Beim nächstmöglichen Punkt! Wir sind in der Beratung! – Ich verweise hierbei auf die Zusammenstellung der Verordnung. Überweisungsanträge liegen mir nicht vor. Damit stelle ich fest, dass das Haus von den zur heutigen Sitzung vorliegenden vier Verordnungen Kenntnis genommen hat.
Hierzu ist eine Beratung vorgesehen. Nach unserer Geschäftsordnung steht den Fraktionen hierzu eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Zunächst hat für die FDP der Abgeordnete Hahn das Wort. – Gleichzeitig bitte ich den Geschäftsführer der FDP zu mir, um mit mir sein Begehr zu erörtern.
[Ritzmann (FDP): Ich möchte zur Geschäftsordnung reden, Frau Präsidentin! Muss ich das vorher mit Ihnen erörtern? – Allgemeine Unruhe]
Hier soll ein A n t r a g z u r G e s c h ä f t s o r d n u n g gestellt werden. Das sollten wir noch vor dem Tagesordnungspunkt zur Kenntnis nehmen, bevor wir dann mit der Rederunde beginnen. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Gut Ding will wohl Weile haben. Die F D P- F r a k t i o n b e a n t r a g t eine S i t z u n g d e s Ä l t e s t e n r a t s i m A n s c h l u s s a n d i e s e S i t z u n g , um die strittigen Punkte zum Tagesordnungspunkt Bericht des Beauftragten zur Bearbeitung der StasiUnterlagen zu besprechen.
Wir kommen jetzt zum aufgerufenen Tagesordnungspunkt. Zunächst hat der Abgeordnete Hahn das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu einem Thema, das auch aufregt, aber vielleicht nicht in der Weise wie vorhin.
Die Mehrheit dieses Hauses ist sich sicher darin einig, dass eine drastische Erhöhung der Eigentümerquote in Berlin für die soziale Stabilisierung der Stadt von großem Vorteil wäre. Die Wohneigentumsbildung hat einen Einfluss auf die Stabilisierung von Wohnumfeldern. Die Wohneigentumsbildung hat eine erhebliche Auswirkung auf die Bereitschaft, in die eigenen vier Wände zu investieren. Sie hilft damit unmittelbar der lokalen und der regionalen Wirtschaft. Damit meine ich nicht nur Baumärkte, sondern auch kleine und mittelständische Bauhandwerksfirmen u. Ä. Wohneigentumsbildung spielt zudem eine immer größere Rolle bei der Altersvorsorge – Stichwort: mietfreies Wohnen im Alter. Berlin rangiert bei der Eigentümerquote am unteren Rand der Statistik der Bundesrepublik Deutschland. Während 43,6 % im Durchschnitt Westdeutschlands und immerhin 34,2 % im Osten Wohneigentum besitzen, sind dies in Berlin lediglich knapp über 10 %. Das sind Zahlen vom Städtebauinstitut IFS von Ende 2000.
In diesen Tagen ist eine Studie des Forschungsinstituts Empirica mit dem Titel „Wohnungsmarkt Berlin – hoffnungsloser Fall oder Markt voller Chancen“ veröffentlicht worden, die von der Norddeutschen Landesbausparkasse in Auftrag gegeben wurde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Berlin mit einer anderen Wohnungspolitik die Wohneigentumsquote bis zum Jahr 2015 fast verdoppeln und mit dem Niveau anderer Städte in Deutschland gleichziehen könnte. Das wichtigste Instrument hierzu sei die Baulandpolitik und hier die preisgünstige Erschließung von Bauflächen. Bleibt es allerdings bei den derzeitigen Rahmenbedingungen, so wird vorgerechnet, kann Berlin in Zukunft die Zahl von 2 500 neuen Eigentümerhaushalten pro Jahr kaum übersteigen. Um die Quote zu verdoppeln, müssten sich in den nächsten 13 Jahren 150 000 Familien zum Immobilienerwerb entschließen, die Hälfte davon zum Neubau. Diese Zahlen, meint Empirica, seien erreichbar, wenn es in Berlin gelänge, Jahr für Jahr nicht nur 7 000 Haushalte zum Kauf einer Wohnung aus dem Bestand zu bewegen, sondern darüber hinaus 5 000 zu Bauherrenhaushalten zu machen. Das aber ist nicht unrealistisch, wenn man ein interessantes Ergebnis der Studie heranzieht, das sich auf Umfragen der LBS und der Empirica stützt. Demnach würde ein Großteil der 6 000 bis 7 000 Berliner Haushalte, die jährlich in das Umland ziehen, lieber in der Stadt bleiben, wenn es hier günstigere Angebote an Flächen gäbe. [Zuruf von den Grünen]
Indem sie ins Umland ziehen, folgen sie meistens nur einem Preisgefälle. Sie nehmen lange Anfahrtwege zu ihren Arbeitsstätten in Kauf und tragen zur Zersiedelung der Landschaft bei. – Der Finanzsenator ist jetzt wohl leider nicht mehr da. – Dieser Exodus hat für Berlin natürlich auch negative finanzielle Folgen. Laut Empirica ist es so, dass Berlin durch jede abgewanderte Person jährlich fast 3 000 $ verliert. 1998 war der Wanderungssaldo besonders hoch. Fast 30 000 Personen hat die Stadt verloren. Das ist ein Verlust von 90 Millionen $ allein in diesem Jahr gewesen. Jetzt habe ich noch gar nicht die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen erwähnt, die durch den verstärkten Pendlerverkehr entstehen, sowie volkswirtschaftliche Kosten der Staus. Berlin könnte sich bei einem Umsteuern der Politik „als Stadt des preiswerten Wohnens, als Metropole mit Mittelstandspreisen profilieren“, so die Geschäftsführung von Empirica, und sich damit einen enormen Stadtortvorteil gegenüber anderen Regionen verschaffen. Das ist eine große Chance Berlins. Dem ist zuzustimmen.
Genau in diesem Zusammenhang ist auch unser Antrag „Mentalitätswechsel in der Kleingartenpolitik jetzt!“ zu verstehen, denn es kommt uns darauf an, dass wir diese innerstädtischen Flächen, die hochwertigen, hochwertig erschlossenen, verkehrstechnisch günstig gelegenen Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt bekommen, und zwar für den Wohnungsbau, der in Berlin noch gefragt ist, nämlich für Einfamilienhäuser,
Zweifamilienhäuser und auch Reihenhäuser. Die brauchen wir nicht nur in Biesdorf oder irgendwo am Rande der Stadt auf alten Rieselfelderstandorten, sondern gerade in den Innenstadtlagen.
Wir wollen damit nicht das Grün in Berlin verknappen, sondern erhalten, es aber einer höherwertigen Nutzung zuführen. Wir wollen, dass die Menschen ständig im Grünen leben können und nicht nur wie in Kleingärten lediglich an Sommerwochenenden. So plädiert unser Antrag letztlich für eine standortgerechte Bodennutzung. Ich will hier noch die Haushalts- und Wirtschaftslage Berlins erwähnen und anführen, dass wir es uns vor diesem Hintergrund nicht mehr leisten können, auf diese Form der Verwertung dieser Flächen zu verzichten. Deswegen fordern wir, in Zukunft die rein kleingärtnerische Nutzung – die Zahl der Nutzer ist übrigens auch rückläufig – auf den Stadtrand Berlins, und zwar auf die vielen großen Flächen der Stadtgüter Berlins, zu verweisen. Dort – unmittelbar am Rande Berlins – soll dann ein Angebot zur Kleingartennutzung bereit gehalten werden. Das ist möglicherweise für viele interessant, weil man dort auch andere Parzellengrößen ermöglichen könnte als in der Stadt.
Der FDP-Fraktion geht es darum, von der quantitativen Argumentation der Stadtplanung nach Art des Hauses Strieder wegzukommen, die ständig auf Flächenüberangebot im Stadtgebiet hinweist. Es sei dahingestellt, ob in den verschiedenen Segmenten des Bodenmarktes tatsächlich ein adäquates Angebot besteht. Uns geht es um die qualitativen Aspekte der Planung. Es geht uns darum, sicherzustellen, dass die hochwertigen Standorte und Flächen des Standorts Berlin systematisch in die stadtentwicklungspolitische Waagschale geworfen werden.
Herr Präsident, damit komme ich zum Schluss! – Ich meine, dass es jetzt aus diesen vielen sozialen, finanziellen und anderen Erwägungen an der Zeit ist, einen Mentalitätswechsel in der Kleingartenpolitik durchzusetzen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Kollege Hahn! – Nunmehr hat Herr Radebold für die Fraktion der SPD das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, die FDP ist noch nicht in diesem Abgeordnetenhaus angekommen.
Sie haben die Entwicklung in dieser Stadt nicht im Geringsten verfolgt. Die Begehrlichkeiten, den Kleingärtnern das Land wegzunehmen, werden mitunter von verschiedenen Seiten betrieben, aber dabei muss man sich etwas mehr mit den Details auseinander setzen. Ihr Antrag sagt: Wir wollen die Flächen verteuern. Wir wollen ihnen die Flächen wegnehmen und die Kleingärtner an den Rand verdrängen. – Und daraus wollen Sie Potentiale für Stadtentwicklung machen. Sehr geehrter Herr Hahn, da denke ich, ich bin hier im falschen Film.
Dann gucken Sie sich einmal im Liegenschaftsfonds um, wie viel Bauland im Moment auf dem Markt ist und welche Preise erzielt werden. Das ist das Mindeste, was ich erwarte, bevor Sie hier einen solchen oberflächlichen Antrag einbringen.
Herr Hahn, der absolute Gipfel ist: Gestern tagte der Stadtentwicklungsausschuss, und dort haben Sie dafür plädiert, dass an der Lentzeallee Land zurückgegeben wird, das gegenwärtig im Flächennutzungsplan Bauland für eine spezifische Bauform ist. Das ist ein Salto mortale – heute hü und morgen hott!
Ich fürchte, nicht. Das können wir später machen! interjection: [Heiterkeit bei der PDS – Ritzmann (FDP): Sie brauchen sich nicht zu fürchten!]
Jetzt einmal zu den Schularbeiten, Herr Hahn! Dieses Abgeordnetenhaus hat den Senat beauftragt, eine differenzierte Fortschreibung der Schutzfristen für planungsrechtlich gesicherte Kleingärten vorzunehmen. Dazu ist uns hier eine Mitteilung zugegangen. Lesen Sie die endlich! Da ist speziell für alle Kleingärten beschrieben, welche eine Verlängerung der Schutzpflicht bekommen und welche nicht und warum nicht. Da werden 11 % der Flächen herausgenommen. Für die anderen bestehen gegenwärtig keine Vermarktungschancen. Wenn Sie welche kennen, dann nennen Sie sie, und machen Sie hier nicht einen allgemeinen dunklen Populismus! Wir werden mit dem Kleingartenverband bei den Flächen klarkommen, wo wir sie aus übergeordneten Gründen beanspruchen müssen. Aber wir müssen nicht den ganzen Kleingartenverband verrückt machen, denn Sie müssen endlich mal lernen, dass die Kleingärtner Wichtiges für uns alle tun, Herr Hahn. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!
Sie erhalten hier grüne Lungen in Berlin, für die wir vielleicht nicht mehr die Kraft haben, sie zu erhalten.
Nein! Schauen Sie sich doch einmal die Verteilung der Kleingärten in der Innenstadt an! Wir haben in der Innenstadt Defizite an Grün, und genau dort wollen Sie eingreifen.
Die Kleingärten stabilisieren auch soziale Verhältnisse in nachbarschaftlicher Solidarität. Das ist eine Leistung für unsere Gesellschaft, jedenfalls für die, die wir haben wollen.