Protokoll der Sitzung vom 31.10.2002

[Dr.Lindner (FDP): Ja, warum klatscht ihr denn da nicht? - Zurufe von den Grünen]

Außerdem haben Sie, Frau Ströver, wohl den Text des Staatsvertrages nicht so richtig gelesen. Dort steht nämlich: Die Mitglieder brauchen nicht dem jeweiligen Parlament anzugehören. Und die Vertreter der PDS im jetzigen Rundfunkrat kommen bekanntlich nicht aus diesem Hause.

[Zurufe der Abgn. Frau Ströver (Grüne) und Frau Dr. Klotz (Grüne)]

- Sie können ja dazwischenschreien, so viel Sie wollen, aber Sie wissen auch, dass Sie in dieser Frage nicht konsequent waren. Sie haben immer gesagt: Wir schicken keine Abgeordneten in den Rundfunkrat. - Aber Sie haben den Pressesprecher Ihrer Fraktion in den Rundfunkrat geschickt. Da muss man sich fragen, wie erst es mit diesem Anspruch gemeint ist.

[Beifall bei der PDS und der SPD - Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Und ich sollte auch sagen, Frau Ströver: Sie waren ein bisschen beleidigt, dass Ihr Vorschlag für den Namen des Senders nicht akzeptiert wurde. Es gibt sicherlich schönere Namen als RBB. Aber es wurden viele Bürgerinnen und Bürger befragt, und es wurde eben ein anderer Vorschlag als der Ihre favorisiert. Ab und zu sollte man sich auch einmal an Mehrheitsmeinungen halten, auch wenn das bei Ihrer Parteiführung, wie wir nun gesehen haben, nicht immer der Fall ist.

[Zuruf des Abg. Ratzmann (Grüne)]

Aber genug des Guten. Abschließend kann man sagen: Der Staatsvertrag ist eine gute Grundlage für einen neuen Sender, und ich wünsche den Macherinnen und Machern viel Erfolg, den Zuschauerinnen und Zuschauern viele informative und unterhaltsame Sendungen, und mein Wunsch wäre es, dass an der Spitze des neuen Senders eine Frau steht. - Herzlichen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön! - Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Lindner das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen, meine Herren! Frau Lötzsch, herzlichen Dank für vorweggenommene Nominierung zum Rundfunkrat. Es hat nur leider

aus Ihrer Fraktion und auch aus der Fraktion der SPD keiner geklatscht bei dieser netten Einlage, so dass ich mir nur geringe Hoffnungen mache, im künftigen Rundfunkrat zu sitzen. Na, der Sender wird es verschmerzen.

[Heiterkeit bei der PDS - Eßer (Grüne): Dafür treten Sie jetzt bei jedem Tagesordnungspunkt auf!]

Die FDP steht - fast eine Selbstverständlichkeit, aber ich möchte es ausdrücklich betonen - voll hinter der Senderfusion. Es ist genau das Richtige. Eine auf die gesamte Region gerichtete Programmgestaltung ist wichtig für das Zusammenwachsen und für die Selbstwahrnehmung unserer Region, auch - ich sage das ausdrücklich - im Hinblick auf die bevorstehende Länderfusion. Es ist auch wichtig, in dieser Region einen Sender zu schaffen, der dann schon die Größenordnung des Hessischen Rundfunks haben wird, zwar nicht vergleichbar mit dem WDR, aber doch in eine Größenordnung aufsteigt, in die erste Liga - allein vom Volumen - der Rundfunkanstalten, wobei ich ausdrücklich sagen will, Herr Schättle, dass der SFB von der programmlichen Machart her auf jeden Fall schon zur ersten Liga gehört.

Last not least: Eine solche Funktion birgt die Möglichkeiten von Synergieeffekten. Es muss auf jeden Fall versucht werden und es muss auch gelingen, dass die Kosten für Verwaltung prozentual heruntergeschraubt werden zu Gunsten der Kosten für Produktion.

[Beifall bei der FDP]

Im Rundfunkstaatsvertrag selber lesen wir recht wenig dazu, wie Sie sich das genau vorstellen, wie die programmliche und organisatorische Struktur zukünftig aussehen wird. Ich sage ausdrücklich: Da gehört es auch nicht hinein. Politik hat nicht dem zukünftigen Sender vorzuschreiben, wie und auf welche Weise diese gerade genannten Ziele Synergieeffekte, Verlagerung der Kosten zugunsten der programmlichen Gestaltung, also des Kreativen erreicht werden sollen.

[Beifall bei der FDP]

Es wäre aber erforderlich gewesen - das kritisiere ich ausdrücklich -, dass flankierend zu der Vorlage des Staatsvertrages von den Intendanten, von den Machern der beiden jetzigen Rundfunkanstalten, eine Konzeption vorgelegt worden wäre, wie diese sich aus ihrer Sicht die Dinge vorstellen. Es wäre für die Gesellschafter und die Gesellschaftervertreter, die wir hier

versammelt sind, von eminentem Interesse gewesen, was konkret geplant ist. Es mangelt also an einem konkreten Fusionskonzept. Verwaltungs- und Programmstrukturen bleiben so eher Hoffnung als konkrete Vorlage. - Es ist übrigens bei jeder Firmenfusion eine Selbstverständlichkeit, dass die beiden fusionierten Gesellschaften zu ihren Gesellschaftern gehen und ihnen klarmachen, wohin die Reise geht.

Wir haben das schon einmal erlebt. Wir haben vor relativ kurzer Zeit eine Bezirksfusion erlebt. Da wurde den Bürgerinnen und Bürgern auch in Aussicht gestellt, da würden wunderbare Sachen herauskommen, da würden Kosten gespart werden. - Nichts ist gespart worden! Es sind zwar Bezirke zusammengelegt worden, aber es ist kein einziger Quadratmeter Bürokratenfläche irgendwo eingespart, sondern es ist einfach ein bisschen umgesetzt worden. Das merken die Leute. Sie lassen sich nicht für dumm verkaufen. Ich sage das in allem Ernst: Bei der Länderfusion wird es nicht mehr so gehen wie beim letzten Mal - das ist im Übrigen auch danebengegangen. Da wird es nicht mehr so gehen, dass man den Leuten einfach nur sagt: Da habt ihr eine Fusion, sie birgt ein enormes Potential! - Die Leute wollen ganz konkret sehen und hören, wohin die Reise geht.

[Beifall bei der FDP]

Lassen Sie mich - bei aller Freude über die Fusion - noch auf die beiden gerade von den Grünen und auch sonst aufgeworfenen Themen Rundfunkrat und Mitbestimmung eingehen. Der Rundfunkrat, Herr Regierender Bürgermeister, ist nicht nur ein Ausschlussinstrumentarium für Grüne und FDP - darum geht es letztlich gar nicht. Wenn Sie sich einmal seine Zusammensetzung anschauen, ist er recht breit gefächert. Da sind Institutionen Mitglied wie der Gewerkschaftsbund, Verdi und der Deutsche Beamtenbund, der Landesmusik- und der Landesfrauenrat, die kommunalen Spitzenverbände, der Rat der Bürgermeister, der Landesbauernverband, die Sorben, der Bundesnaturschutz - alles schön und recht. Nur leben etwa 50 % der Leute, die darin vertreten sind, von öffentlichen Geldern. Ein bisschen mehr freie Berufe, ein bisschen mehr Vertretung von Leuten, die auch das Geld verdienen, das dann dort ausgegeben wird, hätte der Zusammensetzung des Rundfunkrates sicher gut getan!

[Beifall bei der FDP]

In Anbetracht dieser Zusammenstellung - 30 verschiedene Personengruppen - ist es unerhört, dass dort im Moment zwei Oppositionsparteien,

die insgesamt eine Viertelmillion Wählerinnen und Wähler auf sich vereinigen, nicht Platz nehmen. Das sage ich ganz ausdrücklich.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Das ist ein merkwürdiges Konstrukt. Ich habe das einmal ausrechnen lassen, Herr Regierender Bürgermeister. Es kann politische Konstellationen geben - große Koalitionen in Brandenburg und in Berlin - mit der Folge, dass dann überhaupt kein Oppositionsvertreter im Rundfunkrat vertreten sein wird. Spätestens dann - da bin ich mir ganz sicher - wird die Zusammensetzung nicht mehr den Vorgaben des 6. Rundfunkurteils des Bundesverfassungsgerichts entsprechen. Übrigens auch bei dem Mitglied aus dem Rat der Bürgermeister bin ich sehr im Zweifel, ob dem Verbot der Exekutiventsendung entsprochen wurde. Der Rundfunkrat ist eine äußerst dürftige Geschichte, daraus mache ich keinen Hehl.

[Beifall bei der FDP]

Die zweite Sache ist die Mitbestimmung. Als ob das Bundespersonalvertretungsgesetz eine kaltherzige, die Mitbestimmung ausschließende Veranstaltung wäre! Das ist eine ganz absurde, abwegige Einstellung, die hier geäußert wird, und zwar von der PDS, von den Grünen und ebenfalls von der SPD - und auch noch von der CDU!

[Beifall bei der FDP]

Es ist bei allen länderübergreifenden Sendern - Mitteldeutscher Rundfunk und anderen - Praxis. Die 50 000 Bundesbediensteten hier in Berlin kommen sich mittlerweile verhöhnt vor! Da geht an einem Tag der Regierende Bürgermeister hinüber und möchte von Hans Eichel Geld haben, und gleichzeitig erklärt die überwiegende Mehrzahl der Vertreter in diesem Hause, dass die Rechte, die Bundesbedienstete haben, nicht gut genug sind für die öffentliche Landschaft Berlins. Das kann es wirklich nicht sein! Das ist eine völlig abwegige Argumentation!

[Beifall bei der FDP]

Statt dass Sie wenigstens dazu stehen, dass hier Bundespersonalvertretungsrecht angewandt wird, und die Festigkeit haben, die Sache vor den öffentlich Bediensteten der Rundfunkanstalten zu vertreten, kommen Sie mit einem läppischen Schaufensterantrag daher, Herr Liebich und Herr Müller! Die Mitbestimmungsregelungen stellen einen Kompromiss mit der Brandenburger Seite dar - das ist das, was Sie am besten können: auf andere zeigen und sagen, die sind schuld. Sie sichern den Mindeststandard des Personalver

tretungsrechts. "Das Abgeordnetenhaus erwartet, dass die neue Rundfunkanstalt im Rahmen ihrer Satzungshoheit weitergehende Personalvertretungsrechte mit dem Personalrat verhandelt." - das ist läppischer Unfug, den Sie hier zum Besten geben.

[Beifall der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Das ist Politik des Billigen Jakobs.

[Beifall bei der FDP]

Ich bin mir ganz sicher, dass die Beschäftigten in den beiden Sendern das merken. Sie werden jedenfalls von ihnen nicht mehr die Stimmen bekommen. Auch im Weiteren wissen die Leute, woran sie mit Ihnen sind. Das Spiel spielen Sie auch beim Flughafen.

[Zuruf des Abg. Liebich (PDS)]

Sie erklären, der Flughafen Schönefeld müsse sein, weil Sie in irgendeinem Hinterzimmer unterschrieben haben, um in den Senatorensesseln Platz nehmen zu können. Und gleichzeitig stellen Sie sich in Brandenburg auf die Straße und nehmen an den Bürgerinitiativen gegen den Flughafen teil. Noch einmal: Das ist Politik des Billigen Jakobs! Das ist nicht wirkliche Regierungsfähigkeit, das ist Regierungsgeilheit, sonst gar nichts!

[Beifall bei der FDP - Zurufe von der PDS und den Grünen]

Wie auch immer - ich wünsche dem neuen Sender RBB - ob der Name RIO oder RBB ist, da bin ich auch relativ leidenschaftslos, Frau Ströver! - Glück, ich wünsche ihm vor allen Dingen die Kraft, die Aufgaben - gemeinsame Programmgestaltung für eine Region - intensiv wahrzunehmen. Glück auf für den neuen Sender! Ich habe im Ausschuss dagegen gestimmt, und zwar insbesondere wegen der gerade genannten Punkte. Wir werden uns heute enthalten, um klarzumachen, dass wir im Grundsatz für die Fusion sind. - Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! - Als letzte Rednerin hat die Abgeordnete Ströver noch einmal die Gelegenheit, auf den Senat zu reagieren, der sich nach ihrer Rede gemeldet hat. - Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An die Kollegen der SPD und der PDS und auch an den Regierenden

Bürgermeister richte ich die Anmerkung, dass Sie eigentlich spätestens an der Stelle, wo sich der Abgeordnete Lindner Seite an Seite mit Ihnen für eine Reduzierung der Personalrechte ausspricht, stutzig werden

[Heiterkeit bei der FDP - Liebich (PDS): Mit denen wollten Sie sogar regieren!]

und darauf kommen müssten, dass Sie als eine sozial geführte Regierung, mit einer entsprechenden Koalition unterlegt, auf dem Holzweg sind!

[Beifall bei den Grünen]

Ich weiß nicht, Herr Regierender Bürgermeister, warum Sie so hochgehen, wie ein HB-Männchen!