Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

Meine sehr verehrten Damen und Herren, betrachtet man das World Wide Web, so kann man schon jetzt viele Gelegenheiten finden, sich als Verbraucher zu informieren. Etliche Anbieter von der Stiftung Warentest bis zu den Verbraucherschutzzentralen bieten Internetseiten extra für Kinder und Jugendliche an, auf denen in klaren Worten die Risiken des Internets geschildert werden. Doch seien wir mal ganz ehrlich, das Surfverhalten vieler Internetnutzer kann man mit den Worten „Augen zu und durch“ umschreiben. Auf der Suche nach mehr Informationen wird sich wahllos durch die Seiten des Internets geklickt, und ehe man sich versieht, hat man ungewollt einen Vertrag abgeschlossen. Ich gestehe Ihnen ganz offen und ehrlich, auch ich war letztes Jahr Opfer eines sogenannten Download-Sammlers und muss mich derzeit gegen hanebüchene Forderungen wehren, weil ich von einer eigentlich völlig kosten

freien Seite einen Download gemacht habe, der in der Tat auf vielen anderen Seiten auch völlig kostenlos angeboten wird.

(Zwischenrufe bei der Fraktion DIE LINKE)

- Das ist eine ganz harmlose Sache. Das können Sie im Internet nachschauen. Geben Sie einfach bei Google „Downloadsammler“ und „Rechtsanwalt Tank“ ein. Es gibt viele Opfer. Das ist eine ganz einfache Sache.

Wir brauchen weniger eine Internetseite, welche erst nach der ersten Rechnung aufgerufen wird, wir brauchen präventive Aufklärung vor Ort. Hierfür hat die Verbraucherschutzzentrale nach unserer Auffassung den ersten Schritt getan. In 16 allgemeinen Beratungsstellen, die über das ganze Land verteilt sind, können sich Bürgerinnen und Bürger informieren. Dafür auch an dieser Stelle einen herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen, die stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Bürger haben. Wir Liberalen schätzen die Arbeit der unabhängigen Verbraucherzentralen überaus und halten sie für eines der besten Instrumente, um die Verbrauchersicherheit zu fördern. Diese Arbeit gilt es nach unserer Auffassung, wo immer möglich, auch vonseiten der Politik zu unterstützen.

Prävention heißt aber mehr. Wir dürfen nicht darauf warten, bis sich die Bürger selber informieren. Die Informationen müssen schon bekannt sein, bevor die Probleme auftauchen. Im Falle der Jugendlichen muss das heißen, dass Aufklärung schon im Elternhaus und in der Schule zu erfolgen hat. Schon jetzt können sich Schülerinnen und Schüler im Rahmen von Projekttagen über den Verbraucherschutz informieren. Doch erreicht dies nur einen Bruchteil aller Schüler im Land.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sinnvoll wäre eine vollumfängliche Aufnahme des Verbraucherschutzes in die Lehrpläne. In der Schule können wir alle Schüler erreichen, egal welchen sozialen Hintergrund sie haben. In der Schule können wir alle Schüler auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereiten. In der Schule besteht die Möglichkeit, genügend Zeit in die Verbraucherbildung zu investieren.

Meine Damen und Herren, die FDP spricht sich klar für eine präventive Verbraucherbildung aus. Neben den schon jetzt bestehenden Möglichkeiten sollten wir in Zukunft mehr in dieses Thema investieren. Eine obligatorische Weiterbildung für alle Wirtschafts-, Arbeits- und Techniklehrer wäre zum Beispiel ein guter Anfang. Erst, wenn wir die Inhalte in alle Lebensbereiche der Jugendlichen tragen, Elternhaus und Schule, werden wir unser Ziel erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Der Abgeordnete Büchel spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, werte Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie sich nach zehn Jahren Regierungsbeteiligung endlich einmal darüber Gedanken machen, wie Sie junge Menschen vor den Gefahren des Internets schützen können.

(Beifall DIE LINKE)

Ich erinnere nur an die vielen Debatten in den letzten Jahren, was die Haushaltsdiskussion zum Thema Verbraucherschutz und Verbraucherzentralen anging, wie in den Protokollen nachzulesen ist. Herr Wichmann, all Ihre Aussagen sind für mich nachvollziehbar. Das Problem muss jedoch viel breiter angegangen werden als nur unter der Maßgabe sicher chatten und surfen.

Herr Büchel, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Dombrowski?

Herr Kollege, Sie haben eben davon gesprochen, dass Sie in der Vergangenheit bei Haushaltsberatungen nichts davon gemerkt hätten, dass die Koalition sich große Gedanken zu dem Thema gemacht habe. Vielleicht haben Sie schon mit Ihrer Kollegin Wehlan gesprochen und wissen, dass die Verbraucherzentralen zu den wenigen Institutionen im Land Brandenburg gehören, die in den vergangenen Jahren von Kürzungen immer ausgenommen wurden. Oder ist Ihnen das jetzt einfach so eingefallen?

Genau das ist der Ansatzpunkt. Ich selber war natürlich nicht anwesend, wie Sie wissen. Das, was Sie ansprechen, ist genau der Knackpunkt. Es wurden zwar keine Kürzungen vorgenommen, aber eben auch keine Erhöhungen, und somit wurden die Verbraucherzentralen auch nicht gestärkt.

(Heiterkeit bei der CDU und Beifall DIE LINKE)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es sehr bedauerlich, liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, dass Sie sich in Ihrem Antrag nur auf die Gefahren von Jugendlichen bei der Internetnutzung berufen und hierzu ein spezielles Konzept verlangen. Junge Menschen sind doch täglich viel mehr verbraucherpolitischen Problemen und Gefahren ausgesetzt, über die wir sie gemeinsam besser informieren und vor denen wir sie besser schützen müssen. Was, Herr Kollege Wichmann, ist mit der Handybenutzung beim Herunterladen von Logos oder aktuellen Klingeltönen oder auch beim Abschluss von Versicherungen, wenn die jungen Menschen in das Berufsleben einsteigen, beim Abschluss des Vertrages im Fitnessstudio oder den Gefahren beim Datenschutz? Hier sind doch Kinder und Jugendliche oft noch nicht in der Lage, das zu überblicken.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist einfach zu kurz gedacht und berücksichtigt keineswegs umfassend die verbraucherpolitischen Probleme junger Menschen.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie bzw. Ihre Fraktion sich im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatung dafür einsetzen werden, dass das Budget für die Verbraucherzentrale im Land Brandenburg erhöht wird?

Das, denke ich, werden wir dann sehen, wenn die Debatte stattfindet. Wir werden uns dann dazu verständigen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Jedensfalls, sehr geehrte Kollegen der CDU-Fraktion, ist Ihre Forderung an die Landesregierung nach einem Konzept, das nur ein Problem einer speziellen Zielgruppe umfasst, noch lange kein Ansatz für die Lösung eines übergreifenden Problems oder, anders gesagt, werte Kollegen: Wie viele Konzepte sollen denn die Mitarbeiter in den Ministerien für Sie erstellen, um tatsächlich einmal alle Probleme zu erfassen? Der vorliegende Antrag ist nur eine Beschäftigungsmethode für die Mitarbeiter des Ministeriums, jedoch kein Lösungsansatz, der den vielen Problemen standhält, und deshalb heute abzulehnen.

Wir benötigen jedoch einen brandenburgischen Verbrauchermonitor, um dann daraus entsprechende Schlussfolgerungen und ein Konzept für alle Zielgruppen zur Verbesserung der Verbraucherpolitik zu ziehen und somit gezielt die Information zu verbessern. Da freut es mich natürlich zu hören, Herr Wichmann, dass Sie diesen Ansatz aus der Pressemitteilung schon aufgenommen und zugesichert haben, dass die CDU uns die Unterstützung bei dem entsprechenden Antrag geben wird.

Sie, werte Kollegen der CDU-Fraktion, fordern, dass im Internet entsprechende Informationen bereitgestellt werden. Die gibt es aber längst, und sie werden beständig aktualisiert. Denn unsere brandenburgische Verbraucherzentrale ist hierbei längst lobenswert tätig, und ich möchte ihr von meiner Seite recht herzlich danken. Ich habe Ihnen, werte Kollegen der CDU-Fraktion, einmal die Internettipps für junge Surfer von der Verbraucherzentrale ausgedruckt, woraus Sie erkennen können, wie weit die Informationspolitik unserer Verbraucherzentrale schon funktioniert.

An diesem Mittwoch fand in der Verbraucherzentrale in Potsdam bereits der fünfte Aktionstag für Schülerabgänger statt. Hier haben Mitarbeiter der Verbraucherzentrale gemeinsam mit Studenten, zukünftigen WAT-Lehrern, den jungen Menschen praxisnah die Themen Internet, Handy, Versicherung und gesunde Ernährung nähergebracht. Wären auch Sie - so wie ich dort gewesen, hätten Sie sich ein reales Bild von der hervorragenden informativen Tätigkeit der Verbraucherzentrale machen können.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Wiederum wird hier deutlich, welche wichtige Rolle unsere Verbraucherzentrale spielt. Deshalb: Wir können die Verbraucherinformation stärken, indem wir die Verbraucherzentrale stärken.

Um das Problem zu lösen, muss jedoch viel breiter herangegangen werden. Mich freut es ja, Herr Wichmann, aus Ihrer Rede auch erkannt zu haben, dass Sie die Stärkung der Ver

braucherbildung mittragen, bloß sieht es eben Ihr Antrag nicht vor. Das Thema Verbraucherschutz muss bereits in unseren Kitas und Schulen mehr Bedeutung bekommen. Herr Beyer, ich muss Ihnen widersprechen: Das Thema Verbraucherschutz ist schon Bestandteil der Rahmenpläne unserer Schulen. Jedoch da gebe ich Ihnen Recht - sollten wir die praxisgerechte Verbraucherbildung in den Schulen durch intensive, regelmäßige Lehrerfortbildung sichern.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Jungclaus spricht für die Fraktion GRÜNE/ B90.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Der Antrag der CDU-Fraktion fordert zu Recht, dass für den Verbraucherschutz, insbesondere für Jugendliche, mehr getan wird. Wir freuen uns über diese Haltung, besonders vor dem Hintergrund, dass unserer Ansicht nach dieser Bereich in der Landespolitik in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen ist, was sich daran zeigt, dass Brandenburg innerhalb von zwei Jahren im Länderindex für Verbraucherschutz von Platz 1 auf Platz 4 gerutscht ist. Die neue Landesregierung sieht vor, diese Kürzung beizubehalten. Eine aktive Verbraucherschutzpolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sieht anders aus.

Nun stellt die CDU-Fraktion einen Antrag, der in der Sache sicherlich nicht schädlich ist, aus meiner Sicht aber nicht weit genug geht. Sicher ist die Gefahr im Internet, zu unlauteren Vertragsabschlüssen verleitet zu werden, für Jugendliche besonders groß. Ein einfacher Mausklick genügt, um Verträge abzuschließen, die den Internetnutzern das Geld aus der Tasche ziehen. Manche Anbieter haben es dabei gezielt auf Jugendliche abgesehen.

Eine Umfrage der Verbraucherzentralen aus dem Jahr 2007 unter betroffenen Internetnutzern hat ergeben, dass diese mit Forderungen von durchschnittlich 120 Euro konfrontiert werden. In jedem vierten Fall waren Jugendliche unter 18 Jahren betroffen. Jeder zehnte Befragte hat bezahlt, als eine Rechnung für den Besuch der zweifelhaften Seiten in seinem E-Mail-Postfach landete. Wer die Zahlung verweigerte, erhielt Mahnungen, in denen mit Klagen gedroht wurde. In 31 % der Fälle wurden Inkassobüros, in nahezu jedem fünften ein Rechtsanwalt eingeschaltet.

Vor diesem Hintergrund ist dringend geboten, dass die Politik aktiv wird. Ein Informationsportal für Jugendliche und deren Eltern, wie es die CDU in ihrem Antrag vorsieht, ist daher gut und richtig. Nur, neu ist das Ganze nicht. Ein solches Portal gibt es bereits. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen betreibt bereits ein sehr umfangreiches Online-Jugendportal namens „checked4you“. Da die angesprochenen Verbraucherprobleme junger Menschen nicht regional, sondern produktund medienabhängig sind, ist es sinnvoll, an das existierende Angebot aus NRW anzudocken.

Wir sagen aber auch: Das ist nicht genug. Das Leitbild des mündigen Verbrauchers, dem eine wachsende Eigenverantwortung zugemutet wird, erfordert Zugang zu fachkundiger, unab

hängiger Beratung und zuverlässiger Information. Was wir deshalb brauchen, ist eine bessere finanzielle Ausstattung der Verbraucherzentralen, sodass diese ihre Beratungsangebote auch für Jugendliche ausbauen können.

Wir benötigen in Brandenburg zum Beispiel dringend eine praxisgerechte Fort- und Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Sachen Verbraucherschutz. Die Verbraucherzentralen bemängeln zu Recht, dass das bisher bestehende fakultative Angebot für Lehrer unzureichend ist. Die Gefahr, dass unzureichend auf den Markt vorbereitete Schülerinnen und Schüler zu Schuldnern werden, ist zu groß, als dass wir auf eine solche Maßnahme verzichten könnten. Jugendliche brauchen angesichts der enormen Werbeflut einen kundigen, für sie leicht zugänglichen Ansprechpartner in Sachen Verbraucherschutz. Die Politik darf sich hier nicht mit dem Verweis auf den finanziellen Aufwand solcher Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen aus der Verantwortung stehlen.

Der Antrag geht nicht weit genug, und wir fordern stattdessen, die Mittel für die Verbraucherzentrale aufzustocken, damit sie sich in Zukunft wieder so ihren Aufgaben widmen kann, wie es vor dem Abrutschen im Index der Fall war. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE)

Ministerin Tack spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch zu diesem Antrag eine komplexe Debatte, die es zu führen lohnt.

Ich will darauf hinweisen, dass Brandenburg in diesem Jahr den Vorsitz bei der Verbraucherschutzministerkonferenz hat eine Chance, die wir gemeinsam haben, um auf das Problem Verbraucherschutz - besseren, intensiveren Verbraucherschutz aufmerksam zu machen.

Ich möchte daran erinnern, dass wir in diesem Jahr am 15. März „20 Jahre Verbraucherschutz in Brandenburg“ feiern. Auch da gibt es die Chance, auf die vielfältigen aktuellen Probleme einzugehen und Verbesserungen herbeizuführen.

Was Jugendliche betrifft, unterstreiche ich das, was Sie gesagt haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Der Information Jugendlicher bezüglich eines besseren Verbraucherschutzes kommt eine besondere Rolle zu. Wir wissen, dass viele Kinder sehr gern am Computer arbeiten, das Internet nutzen. Dabei haben sie sehr viele Chancen, sich zu bilden, aber sie sind auch sehr vielen Risiken ausgesetzt. Deshalb sagen wir: Wir wollen mit vielen Partnern gemeinsam eine für jugendliche Verbraucherinnen und Verbraucher realistische Präventionsstrategie entwickeln. Dazu gibt es schon eine Reihe von Aktivitäten; auf diese möchte ich noch kurz eingehen.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz, also das Zusammenwirken der Verantwortlichen der 16 Bundesländer, hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Es wurde zum Themenkreis Finanzkompetenz, Verhinderung der

Abzocke im Internet, Verbraucheraufklärung speziell für Jugendliche in einer Länderarbeitsgemeinschaft gearbeitet. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden wir dieses Jahr aufgreifen, und unter Leitung unseres Ministeriums wird die bundesweite Arbeitsgruppe im Sommer ihre Ergebnisse vorlegen. Wir erwarten davon einen großen Zuwachs an Informations- und Aufklärungsmaterial für die bundesdeutschen Länder, überall anwendbar.