Protokoll der Sitzung vom 03.06.2004

Danke sehr, Herr Präsident! – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie setzt der Senat den Berliner Tarifvertrag dahin gehend um, dass

a) Altersteilzeitarbeitnehmer den Potsdamer Tarifabschluss ungekürzt erhalten und die Arbeitnehmer, die zwischen dem 1. August 2003 und dem 31. Dezember 2009 Altersteilzeit leisten, an der Arbeitszeitreduzierung und der Entgeltverringerung teilnehmen, bis ihre Altersteilzeitphase beginnt, und

b) für die Berechnung der Altersteilzeitregelungen die jeweilige Arbeitszeit, die bis zum 31. Juli 2003 vereinbart war, gilt?

2. Wurden inzwischen Tarifverhandlungen zur Altersteilzeit aufgenommen, und welche Angebote macht der Senat in diesem Zusammenhang zur Steigerung der Altersteilzeitquote?

Danke schön, Herr Krüger! – Es antwortet der Senator für Inneres, Herr Dr. Körting. – Bitte schön!

Nachdem sich das in den letzten Wochen verdichtet hat, haben wir bei der Durchführung der Altersteilzeit ab dem 2. August 2003 eine Neuregelung zu treffen, weil die bisherige Regelung im Anwendungstarifvertrag, die sowohl wir als auch die Tarifvertragspartei der Gewerkschaften als ausreichende Grundlagen angesehen hatten, nicht praktikabel ist. Wir müssen eine Regelung treffen, wie man zu einer abgesenkten, hälftigen Arbeitszeit kommt. Das ist zurzeit im Gespräch mit den Gewerkschaften. Ich habe die Gewerkschaften diesbezüglich vor einiger Zeit zu Tarifvertragsverhandlungen zur Änderung des Anwendungstarifvertrages eingeladen. Die nächste Runde hierzu wird am 9. Juni stattfinden. Wir werden den Gewerkschaften vorschlagen, unterschiedlich zu verfahren. Wir werden für diejenigen, die seit dem 2. August in Altersteilzeit sind, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes trotz dann abgesenkter Arbeitszeit voraussichtlich 83 % der früheren Nettovergütung zugestehen, weil sie ihren Antrag im guten Glauben auf die Durchsetzbarkeit des Anwendungstarifvertrags gestellt haben. Für alle, die künftig Altersteilzeit einreichen, werden wir uns mit den Gewerkschaften darauf einigen müssen, dass sie nur die Hälfte der abgesenkten Arbeitszeit als Altersteilzeit haben. Dann ist es jedoch nicht mehr gerechtfertigt, dass sie im Verhältnis 1:1 83 % der nicht abgesenkten Vergütungen bekommen. Da muss man sich irgendwie verständigen. Das Ergebnis dieser Verständigung kann ich nicht vorwegnehmen. Ich habe das den Gewerkschaften angeboten. Sie haben auch noch einige Alternativmodelle angeboten, über die in den Verhandlungen zu

Sen Dr. Körting

Mein Angebot an die Gewerkschaften, das ich in Absprache mit den anderen Verhandlungsmitgliedern des Senats gemacht habe, lautet so, dass wir alle Verträge, die derzeit laufen – jetzt, im Mai 2004, also ein erheblicher Teil der Verträge aus dem Jahr 2004 –, dass diejenigen, die im Vertrauen auf die Durchsetzbarkeit des Anwendungstarifvertrages Altersteilzeit begonnen haben, unter den Vertrauensschutz fallen und wir für sie eine Regelung treffen, bei der wir nicht sagen, wir ziehen wieder ein bisschen Geld aus der Tasche. Das ist das, was wir ihnen angeboten haben. Wie man mit den wenigen Fällen umgeht, die schon Verträge haben, die ab Mai 2004 bis zum September 2004 – oder wie auch immer – betroffen sind, das – meine ich – sollte in den Gesprächen mit den Gewerkschaften erörtert werden und nicht hier. Bisher haben wir für diejenigen das Angebot nicht gemacht, sondern haben gesagt, dass es ihnen eigentlich zuzumuten ist, unter die Neuregelung zu fallen.

Danke schön, Herr Senator! – Keine Wortmeldungen mehr?

reden sein wird. Ich bin der Ansicht, dass sowohl der Senat als auch die Gewerkschaften im Interesse der Beschäftigten, die in Altersteilzeit sind, eine gemeinsame Lösung finden müssen, die den Vertrauensschutz berücksichtigt und im Übrigen auch vermittelbar ist.

Die zweite Frage betrifft die Aufnahme von Tarifverhandlungen zur Altersteilzeit und die Frage, wie die Altersteilzeitquote gesteigert werden kann. Wir haben im Tarifvertrag eine Regelung, wonach wir die Altersteilzeit attraktiver gestalten und darüber reden wollen. Ich verstehe attraktiver nicht als finanziell attraktiver. Das kann nicht Sinn der Sache sein. Das, was wir finanziell anbieten, ist bereits weitgehend entgegenkommend. Wir haben aber auch eine Diskussion im Lauf der letzten Monate – und wie ich einschätze auch für die Zukunft –, die mich bewegt, darüber nachzudenken, wohin die Reise geht. Wir haben zwar ein Interesse an Altersteilzeit – ich habe das als Arbeitgeber in einem gewissen Umfang –, andererseits haben wir eine Debatte über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit allein schon aus demographischen Gründen. Der Bundesminister des Inneren beabsichtigt, die Altersteilzeitregelungen für Beamte zu verändern und sie nicht mehr von 55 bis 60 und dann von 60 bis 65, sondern nur noch von 60 bis 65 vorzusehen. Das alles muss meines Erachtens auch mit den Gewerkschaften besprochen werden.

Wir können nicht übersehen, dass sich in absehbaren Jahren im Land Berlin – was die Beschäftigtensituation angeht – eine Veränderung ergibt. Das wird auch die Möglichkeit ergeben – wie ich meine –, länger zu arbeiten als heutzutage. Das muss in einem solchen Paket enthalten sein. Ich bin gern zu Gesprächen mit den Gewerkschaften bereit und habe das in der ersten Runde schon angekündigt.

Die Resonanz ist bei den Gewerkschaften im Moment noch zurückhaltend. Sie wollen erst einmal die aufgelaufenen Fälle nach dem Anwendungstarifvertrag regeln und danach mit uns reden.

Danke schön, Herr Senator! – Gibt es eine Nachfrage? – Bitte schön, der Kollege Zackenfels hat eine Nachfrage!

Herr Senator! Ist es bei der von Ihnen angesprochenen Vertrauensschutzformel angedacht, all diejenigen, bei denen die Altersteilzeit erst im Jahr 2004 beginnen sollte und die vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es bis zum Ende des Jahres 2003 keine Hinweise auf eine andere Interpretation gegeben hat, den eigentlichen Vertrag im Jahr 2003 abgeschlossen haben, auch in Ihre Vertrauensregelung hinein zu nehmen und nicht nur diejenigen, die mit Abschluss im Jahr 2003 oder früher und Anwendung ab dem Jahr 2003 natürlicherweise bereits unter diese Regelung fallen müssen?

Herr Senator Dr. Körting, bitte sehr!

Dann rufe ich den Abgeordneten Dr. Augstin von der Fraktion der FDP auf zu dem Thema

Hü und Hott mit dem Zeitplan zur Länderfusion?

Danach rufe ich den Kollegen Cramer auf. – Bitte schön, Herr Dr. Augstin!

Ich danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie steht der Regierende Bürgermeister zu den Äußerungen des PDS-Fraktionsvorsitzenden Liebich in der „ddp“-Meldung vom 28. Mai 2004, nach der der Berliner Senat mit der neu gewählten Brandenburger Landesregierung im Herbst 2004 über einen neuen Zeitplan zur Länderfusion verhandeln soll?

[Brauer (PDS): Was soll er denn sonst tun?]

Danke schön, Herr Dr. Augstin!

Dann ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Cramer unmittelbar aufgerufen zum Thema

Trägt der Berliner Senat die Länderfusion zu Grabe?

Bitte schön, Herr Cramer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Teilt der Senat die Ansicht des Fraktionsvorsitzenden der PDS, dass der Berliner Senat die Fusion der Länder Berlin und Brandenburg nicht hinreichend vorbereitet habe und sie deshalb verschoben werden müsse?

2. Wenn ja, wo sieht der Senat die Defizite seiner bisherigen Arbeit zur Fusion? Wenn nein, was hat der Senat

Herr Regierender Bürgermeister! Angesichts der Tatsache, dass vor Jahren offenkundig wurde, dass die CDU in Berlin und in Brandenburg gespalten ist, dass vor einigen Monaten offenkundig wurde, dass die SPD in Berlin und in Brandenburg in dieser Frage gespalten ist und dass jetzt offenkundig wird, dass die regierende Koalition zwischen SPD und PDS in der Frage Berlin- Brandenburg gespalten ist:

bisher dafür getan, dass die Fusion wie geplant 2006 zur Abstimmung gestellt werden kann?

Danke schön, Herr Kollege Cramer! – Das Wort zur Beantwortung hat der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Zur Frage Nr. 4 von Herrn Dr. Augstin lautet die Antwort: Ablehnend. – Zur Frage Nr. 5 des Abgeordneten Cramer: Nein.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Das Wort zu einer Nachfrage hat nun der Kollege Dr. Augstin. – Bitte sehr!

Herr Wowereit! Dann frage ich: Wie ist es erklärlich, dass Sie noch vor kurzem hier im Plenum am Zeitplan für die Fusion festgehalten haben, nachdem bereits der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller in einer öffentlichen Veranstaltung Zweifel am Zeitplan geäußert hatte und jetzt aus der PDS eine Änderung des Zeitplans und Verhandlungen dazu mit der neuen Landesregierung in Brandenburg gefordert werden?

[Doering (PDS): Sehr spontane Nachfrage!]

Herr Regierender Bürgermeister Wowereit – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Debatte haben wir schon damals geführt, als Sie – ich weiß nicht, ob Sie es waren oder jemand anders – zu dem Fraktionsvorsitzenden Müller gefragt haben. Ich finde es langsam schwierig, dass der Senat immer Äußerungen von Fraktionsvorsitzenden kommentieren soll. Reden Sie doch einfach miteinander! Fragen Sie Herrn Liebich, wie er es gemeint hat, fragen Sie Herrn Müller, wie er es gemeint hat!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Doering (PDS): Reden Sie mit uns!]

Unsere Haltung steht fest. Wir halten am Zeitpunkt 2006 Abstimmung und 2009 Vollzug fest, und daran ändert sich nichts.

[Dr. Lindner (FDP): Sie werden fürs Schwierige bezahlt, nicht fürs Leichte!]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Herr Dr. Augstin, eine weitere Nachfrage – dann haben Sie das Wort.

Dann will ich doch noch einmal fragen: Gibt es keine Vorstellungen bei Ihnen im Senat über einen solchen Zeitplan, den Herr Liebich einfordert?

[Zurufe von der PDS]

Herr Regierender Bürgermeister Wowereit – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Auch zum wiederholten Male:

Der Senat hat keinen neuen Zeitplan, er braucht keinen neuen Zeitplan und hält an dem Zeitplan fest. Aber – auch das habe ich in diesem Haus schon öfter erklärt – die entscheidende Frage ist nicht die Position Berlins, sondern die Position Brandenburgs. Es ist an Brandenburg, sich weiterhin eindeutig zu dem vereinbarten Zeitpunkt zu bekennen.

[Brauer (PDS): Und die wählen jetzt! Da hat er Recht!]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Dann ist der Kollege Cramer mit einer Nachfrage dran und hat jetzt das Wort.

[Gelächter bei der PDS]

Halten Sie es nicht für eine unzulässige, arrogante Antwort, hier nur mit Ja bzw. Nein zu antworten, ohne konkrete Projekte vorzustellen, wie Sie dieses Ziel erreichen wollen, und was Sie gemacht haben? – Das war die Frage, und die kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten.