Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

Wenn Sie unseren Koalitionsvertrag auf Landesebene richtig gelesen haben, dann werden Sie auf zwei Formulierungen gestoßen sein. Es heißt zum einen auf Seite 15:

„Die Landesregierung wird Ansiedlungen im Bereich des Klimaschutzes... unterstützen.“

Das ist noch der etwas zaghaftere Satz. Der Satz, der dann aber im Prinzip in genau dieselbe Kerbe haut wie auf Bundesebene, steht auf Seite 26 und lautet:

„Die Koalition unterstützt die Gründung eines Instituts für Geoenergie und CO2-Technologien an der BTU in Cottbus.“

Sie sehen also, dass wir als Koalition das durchaus im Blick haben. Ich denke, da brauchen Sie uns auch nicht aufzufordern, da wird die Landesregierung handeln. Insofern: danke für Ihren Antrag.

Früher wäre es, wenn wir den Antrag eingebracht hätten, so gewesen, dass Sie gesagt hätten, dass Sie ihn nicht brauchen, er überflüssig sei, und hätten ihn abgelehnt. Wir stehen jetzt für einen anderen Politikstil. Deswegen sagen wir: Wir überweisen diesen Antrag, damit wir im Ausschuss für Wissenschaft ordentlich diskutieren können und dann mit aller Kraft, die wir haben, dieses Institut nach Brandenburg holen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Jungclaus. Er spricht für die Fraktion GRÜNE/BÜNDNIS 90.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider kann ich die Begeisterung meiner Vorredner für das beschriebene Forschungsinstitut nicht teilen. Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, welchen Sinn es haben soll, für

ein solches Institut Millionen von Steuergeldern auszugeben. Wenn Sie sich für eine nachhaltige Ressourcennutzung einsetzen möchten, finden wir das natürlich erst einmal gut. Nur meinen wir mit Nachhaltigkeit wahrscheinlich verschiedene Dinge. Während unsere Fraktion dabei an den Umstieg auf erneuerbare Energien denkt, verstehen Sie darunter die nachhaltige Ausbeutung von Braunkohlefeldern, also den Raubbau an endlichen fossilen Energieträgern. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass biogene Rohstoffe in Ihrem Antrag zwar kurz Erwähnung finden, Sie dann aber recht schnell zum eigentlichen Anliegen kommen und mit der konkreten Benennung der Braunkohle die Sache auf den Punkt bringen. Sie möchten mit diesem Institut die Möglichkeiten weiterer Tagebaue und zukünftiger CO2-Endlager erforschen. Deshalb taucht in Ihrem Text das Wort Bergbau auch viermal auf, biogene Rohstoffe einmal und erneuerbare Energien hingegen überhaupt nicht.

Es geht in Ihrem Antrag, Herr Dombrowski, nicht um Nachhaltigkeit, sondern um die Suche nach Argumenten für eine rückwärtsgewandte Energiepolitik; denn genau dafür steht die Braunkohle. Es ist eine Technologie aus dem vergangenen Jahrhundert. Sie ist klimaschädlich, sie verunstaltet über Jahrzehnte riesige Landschaften, sie vertreibt Menschen aus ihrer Heimat und entgegen Ihrer Behauptung werden durch sie auch keine Arbeitsplätze gesichert, im Gegenteil,

(Beifall GRÜNE/B90)

Forschung und Investition in überholte Grundlasttechnik bremsen den Umstieg auf erneuerbare Energien. Dabei finden bereits heute in Brandenburg mehr Menschen Arbeitsplätze in diesem Bereich als im Braunkohletagebau. Während bei den fossilen Energien immer mehr Stellen wegfallen, geht die Kurve bei den erneuerbaren Energien stetig nach oben.

Besonders bitter für die Betroffenen - jetzt muss ich mich einmal zu unserem ehemaligen Bündnispartner im Bereich Volksbegehren gegen Tagebaue drehen -: Nach dem unnötigen und übereilten Einknicken der Linken bei der Energiepolitik, kann sich die SPD nun aussuchen, von welcher Seite sie auf den klapprigen Gaul Braunkohle steigt, vom linken oder vom rechten Steigbügel. Ein kleiner Trost für diese Menschen: Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen da nicht mit und werden weiterhin mit konstruktiver Kritik zügige Wege aus der Braunkohle aufzeigen.

Irritiert hat mich an dem Antrag der CDU und der FDP aber vor allem die Tatsache, dass er noch hinter der Formulierung im schwarz-gelben Koalitionsvertrag der Bundesregierung zurückbleibt. Während dort nämlich von der Erforschung einer nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung die Rede ist, geht es bei Ihrem Antrag plötzlich nur noch um eine Rohstoffnutzung. Nomen est omen. Hier ist offensichtlich der Weg das Ziel, und dieser ist bei dem von Ihnen beschriebenen Institut mit dreckiger Braunkohle gepflastert.

(Beifall GRÜNE/B90)

Aber nicht nur die Wortwahl, sondern auch die angesprochenen Synergieeffekte lassen auf eine zwangsläufige Kohlelastigkeit des gewünschten Instituts schließen. Diese sollen Ihren Ausführungen nach im Bereich Nachhaltigkeit durch die Nutzung vorhandener Strukturen erzielt werden, aber nicht im Bereich Nachhaltigkeit zum Beispiel beim Potsdamer Institut für Klima

folgenforschung, nein, Sie wünschen sich die Anbindung an das Landesamt für Bergbau, die Baugbau-Verwaltungsgesellschaft und - der ganzen Sache noch die Krone aufsetzend - an ein mögliches Institut für Geoenergie und Co2-Technologien.

Unsere Fraktion sagt hingegen: Nicht die Rohstoffnutzung sollte im Vordergrund stehen, sondern die Abwendung der Gefahren des Klimawandels sowie die langfristige Versorgungssicherheit. Diese Sicherheit werden Sie mit endlichen Rohstoffen definitiv nicht erreichen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Bei einem Forschungsinstitut zur nachhaltigen Rohstoffversorgung, um bei der Wortwahl der Bundesregierung zu bleiben, sollte es unserer Ansicht nach möglich sein, dass am Ende der Nachhaltigkeitsbewertung als Ergebnis auch die Nichtnutzung eines Rohstoffes stehen kann. Diese Neutralität ist bei der Konstellation Bundesregierung, Landesregierung und Cottbuser Bergbauinstitution schwer vorstellbar. Wenn Sie tatsächlich eine nachhaltige Rohstoffversorgung im Sinn haben, dann suchen Sie die im Antrag angesprochenen Synergieeffekte an anderer Stelle. Wir würden dieses Vorhaben, ein solches Institut in Brandenburg anzusiedeln, unterstützen, weil Forschung und Arbeitsplätze gut für das Land sind. Wir sehen die Synergieeffekte dabei allerdings eher beim Potsdamer Institut für Geowissenschaften, beim GeoForschungsZentrum und nicht zuletzt beim Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung.

Als Standort begrüßen wir Cottbus jedoch und sehen darin die Chance, Ideen von echter Nachhaltigkeit in die Lausitz zu tragen und dort Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft auch in einer hoffentlich nicht allzu fernen Nachkohlezeit zu garantieren.

Ihrem Antrag in der vorliegenden Form werden wir aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Wir stehen dem Diskussionsprozess zu diesem Institut aber offen gegenüber. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Ministerin Dr. Münch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion bietet eine schöne Gelegenheit, um das, was der Ministerpräsident in der Regierungserklärung am gestrigen Tag gesagt hat, noch einmal klar zu unterstreichen.

Wir sorgen mit vorzüglichen Hochschulen für exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs. Wir halten die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung stabil, und wir werden die Rahmenbedingungen für die Studierenden, die derzeit protestieren, verbessern. Wir setzen auch in diesem Punkt die erfolgreiche Politik der bisherigen Koalition fort. Von den von der Koalition geplanten Verbesserungen im Kita-Bereich wird auch die Familienfreundlichkeit der Hochschulen profitieren. Die geplanten Maßnahmen, beispielsweise das Schüler-BAföG, mit denen mehr jungen Menschen das Abitur ermöglicht wird, helfen, die Anzahl der Studierenden zu steigern.

Forschung und Technologietransfer sind Schwerpunkte der Arbeit der Landesregierung. In dem Zeitraum von 2004 bis 2008 konnten die Drittmitteleinnahmen der Hochschulen aus der Wirtschaft deutlich gesteigert werden, die Drittmitteleinnahmen aus der brandenburgischen Wirtschaft sogar um 150 %. Außerdem werden wir in den nächsten Jahren daran arbeiten, dass die Resultate der Forschung im Land noch besser in der brandenburgischen Wirtschaft ankommen. Dazu werden wir Netzwerke auch weiterhin fördern. Jedes Forschungsinstitut ist dem Land Brandenburg willkommen, und jedes Forschungsinstitut findet hier vorzügliche Bedingungen vor.

Die Koalition bekennt sich ohne Wenn und Aber zum Energieland Brandenburg. Wir begreifen das Thema Energie als fundamentales Zukunftsfeld für Brandenburg. Das gilt für die erneuerbaren Energien ebenso wie für die Braunkohle. Die Nutzung der Braunkohle werden wir durch die Erforschung und die Erprobung der CO2-Speicherung klimafreundlicher machen. Brandenburgs Forscher und in Brandenburg tätige Unternehmen stehen bei der gemeinsamen Erschließung dieser Technologien sehr weit oben in der Weltrangliste. Das wird noch weiter ausgebaut werden.

Wir legen in der Forschungs- und Entwicklungspolitik einen Schwerpunkt auf innovative und marktfähige Energietechniken. Wir unterstützen ferner die Gründung eines Instituts für Geoenergie und CO2-Technologien am Standort Cottbus, wie wir es auch im Koalitionsvertrag verankert haben.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um Licht in das etwas wirre Dickicht dieser Diskussion zu bringen. Ich habe den Eindruck, dass noch nicht so ganz klar geworden ist, um welche Institute es sich hierbei eigentlich handelt.

Im Koalitionsvertrag sprechen wir über das Institut für Geoenergie und CO2-Technologien. Das hat einen konkreten Vorläufer und eine konkrete Grundlage. Es gibt das vom Bundesministerium geförderte Programm „Spitzenforschung und Innovation in den neuen Ländern“. Der Förderzeitraum reicht von 2008 bis Ende 2010. Im Rahmen dieses Förderprogramms gibt es den Forschungsverbund Geoenergie, GeoEn, in dem das GeoForschungsZentrum - federführend -, die Universität Potsdam und die BTU Cottbus beteiligt sind. Inhaltlich richtet sich dieser Forschungsverbund auf vier wichtige Kernthemen der Geoenergieforschung. Es geht dabei um CO2-Abscheidung und -Transport, CO2-Speicherung, Geothermie und verwandte Themen. Im Rahmen dieses Instituts und des Programms des Bundes haben wir das Ziel, exzellente Forschungskompetenz in den neuen Ländern und Strukturen zur Vernetzung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufzubauen.

In diesem Zusammenhang ist als nachhaltiger Effekt dieses Forschungsverbundes geplant, ein sogenanntes Helmholtz-Institut an der BTU Cottbus aufzubauen. Nach dem Auslaufen des Förderprojektes GeoEn des Bundes kann dieses HelmholtzInstitut an der BTU Cottbus in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Kraftwerkstechnik realisiert werden. Das wird etwa im Jahr 2012 der Fall sein.

Darauf bezieht sich der Antrag, den wir im Koalitionsvertrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE stehen haben. Der Antrag, über den wir heute abstimmen sollen, bezieht sich nicht auf dieses Institut. Deswegen ist es wichtig, so glaube ich, die Unterschiede deutlich zu machen.

Es geht, wie Sie zu Recht ausführen, um ein Vorhaben aus dem Koalitionsprogramm von CDU und FDP in Berlin für den Bund. Obwohl es bereits mehrfach zitiert wurde, sage ich es noch einmal: Es geht dabei darum, dass sich die Koalition in Berlin mit besonderer Priorität für die Ansiedlung eines Forschungsinstituts zur nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung mit einem Standort in den neuen Ländern einsetzt, das der gesamten Wertschöpfungskette - von der Erkundung und Gewinnung der Rohstoffe über ihre Aufbereitung und Veredelung bis hin zum Recycling - gewidmet ist.

Meine werten Kollegen von den Grünen, es geht nicht immer nur um die Braunkohle. Ihr Beitrag erinnert mich ein bisschen an den berühmten Sketch, in dem sich ein Proband auf die Biologie der Gurke vorbereitet und bei jeder Frage immer wieder auf die gleiche Ursprungsfrage zurückkommt.

(Beifall FDP)

Es geht nicht nur um die Braunkohle.

Ein Forschungsinstitut zur nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung würde hervorragend zum Wirtschafts- und Forschungsprofil unseres Landes passen. Denn Rohstoffversorgung, vor allem nachhaltige Rohstoffversorgung, ist schon lange ein Thema im Forschungs- und Energieland Brandenburg, speziell in der Energieregion Cottbus. Im Hinblick auf nachhaltige Energien - wir haben die Auszeichnung im letzten Jahr erhalten - sind wir bundesweit führend.

Energie und die für ihre Erzeugung erforderlichen Rohstoffe sind Forschungsschwerpunkte an der BTU Cottbus. Neben dem Thema Biomasse als erneuerbarem Energieträger gehören dazu die Bereiche Bergbau, Energieproduktion und Kraftwerkstechnik sowie Sanierung und Nutzung von Bergbaufolgelandschaften. Für alle Glieder der Wertschöpfungskette - Erkundung und Gewinnung von Rohstoffen, Aufbereitung von Rohstoffen und Recycling - besteht vor Ort anerkannte Expertise.

Ein Forschungsinstitut zur nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung fände somit in Brandenburg und in Cottbus ein ideales Umfeld vor. Ich denke, wenn es darum geht, ein solches Institut anzusiedeln, dann kommt auch die Bundesregierung nicht am Land Brandenburg vorbei. Wir werden uns selbstverständlich dafür einsetzen, dass ein solches Institut in Brandenburg angesiedelt werden muss.

Ich bin Kollegin Susanne Melior dankbar dafür, dass sie erwähnt hat, dass es offensichtlich eine Vorfestlegung bezüglich dieses Instituts gibt. Ich würde das Unterstützungsangebot der Kollegen der CDU gern nutzen wollen, tatsächlich einmal zu klären, was im Koalitionsvertrag besprochen wurde. Wenn es tatsächlich so ist, wie es die Bundestagsabgeordnete Bellmann unter Einbeziehung des Ministerpräsidenten Tillich mitteilte, dann kommen wir tatsächlich zu spät, weil es sich offensichtlich um ein Vorhaben handelt, das bereits vor der Wahl mit Frau Schavan festgelegt wurde. Wenn dem nicht so ist, dann haben wir eine reale Chance, und diese werden wir nutzen.

Ich befürworte das Votum der Kollegin Melior, das Thema zunächst im Ausschuss näher zu qualifizieren. Unabhängig davon hat ein solcher Antrag und der Versuch, Forschung und Institute in unserem Land anzusiedeln, meine uneingeschränkte Unterstützung. - Vielen Dank.

Frau Dr. Münch, während Ihres Redebeitrages gab es eine Frage. Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Wollen Sie diese jetzt beantworten?

Ja.

Bitte schön.

Frau Ministerin, zunächst einmal vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich bin geradezu begeistert. Wir sind in dieser Frage völlig auf einer Wellenlänge. Es gibt allerdings folgenden Punkt zu bemerken: Wenn der Antrag in den Ausschuss überwiesen werden soll, dann haben wir das Problem, dass darüber zwar im Ausschuss beraten wird, aber die nächste Beratung im Plenum erst im Dezember stattfinden kann. Dann kommen wir wirklich zu spät. Wie können wir davon ausgehen, dass sich die Landesregierung um dieses Institut kümmert, wenn das Thema erst mit Verzögerungen in den Ausschüssen und in weiteren Beratungen behandelt werden soll?

(Beifall FDP und CDU)

Sehr geehrter Herr Goetz, ich denke, Sie sollten Ihre parlamentarischen Fähigkeiten nicht kleinreden. Es ist das Anliegen der Parlamentarier und der Ausschussarbeit, für eine beschleunigte Behandlung zu sorgen. Wir haben in 14 Tagen unsere erste Ausschusssitzung. Ich gehe davon aus, dass wir bereits vorher am Thema arbeiten. Wir können das auf jeden Fall in diesem Jahr erledigen.

(Beifall SPD)

Herzlichen Dank. - Die Aussprache wird von Herrn Prof. Dr. Schierack fortgesetzt. Er spricht für die CDU-Fraktion.