Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

Vielen Dank, Frau Senatorin Schöttler! – Herr Eichler hat eine Nachfrage. Bitte sehr!

Frau Senatorin Schöttler! Würden Sie mir zustimmen, dass es für potentielle Interessenten außerordentlich schwer ist, sich zu bewerben, wenn die Beratungen um die Startbedingungen für diese GmbH noch gar nicht abgeschlossen sind?

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Für die „Besten der Bundesrepublik Deutschland“ ist das doch kein Problem!]

Frau Senatorin Schöttler antwortet nun – und niemand sonst hier.

Das zeigt wie wichtig es ist, dass dieses Gesetz jetzt im Parlament zügig beraten und beschlossen werden sollte, damit dann auch die Personalauswahl erfolgen kann.

Die nächste Frage wird aus den Reihen der Fraktion der SPD gestellt – und zwar von Frau SeidelKalmutzki.

Herr Senator Böger! Welche Konsequenzen zieht der Senat aus dem offenkundig gewordenen Geschäftsgebaren der beiden Vorstandsmitglieder der Berliner Bäder-Betriebe? Wie sieht die Zukunft der Berliner Bäder-Betriebe aus, die in den letzten Jahren eine sehr gute Arbeit geleistet haben, die jetzt kompetent weitergeführt werden muss!

Für den Senat – wie immer heute – Herr Böger! interjection: [Vereinzelt Heiterkeit]

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Seidel- Kalmutzki! Die Frage der Vertragsverlängerung oder der vorzeitigen Auflösung von Vorstandsmitgliedern ist Angelegenheit eines Aufsichtsrats und nicht des Senats. Sie wissen auch, dass es dem üblichen Verfahren und den rechtlichen Anforderungen entspricht, dass man als Senatsmitglied bei der Wahrnehmung einer Aufsichtsratsfunktion die Handlungen zwar dem Land Berlin als dem Gewährträger gegenüber vertreten muss, dass man aber nicht Einzelheiten aus Aufsichtsratssitzungen – schon gar nicht bei Personalangelegenheiten – öffentlich mitteilen kann.

Ich kann zunächst einmal bestätigen, dass der Aufsichtsrat der Bäderbetriebe in einer sehr langen Sitzung – daraus kann man schließen, dass die Beratung sehr schwierig und sorgfältig war – festgehalten hat, dass er sich von den beiden Vorstandsmitgliedern trennen will, und zwar bevor die Verträge im kommenden Jahr auslaufen. Das hat die Hauptursache darin, dass die Dinge,

die Ihnen vorliegen, die nämlich im Rechnungshofbericht im Jahre 2000, in entsprechenden Teilziffern, mit Aufträgen an die Verwaltung, an die Bäderbetriebe und an die Staatsaufsicht zu einer Einschätzung geführt haben, dass Vorgänge – insbesondere aus dem Jahre 1996 – dem Land Berlin einen Zinsschaden von etwa 900 000 DM hinterlassen haben, mit entsprechenden Anfangsvermutungen der Staatsaufsicht, dass dieses Verhalten sogar strafrechtlich relevant sein könnte. Deswegen haben wir das auch an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. Ich möchte betonen, dass dies nicht heißt, dass die beiden Herren als Verurteilte gelten sollten oder dass es überhaupt ein Ermittlungsverfahren geben wird, sonders es bedeutet lediglich, dass die Staatsaufsicht diesen Vorgang in dieser Weise beurteilt.

Der Aufsichtsrat hat – in der Hauptsache aus diesem Grund, aber auch aus anderen Gründen – eine Konsequenz gezogen, die Sie teilweise richtig den Zeitungen haben entnehmen können, ich habe sie gerade noch einmal geschildert. Das bedeutet im Übrigen, dass wir sehr schnell eine neue Lösung für die Bäderbetriebe finden müssen. Ich habe es als besonders infam empfunden, dass mir in den Medien unterstellt wurde, ich hätte dort irgendeine parteipolitische Lösung im Auge. Davon kann überhaupt keine Rede sein, sondern diese Positionen werden ausgeschrieben und zügig besetzt.

Was wir darüber hinaus noch lösen müssen, ist, bis die Besetzungen erfolgen, einen Notvorstand einzusetzen. Insofern glaube ich, dass wir die Bäderbetriebe, die in einer nicht leichten Situation sind – wir haben eben gerade einen Punkt angesprochen – und im nächsten Jahr mit einem massiv herabgesetzten Zuschuss auskommen müssen, sofort und sehr schnell wieder handlungsfähig machen müssen. Wichtig ist, dass es – bei aller optimierten Organisationsform und Verbesserung im betrieblichen Gestalten – nicht nur um das Baden im Sport und Schulsport geht – das sind die gesetzlichen Aufträge –, sondern auch um das Freizeitschwimmen, weil nämlich nicht jeder Mensch ein privates Schwimmbad zu Hause hat und darauf angewiesen ist, zu erträglichen Preisen schwimmen gehen zu können. Die Frage, was der gesellschaftspolitische Wert der Bäder ist, muss auch das Parlament letztlich beantworten, und welche Mittel dafür eingesetzt werden sollen. Ich glaube, dass wir an der Zuschussreduzierung in diesem Bereich an einem Ende angelangt sind.

Im Übrigen hoffe ich, dass es uns nach der Reorganisation gelingt, eine sichere Rahmenbedingung für die Bäderanstalt zu schaffen, so dass sich dann viele Erfordernisse positiv lösen lassen.

Vielen Dank, Herr Senator! Das war eine sehr ausführliche Antwort, so dass sich auch keine Nachfrage ergibt.

Dann hat für die Fraktion der PDS Frau Dr. Lötzsch das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Böger, allerdings in seiner Eigenschaft als Bürgermeister. Dem Abgeordnetenhaus ist Anfang der Woche eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme –, Drucksache 14/714, über Liste der gemeinsamen Ehrenbürger, Berliner Ehrenbürgerwürde für Nikolai Bersarin, zugeleitet worden. Darin wird dem Abgeordnetenhaus mit dürren Worten mitgeteilt, dass der mehrheitliche Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 13. Juli 2000, nämlich Bersarin wieder in die Ehrenbürgerliste aufzunehmen und die Aufforderung an den Senat, dies zu realisieren, ohne eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des Abgeordnetenhauses abgewiesen wurde. Herr Bürgermeister Böger! Wie können Sie diesen Affront gegen das Abgeordnetenhaus rechtfertigen?

Da Herr Senator wieder gefragt ist, hat sich die Frage nach dem Guinness-Rekord positiv beantwortet. interjection: [Frau Dr. Klotz (Grüne): Aber darin sind auch sehr merkwürdige Rekorde aufgeführt!]

Bitte, Herr Senator!

(A) (C)

(B) (D)

Ich freue mich über jede Frage. – Der Senat hat nach meiner Kenntnis eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme – nicht beschlossen, sondern der Senat hat nach meiner Kenntnis eine Stellungnahme des Senats vor dem Ausschuss beschlossen. So habe ich dies jedenfalls in Erinnerung. Ansonsten hätten wir im Senat über diesen Punkt sicherlich strittig diskutiert.

Ich möchte Sie auch noch auf den anderen Punkt hinweisen, dass es in dieser Frage eine Richtlinie gibt, die vom Abgeordnetenhaus von Berlin beschlossen wurde, ausgehend vom 2. Mai 1953. Das ist sehr wichtig, weil sich daraus die Kompetenz ergibt. Dort hat das Abgeordnetenhaus eine Richtlinie für die Verteilung des Ehrenbürgerrechts und der Ehrenbezeichnung „Stadtältester von Berlin“ beschlossen.

Auf der Basis dieser Richtlinie, die niemals geändert wurde, argumentiert, – wenn ich das richtig verstanden habe – versteckt in dieser Mitteilung, die nach meiner Kenntnis nicht im Senat war, der Senat oder vielleicht auch der Regierende Bürgermeister. Wenn man die Frage abschließend beurteilt, muss man sich diese Richtlinie einmal angucken. Um es anders zu sagen: Wir hatten im Jahr 1992 eine Sonderregelung getroffen und gesagt, es gibt Ehrenbürger, die wir nach der Wiedervereinigung übernehmen. Damals war die betreffende Person nicht dabei. Jetzt wird argumentiert, diese Sonderaktion sei abgeschlossen, jetzt gelte nur noch diese Richtlinie, und nach dieser Richtlinie von 1953 ist es nicht möglich, verstorbene Persönlichkeiten zu ehren.

Vielen Dank! – Sie haben eine kurze Nachfrage?

Ja, vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Bürgermeister Böger, Sie haben sicher verfolgt, dass hier im Abgeordnetenhaus eine sehr intensive Debatte auch im Zusammenhang mit der Richtlinie geführt wurde. Ich frage Sie, ob ich Ihren Äußerungen, dass das im Senat nicht beschlossen wurde, entnehmen kann, dass sich die SPD-Senatoren dafür einsetzen werden, dass der Beschluss, der hier mit den Stimmen und unter leidenschaftlicher Anteilnahme der SPD-Fraktion gefasst wurde – –

Bitte Fragen, Frau Abgeordnete!

Ja, das ist eine Frage! Herr Luther, das können Sie mir ruhig zugestehen, dass ich in der Lage bin, Fragen zu formulieren. – Ich darf wiederholen – –

Es heißt, kurze Fragen, und die habe ich noch nicht gehört.

Bei der zweiten Unterbrechung verlängert sich natürlich jede Frage. – Herr Bürgermeister Böger, darf ich Ihren Worten entnehmen, dass dies kein Senatsbeschluss war und dass Sie und die anderen SPD-Senatoren sich im Senat dafür einsetzen werden, dass der Beschluss, der mit den mehrheitlichen Stimmen des Hauses, insbesondere mit den Stimmen der SPD-Fraktion, gefasst wurde, umgesetzt wird?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, dass – ich darf sagen – für die Senatoren – Sie haben nach SPD-Senatoren gefragt – Mehrheitsbeschlüsse des Souveräns, des Parlaments, nicht nur eine Richtung anzeigen, sondern Grundlage unseres Handelns sind.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Die Einschränkung, die man dabei sehen muss: Sofern sie nach Recht und Gesetz möglich und rechtlich verbindlich umzugestalten sind.

[Frau Freundl (PDS): Mit den Richtlinien übereinstimmen!]

Dies ist der einzige Vorbehalt. Dazu hatte ich eben einen Hinweis gegeben. Sie können sicher sein, dass wir uns daran orientieren – mit dieser Einschränkung.

Vielen Dank, Herr Senator Böger! – Als Nächster hat Herr Volk eine Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Frage richtet sich ebenfalls an Senator Böger. – Heute sind die Bäderbetriebe im Gespräch. Weil die gute Arbeit der Bäderbetriebe angesprochen wurde, will ich daran erinnern: 10 Millionen DM gleich zu Beginn auf ein Anderkonto schieben, wenn man in den Vorstand berufen wird, ist ein dicker Hund. Deshalb muss ich Sie fragen: Warum hat der Rechnungshof diese offensichtliche Misswirtschaft der Berliner Bäderbetriebe aufdecken müssen, und warum nicht der Aufsichtsrat der Berliner Bäderbetriebe?

Herr Senator Böger erneut!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Es ist die Aufgabe des Rechnungshofes, die nachgehende gründliche Haushaltskontrolle auszuüben. Die ist eben so, wie sie ist. Über nachträgliche Handlungsweisen des Aufsichtsrats kann und will ich jetzt hier nicht Auskunft geben. Ich halte nur fest, dass in dem Moment, als der Rechnungshofbericht vorlag, sich meine Verwaltung, die zugleich Staatsaufsicht ist, diesen Vorgängen sehr klar angenommen hat und – was mich als Person und Aufsichtsratsvorsitzenden anbelangt – diese Unterlagen am 4. Oktober dieses Jahres in meinen Kenntnis- und Wirkungsbereich gelangt sind.

Vielen Dank, Herr Senator! – Herr Volk, Sie haben eine Nachfrage!

Ihre Entscheidungskraft haben wir auch entsprechend gewürdigt. Die Frage ist nur, wie es nun weitergeht. Die Berliner Bäderbetriebe haben keinen Wirtschaftsplan. Es gibt in absehbarer Zeit auch keine Aufsichtsratssitzungen. Wie soll dieses Gremium je handlungsfähig werden, wenn es keine Perspektive hat? – Das gehört doch auch zur Aufsicht Ihrer Verwaltung.

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich hatte bereits gesagt, dass wir relativ schnell und unverzüglich einen Notvorstand einsetzen werden, dass wir dann die Vorstandsposition ausschreiben werden. Es ist auch ganz sicher, dass wir noch in diesem Jahr eine Aufsichtsratssitzung mit einem Notvorstand haben und all die Dinge vorbereiten werden, die Sie hier angesprochen haben. Am dringlichsten sind verschiedene Handlungsweisen. Es muss erst einmal sichergestellt werden, dass Löhne und Gehälter für die Beschäftigten gezahlt werden. Es müssen bestimmte Energieverträge gekündigt werden, um eine Optimierung zu erreichen. Das werden wir alles veranlassen. Insofern ist das zwar keine gewöhnliche Situation, wenn man das Führungspersonal mitten im Betrieb auswechseln muss, aber es ist eine gestaltbare Situation.

Vielen Dank, Herr Senator Böger!

Nach dem freien Zugriff stellt jetzt Frau Matuschek eine Frage.

(A) (C)

(B) (D)

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Senator Strieder. Unter dem Titel „MORA“ hat die Deutsche Bahn AG ein Konzept vorgelegt, das nicht etwa ein Moratorium bei der Stilllegung der Flächenbahn beinhaltet, sondern „MORA“ heißt in diesem Fall „marktorientiertes Angebot“. Dieses Konzept beinhaltet die Reduzierung von Interregioverbindungen. Ich frage Sie: Hat dieses Konzept in der letzten Verkehrsministerkonferenz eine Rolle gespielt, wenn ja, in welcher Art und Weise haben die Länder darauf reagiert, wenn nein, in welcher Art und Weise werden die Länder darauf reagieren?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Zunächst ist festzuhalten, dass es an der Zeit ist, dass auch bei der Bahn nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgegangen wird und nicht nur nach parteipolitischen. Das ist ein Fortschritt, den Herr Mehdorn der Bahn gebracht hat. Der zweite Punkt ist: Wir haben auf der Verkehrsministerkonferenz insbesondere begrüßt, dass der Bund aus den UMTSZinsersparnissen für den Haushalt der Bahn 2,5 Milliarden DM jährlich zur Verfügung stellen wird, um die Infrastruktur der Bahn zu reparieren und weiter auszubauen. Auch das ist ein wichtiger Schritt, die chronische Unterfinanzierung des Netzes der Bahn zu beheben. Der dritte Punkt ist, dass wir natürlich mit der Bahn darüber reden müssen, mit welchem Gerät welche Strecken zu welchem Preis befahren werden. Von vornherein zu sagen, es kann gar keine andere Möglichkeit geben, als bisherige Interregioverbindungen Interregioverbindungen sein zu lassen, schiene mir falsch. Man muss darüber nachdenken, ob das auch Nahverkehrszüge sein können, ob Regionalisierungen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen können. Die entscheidende Frage für Deutschland ist: Die wirtschaftliche Entwicklung der allermeisten Regionen Deutschlands ist mit dem Ausbau des Schienennetzes einhergegangen. Wir müssen jetzt darauf achten, dass das Schienennetz und die Zugverbindungen insbesondere in Berlin und den neuen Ländern auf einen solchen Standard gebracht werden, dass der Süden nicht noch weitere Konkurrenzvorsprünge hat, sondern dass wir auch mit diesem Infrastrukturinstrument Eisenbahn den Transport von Menschen und Gütern und die Konkurrenzfähigkeit unserer Regionen verbessern. Das will ich bei der Bahn mit anderen zusammen durchsetzen. Die Voraussetzungen dafür sind besser geworden, als sie es vor zwei, drei Jahren noch waren.