Protokoll der Sitzung vom 23.03.2000

Es gibt offensichtlich keine Zusatzfrage von Herrn Schlede.

Dann rufe ich den Abgeordneten Müller zu einer spontanen Frage auf!

Ich möchte den Regierenden Bürgermeister fragen, mit welcher Begründung die Entscheidung über einen gemeinsamen Medienbeauftragten Berlin-Brandenburg erneut vertagt wurde, obwohl die beiden Wirtschaftsminister der Länder ein schlüssiges Konzept vorgelegt haben.

Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Zunächst verstehe ich Ihre Bemerkung nicht, warum wiederum etwas vertagt worden sei. Es stand aktuell nichts auf der Tagesordnung. Das Gespräch mit dem Kollegen Fürniß ist für nächste Woche terminiert.

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen!

Das „erneut“ bezog sich darauf, Herr Regierender Bürgermeister, dass wir dieses Thema seit einigen Monaten in der Stadt diskutieren. Deswegen frage ich noch einmal nach. Wenn Sie in der nächsten Woche das entsprechende Gespräch über die Konzepte der beiden Wirtschaftsminister führen, frage ich Sie, warum dies nicht geschehen ist. Welche neuen Erkenntnisse erhoffen Sie sich, um zu einer Entscheidung kommen zu können?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Ich erwarte Erkenntnisse darüber, welche Zuständigkeiten eine Medienagentur überhaupt haben soll, wie die Abgrenzung der Zuständigkeiten und der Befugnisse im einzelnen geregelt wird, welche Finanzierungsüberlegungen bestehen. Ich erwarte Erkenntnisse darüber, in welcher Form im Haushalt des Landes Brandenburg eine Absicherung gegeben ist. Ich erwarte auch, selbst Klarheit über den finanziellen Spielraum im Land Berlin zu erhalten.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Nunmehr gibt es eine Spontane Frage der Frau Abgeordneten Hopfmann. Bitte schön!

Danke schön! Ich habe eine Frage an den Innensenator! Herr Innensenator, Sie haben auch medial erklärt, es sei Schluss mit lustig, und Sie haben vor, in diesem Jahr die in Berlin noch verbliebenen 20 000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien so schnell wie möglich loszuwerden, in dem ihnen beispielsweise auch die Aufenthaltsrechte entzogen werden. Wie wollen Sie bewerkstelligen, dass innerhalb kürzester Zeit 20 000 dieser Flüchtlinge – oder angenommen, es sind nur die Hälfte davon – nach Ex-Jugoslawien zwangsweise zurückgeführt werden?

Herr Innensenator Werthebach!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hopfmann! Der Ernsthaftigkeit des Themas wird diese Äußerung, die Sie mir zuschreiben, aber nicht von mir stammt – „Schluss mit lustig!“ –, nicht gerecht. Aber ich füge hinzu, dass die Innenminister von Bund und Ländern allesamt der Auffassung sind, dass die Rückführung der ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlinge nunmehr erfolgen muss, weil die Ursachen und die Gründe, die dazu führten, dass sie zu uns nach Deutschland gekommen sind, nicht mehr bestehen. Die Voraussetzungen dafür muss in erster Linie der Bundesinnenminister schaffen. Der Bundesinnenminister hat kürzlich ein Transitabkommen mit den Anrainerländern geschlossen, das es ermöglicht, in vier Wochen, beginnend Anfang April, diese Rückführungen vorzunehmen. Ich gehe außerdem davon aus, dass zwangsweise Rückführungen auf dem Luftweg möglich sind wie bisher. Insgesamt erwarte ich, dass die ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlinge freiwillig zurückkehren. Das ist unser vorrangiges Ziel.

Danke schön, Herr Senator! – Gibt es eine Nachfrage von Frau Hopfmann? – Bitte schön!

Herr Innensenator! Was die Freiwilligkeit betrifft, haben Sie sich einmal im Büro der Ausländerbeauftragten erkundigt, wie viele der ursprünglich geplanten assistierten Gruppenrückkehrprojekte nach Bosnien-Herzegowina realisiert wurden oder wie viele bis heute nicht realisiert werden konnten, was die Lebensbedingungen dieser Menschen betrifft, und dass im Kosovo 100 bis 200 Millionen Dollar für Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Infrastruktur fehlen, beklagt durch den UN-Beauftragten. In welches Verhältnis setzen Sie das zu der Absicht, 20 000 Flüchtlinge zurückzuschicken?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hopfmann! Die Zahl 20 000 zurückzuführender Flüchtlinge stammt nicht von mir. Nach unserer Schätzung werden rund 4 000 ehemalige Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Land Berlin zurückkehren müssen. Die Voraussetzungen dafür sind, nach allem, was wir gehört haben, gegeben, insbesondere muss es möglich sein, dass die Bürgerkriegsflüchtlinge am Wiederaufbau in ihrem Land aktiv mitwirken. Das ist die beste Form, wie sie jetzt ihrem Land und ihren Mitbevölkerungsteilen helfen können.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Senator!

Es gibt eine spontane Frage der Frau Abgeordneten Ströver von den Grünen – Bitte schön, Frau Ströver!

Hintergrund der Frage richtet sich auch den Regierenden Bürgermeister, und ich möchte ihn auch vor den heutigen Pressemeldungen fragen: Wie lange wollen Sie sich noch um die medienpolitischen Zuständigkeiten und das Kompetenzgerangel in Ihrer Regierung streiten, das dazu führt, dass selbst der Ihnen politisch sehr nahe stehende Sender

(A) (C)

(B) (D)

SAT1 mit seinem Programmchef Fred Kogel mit einem Weggang aus Berlin droht, und warum lehnen Sie laut Ihres Sprechers Butz, anders, als eben aus Ihrer Beantwortung hervorging, einen gemeinsamen Medienbeauftragten zwischen Berlin und Brandenburg, der die Region stärken würde, ab?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Erstens: Sie nehmen auf Zeitungsmeldungen vom heutigen Tag Bezug. In einer großen Boulevardzeitung werden Geschichten erzählt, die rein erfunden sind. Reine Erfindung! – Zweitens: Einen gemeinsamen Medienbeauftragten in der Region – mit Aufgaben im Bereich der Vernetzung für neue Medien, aber auch für Film und Fernsehen – soll es unter Einbeziehung auch des Standortes Hamburg aus meiner Sicht geben.

Danke schön! – Zusatzfrage der Kollegin Ströver – Bitte!

Es ist schon etwas absurd, jetzt den Standort Hamburg mit einzubeziehen, aber ich würde Sie noch etwas anderes fragen.

Tun Sie es doch!

Auch aus der heutigen Presse geht hervor, dass es offensichtlich mehrere Kandidaten gibt, die sich durch das Verhalten der Berliner Regierung regelrecht abgeschreckt fühlen für diese Funktion –

Frau Ströver, ich darf Sie an die Frage erinnern!

– mit den entsprechenden unklaren Aufgabenzuweisungen bereitzustehen. Deshalb meine Frage: Wie viele kompetente Kandidatinnen und Kandidaten wollen Sie für diese Aufgabe noch verschleißen?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Zunächst will ich darauf hinweisen, dass ein sachkundiger Vertreter der Medienpolitik, insbesondere der Filmpolitik, es niemals als absurd ansehen kann, wenn eine Zusammenarbeit mit Hamburg, beispielsweise Studio Hamburg, beispielsweise entsprechende Förderungsinstrumente, hier angestrebt werden. Ich sähe es nur als absurd an, wenn jemand eine solche These aufstellt und von sich selbst behauptet, er sei sachkundig.

[Cramer (Grüne): Warum machen Sie es dann? – Frau Ströver (Grüne): Studio Hamburg liegt in Adlershof!]

Zweitens: Diejenigen, mit denen ich bisher Gespräche geführt habe, ob sie gegebenenfalls bereit sind, die von mir hier angedeutete Funktion in der Medienpolitik der Gesamtregion zu führen, alle die Gespräche sind weiter sehr erfolgreich. Diejenigen, die sich selber öffentlich für ein Amt anbieten, sind nicht unbedingt meine Kandidaten.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Dann geht es in der Spontanen Fragestunde weiter mit dem Abgeordneten Müller-Schoenau. – Bitte schön, Sie haben das Wort! [Müller-Schoenau (Grüne): Ich habe mich gar nicht gemeldet!]

Ist gar nicht drin. – Dann der Abgeordnete Schuster. – Entschuldigung, Frau Simon, bitte!

[Frau Simon (PDS): Das muss ein Missverständnis sein, weil ich zu einem Zeitpunkt gedrückt habe, als wir noch in der Phase der Mündlichen Anfragen waren!]

So etwas gibt es. Gut, dann der Abgeordnete Weinschütz! – Auch nicht! – Frau Matuschek! – Auch nicht!

[Frau Matuschek (PDS): Doch natürlich!]

Bitte, legen Sie los!

Schönen Dank! – Ich habe eine Frage an den Wirtschaftssenator Branoner. – Herr Branoner, Sie wissen sicherlich, wie schwer es ist, Investoren nach Berlin zu holen und sie zu halten, und wie schwer es ist, ein Gebiet, das sich in einem wirtschaftlichen Aufschwung befindet, dann auch in einem wirtschaftlichen Aufschwung zu halten. Nun möchte ich Sie fragen, weil Sie in der Regel nicht mit Herrn Dussmann fliegen, welchen konkreten Nutzen Berlin als Touristenattraktion, als Hauptstadt und als bürgerfreundliche Stadt von einem intakten Geschäftsleben in der Friedrichstraße hat und welchen Verlust es erleiden würde, wenn diese Friedrichstraße nach nunmehriger kurzzeitiger Erholungsphase wieder anderthalb Jahre durch Baumaßnahmen für die U-Bahnlinie 5 gesperrt werden würde.

Herr Senator Branoner!

Frau Abgeordnete Matuschek! Die Friedrichstraße ist, genauso wie die Straße Unter den Linden, für die touristische Entwicklung Berlins ein ganz wichtiger Ort. Es ist nicht nur für die touristische Entwicklung ein wichtiger Ort, sondern auch für diejenigen Menschen, die dort arbeiten, denn ohne Frage haben sich dort in den vergangenen zwei Jahren sehr viele, auch hauptstadtrelevante Nutzungen angesiedelt. Es ist aus gastronomischer Sicht ein wichtiger Ort. Es ist aus historischer Sicht ein wichtiger Ort. Deswegen ist der Senat dabei, die Friedrichstraße und die Entwicklung der Friedrichstraße als Wohn- und Geschäftsstraße zu unterstützen.

[Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Zu diesen Unterstützungen, Herr Cramer, gehört auch eine gute verkehrliche Erschließung.

[Cramer (Grüne): Eine Riesenbaugrube!]

Es macht gerade die Situation Berlins aus in einer sehr engen urbanen Mischung von Wohnen und Arbeiten, dass wir insgesamt in dieser Stadt auch gut erschlossen sind. Dazu muss man infrastrukturelle Vorleistungen treffen. Und diese infrastrukturellen Vorleistungen sind einfach notwendig. Man wird zu einem Zeitpunkt – und da muss die Politik auch Farbe bekennen – entscheiden, wie habe ich abgewogen gegen und für die einen und anderen Interessen, und dafür auch werben und in beiderseitigem Einvernehmen und in beiderseitigem Verständnis auch die Belastungen, die sich ergeben, soweit wie möglich reduzieren. Da werden Sie sicherlich Verständnis haben, dass der Senat diese Phase der Prüfung sehr sorgfältig vornehmen wird und dieses mit allen Betroffenen, auch mit den Betroffenen vor Ort in der Friedrichstraße, erörtern wird.