Protokoll der Sitzung vom 29.09.2011

Der zweite Punkt betrifft die Start- und Landeentgelte, ich hatte es angeführt. Wir meinen, dass es der „verlärmten“ Bevölkerung nicht zu vermitteln ist, dass zukünftig der Flugbetrieb auch noch subventioniert werden soll. Seit der letzten Woche und unserer Diskussion im Fachausschuss wissen wir, wie schwer sich die FBS mit der Umsetzung der auch vom Gesetz vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen tut; Herr Homeyer, darin sind wir sehr nah beeinander.

Frau Abgeordnete Wehlan, auch Ihre Redezeit ist zu Ende.

- Ja, gut, aber die Redner vor mir waren da auch nicht ganz so kulant, aber ich will Ihrem Wort folgen, Frau Präsidentin.

(Senftleben [CDU]: Das ist doch kein Argument!)

Wir meinen, dass hier natürlich Fragebedarf besteht, warum wir durch nicht kostendeckende Entgelte freiwillig auf zusätzliche Einnahmen verzichten sollen, die für weitere Lärmschutzmaßnahmen unbedingt gebraucht werden. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Frau Abgeordnete Wehlan, ich bitte darum, dass man sich nicht auf den Vorredner bezieht, der ebenfalls überzogen hat. Es haben alle überzogen, und ich lasse schon ein im Rahmen bleibendes Überziehen zu und bitte, das nicht auszunutzen.

Bevor der verehrte Kollege Tomczak von der FDP-Fraktion ans Rednerpult tritt, begrüße ich sehr herzlich eine Besuchergruppe. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Drebkau haben uns heute aufgesucht. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort erhält nunmehr der Abgeordnete Tomczak von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Dieses Thema beschäftigt mich persönlich, darauf komme ich gleich noch zu sprechen, seit 1996. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthält eine Reihe klarer Aussagen zur Wirtschaftlichkeit des Flughafens Berlin-Schönefeld. Trotzdem möchte ich zu wenigen Punkten noch einige Hinweise geben.

Wir erfahren von einer Eigenkapitalentwicklung, die sich zwischen 2000 und 2010 verzehnfacht hat, bezogen auf die Flughafen GmbH. Wir erfahren, dass in einem absehbaren Zeitraum damit gerechnet werden kann, dass Dividendenzahlungen aus der Landesbeteiligung vielleicht auch als planmäßige Einnahme den Haushalt verstärken können. Hier wurde schon über Privatisierung gesprochen. Wir sind in der derzeitigen Situation nicht zu übertriebenen Handlungen veranlasst; aber zumindest muss man feststellen, dass der Betrieb eines Flughafens in öffentlichen Haushalten nicht zur Daseinsvorsorge zählt. Also heißt das strategische Ziel in den nächsten Jahrzehnten: Über Privatisierungserlöse für die Sanierung und Konsolidierung des Brandenburger Haushaltes zu sprechen wird zu gegebener Zeit sicher auf der Tagesordnung stehen.

Dazu gehören einige Bedingungen, die in der Antwort auf die Anfrage zu finden sind. Für uns gehört auch dazu, den Zuwachsanteil im innerdeutschen Flugverkehr zu steigern. Eine Ursache dafür, dass er sich gegenwärtig nicht so gestaltet, ist die Frage der Umsteigekapazität. Wir sind der Meinung, daran muss die Flughafengesellschaft arbeiten. Die Umsteigekapazität ist wiederum eine Grundlage für die stärkere Ansiedlung von Interkontinentalverbindungen. Dies wird wiederum bei weiteren Ansiedlungen von Fluggesellschaften am Standort Schönefeld auch die Wartungsdienstleistungen verstärken. Daraus ist ersichtlich, dass sofort ein Einfluss auf den Arbeitsmarkt zu erwarten ist, nicht nur durch die Erfüllung von Standort- bzw. Wartungsdienstleistungen, sondern auch durch die vielfältigen Dienstleistungen, die am Standort des Flughafens für die Fluggäste und das Personal entstehen müssen.

Ganz im Gegensatz zu dem Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind wir der Meinung, dass die Steigerung des Frachtflugverkehrs gerade dazu beitragen muss, dass die Forderungen bezüglich Lärm- und Umweltschutz an Straße und Schiene gehört werden und eher eine Verkehrsentlastung erfolgt, da nicht noch mehr Frachtverkehr auf Straßen und Schiene umgelagert werden muss.

All das sind Verbesserungen, die auch die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse des Flughafens positiv gestalten werden. Das wird nötig sein, um letztendlich - da sehen wir auch einen gehörigen Nachholbedarf - die Forderungen nach Lärmschutzmaßnahmen der Bürger in angemessenem und wirkungsvollem Maße erfüllen zu können. Man hört da von Alibimaßnahmen wie dem Einbau von Fensterlüftern usw. Da müsste sicherlich eine entsprechende Einflussnahme der Gesellschafter auf den Betreiber des Flughafens erfolgen.

(Beifall FDP)

Für uns besteht ein konkreter Zusammenhang zwischen Wirtschaftlichkeit und Gesundheitsschutz, denn letztendlich ist die Wirtschaftlichkeit die Quelle der Finanzierung der notwendi

gen Maßnahmen und nicht der öffentliche Haushalt. Hier gilt wie für jeden Betreiber eines Unternehmens - für den kleinsten Existenzgründer wie auch größere Ansiedlungen -, dass für die Gewährleistung des Schutzes vor Umwelt- und Gesundheitsschäden der Verursacher geradestehen muss. Hier sind noch wichtige Probleme zu klären. Wir fordern diesbezüglich auch Transparenz und Zügigkeit, sind aber der Meinung, dass die Probleme lösbar sind und der Entwicklung des Flughafens nicht im Wege stehen werden.

Mir persönlich gefällt eine Aussage von Herrn Steffen Kamradt, dem Geschäftsführer der ZukunftsAgentur Brandenburg, dazu, der vor wenigen Wochen erklärt hat:

„In Bezug auf den BER ist es nötig, Ungeduld durch Optimismus zu ersetzen, und gefragt ist Optimismus mit langem Atem.“

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle mit wenigen Worten ein bisschen persönlich, nostalgisch zu werden: Ich war 1997 dabei, als im Umfeld des BBI im Landkreis Dahme-Spreewald der Verein „Wirtschaft pro Flughafen“ gegründet wurde. Wir haben schnell Mitglieder - bis in den Südostwirtschaftsraum von Brandenburg - gehabt. Ziel war damals die Beteiligung von regionalen Unternehmen am Bau. Es gab große Vorbehalte gegenüber der Gründung von Bietergemeinschaften; das war den Handwerksmeistern schwer zu vermitteln. Heute können wir feststellen, dass die Beteiligung von Gewerken aus der weiteren Region dort gesichert und gang und gäbe ist. Auch das ist ein Kriterium für die Wirtschaftlichkeit des Flughafens, denn hier geht es nicht nur um die Direktbeteiligung am Bau des Flughafens, sondern auch um die Umlandentwicklung.

Zwei Beispiele, nämlich zur Entwicklung der Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming: Wir alle haben vor Monaten bei der Erhebung von Prognos erfahren, wie die Landkreise in ihrer Wertigkeit gestiegen sind. Diese maßgebliche Steigerung ist vorrangig auf das Projekt Flughafen zurückzuführen. In meinem Heimatlandkreis nähern wir uns absehbar nicht nur einer einstelligen Arbeitslosenzahl, sondern sogar der Vollbeschäftigung. Das hat Fachkräftemangel, Bevölkerungszuwachs und Wohnraummangel zur Folge, Dinge, die vorher nicht vorstellbar waren.

Ich sehe schon, hier brennt die rote Lampe.

Entschuldigen Sie, wenn mich das auch sehr persönlich berührt. - Wir als Fraktion fordern einfach, diese optimistische Haltung zum Flughafen bei der Beurteilung in die Waagschale zu werfen und die Probleme in der Diskussion um Flugrouten und Fluglärm zu lösen, und wollen an der Stelle darum bitten, dass uns dieser Optimismus begleitet und der triefende Pessimismus, den der Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausstrahlt, abgelehnt wird.

In diesem Sinne: Wir stehen der Flughafenentwicklung sehr positiv gegenüber. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Christoffers, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zunächst einige Worte zum Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen.

Erstens: Ich teile die Auffassung von Frau Wehlan ausdrücklich. Der Antrag - selbst wenn Sie das unterstellte Ziel wirklich erreichen wollen - hilft keinem, er verschärft die Probleme noch, die wir in der öffentlichen Debatte zu dem Flughafen haben.

Ich darf Ihnen nur sagen: Unsere Erfahrungen mit Privatisierungen solcher Projekte haben wir gemacht. Und gerade weil es nicht funktioniert hat, gab es die Grundsatzentscheidung, dass die öffentliche Hand - also Bund, Berlin und Brandenburg diesen Flughafen baut. Jetzt von einer Privatisierung zu reden, wo hier womöglich Rückflüsse an die öffentliche Hand zu Buche stehen, finde ich etwas unangemessen, wenn ich das so sagen darf, und dies ist der Bedeutung des Projekts nicht angemessen.

Zweitens: Sie erwähnen eine dritte Start- und Landebahn. Ich leite den Projektausschuss des Aufsichtsrats, und Sie können mir glauben: Mir wäre es wirklich bekannt, wenn in irgendeiner Form eine dritte Start- und Landebahn geplant wäre. Sie ist es nicht. Hier wird versucht, zusätzliche Unruhe in die Debatte zu bringen - in dem Wissen darum, dass die Obergrenze der Flugbewegungen planfestgestellt und rechtlich abgesegnet ist. Insofern, meine Damen und Herren, finde ich einfach nicht angemessen, das zu tun.

Wenn Berlin jetzt einen wie auch immer gearteten Wechsel der Strategie vornimmt, darf ich Ihnen nur sagen: Wir als Land Brandenburg sind Mitgesellschafter. Wir stehen zu unserem Wort, das wir gegeben haben, und werden es auch so umsetzen, um Klartext zu sprechen. Ich möchte kein Öl ins Feuer gießen, aber wissen Sie: Ich freue mich auf den Tag, an dem möglicherweise ein grüner Verkehrssenator aus Berlin mit mir gemeinsam den Flughafen eröffnet.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass das für beide Länder - für Berlin und Brandenburg - ein guter Tag sein wird, weil ich hoffe, dass wir erstens - die Konflikte dann so weit minimiert haben, wie es möglich ist und - zweitens - die wirtschaftlichen Potenziale, die die Flughafenentwicklung bietet, dann auch tatsächlich auszunutzen.

Gestatten Sie mir noch eine Vorbemerkung. Sie sprachen die Antwort auf eine Große Anfrage an, wonach der sogenannte Billigflugbereich mit einem Anteil von 27 % an den Airlines ein Risiko für den Flughafen sei. Ich darf Ihnen sagen: Die Lufthansa hat in Frankfurt am Main einen Anteil von 50 %. Das Risiko für Frankfurt am Main ist also viel größer als für den Standort Schönefeld, weil er zu mehr als 50 % von einer einzigen Airline abhängig ist. Insofern glaube ich, dass gerade der Mix, der beim Flughafen Schönefeld, beim BBI oder BER zu erreichen versucht wird, eine tragfähige Grundlage auch für die weiteren Entwicklungen ist.

Meine Damen und Herren, das erhebliche Potenzial und die Erwartung nachhaltiger Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes durch den Flughafen BER sind weitgehend

unbestritten. Das Projekt ist wirtschaftlich und technisch solide geplant. Selbstverständlich müssen die Anforderungsprofile an Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden; das ist völlig klar. Der Gesellschafter Brandenburg hat sich dafür eingesetzt und wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Lärmschutzmaßnahmen zügig und vor allen Dingen auch situationsbezogen umgesetzt werden. Eine Bedingung ist allerdings, dass auch die Flugrouten festgelegt werden. Deswegen nehme ich die heutige Debatte als Übereinstimmung aller Fraktionen zur Kenntnis, dass wir unsere politischen Möglichkeiten nutzen, dem Bundesverkehrsministerium, möglicherweise auch der DFS eine schnelle Entscheidung ans Herz zu legen, weil ich glaube, dass man dann die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen auch effizient und sehr zielgerichtet umsetzen kann; sie sind dringend erforderlich. Alles, was notwendig ist, um hier einen Interessenausgleich herbeizuführen, wird von den Gesellschaftern im Land Brandenburg mitgetragen.

Meine Damen und Herren! Der Businessplan des Flughafens ist auf der Grundlage der Analysen zu Marktsituation, Prognosen der weiteren Entwicklung, Risikobewertung und Alternativszenarien aufgestellt worden. Der Plan war Voraussetzung für die langfristige Finanzierung und wurde deshalb von Banken und Bürgen umfassend geprüft. Die Belastbarkeit des Plans in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht wurde dabei positiv bewertet. Die Praxis hat das belegt. Die Flexibilität ist gegeben, und auf notwendige Änderungen konnte reagiert werden. Ich denke da an veränderte Nutzeranforderungen, die veränderte Gesetzeslage, den Ausbau eines wichtigen Unternehmens im Planungsbereich und anderes.

Für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens müssen Kapazitäten und Möglichkeiten nicht nur geschaffen, sondern auch genutzt werden. Voraussetzung und Rahmenbedingungen, wie im Planfeststellungsbeschluss festgelegt, müssen auch geschaffen bzw. eingehalten werden.

Das gegenwärtig vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig laufende Verfahren ist bereits erwähnt worden. Ich hoffe, dass man hier sehr schnell zu einer Entscheidung kommt und aus deren Begründung dann auch die notwendigen Maßnahmen ableiten kann.

Die finanziellen Planungen und die Entwicklung des Businessplans der FBS stützen sich da auf bestimmte Annahmen. Die Dynamik und die große Schwankungsbreite der Branche ist als Besonderheit berücksichtigt worden. Das geht auch aus der Antwort auf die Große Anfrage hervor.

Herr Minister Christoffers, lassen Sie eine Frage von Herrn Abgeordneten Homeyer zu?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Homeyer.

Sie sind jetzt ein wenig bei den Details und bei den Zahlen. Es würde mich interessieren, Herr Minister, ob Sie uns darüber

Auskunft geben können, wie es mit den finanziellen Belastungen für die Flughafengesellschaft aussieht, die sich daraus ergeben, dass es eine Bauverzögerung von fast neun Monaten gibt, bzw. mit den Mehrkosten, die durch die erhöhten Sicherheitsanforderungen entstehen, und mit den vermutlichen Mehrkosten für den erhöhten Lärmschutz, die jetzt entstehen und schon angedeutet wurden. Ist die Gesellschaft in der Lage, das zu stemmen? Sind Sie jetzt schon in der Lage, konkret zu sagen, wie groß die Belastung sein wird und wie sich das ökonomisch für die Gesellschaft abzeichnet? Gibt es Überlegungen im Aufsichtsrat, die Gesellschaft hierbei zu entlasten? Oder sind Sie der Auffassung, dass die Gesellschaft das allein stemmen muss?

Herr Abgeordneter Homeyer, Sie werden verstehen, dass ich entsprechend dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz nur begrenzt auskunftsfähig bin, was Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft angeht. Das ist völlig klar, und es ist auch nichts Ungewöhnliches, dass man in einer solchen Situation ist. Ich darf Ihnen nur sagen: Ich gehe davon aus, dass die Gesellschaft die auf sie zukommenden Lasten allein tragen muss, ohne dass ihr zusätzliches Kapital bereitgestellt werden kann.

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir mit der Inbetriebnahme des Flughafens eine wirtschaftliche und auch eine technologische Chance für die Hauptstadtregion bekommen. Ich hoffe sehr, dass sowohl die Anzahl der Arbeitsplätze als auch die weiteren positiven Entwicklungen, die aus der Inbetriebnahme des Flughafens resultieren, für die regionale und strukturelle Entwicklung des Landes Brandenburg voll zum Tragen kommen.

Meine Damen und Herren, wie Frau Wehlan schon ausführte, gab es einen langen Streit um den Standort. Aber die Standortfrage ist entschieden, und weil die Standortfrage entschieden ist, sollte man bestimmte Debatten dann auch unterlassen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Es ist eine Kurzintervention durch den Abgeordneten Goetz von der FDP-Fraktion angemeldet worden. Bitte, Herr Goetz.