Sofort! – Um deutlich zu machen, dass es sich bei der anstehenden Aufgabe nicht nur um ein Landes-, sondern um ein Bundesprojekt handelt, hinter dem die gesamte Bevölkerung stehen sollte, schlagen wir vor, dass eine hochrangige Persönlichkeit des öffentlichen Lebens als Schirmherr gewonnen wird. Die kurzfristige Einsetzung eines Projektausschusses begrüßen wir. Es gibt eine Menge Aufgaben, z. B. die zu konkretisierenden Nutzungen und die Abstimmung eines genauen Raumkonzepts. Wir hoffen, dass das Vorhaben so weit
fortschreitet, dass der Grundstein für das Stadtschloss an dieser Stelle zum 15. Jahrestag der deutschen Einheit im Jahr 2005 gelegt werden kann. – In diesem Sinne, vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion der PDS hat nunmehr Frau Dr. Lötzsch das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die einbringende Fraktion, die CDU, fordert eine schnelle Entscheidung. Es wurde gesagt, nun müsse man endlich anfangen. Da frage ich – da kann ich auch an den Kollegen Radebold anknüpfen –: Wie will man das denn tun? – Keiner hat Geld, aber alle wollen anfangen. Sind wir hier bei „Wünsch dir was“, oder machen wir Realpolitik?
Es geht bei einigen augenscheinlich jetzt um eine symbolische Entscheidung. Forderungen nach schneller Entscheidung wirken tough und pragmatisch, sind aber leider etwas realitätsfern. Das Land Berlin hat keine müde Mark, der Bund ist verschuldet, so dass sogar die EU-Kommission mit einem blauen Brief drohte, und die CDU will Schlösser bauen, Traumschlösser, so wie Ihre Bankgesellschaft ein Traumschloss war, bloß dass sich dieser Traum nicht in Luft aufgelöst hat, sondern für die Stadt zum Albtraum wurde. Wir sollten an die Gestaltung des Schlossplatzes mit Realismus herangehen und nicht so tun, als könnte heute irgendjemand ein Riesengeldsäckel anfassen und dort beginnen, von heute auf morgen zu bauen.
Es sind etliche interessante Sachen in der Diskussion gesagt worden. Ich bin erstaunt, wie z. B. eine Fraktion, die gerade für sich reklamiert hat, sie habe sich sehr ausführlich mit dieser Thematik beschäftigt, bereits in der Überschrift eine gewisse Geschichtslosigkeit beweist, denn in Berlin gab es im Gegensatz zu Potsdam nie ein Stadtschloss, sondern ein Schloss, ein Berliner Schloss. So besagen es alle historischen Dokumente und Urkunden. Die Rekonstruktion des Stadtschlosses ist schon deshalb etwas weltfremd, weil es dieses Schloss als Stadtschloss gar nicht gab.
Der Vergleich zu Potsdam ist herangezogen, aber in Potsdam – wie Sie wissen – gab es sowohl ein Schloss in der Stadt als auch außerhalb, das Schloss Sanssouci.
Wenn Sie z. B. vorschlagen, Herr Kollege Schmidt, für die Nutzung, um einmal an Ihre Genauigkeit anzuschließen, die Zentralund Landesbibliothek solle doch in den Marstall einziehen, dann muss ich mich doch sehr wundern. Vielleicht sollten Sie einfach einmal die Stadt ein bisschen besichtigen, dann würden Sie feststellen, dass die Zentral- und Landesbibliothek schon seit vielen Jahren im Marstall sitzt und in den angrenzenden Gebäuden, aber dass es genau ihren Bedürfnissen und Konzepten entspricht, in eine zentralere Stellung zu rücken und hier auch ein neues Gebäude, was auf diesem Platz stehen soll, mit zu nutzen.
Der Kollege Apelt hat in seiner Begründung der Großen Anfrage der CDU darauf verwiesen, dass seit sehr vielen Jahren sehr intensiv über den Schlossplatz debattiert und diskutiert wird.
Vielen Dank! – Frau Kollegin Dr. Lötzsch, Sie sprachen davon, Realpolitik sei angesagt. Der Senator Strieder hat eben gesagt, den Palast der Republik könne man eigentlich nur abreißen. Ich kann mich noch erinnern, wie Senator Dr. Gysi, als er noch nicht Senator war,
und Freke Over dort als Dachbesteiger für die Erhaltung des Palastes kämpften. Teilen Sie denn nun die Aussagen von Herrn Strieder, oder wie stehen Sie und wie steht die PDS-Fraktion zum Abriss des Palastes?
Gut, dann werde ich das auch so tun! – Vielen Dank, Herr Kollege Wieland, für die Frage! Ich wäre darauf im Verlauf meiner Rede noch gekommen, aber ich kann das auch an dieser Stelle sagen. Ich habe der Rede von Herrn Strieder zum größten Teil mit Wohlgefallen gelauscht, insbesondere dass er ausgeführt hat, dass man Mut haben muss, dass man Vertrauen in die modernen Architekten haben muss, aber Sie wissen auch, Herr Strieder und Herr Wieland, dass wir in der Koalitionsvereinbarung auf Seite 53 unter dem Passus „Stadtentwicklung“ vereinbart haben, dass über die Zukunft des Palastes der Republik, über die Nutzung von Teilen erst dann entschieden wird, wenn ein Architekturwettbewerb ausgelobt und entschieden worden ist.
Ich gehe davon aus – wie meine Kollegen in der Fraktion, wie Sie am Beifall merken –, dass die Koalitionsvereinbarung für uns gilt.
Herr Wieland, Sie sollten ein bisschen Vertrauen haben, dass wir uns in der Koalition nicht unterbuttern lassen, sondern dass wir die Koalitionsvereinbarung einhalten und auch auf Einhaltung der Koalitionsvereinbarung bestehen.
Wie gesagt, die Seite 53, und das gilt für Herrn Strieder, das gilt auch für Herrn Wowereit, und das gilt auch für Herrn Dr. Gysi. Wir denke, wir bekommen eine vernünftige Lösung hin.
Ich möchte auf weitere Argumente in der Debatte eingehen, vor allem auf die Genauigkeit. Wenn der Kollege Wellmann von der Fraktion der CDU dem Kommissionsmitglied Senator Flierl vorwirft, er habe dieses oder jenes gesagt, dann darf ich Ihnen mitteilen, dass Herr Senator Flierl – man kann dazu stehen, wie man will, ob man es gut findet oder schlecht – nicht Mitglied der Kommission war. Es gibt mehrere Personen in dieser Stadt, die den Namen Flierl tragen. Einer davon – und das war das Mitglied der Kommission – ist der bekannte Architekturkritiker Bruno Flierl. Der hat in der Tat interessante Voten in der Expertenkommission „Historische Mitte“ abgegeben, aber vielleicht haben Sie das verwechselt.
Dann darf ich Ihnen auch noch mitteilen, dass es immer gut ist zu zitieren, dass es aber fair ist, wenn man schon zitiert bzw. Dinge darstellt, die man gelesen zu haben meint, dass man es etwas genauer tut. Ich kann dieses Interview von „Spiegel-Online“, auf das Sie augenscheinlich angespielt haben, das jetzt wirklich der Senator Flierl gegeben hat, nur vollen Herzens unterstützen. Allerdings habe ich in diesem Interview nicht gelesen, dass der Palast der Republik als Ganzes erhalten werden muss. Und jeder Mensch, der sehenden Auges durch die Stadt geht, weiß dass das nicht möglich ist.
Frau Dr. Lötzsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gewalt und eine des Kollegen Wellmann?
Ich würde doch vorschlagen, dass zuerst der Kollege Wellmann drankommt, da ich ihn ja angesprochen habe.
Das ist in Ordnung. Ich bin damit einverstanden, wenn es der Belebung der Debatte dient immer. – Herr Kollege Wellmann!
Frau Kollegin! Ist Ihnen denn das Verwandtschaftsverhältnis der Herren Flierl untereinander bekannt?
Ich kann Sie darüber informieren, wenn Sie das nicht wissen, dass Dr. Bruno Flierl der Vater von Thomas Flierl ist. Aber das sind beides erwachsene Leute, und ich glaube, auch Sie würden für sich in Anspruch nehmen, dass das, was Ihr Vater oder Ihre Mutter irgendwo sagen, nicht automatisch und hundertprozentig Ihre persönliche Meinung ist. So weit sollten wir hier schon sein.
[Beifall bei der SPD und der PDS – Cramer (Grüne): Niemand haftet für seine Eltern, auch Sie nicht! – Wieland (Grüne): Richtig gelöst hat es der Herr Papa auch nicht!]
Ich möchte daran anknüpfend auf ein weiteres Argument hier in dieser Debatte eingehen. Da wird immer gesagt, der Palast der Republik, das Schloss, das wäre quasi die Vereinigung von Ost und West. Ich halte das für eine Legende. Ich halte es für eine Legende, dass alle im Westen das Schloss wollen und dass alle im Osten den Palast der Republik wiederhaben wollen, so wie er einmal war und wie er vielleicht noch in Resten dasteht. Mit solchen einfachen Thesen sollten wir uns, zumal nach so einer langen Debatte, nicht zufrieden geben. Die Lösung liegt, glaube ich, darin – und da kann ich mich der Rede von Herrn Strieder hundertprozentig anschließen, dass wir sagen: Wir müssen doch versuchen, jetzt im 21. Jahrhundert eine Lösung zu finden, die zeitgenössisch ist. Wir müssen doch Architekten eine Möglichkeit geben, ihre Visionen darzustellen. Wir müssen hier entsprechende Vorgaben formulieren. Und wenn dieses Ergebnis dann unbefriedigend ist, dann stellt sich die Frage wieder neu. Aber ich denke nicht, dass man von vornherein diese neue Möglichkeit, das Zeitgenössische, ausschließen kann.
Ich wollte gerne auf den Kollegen Apelt eingehen, der hier eine sehr pathetische Anfangsrede gehalten hat, dass man am liebsten gesagt hätte: Mensch, haben Sie es nicht einmal eine Nummer kleiner? – wie man das in Berlin so sagt. – Wenn Sie schon in dieser Debatte darstellen, was hier so an Kuriositäten im Abgeordnetenhaus gelaufen ist, wundere ich mich doch sehr, dass man nur so allgemein seine Erinnerungen bemüht. Denn es gibt sehr viele hübsche Beispiele zu erzählen. Da gab es zum Beispiel eine Plenarsitzung am 17. Oktober 1991, wo ein gewisser Kollege Lehmann-Brauns vor Eintritt in die Tagesordnung eine persönliche Erklärung abgab und monierte, dass ein gewisser damaliger Senator Nagel eine Verbindung hergestellt hat zwischen dem Abriss des Lenindenkmals und dem Abriss des Schlosses. Das führt beinahe zu einer Koalitionskrise damals zwischen SPD und CDU. Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Thema zu keiner Koalitionskrise zwischen PDS und SPD führen wird, weil wir erstens eine klare Vereinbarung in der Koalitionsvereinbarung haben,
weil wir zweitens davon ausgehen können, dass alles, was an demokratischen Elementen – nämlich die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern, von Vorarbeiten, von Arbeitskreisen, von Studentenwettbewerben, von Ausstellungen, von der Sommerakademie Prinz Charles – entsprechend wie es im Entschließungsantrag formuliert worden ist, einbezogen wird.