Jobcenterreform-Zielvereinbarung das erste Mal die Möglichkeit, zumindest mit den ZKTs, also mit denen, die die Sachen als Optionskommune machen, etwas zu vereinbaren; das werden wir auch tun. Da, wo das nicht geht, werden wir mit der BA ins Gespräch kommen und schauen, wie wir unsere Jobcenter besser aufstellen. Wie gesagt, es ist dann aber auch immer wieder das Handeln der Akteure vor Ort in den Kommissionen, in den Beiräten und den Ausschüssen, die jetzt die Jobcenter begleiten, gefragt. Wir werden Hilfe anbieten. Dort, wo man die Hilfe von uns in Anspruch nimmt, werden wir sie auch gerne leisten. - Schönen Dank.
Vielen Dank. - Bevor ich die nächste Frage aufrufe, nutze ich die Gelegenheit, unsere Gäste von der Käthe-Kollwitz-Oberschule in Potsdam zu begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg und einen spannenden Vormittag für euch!
Wir kommen zur Frage 589 („Betonkopf Brandenburg“ an das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten verlie- hen), die die Abgeordnete Lehmann stellt.
Nicht zu Verwechseln mit dem Dickkopf. - Seit 1992 findet jährlich am 5. Mai der Europäische Protest- und Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung statt. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „Inklusion beginnt im Kopf“.
Ziel des Protesttages ist es, auf die besondere Lebenssituation von Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen.
In Brandenburg vergibt der Allgemeine Behindertenverband Land Brandenburg e. V. anlässlich dieses Aktionstages den „Betonkopf Brandenburg“ für die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. In diesem Jahr erhält ihn das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten, weil es Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, abgekürzt EFRE, zur Förderung von touristischer Infrastruktur verwendet hat, ohne dabei die geltenden Vorschriften zur Barrierefreiheit einzuhalten.
Ich frage die Landesregierung: Was beabsichtigt sie zu unternehmen, um künftig bei einem Einsatz von Mitteln des Landes und der EU die Förderung behindertengerechter Infrastruktur zu gewährleisten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie uns mit Ihrer Frage Gelegenheit geben, zu der etwas zweifelhaften Auszeichnung hier öffentlich Stellung zu nehmen.
Ich möchte vorweg sagen: Diese „Auszeichnung“ ist aus unserer Sicht an den falschen Adressaten gerichtet, weil das Land Brandenburg gegenwärtig im Bereich Barrierefreiheit im Tourismus Spitzenreiter in der Bundesrepublik Deutschland ist, und das seit mehreren Jahren. Das wird auch bundesweit anerkannt.
Zur Sachlage: Seit zehn Jahren ist Barrierefreiheit fester Bestandteil der Tourismuspolitik aller Landesregierungen und seitdem in allen bisher erstellten Landestourismuskonzeptionen enthalten, auch in der, die wir vor wenigen Wochen hier im Landtag Brandenburg beraten haben.
Zweitens: Barrierefreiheit ist zudem in der strategischen Marketingplanung der Tourismus Marketing Brandenburg im Einvernehmen mit der gesamten Branche als ein übergeordnetes Querschnittsthema eingeordnet worden. Anträge auf Förderung, die zugleich Maßnahmen der Barrierefreiheit enthalten, werden im Rahmen der allgemeinen Verwaltungspraxis bevorzugt entschieden und behandelt. Seit 2007 ist die Barrierefreiheit in der wichtigen Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur für die Tourismusförderung enthalten. Brandenburg war damit das erste Bundesland, das diesen Weg überhaupt beschritten hat.
Wir haben eine Vielzahl von Förderungen verabschiedet, genehmigt, bewilligt, in denen Barrierefreiheit im Mittelpunkt der Förderung stand, zum Beispiel beim „Haus Rheinsberg“ oder beim Fläming-Skate. Bei der Betreuung des barrierefreien Tourismus spielt die Tourismusakademie eine besondere Rolle. Die Tourismusakademie wurde zu Beginn im Rahmen der Förde
rung des Landestourismusverbandes unterstützt. Seit 2008 macht das die TMB Brandenburg GmbH. Auch hier hat Brandenburg wiederum eine bundesweite Vorreiterrolle übernommen. Der Brandenburger Internetauftritt zum barrierefreien Tourismus, den wir 2010 freigeschaltet haben, ist zukünftig die Basis für eine bundesweite Plattform zum barrierefreien Reisen. In der Arbeitsgemeinschaft „Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ sind mit dem Ruppiner Land und der Niederlausitz zwei von insgesamt sieben Modellregionen bundesweit vertreten. Es gibt außer uns kein Bundesland, das zwei Modellregionen aufweist.
Selbstverständlich bestehen Vernetzungen und Aktivitäten mit anderen Ressorts, zum Beispiel mit dem Infrastrukturministerium im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischem Stadtkern“.
Mein Haus stellt sich aktiv den Themen Barrierefreiheit und Tourismus für alle. Dies kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass das Ministerium eng in die Erarbeitung und Umsetzung des Maßnahmenpaktes zur UN-Behindertenkonvention eingebunden ist.
Meine Damen und Herren! Die Anstrengungen des Landes Brandenburg, des Wirtschafts- und Europaministeriums und der Tourismusakademie wurden auf der Internationalen Tourismusbörse 2011 mit der Verleihung des Willy-Scharnow-Preises gewürdigt. Den „Betonkopf“ des Allgemeinen Behindertenverbandes kann ich deshalb nicht akzeptieren. Er ist an den falschen Adressaten gerichtet. Eines der im Antrag zur Begründung herangezogenen drei Hotels hat den barrierefreien Zugang bereits weit vor der Verleihung dieser Auszeichnung aufgrund der Initiative von Mitarbeitern nachgebessert und umgesetzt. Die beiden anderen Häuser haben die Förderung im Jahr 2006 - ich betone: 2006 - beantragt, also bevor die Barrierefreiheit zu einem festen Bestandteil der brandenburgischen Landesförderrichtlinie geworden ist.
Es ist immer wieder zu verzeichnen, dass Gebäude, die dem Denkmalschutz unterliegen, nicht immer in angemessenem Umfang behindertengerecht umzubauen sind. Das traf auch auf den einen der anderen genannten Fälle zu. Insofern bleibt festzustellen, dass bei den drei vom Allgemeinen Behindertenverband genannten Fällen Unternehmen gefördert worden sind, von denen eins den Anspruch nachträglich erfüllt hat und es bei zwei weiteren nicht möglich war. Bei allen drei Fällen ging es um insgesamt 250 000 Euro, und es wurde darüber hinaus in einem Fall ein insolvenzgefährdetes Unternehmen zu einem dauerhaft gesicherten Unternehmen im Bereich Tourismus entwickelt.
Insofern begrüße ich zwar die Idee, öffentlich auf Missstände aufmerksam zu machen, möchte aber betonen, dass ich die Verleihung des „Betonkopfes“ an die Landesregierung bzw. das Wirtschafts- und Europaministerium im Jahr 2011 für Fördermaßnahmen, die 2006 entschieden worden sind, zumindest mit einem Fragezeichen versehen möchte. - Vielen Dank.