Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

Ich kann aber Ihre Frage dahin gehend beantworten, dass ich durchaus erkenne, dass man jeder noch so analytischen Position, die ja um ein Erfassen des nahezu Unerfassbaren ringt, in eine Rechtfertigung verkehren kann, wenn man sie nur dem Kontext entreißt und sie zu Wahlkampfzwecken missbrauchen will. Das, finde ich, ist bitter. Ich habe es aber verstanden, was die Absicht ist. Ich denke, man musste sich schon sehr anstrengen wollen, um mich misszuverstehen. Über die Motive dieses Missverstehens will ich hier nicht spekulieren. Es könnte mir ja dann wieder das Wort im Munde umgedreht werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Zusatzfrage? – Der Fragesteller, bitte sehr!

Frau Senatorin, ich bin ja schon etwas überrascht, dass Sie auf meine spontane Frage vorbereitet waren.

[Heiterkeit – RBm Wowereit: Weil Sie so spontan gefragt haben!]

Ihr Referent scheint ja Gedanken lesen zu können.

[Cramer (Grüne): Spontane Fragen werden vom Zettel abgelesen!]

In der „BZ“, aus der ich die Informationen habe,

[Heiterkeit links]

waren auch andere Namen genannt als nur CDU-Politiker. Insofern scheint das nicht nur einseitig und zu Wahlkampfzwecken beurteilt worden zu sein, sondern ist schlicht und ergreifend die Reaktion auf eine derartige, ja zumindest in der Presse so veröffentlichte Äußerung.

[Gaebler (SPD): Frage!]

Die Frage kommt, Kollege Gaebler, keine Sorge!

Mich verwundert aber dann doch, wenn Sie sagen, dass die Veranstaltung so analytisch war, dass in dem Publikum Äußerungen gefallen sein sollen nach dem Motto: „Die USA sind doch selber schuld, warum bauen die auch so hoch!“, und dass Sie angeblich als Senatorin dem nicht widersprochen haben sollen. Mich würde schon interessieren: Treffen diese Zeitungsberichte zu, und wie haben Sie darauf reagiert?

[Zuruf von den Grünen: Wären Sie doch hingegangen, dann hätten Sie das verstanden!]

Frau Senatorin – bitte!

Herr Brauner, die Einladung zu dieser Veranstaltung ist ja offenbar auch in Ihrer Fraktion verteilt worden, jedenfalls erinnere ich mich, dass Frau Grütters viele Einladungen mitgenommen hat.

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Frau Sen Goehler

Ich kann Ihnen versichern und ich finde das in einer Demokratie absolut richtig und möglich, dass Menschen ihre Empfindungen äußern, die sich auch jenseits der – mehrheitlich – empfundenen Stimmung befunden haben. Ich kann Ihnen aber versichern, dass das auch innerhalb des Publikums ziemlich deutliche Worte gefunden hat, vom Podium aber hat niemand einen Zweifel aufkommen lassen, dass wir die Opfer in dieser Situation weiß Gott! nicht zu den Tätern machen können. Dies ist mit aller Deutlichkeit vom Podium, aber auch vom Publikum zurückgewiesen worden.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS – Zuruf von der CDU: Irgendwann ist der Rücktritt fällig!]

Wir kommen dann zur nächsten Anfrage – von Frau Abgeordneter Dr. Rusta. Bitte sehr!

Frau Senatorin Goehler, wie ist denn der Stand der Verhandlungen über einen Kooperationsvertrag Ballett zwischen den staatlichen Opern Berlins, und ist dieser Vertrag als Einstieg zu werten in eine notwendige tiefgreifende Reform der Berliner Ballette, an deren Ende ein eigenständiges und unabhängiges Ballettensemble steht?

Die Frage ging an Frau Senatorin Goehler. Bitte sehr!

Frau Abgeordnete, wie ich auch im Kulturausschuss schon dargelegt habe: Wir haben uns von der Hausleitung her entschieden, zunächst einmal die Intendantenfrage zu klären und dann in die Ballettfrage einzusteigen. Wir haben jetzt ein erstes Gespräch mit allen Intendanten der Häuser geführt und haben auch einen Kooperationsvertrag entworfen. Der ist jetzt in einer Neufassung noch einmal an die Häuser zurückgegangen. Wir haben eine Nachfragefrist bis – ich glaube – Ende des Monats. Anfang Oktober spätestens läuft der Zeitraum ab, in dem sie sich zu Veränderungen äußern können. Alle drei Häuser – ich hatte gestern noch einmal Gelegenheit, mit dem künstlerischen Leiter der Komischen Oper zu sprechen – haben sich einverstanden erklärt, dass es auf Projektebene sehr viel stärkere Kooperation geben soll als in der Vergangenheit, dass die Auftritte von insgesamt 150 Abenden auf 200 ausgeweitet werden sollen, dass es aber drei autonome künstlerische Leitungen gibt, die allerdings durch eine Koordinationsfunktion gebündelt werden. Wir haben uns auch entschieden, damit bis auf weiteres als Koordinator, nicht als Direktor, Herrn Brunner zu betrauen, der – sicherlich nicht nur für die Abgeordneten im Kulturausschuss von Interesse – gerade mit seiner Oper in Graz zur Oper des Jahres gewählt worden ist.

Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte sehr, Frau Dr. Rusta!

Frau Senatorin, sind Sie mit mir der Meinung, dass dieser Vertrag nur eine erste Stufe auf dem Wege zum Ziel sein kann? Denn eine der wichtigsten Voraussetzungen für die künstlerische Entfaltung des Tanzes in Berlin ist die Sicherstellung und Durchsetzung ihrer Autonomie.

Frau Senatorin – bitte!

Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass es ein erster Schritt ist, aber ein sehr wichtiger Schritt. Ich glaube, wir sollten aus der Vergangenheit lernen, dass wir einem Prozess auch mal ein Stück Vertrauen schenken. Diese Reform muss mit den Beteiligten – nicht mit den Ehemaligen, die ihre bestimmten Wunden und Ressentiments an den Tag gelegt haben, sondern mit denen, die neu zu berufen sind – vorangetrieben werden. Wie Sie wissen, ist erst Bianca Li an der Komischen Oper bestellt. Die

beiden anderen Positionen sind noch frei, wobei die Staatsoper in Verhandlungen mit einer konkreten Person ist, die Deutsche Oper ist noch nicht einmal so weit. Also, ich denke, wir sind auf einem richtigen Weg. Wir müssen in dem Prozess ein bisschen Geduld haben, denn den müssen auch die Beteiligten steuern.

Die nächste Frage kommt von Frau Hopfmann von der Fraktion der PDS. – Bitte sehr!

Danke schön! – Ich habe eine Frage zu einem Beschluss, den das Abgeordnetenhaus im Juli gefasst hat, nämlich über Verbesserungen in der Abschiebungshaft Berlin; das geht sicherlich an das Innenressort. Herr Senator, wir haben mehrheitlich einen Beschluss gefasst, dass umgehend – aufgelistet in 10 Punkten – Veränderungen in der Abschiebungshaft durch die Innenverwaltung umzusetzen sind. Ich frage Sie: Welche Weisung haben Sie an die Innenverwaltung gegeben, ein entsprechendes Sicherheitskonzept, das für die beschlossenen Verbesserungen sicherlich Voraussetzung ist, zu erarbeiten, und haben Sie die Erstellung des Sicherheitskonzepts terminiert?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Frau Abgeordnete, wenn ich mich richtig erinnere, ist in dem Beschluss eine Berichtspflicht festgelegt worden. Wir haben zu Einzelpunkten inzwischen ein Vergabeverfahren. Das betrifft die Punkte 1, 3, 4, 5 und 6 – oder so – des damaligen Beschlusses; da geht es darum, dass wir die Abschiebungshaft so ausgestalten sollten, dass Teeküchen da sind, dass Bereiche da sind mit Mobiliar, in dem die Leute auch etwas unterbringen können usw. Das ist alles veranlasst worden. Zu zwei zentralen Punkten des Beschlusses, die bisher nicht umgesetzt worden sind, habe ich eine Rücksprache angeordnet. Das sind die Fragestellungen der Abtrennung der Räume von den Fenstern durch zusätzliche Gitter, und das ist die Fragestellung, dass innerhalb dieses Besuchsraumes Glasscheiben zwischen den Abschiebungshäftlingen und den Besuchern sind. Da hatte ich veranlasst, dass die Möglichkeiten von Familienbesuchen verbessert werden, und zwar in Räumen, wo sie sich unmittelbar begegnen können. Das ist auch in Angriff genommen worden. Wie weit die anderen Dinge baulich umgesetzt werden können, muss noch entschieden werden, weil der Umbau, insbesondere der Räumlichkeiten mit den Gittern, erhebliche bauliche Investitionen mit sich bringen würde. Das ist von mir noch nicht entschieden.

Zusatzfrage durch die Fragestellerin? – Bitte sehr!

Herr Senator! Das ist nicht unmittelbar Bestandteil des Beschlusses gewesen, weil wir dieses Problem damals so noch nicht kannten. – Haben Sie veranlasst, dass die Praxis, dass Abschiebungshäftlingen während der zahnärztlichen Behandlung teilweise die Hände auf dem Rücken gefesselt werden, inzwischen abgeschafft wurde? Haben Sie Anweisung gegeben, dass das unterlassen wird?

Herr Senator!

Wir haben die generelle Regelung, dass Abschiebehäftlinge, wenn sie nicht einzeln begleitet werden können, gegebenenfalls auch zu fesseln sind. Wir werden, soweit es die Zahnarztbehandlung betrifft, künftig eine Zahnärztin haben, die in die Abschiebehaft kommt und dort die Zahnarztbehandlung vornimmt, so dass dann auf derartige Dinge verzichtet werden kann.

Wenn Abschiebehäftlinge allerdings auch künftig noch außerhalb der Abschiebehaft behandelt werden müssen in einer Zahnarztpraxis, dann wird auf Sicherungsmaßnahmen nicht völlig verzichtet werden können. Sie müssen einfach die Situation vor

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Sen Dr. Körting

Augen haben, dass sich dann der Häftling in einem Behandlungsstuhl befindet, neben ihm eine Vielzahl von gefährlichen Geräten sind, mit denen er sich insbesondere selbst körperlich verletzen kann, aber auch den Zahnarzt verletzen könnte, und die Zahnärztin, die wir bisher eingesetzt haben, es abgelehnt hat, zahnärztlichen Behandlungen ohne derartige Schutzmaßnahmen durchzuführen.

[Zuruf des Abg. Weinschütz (Grüne)]

Ich weiß, das klingt alles schrecklich, aber wir müssen leider auch damit rechnen, dass Abschiebehäftlinge die Gelegenheit benutzen, sich insbesondere selbst erhebliche Verletzungen zuzuführen. Das müssen wir verhindern.

Für Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Berger das Wort zu einer spontanen Frage, bitte!

Herr Vizepräsident! Meine spontane Frage geht an die Wirtschaftssenatorin. Frau von Friesen! Wir sind heute ja mit einer Hiobsbotschaft für die Energiepolitik geweckt worden, nämlich dass die Bildung eines großen nordostdeutschen Energiekonzerns an der Bewag in Berlin vorbeizugehen scheint und auch der Sitz dieses neuen Konzerns nicht Berlin, sondern Hamburg sein wird. Darum frage ich Sie: Was kann der Senat tun? Es ist sicher nicht ganz leicht. Haben Sie da Ideen und Vorschläge, dass durch diese Entwicklung die Bewag, der Berliner Stromkonzern, nicht ganz von den Giganten zerdrückt und an den Rand gedrängt wird zum Schaden unserer Wirtschafts-, Energie- und Arbeitsmarktpolitik?

Frau Senatorin von Friesen, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Berger! Meine Damen und Herren! Ich bin leider mit dieser Hiobsbotschaft bereits eingeschlafen,

[Gelächter der Abgn. Wansner (CDU) und Wegner (CDU)]

oder anders herum ausgedrückt: Ich konnte deswegen sehr schlecht schlafen. Ich bedauere sehr, dass es zwischen Vattenfall und Mirant zu keiner Einigung über die Aufstellung einer zukunftsorientierten „Neuen Kraft“ gekommen ist. Die Einflussmöglichkeiten, die es hier gibt, hat der Regierende Bürgermeister bereits in einer Presseerklärung, wie ich meine, sehr zutreffend beschrieben. Er hat Vermittlung angeboten.