Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

2. Welche konkreten Arbeitsstände zur Sicherung aller Arbeitsplätze am Standort Berlin sind gegenwärtig erreicht, und welche konkreten Unterstützungen plant der Senat zur dauerhaften Sicherung der 200 Arbeitsplätze für die nächsten Monate bzw. für das Jahr 2002?

Zur Beantwortung hat das Wort Frau Senatorin von Friesen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Krupp Stahlbau Berlin war in der Vergangenheit bereits häufiger in der Diskussion. Das hatte verschiedene Gründe und Hintergründe. So gehört seit der Neuausrichtung des Thyssen-KruppKonzerns der Stahlbau nicht mehr zum Kerngeschäft. Insbesondere aber hat sich das Unternehmen seit dem Mauerfall verstärkt einer Konkurrenz zu erwehren, die zusätzlich durch Billiganbieter aus dem osteuropäischen Ausland befrachtet wird.

[Niedergesäß (CDU): Dumpinglöhner!]

Zwischenzeitlich sind die zwei im Stahlbaubereich tätigen Einzelfirmen des Konzerns, die Werke Hannover und Berlin, organisatorisch zusammengefasst worden. Im Rahmen dessen ist für das Werk Berlin im Februar 2001 ein Abbau um 40 Mitarbeiter auf 145 Mitarbeiter beschlossen worden. Dieser Abbau ist bislang allerdings noch nicht vollzogen worden. Bereits bei Schließungsbefürchtungen im März 2000 hat sich der Senat an Konzern gewandt

[Atzler (CDU): Der damalige Senat!]

und angeboten, Hilfsmöglichkeiten auszuloten.

Zudem war der Senat in vielfältiger Weise bei dem gemeinsamen Bemühen der Berliner Geschäftsleitung und dem Betriebsrat zur Erarbeitung geeigneter Maßnahmen zum Erhalt des Werkes und seiner Arbeitsplätze involviert. Noch vor der jetzigen überraschenden Schließungsmeldung, nach der nur noch ein Büro mit 35 Mitarbeitern für Konstruktion und Vertrieb in Berlin erhalten werden soll, wurden in der 25. Kalenderwoche Gespräche mit der Berliner Geschäftsführung und dem Betriebsrat geführt. Diese hatten zum Inhalt, eine Teilfläche des Tempelhofer Grundstückes einer anderen Nutzung zuzuführen. Unter der Voraussetzung, dass belastbare Erklärungen des Konzerns Thyssen-Krupp für eine Erhaltung des Werks Berlin abgegeben werden, besteht Bereitschaft, einer solchen Umnutzung zuzustimmen.

Zur Frage 2: Die Belegschaft ist bereit, selbst einen nachhaltigen Beitrag zum Erhalt der Arbeitsplätze zu leisten. Der Senat hat sich gegenüber dem Konzernvorstand eindeutig positioniert und deutlich gemacht, dass die Zustimmung zur Umnutzung nur in kausalem Zusammenhang zum Erhalt der Produktionsstätte Bestand hat. Die Vorteile dieses Angebotes beschränken sich nicht nur auf das Werk Berlin, insbesondere wäre der Konzern selbst Nutznießer. Der Senat unterstützt aktiv die Anstrengungen der Berliner Geschäftsleitung und des Betriebsrates, kurzfristig ein tragfähiges Konzept zum Erhalt des Werkes und seiner Arbeitsplätze zu entwickeln.

Zusatzfrage des Fragestellers? – Bitte sehr!

Vielen Dank für Ihre Ausführungen! Ich habe mich bemüht, die Frage möglichst konkret zu stellen. Ich bin mit Ihren Antworten nicht ganz zufrieden. Ich denke, dass es nicht ausreichend sein kann, jetzt einen Baumarkt zu errichten und dann von einer dauerhaften Sicherung von Arbeitsplätzen zu reden. Mich interessiert, ob es im Senat weitergehende Überlegungen gibt, was eine eventuelle Auftragsvergabe an diesen

Industriestandort anbelangt, oder, oder, oder. Ein paar konkrete Vorschläge aus Ihrer Verwaltung würde ich hierzu gern noch hören.

Frau Senatorin, bitte!

Herr Abgeordneter! Sie können sicher sein, dass wir alle Möglichkeiten ausloten, insbesondere auch die der Auftragsvergabe. Nach meiner Kenntnis steht auch ein größerer Auftrag ins Haus. Ich bitte Sie aber um Verständnis, dass ich – aus Gründen der geschäftlichen Geheimhaltung – keine konkreten Angaben hierzu erhalten habe.

Wünschen Sie noch eine Zusatzfrage? – Nein, dass ist nicht der Fall. Dann hat die nächste Zusatzfrage Herr Abgeordneter Niedergesäß. – Bitte sehr!

Frau Senatorin! Sie haben gesagt, dass die Konkurrenz aus Osteuropa mit dazu beigetragen hat, dass die Berliner Betriebe in Schwierigkeiten geraten. Kann ich davon ausgehen, dass die hier mit Dumpinglöhnen arbeiten und dass der Senat nicht die Einhaltung der Berliner Tarife kontrolliert? Dann haben Sie weiter gesagt, dass letztendlich Investitionen geschaffen werden müssen: Liegt es vielleicht daran, dass hier jede Woche ein größerer Baubetrieb Pleite geht, weil keine Investitionen mehr durch den Senat auf den Weg gebracht werden?

Frau Senatorin, bitte!

Herr Abgeordneter! Ich kann beide Fragen nur mit Nein beantworten.

Weiter Fragen liegen nicht vor.

Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Weichert von der Fraktion der CDU über

Berliner Landesentwicklungsgesellschaft mbH (BLEG) – Pleite?

Bitte sehr! Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass die BLEG über die Hälfte ihres Eigenkapitals verbraucht hat und somit insolvent ist?

2. Wenn ja, aus welchen Gründen toleriert der Aufsichtsratsvorsitzende, Staatssekretär Stimmann, die somit aufgetretene Konkursverschleppung?

Ich frage den Senat: Wer beantwortet? – Senator Strieder! – Bitte sehr!

Wer zuständig ist, das ist noch die Frage. Jedenfalls ist das eine Stadtentwicklungsgesellschaft, und die Frage ist, wer der Shareholder der Gesellschaft ist. Sie ist eine GmbH, und Sie werden verstehen, dass ich Geschäftsgeheimnisse dieser Gesellschaft in öffentlicher Sitzung nicht preisgeben kann.

Ich will Ihnen deutlich sagen, dass wir seit dem 1. Januar 2001 eine neue Geschäftsführung haben. Im Rahmen der neuen Geschäftsführung haben wir ein Umstrukturierungskonzept für die BLEG entwickelt. Das hat zu einem erheblichen Personalabbau geführt und, wie ich ganz ausdrücklich hinzufüge, auch zu einer deutlichen Senkung der von diesem Unternehmen ge

leasten Dienstwagen. Damit mache ich schon deutlich, dass es in diesem Unternehmen in den vergangenen Jahren Kostenstrukturen gegeben hat, die inakzeptabel waren. Eine Konkursangst hinsichtlich der BLEG oder der Versuch, Brandenburger Parallelen aufdecken zu wollen, wird scheitern. Die Fakten sind andere.

Sie wünschen eine Nachfrage? – Bitte sehr, Herr Weichert!

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Strieder! Es wird Sie nicht verwundern, dass ich Ihre Antwort alles andere als ergiebig finde, vielmehr eher als einen kleinen Rundumschlag dahin gehend interpretiere, inwiefern irgendwelche Sparmaßnahmen durchgeführt worden sind. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass der Dienstwagen, der dort eingespart worden ist, nun bei Ihnen in der Senatsbank bei irgendeinem Koordinator wieder eingesetzt wird. Ansonsten werde ich nun konkreter fragen: Wie hoch ist der Nachschussbedarf, den der Senat sieht, und welche zugesagten Projekte können zurzeit nicht eingehalten werden? Und dann als zweite Nachfrage: – –

Sie haben immer nur eine. Machen wir erst die eine. Sie können sich dann noch einmal melden.

Herr Präsident! Wenn Sie es gestatten, würde ich es mit einem „und“ verbinden wollen.

Bitte!

Und zwar dahin gehend, ob der Senat mit mir der Auffassung ist, dass die aufgetretenen Probleme bei der Berliner Landesentwicklungsgesellschaft deutliche Parallelen zu der Landesentwicklungsgesellschaft des Landes Brandenburg aufweisen? – Vielen Dank!

Herr Senator Strieder, bitte sehr!

Herr Präsident! Das waren drei Fragen. Die erste Frage war, ob es zutrifft, dass Dienstwagen, die wir bei der BLEG abgeschafft haben, beim Senat eingesetzt werden. Da kann ich nur sagen: Nein.

[Zuruf des Abg. Heinrich (CDU)]

Der zweite Punkt ist: Ich hatte gerade schon geantwortet, dass es überhaupt keinen Anlass gibt, Parallelen zu ziehen. Die BLEG arbeitet gut bei der Entwicklung von Buch. Sie wissen, dass wir Buch zum Zentrum der Biotechnologie ausbauen wollen. Dort gibt es entsprechende Verträge zwischen dem alten Senat noch und der BLEG.

Der dritte Punkt ist: Ich habe gesagt, dass es auch angesichts der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt notwendig ist, in solchen Unternehmen flexibel zu reagieren, damit keine Brandenburger Verhältnisse entstehen. Wir haben das Personal seit Anfang diesen Jahres von 50 Beschäftigten auf 35 reduziert. Es sind statt 17 Dienstwagen nur noch 7 in Betrieb.

[Beifall der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Am Ende des Jahres sollen es – wegen der auslaufenden Leasingverträge – noch drei sein. Das ist, finde ich, auch die höchste Zahl, die dort akzeptabel ist.

Ich biete Ihnen an, dass Sie einmal mit einem Kollegen aus Ihrer Fraktion über die Frage reden, wer Aufsichtsratsvorsitzender war, als in einem Unternehmen mit 50 Mitarbeitern 17 Dienstwagen geleast worden sind. Ich war jedenfalls nicht im Aufsichtsrat dieses Unternehmens. Ich würde auch dafür sorgen, dass eine solche Kostenstruktur in einem solchen Unternehmen nicht existiert, und das habe ich getan, wie Sie sehen.

[Beifall bei der SPD]

(A) (C)

(B) (D)

Jetzt hat die nächste Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hämmerling!

Schönen Dank, Herr Präsident! Herr Strieder! Ich bin tief bewegt, dass es nun auch die BLEG ereilen wird oder dass man befürchtet, dass die BLEG vom Konkurs ereilt wird. Was haben wir denn jetzt als nächstes zu erwarten? Wir haben in den vier Wochen, die wir gemeinsam regieren, ein Erbe der großen Koalition angetreten, wo wir jede Woche einen neuen Konkurs abwenden mussten – Theater des Westens, Krankenhaus Moabit, dann hatten wir die Wohnungsbaugesellschaft Marzahn und jetzt gestern die Trabrennbahn Mariendorf.

[Unruhe – Zuruf: Das ist eine Fragestunde!]