Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Landeshaushaltsordnung, Haushaltsgrundsätzegesetz und Verfassung von Berlin enthalten dazu die entsprechenden Passagen. Zwar ist in den Kommentaren und Ausführungsvorschriften – darüber haben wir bereits gesprochen – auch von jährlichen Aktualisierungen und Fortschreibungen der Planung die Rede, aber ich gehe davon aus – ich kann mich täuschen –, dass dies der Tatsache geschuldet ist, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung der Gesetze davon ausgegangen ist, dass man eine jährliche Haushaltsplanaufstellung vornimmt.

Gängige Praxis ist dieses Vorgehen – wenn man eine Frage hat, muss man sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen, sondern über den Tellerrand schauen und vergleichen, was andere Bundesländer machen, denn wir sind nicht das einzige Bundesland mit Doppelhaushalten – auch in fünf anderen Bundesländern.

verpflichtet ist, noch dieses Jahr eine Finanzplanung 2004 bis 2008 vorzulegen. Das ist unangenehm, oder?

Herr Abgeordneter! Achten Sie bitte auf die Uhr. Sie sind bereits über der Redezeit.

Ich bin beim letzten Satz. – Wenn Sie nicht erneut gegen Gesetze verstoßen wollen, dann folgen Sie der Verpflichtung zur jährlichen Finanzplanung und arbeiten die von uns genannten Korrekturen für 2005 ein, damit wieder Klarheit in Haushaltsfragen herrscht und sich die Erfolgsausichten der Klagen auf Entschuldungshilfen verbessern.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Abgeordnete Spranger. – Bitte sehr!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Eßer, dass ich jetzt noch einmal auf den Zuschuss für die BVG eingehen muss, hätte ich mir bei diesem Tagesordnungspunkt nicht träumen lassen. Ich tue es dennoch sehr gern.

Der Zuschuss ab 2006 – das müsste Ihnen als Haushälter bekannt sein – beträgt genau 322 Millionen €. Wenn Sie nach Ihrem System vorgehen wollen, dann müssten Sie eine Ausschreibung machen, die frühestens 2008 greift. Nach Ihren Vorstellungen wollen Sie 2006 400 Millionen € Zuschuss kürzen. Ich kann dazu nur sagen: Sie sind ein toller Haushälter, Herr Eßer! Sehr toll!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Mit dieser Haushalts- und Vermögensrechnung werden wir die bereits lang und breit geführte parlamentarische Diskussion weiterführen. Dass die FDP nun noch einen dringlichen Antrag eingebracht hat, über den sie heute auch noch reden will, hatte sich bereits angekündigt. Das hat uns nicht sehr überrascht. Ich werde auch als erstes auf Ihren Antrag eingehen.

Der Senat hat mit dem Haushaltsplanentwurf auch eine Finanzplanung für 2004/2005 vorgelegt. Diese Finanzplanung enthält eine umfassende Darstellung des Eigenanstrengungsprogrammes des Landes Berlin und der Maßnahmen zur Überwindung der extremen Haushaltsnotlage. Statt sich nun politisch mit dem Sanierungskurs von Rot-Rot auseinander zu setzen, beschränkt sich die Opposition – hier nun die FDP – in Ermangelung eigener inhaltlicher und politischer Alternativen darauf, die Frage zu stellen, ob es notwendig sei, auch im Falle eines Doppelhaushaltes eine Finanzplanung jährlich vorlegen zu müssen.

[Eßer (Grüne): Wollen Sie sich nun an die Gesetze halten oder nicht?]

Es handelt sich hierbei um die Frage, die wir im Hauptausschuss auch bereits kurz behandelt haben: Ist es sinn

voll, gesetzlich vorgeschrieben und damit auch unerlässlich, jeweils zu den Haushaltsberatungen

[Schruoffeneger (Grüne): Haben Sie das Gutachten gelesen? – Nee!]

eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen? –

[Eßer (Grüne): Jährlich!]

[Eßer (Grüne): Nein, eben nicht!]

§ 50 Abs. 3 Haushaltsgrundsätzegesetz, wie auch Artikel 86 Abs. 3 der Verfassung von Berlin jedenfalls sagen, die Finanzplanung sei spätestens zu den Haushaltsberatungen vorzulegen.

[Stadtkewitz (CDU): Das sind SPD-geführte!]

Wenn es nun im WPD-Gutachten – ich habe es mir sehr genau angesehen –, eine andere Auffassung vertreten wird, werden wir dies im Hauptausschuss beraten müssen und einer Bewertung unterziehen. Die Debatte darf aber nicht davon ablenken, dass wir eine sehr sorgfältig aufgestellte Finanzplanung haben. Das zeigt sich – auch wenn Herr Eßer etwas anderes behauptet hat – anhand der aktuellen Prognose für das Jahr 2004 und dem Jahresabschluss 2003. Wir haben uns gerade gestern mit dem Statusbericht befasst. Wir werden im Jahr 2004 erstmals wieder ohne Defizit abschließen.

[Schruoffeneger (Grüne): Das glauben Sie ja wohl selbst nicht!]

Das ist ein Erfolg, der zeigt, dass wir mit unserer Haushaltspolitik auf dem richtigen Weg sind.

[Frau Ströver (Grüne): Das gibt es ja wohl nicht!]

Weil ich zur Kenntnis nehmen muss, dass von der Opposition dazwischen gerufen wird: Die Opposition weigert sich, diese Politik zur Kenntnis zu nehmen. Die Haushalts- und Vermögensrechnung birgt entscheidende Erkenntnisse. Das Jahresergebnis 2003 ist im Primärsaldo rückläufig. Wir werden im Jahr 2007 genau nach Plan landen. Zahlen lügen nicht.

[Schruoffeneger (Grüne): Ah ja!]

Zweitens sollte der Senat sich hüten, den Eindruck zu erwecken, dass er politisch nicht in der Lage ist, über das Jahr 2007 hinaus seine Konsolidierungspolitik mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Dies gilt im Jahr 2004 für das Haushaltsjahr 2008 und im Jahr 2006 für das Haushaltsjahr 2010.

Der Senat rechnet neben allen Konsolidierungserfolgen, welche unbestritten sind, am Ende seiner Finanzplanung 2003 bis 2007 immer noch mit einer Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von 2,5 Milliarden €. Weitere Risiken – Herr Eßer hat sie bereits angesprochen – wie etwa den zu erwartenden Aufwuchs bei der Inanspruchnahme der Risikoabschirmung durch die Bankgesellschaft, eine Erhöhung des Zinsniveaus oder den stufenweisen Abbau des Solidarpakts II um jährlich 200 Millionen € stellen die bereits eingeleiteten Entlastungen etwa durch den Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung bei weitem in den Schatten. Gelingt es dem Senat nicht, in der Öffentlichkeit – und zwar nicht nur der Berliner – glaubwürdig darzustellen, dass Berlin durch eine Teilentschuldung seine dann noch zu bewältigenden Probleme künftig allein lösen kann, gefährdet Rot-Rot die Erfolgsaussichten der Klage in Karlsruhe insgesamt. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für den Versuch, auf harte Sparauflagen aus Karlsruhe zu hoffen, um selbst nicht für weitere Einschnitte in der Berliner Öffentlichkeit verantwortlich gemacht zu werden. Der Ort, an dem der Senat solche Mutmaßungen ausräumen kann, ist gesetzlich vorgeschrieben. Es ist die mittelfristige Finanzplanung. Wir fordern Sie deshalb auf, unserem Antrag zuzustimmen.

Sie können sich so oft hinstellen, wie Sie wollen und etwas anderes behaupten. Sehen Sie sich die Haushalts- und Vermögensrechnung genau an, und Sie werden feststellen, dass die Regierungskoalition das gehalten hat, was sie vorher angekündigt hat.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat nunmehr der abgeordnete Herr Meyer das Wort – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der FPD-Fraktion fordert eigentlich etwas ganz Selbstverständliches, nämlich die kontinuierliche Fortschreibung der finanzpolitischen Grundlagen des Senats für einen Zeitraum von fünf Jahren. Diese Fortschreibung soll nicht in irgendwelchen Presseerklärungen oder Klageschriften dokumentiert werden, sondern ist dem Haushaltsgesetzgeber, dem Parlament, also uns, vorzulegen.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Eßer (Grüne)]

Genau dazu verpflichten das Haushaltsgrundsätzegesetz und das Stabilitätsgesetz den Senat von Berlin. Auch die Berliner Verfassung und die Landeshaushaltsordnung schreiben eine Finanzplanung vor.

[Dr. Flemming (SPD): Ja!]

Nun behauptet der Senat, mit Vorlage einer Doppelhaushalts wäre eine jährliche Fortschreibung nicht mehr nötig. Meine Fraktion hat darauf hin den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst mit einer Überprüfung dieser Frage beauftragt. Das Ergebnis ist eindeutig und lässt keine Interpretationen zu. Der Senat ist verpflichtet, eine mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2004 bis 2008 zum Ende dieses Jahres vorzulegen. Darüber hinaus muss, unabhängig von der Frage eines Doppelhaushalts, die Finanzplanung jährlich fortgeführt werden. Dies geht nicht aus dem Haushaltsgrundsätzegesetz oder der Verfassung von Berlin hervor, sondern aus dem Maßstäbegesetz, Frau Spranger. § 9 enthält die Konkretisierung, auf die sich auch der Wissenschaftliche Parlamentsdienst fokussiert hat. Hieran werden Sie nicht vorbeikommen. Da der Finanzsenator sich bisher weigert, eine Finanzplanung vorzulegen, bleibt uns, dem Parlament, keine andere Möglichkeit, als den Senat mit Hilfe dieses Antrags zur Vorlage zu zwingen. Sollte der Antrag keine Mehrheit finden, wird der rot-rote Senat ein weiteres Mal gegen geltendes Haushaltsrecht und die Verfassung von Berlin verstoßen. Dies ist für sich genommen nichts Neues. Allerdings sollten sich alle Fraktionen im Haus über einige Dinge klar sein:

Erstens: Die Minimalanforderung, die das Bundesverfassungsgericht, der Bund und die anderen Bundesländer an ein Land in extremer Haushaltsnotlage stellen darf, ist das Einhalten der bundesrechtlichen Vorschriften im Haushaltsrecht.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat das Wort der Herr Abgeordnete Wechselberg – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde zunächst die Versicherung, dass wir das ganze Thema ausführlich im Hauptausschuss beraten werden. Wir nehmen das WPD-Gutachten ernst und werden deshalb in eine intensive Auseinandersetzung darüber einsteigen. Ich finde nur die Stringenz, mit der Sie behaupten, es handele sich um eine unbestreitbare rechtliche Norm, gemessen an der Rechtswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland deutlich überzogen. Das Bundesland Rheinland-Pfalz beispielsweise macht es genau so wie Berlin

[Frau Ströver (Grüne): Die anderen Länder klagen nicht!]

und legt mit einem Doppelhaushalt eine Finanzplanung und nicht zwei vor. Die einzigen Bundesländer, die es fortlaufend anders machen, sind die Länder BadenWürttemberg und Bayern. Die Bundesländer Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg machen es jeweils unterschiedlich und divergierend. Auch das Land Berlin hat es in der Vergangenheit in hohem Maß unterschiedlich gehandhabt. Das bedeutet: Es gibt keine ein

Wir haben in diesem Zusammenhang nicht nur die Meinungsäußerung der Exekutive zur Kenntnis genommen, sondern ich sehe auch inhaltlich in der Sache keinen Grund dafür, vom gefassten Beschluss, den das Parlament mit der Verabschiedung des Haushalts zum Ausdruck gebracht hat, Abstand zu nehmen. Wofür brauche ich eine weitere Meinungsäußerung der Exekutive, wenn dieses Parlament festgestellt hat, dass mit diesem Schlüsselhaushalt wesentliche Schritte in der Gesamtberliner Finanzpolitik gegangen werden, dass das der Haushalt ist, auf den wir unsere Klage in Karlsruhe gründen? Was sollte ich als Parlament daran verändern wollen, Herr Kollege Meyer? Weshalb bedarf es zu diesem Punkt eines unveränderten Zustands einer weiteren Meinungsäußerung der Exekutive? – Ich glaube, es wäre eine Kleinigkeit, eine weitere Finanzplanung vorzulegen. Aber welchen Sinn hätte das? Welche Beratungsgrundlage würde damit für das Parla

ment geschaffen? Auf welcher Grundlage sollte sich die stützen? – Dieser Vorgang ist völlig abwegig. Deshalb machen das auch andere Bundesländer nicht. Und deshalb kann ich auch nicht erkennen, warum dieses Verfahren für Berlin zwingend notwendig sein soll.

Dann haben Sie noch ein anderes Problem. Wir legen Ihnen – wahrscheinlich beginnend im Sommer – eine entsprechende Finanzplanung für die Folgejahre vor, und zwar im Rahmen des regulären Haushaltsdiskussions- und -aufstellungsverfahrens für 2006/2007. Da haben Sie natürlich gemäß den Bestimmungen eine Finanzplanung des Senats, eine Meinungsäußerung der Exekutive und die Feststellung des Abgeordnetenhauses, was es davon letztlich hält, nämlich in Gestalt eines Haushaltsgesetzes. Da dieses innere Verhältnis so klar ist und die Zeitabläufe ebenfalls, sind ihre Argumente rein formaler Natur und nicht inhaltlich bestimmt.

Das lohnt zwar eine Diskussion, und wir werden dazu im Hauptausschuss eine vernünftige Abwägung vornehmen, aber wir sehen nicht, dass das inhaltlich gravierende Auswirkungen hätte oder ein substantieller Akt in der Haushaltspolitik des Landes Berlin wäre. Zudem sehen wir keine zwingende rechtliche Notwendigkeit, so vorzugehen. Wir werden das in aller Ruhe diskutieren und im Hauptausschuss entscheiden. – Danke schön!