Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

Herr Hoffmann! Sie müssen sich schon einmal fragen lassen, ob Sie nicht ein Stück weit zur Verunsicherung beitragen, wenn Sie in der Öffentlichkeit damit beginnen, den Telebus für tot zu erklären,

[Beifall bei der PDS und der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP]

bevor es dafür überhaupt einen Anlass gibt. Es müsste auch Ihnen darauf ankommen, den Betroffenen zu helfen und hierbei nicht politisches Kalkül in den Vordergrund zu stellen.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Über die Probleme, die wir haben – darüber haben wir gestern auch ausführlich diskutiert –, wird selbstverständlich mit allen Beteiligten beraten. Die Betroffenen sind einbezogen, und der BZA ist einbezogen. Es sind also alle, die zu diesen Fragen kompetent etwas beizutragen haben, in diesen Prozess mit einbezogen. Dass wir jetzt dem Betreiber ankündigen, dass zum 1. Januar 2005 eine Zuwendung nicht mehr kommt, ist gewissermaßen unsere

Pflicht, um dem Betreiber deutlich zu machen, dass wir dabei sind, strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Die strukturellen Veränderungen können sich so auswirken, und der Betreiber kann sich dann darauf einstellen.

Im Übrigen haben wir keinen Vertrag mit dem Betreiber, sondern es gibt Zuwendungen, und für diese Zuwendungen wird vom Betreiber eine Leistung erbracht.

Herr Hoffmann, Sie haben das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage. – Bitte!

Frau Senatorin! Mit Beschimpfungen der Opposition kommen Sie hierbei sicherlich nicht weiter. Offensichtlich gibt es eine Wahrnehmungsunterscheidung – –

Herr Hoffmann, stellen Sie bitte Ihre Frage!

Die Frage, die sich stellt, lautet: Warum wenden sich dann so viele von denjenigen, die aktuell das Geschäft betreiben, an uns und prangern an, dass keine Gespräche stattfinden, dass kein Konzept vorliegt, dass sie nicht einbezogen sind und dass es ein Restrisiko für das Land Berlin gibt, wenn alles so umgesetzt wird, wie Sie es verkünden?

Frau Senatorin – bitte sehr!

Herr Hoffmann! Bei allen sozialen Leistungen, die wir anbieten, gibt es immer ein Restrisiko für das Land Berlin, denn wir sind für die öffentliche Daseinsvorsorge verantwortlich. Wir übernehmen diese Verantwortung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, und wir sind im Moment dabei, für sie ein Angebot zu entwickeln, das von hoher Qualität ist. Das steht im Moment im Vordergrund, und inwieweit dabei ein Risiko für das Land Berlin besteht bzw. wie die Zuwendungen des Landes Berlin sein werden, wird sich dabei herausstellen.

Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BZA verunsichert sind und sich betroffen fühlen, ist doch völlig klar. Seit vielen Jahren übernehmen sie diese Arbeit, aber seit vielen Jahren gibt es auch eine politische Diskussion – auch in diesem Hause, wenn mir das richtig übermittelt worden ist –, die von großer Unzufriedenheit über diesen Sonderfahrdienst getragen ist – auch von Seiten der Betroffenen. Jetzt machen wir uns daran und versuchen, alle diese Probleme einzubeziehen und ein Konzept zu entwickeln, das allen und insbesondere denjenigen, um die es hierbei geht, nämlich den Menschen mit Behinderungen, das beste Angebot bieten kann. Wenn wir diesen Prozess beendet haben, werden wir sehen, was dabei herausgekommen ist. Ich bin überzeugt davon, dass es ein Konzept sein wird, das dem Grundsatz folgt, den ich vorhin genannt habe: So viel ÖPNV wie möglich, so

viel Telebus-Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderungen wie nötig!

Herr Cramer hat das Wort zur nächsten Zusatzfrage. – Bitte sehr!

Frau Senatorin! Ich stimme dem Grundsatz zu: So viel ÖPNV für Behindertenfahrten wie möglich, so viel Telebus-Fahrten wie nötig! – Nicht umsonst wird der Telebus von den Behinderten „Quäle-Bus“ genannt.

Herr Cramer! Bitte stellen Sie Ihre Frage!

Deshalb besteht ein Handlungsbedarf, und darauf zielt meine Frage: Sie haben nur die Chance einer Verlagerung von 70 bis 80 %, wenn es dafür Angebote gibt. Dafür brauchen Sie ein behindertengerechtes Taxi. Das ist auf dem Markt. Deshalb frage ich: Haben Sie darüber nachgedacht und werden Sie bis zum 1. Januar 2005 eine Konzeption haben, dass Sie dieses Behindertentaxi so anbieten können, dass Sie die verlagerbaren Potentiale auch verlagern können?

Ich glaube, die Frage ist verstanden worden.

Und wie wollen Sie das bis zum 1. Januar 2005 erreichen?

Frau Senatorin – bitte sehr!

Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Cramer! Wir haben jetzt Ende Januar 2004, das macht nach meiner Rechnung 11 Monate; die haben wir uns Zeit genommen, um ein Konzept zu entwickeln. Der Zuwendungsbetrag für den Telebus ist auch im Jahr 2005 gesichert. Ich denke, das ist ausreichend Zeit, um Ihnen dann zu einem entsprechenden Zeitpunkt – den haben Sie selber eingefordert und ich habe ihn bereits genannt, Ende März – die ersten grundlegenden Überlegungen darzustellen, wie wir das künftig praktizieren wollen. Ich denke, dass wir bis dahin eine Menge vernünftige Vorschläge vorlegen können.

Danke schön! – Die nächste Frage geht an Herrn Gaebler – bitte sehr!

Vielen Dank! – Frau Senatorin, Sie haben dankenswerterweise klargestellt, dass der Betrieb auch im Jahr 2005 weitergeht.

[Ratzmann (Grüne): Frage!]

Wie ist denn das mit dem Betreiber? Haben Sie schon einen neuen Betreiber, oder wird es eine Ausschreibung geben, an der sich der jetzige Betreiber auch beteiligen könnte?

Frau Senatorin, bitte sehr!

Frau Sen Dr. Knake-Werner

Zunächst ist gar nicht ausgemacht, wer zukünftig was übernehmen kann. In unseren konzeptionellen Überlegungen ist enthalten, dass es erstens eine Verbesserung der Barrierefreiheit des öffentlichen Nahverkehrssystems geben muss, dass es zweitens weiterhin einen Sonderfahrdienst geben wird, dass drittens – Herr Cramer, das war Ihre Frage – das Taxi mit einbezogen wird. Wir haben uns gerade in der vergangenen Woche gemeinsam mit Herrn Strieder ein Angebot eines solchen Taxis angeschaut. Selbstverständlich werden die Taxen mit einbezogen, wie es jetzt auch schon ist. Auch jetzt wird ein Teil mit Taxen übernommen. Und wir wollen natürlich auch die ambulanten Mobilitätsdienste mit einbeziehen. Wer nachher welche Aufgaben übernimmt – es ist überhaupt nicht aus der Welt, dass nicht auch die Busunternehmen einen bestimmten Teil dieser Aufgaben weiter übernehmen –, das wird sich bei Beendigung des Konzepts herausstellen. Dann wird man darüber reden müssen, wer welchen Teil dieses Konzepts am qualifiziertesten macht.

Danke schön! – Damit ist die Fragestunde beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden wie immer gemäß § 51 Absatz 5 unserer Geschäftsordnung mit einer Bearbeitungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet.

Ich rufe nun auf zu einer

Spontanen Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki, bitte sehr!

Danke schön! – Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Böger. – Herr Senator Böger! 76 000 Besucher, begeisterte Zuschauer, waren in den letzten Tagen im Velodrom. Das kann auch daran gelegen haben, dass wir seit 35 Jahren wieder einmal ein erfolgreiches Paar auf dem Siegerpodest hatten. Nun lese ich in der Zeitung, dass die Sixdays oder, besser gesagt, das Sechstagerennen vor dem Aus steht, weil der Vertrag nicht verlängert werden soll. Ich frage nach dem Wahrheitsgehalt.

Die Frage geht an Herrn Senator Böger – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki! Meine Damen und Herren! Zum einen kann ich bestätigen, dass das Sechstagerennen für das Publikum und sportlich ein großer Erfolg war. Ich habe auch Kenntnis genommen von einer Meldung in einer Zeitung, ich habe mit dieser Zeitung telefoniert. Diese Aussage in der Zeitung, wonach das Sechstagerennen im Velodrom keine Zukunft hätte, stimmt nicht. Das Velodrom wie die MaxSchmeling-Halle werden von dem Betreiber Velomax

verwaltet und an den Markt gebracht. Der Vertrag von Velomax läuft 2006/2007 aus. Aber dessen ungeachtet gibt es Möglichkeiten, Verträge mit Betreibern zu machen, da können wir uns beteiligen. Außerdem gibt es dann Vertragsverhandlungen mit Velomax, ob die das weitermachen oder nicht. Eine Berufung auf ein anderes Großprojekt Anschutz gibt es nicht. Der Senat sieht dort auch keinerlei Verbindung, so dass wir beide noch viele schöne Sechstagerennen im Velodrom erleben können.

Danke schön! – Eine Zusatzfrage – bitte sehr!

Die Meldung, dass mit Inbetriebnahme der Anschutz-Halle das Velodrom und die Max-Schmeling-Halle geschlossen werden müssen, ist also demzufolge falsch?

Herr Senator Böger, bitte sehr!

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki! Auch das ist falsch. Ich nehme immer mit Erstaunen zur Kenntnis, dass angenommen wird, wenn ein Investor, was durchweg erfreulich ist, sich für die Stadt Berlin entscheidet und ein großes Projekt, eine große Halle, mit seinen Privatmitteln dort hinstellt, dann ist das überhaupt kein Anlass zum Mäkeln, sondern durchweg gut für den Standort Berlin. Im Übrigen haben die Hallen, über die wir gesprochen haben, eine andere Kapazität und einen anderen Zuschnitt, die sind davon gar nicht betroffen, allenfalls mittelbar; und wenn, dann ist das eine Ergänzung des Wettbewerbs – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Danke schön!

Die nächste Frage geht an die CDU, und zwar an den Abgeordneten Steuer – bitte sehr!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Ich habe eine Frage an den Stadtentwicklungssenator Strieder. – Wie bewerten Sie die jüngsten Erkenntnisse des Verfassungsschutzes angesichts Ihrer vorschnellen Genehmigung für die Moschee und den Kulturzentrumsneubau in der Pflügerstraße in Neukölln?

Danke schön! – Herr Senator Strieder!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Es gibt keine vorschnelle Genehmigung, sondern es gibt ein Widerspruchsverfahren. In dem Widerspruchsverfahren gegen eine untersagte Baugenehmigung aus dem Bezirk Neukölln kann nur nach den baurechtlichen Vorschriften verfahren werden. Nach diesen war die Behörde der Auffassung, dass dieses Projekt genehmigungsfähig ist.

Ich habe schon des Öfteren darauf hingewiesen, dass ich nicht der Auffassung bin, dass eine Moschee mit 5 000 Plätzen für die religiöse Versorgung der Nachbarschaft gedacht ist, sondern dass andere Intentionen dahinter liegen müssen. Insofern wundern mich die Erkenntnisse, die jetzt in den Zeitungen waren, überhaupt nicht, sondern sie bestätigen meine politische Meinung, dass wir auf solche Moscheen verzichten können.

Danke schön! – Herr Abgeordneter Steuer, eine Nachfrage – bitte!

Es wäre erfreulich, wenn Sie auch so gehandelt hätten. Aber wollen Sie dann mit dieser vorschnellen Genehmigung Ihrem Senatskollegen Schulsenator Böger beispringen, der auch meint, entgegen Erkenntnissen und der Bürgernähe der Bezirke würde der Senat grundsätzlich alles besser und richtig machen und man bräuchte keine Bezirke in Berlin?

Die Frage ging an Herrn Strieder – bitte sehr!