Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

Herr Kollege Dr. Felgentreu! Der Betreffende hat mehrere Freiheitsstrafen bekommen und auch verbüßt. Wir haben seinerzeit versucht, ihn nach Verbüßung der letzten Freiheitsstrafe – er ist türkischer Staatsangehöriger gewesen – in die Türkei abzuschieben. Das ist nach dem geltenden Ausländerrecht bei einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren

ohne weiteres möglich. Wir haben aber die Sondersituation, dass die Türkei in diesem Fall und in einer Reihe von anderen Fällen, die alle ähnlich gelagert sind und diesen Clan betreffen, vor Durchführung der Abschiebemaßnahme die Betreffenden zwangsweise aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen hat, und zwar mit der Begründung, dass diese Staatsangehörigen den Wehrdienst in der Türkei verweigert hätten und es in der Türkei ein Gesetz gebe, wer den Wehrdienst nicht leiste, verliere die türkische Staatsangehörigkeit. Das betraf nicht nur Mahmoud Al-Z., sondern auch einen Onkel von ihm, der 58 Jahre alt war, wo man sich schon fragen muss, was er noch mit Wehrpflicht in der Türkei zu tun hat, wenn er im Jahr 2002 dort ausgebürgert wird. Diese und andere Fälle haben zu Protesten meinerseits und auch zu Protesten des Bundesinnenministers gegenüber dem türkischen Innenminister geführt. Die türkische Regierung hat zugesagt, dass sie das Gesetz über diese Ausbürgerungsfälle ändern werde. Sie hat es leider bis heute nicht geändert. Ich hoffe, dass die Türkei kurzfristig zu ihrer Zusage steht.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt ist für die Fraktion der CDU Kollege Wansner mit einer Frage dran und hat das Wort und auch das Mikrofon.

Herr Innensenator! Ist es Ihnen bei Ihren persönlichen Gesprächen mit den Hausbesetzern aus der Yorckstraße 59 gelungen, ihnen ein Ersatzgrundstück zu verschaffen? Sie hatten ja angekündigt, dass Sie mit dem Liegenschaftsfonds verhandeln wollten, um den Besetzern eine neue Heimat bieten zu können.

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Wansner! Ich habe keine Verhandlungen mit den Nutzern des Hauses Yorckstraße 59 geführt. Ich habe, nachdem diese Nutzer das Rathaus Kreuzberg in einem größeren Teilnehmerkreis betreten hatten, auf Bitten der zuständigen Bezirksbürgermeisterin mit den Nutzern gesprochen. In der Yorckstraße 59 gab es einen Streit einerseits der Nutzer und andererseits der Hauseigentümer über die angemessene Miete. Bei diesem Streit hat man sich nicht verständigen können. Die Nutzer waren der Meinung, sie müssten 2,39 € pro Quadratmeter zahlen, und ein Schiedsgutachten, das eingeholt wurde, sagte, sie müssten 3,74 € zahlen. Daraufhin haben die Nutzer trotzdem gesagt, sie zahlten diese Miete nicht. Daraufhin hat der Hauseigentümer das getan, was man in einem geordneten Staatswesen tut: Man klagt.

[Frau Oesterheld (Grüne): Na, na, der wollte ja wohl eine andere Summe haben!]

Nein, er hat ihnen 3,74 € angeboten, und dann hat er geklagt. – Bei der Klage hat er in allen Fällen, so weit es mir bekannt ist, entsprechende Räumungstitel gegenüber den Nutzern erwirkt. Ich habe denen gesagt, das sei ein Zivilrechtsstreit, mit dem das Land Berlin nichts zu tun habe. Ich habe auch gesagt, ich könne mir vorstellen, dass

es andere Lösungen gebe, ich hielte die aber für ausgeschlossen. Das habe ich den Nutzern sehr klar gesagt. Ich halte es für ausgeschlossen, dass das Land Berlin etwa dieses Haus kauft, um es dann mit Verlusten weiterzuvermieten. Das kann keiner verantworten. Das habe ich denen klipp und klar gesagt und habe ihnen geraten, weil alle offensichtlich wohlwollend sind, bis hin zu Herrn Wansner: Wenn alle Beteiligten guten Willens sind, nutzt doch diesen guten Willen, euch vernünftige Ersatzquartiere zu suchen! – Dieser mein Hinweis scheint nicht auf besonders fruchtbaren Boden gefallen zu sein.

Danke schön, Herr Senator! – Herr Wansner mit einer Nachfrage – bitte schön!

Herr Senator! Da Sie, wie ich gehört habe, sehr vieles klar gesagt haben, haben Sie möglicherweise auch erklärt, dass man in einem Rathaus die Fahne nicht stehlen darf und ein Rathaus möglicherweise nicht besetzen darf? Haben Sie ihnen auch noch gesagt, dass man Sachbeschädigung in einem Rathaus nicht ausführen sollte?

[Gelächter bei der SPD und der PDS]

Herr Senator Dr. Körting!

[Hoff (PDS): Herr Körting, wo darf man es denn dann? – Gelächter bei der PDS]

Herr Kollege Wansner! Ich habe keine Veranlassung gehabt, mich mit den Menschen, mit denen ich mich da unterhalten habe, über später, nach der Unterhaltung, stattfindende Straftaten zu unterhalten, sondern ich bin von der Bezirksbürgermeisterin dorthin gerufen worden, die gesagt hat, die seien gekommen und sie stelle keinen Antrag wegen Hausfriedensbruchs. Das heißt, ein Straftatbestand liegt im Betreten des Rathauses an sich noch nicht vor, wie bei vielen Bürgern.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der PDS]

Dementsprechend hatte ich keine Veranlassung, darüber mit ihnen zu reden. Ich kann Ihnen aber klipp und klar sagen, dass ich meine Rechtsauffassung zu bestimmten Dingen deutlich gemacht habe. Ich habe den Beteiligten auch gesagt, sie sollten sich durch ihr Verhalten nicht unglücklich machen, etwa indem sie sich im Rahmen späterer Räumungsaktionen strafbar machten oder indem sie sich durch Provozierung einer Räumung Schadenersatzprozessen des Hauseigentümers aussetzten. Ich nehme da kein Blatt vor den Mund und habe es ihnen da genauso deutlich gesagt, wie ich es hier sage.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Dott von der Fraktion der PDS, die jetzt das Wort und auch das Mikrofon hat.

[Dr. Lindner (FDP): Schöne kleine Gefälligkeitsfrage!]

Danke schön! – Ich habe eine Frage an Frau Knake-Werner. – Vor einem Jahr haben wir in Berlin Drogenkonsumräume eingerichtet. Das hat im Vorfeld allerlei Komplikationen gegeben. Jetzt, in dieser Woche, existieren sie ein Jahr. Was lässt sich zum Erfolg oder zum Misserfolg sagen?

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dott! In der Tat haben wir vor einem Jahr diese Drogenkonsumräume als einen weiteren Baustein in einem niedrigschwelligen Hilfeangebot für Drogenabhängige aufgebaut. Ich glaube, dass das eine gute Entscheidung war. Die heute vorliegenden Ergebnisse sind keine abschließenden Beurteilungen. Es gibt nämlich eine wissenschaftliche Begleitung für die Drogenkonsumräume, und Mitte des Jahres werden die Ergebnisse vorliegen. Dann können wir genauer sagen, wie sich die Räume bewährt haben.

Eines kann man heute jedoch schon sehr deutlich feststellen und dies will ich am Beispiel „Birkenstube“, dem Drogenkonsumraum in Mitte, festmachen, der sehr umstritten gewesen ist und gegen den vor allem die CDU gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern heftig protestiert hat: Dieser Drogenkonsumraum wird ausgesprochen gut angenommen. Dort finden sehr viele Menschen Hilfe und Bedingungen, die für sie in ihrer Abhängigkeit wichtig sind.

Viel spannender sind aber zwei Dinge: Erstens geht es nicht nur darum, dass die Drogenabhängigen unter hygienischen Bedingungen Drogen einnehmen wollen. Sie wollen mehr. Sie wollen ein Hilfesystem. Sie wollen weiterführende Maßnahmen. Sie wollen auch Angebote zum Ausstieg haben. Das ist ein richtiger Erfolg.

Zweitens will ich in diesem Zusammenhang erwähnen, dass es im Umfeld dieses Drogenkonsumraums überhaupt keine Konflikte mehr gibt. Im Gegenteil: Alle haben den Eindruck, dass dieses Angebot breit akzeptiert wird – auch von der Anwohnerschaft. Ich finde es noch viel schöner, dass sich diejenigen, die anfänglich protestiert haben, heute an der Betreibung dieser Kontaktstelle beteiligen, indem sie Kleider, Kaffee und Kuchen spenden. Insofern habe ich das Gefühl, dass sich dieses soziale Hilfsangebot in der Mitte des Stadtteils befindet und auch so aufgenommen wird.

[Beifall bei der PDS]

Danke schön, Frau KnakeWerner! – Eine Nachfrage von der Kollegin Dott – bitte schön, Frau Dott!

Frau Knake-Werner! Sie wiesen schon auf die Befürchtungen hin, die besonders durch die CDU unter die Leute gebracht worden waren. Aus diesem

Sen Dr. Körting

Grund wurde damals ein Runder Tisch dort eingerichtet. Was ist aus diesem Runden Tisch geworden?

[Dr. Lindner (FDP): Der ist eckig geworden!]

Frau Senatorin Knake-Werner – bitte!

Herzlichen Dank! – Nach meiner Kenntnis ist dieser Runde Tisch mangels Masse und Interesse der Anwohnerschaft eingeschlafen. Nach dem, was ich eben berichtet habe, gibt es dafür auch gute Gründe. Insofern war die Aufregung, die ein Stück weit seitens der CDU provoziert wurde, umsonst. Hier ist ein vernünftiges Angebot geschaffen worden, das ebenfalls zur Entlastung – das ist auch immer unser Argument gewesen – der Nachbarschaft, der Anwohnerinnen und Anwohner, beigetragen hat.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin Dr. Knake-Werner!

Jetzt hat für die Fraktion der Grünen Frau Oesterheld das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte!

Ich frage Herrn Dr. Sarrazin, und es geht um den Verkauf der Weberbank, der nunmehr unter Dach und Fach sein soll: Wie wurden die Vorstandsmitglieder der Weberbank befriedigt, die schon im Untersuchungsausschuss Bankgesellschaft als sehr geldgierig aufgefallen sind und die durch ihre finanziellen Anteile verhindern wollten, dass der Verkauf besonders günstig war, weil sie sich ihre Anteile vergolden lassen wollten?

[Dr. Lindner (FDP): Wollten die etwa Geld für ihre Anteile? – Heuschrecken sind das!]

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Frau Abgeordnete Oesterheld! Ich kann nicht alles sagen, was mir hierzu bekannt ist, weil es der Vertraulichkeit unterliegt. Zum Gesamtgeschäft der Weberbank wird es anlässlich des Abschlusses morgen eine Mitteilung der Bankgesellschaft geben. Die Konditionen sind in der Summe so, dass sie für die Bank und somit auch für das Land als positiv bewertet werden können.

Das ganze Geschäft hat sich über zwei Jahre hingezogen. Das war im Wesentlichen den intensiven und harten Verhandlungen des Bankvorstandes mit den persönlich haftenden Gesellschaftern geschuldet. Es gab zahlreiche Versuche – auch über den Senat –, politisch zu intervenieren. Davon hat der Senat Abstand genommen. Am Ende gab es ein Resultat, das ich bezüglich des materiellen Wertes für die persönlich haftenden Gesellschafter nicht weiter bewerten will und hierzu auch keine Zahlen nennen kann, welches jedoch die Bankgesellschaft schließlich in eine günstige Position versetzt.

Danke schön, Herr Senator Dr. Sarrazin! – Eine Nachfrage von Frau Oesterheld – bitte!

Wir haben bereits erfahren, dass diese persönlich haftenden Gesellschafter gar nicht gehaftet haben, sondern dass sie eine Freistellung seitens des Landes besaßen. Inwieweit wurden die Gewinne, die sie bereits durch das so genannte Einleg-und-RückholVerfahren aus der Weberbank gezogen haben, bei dieser Vergütung angerechnet?

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Ich habe bereits gesagt, dass ich Details hierzu nicht nennen kann, zumal das Land Berlin nur als Hauptaktionär der Bankgesellschaft beteiligt ist, aber nicht als derjenige, der am Ende das Geschäft macht. Es ist aber wie häufig im Leben: Wenn jemand eine Rechtsposition hat und diese Rechtsposition in vollem Umfang ausnutzt, hat es die andere Seite nicht sehr leicht. Als Parallele führe ich die BVG an.

Danke schön, Herr Senator Dr. Sarrazin.

Jetzt geht es weiter mit der FDP. Herr Dr. Lindner hat das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte!

Ich frage ebenfalls den Finanzsenator Dr. Sarrazin! – Treffen die Meldungen des heutigen „Tagesspiegels“ zu, dass Sie beklagt haben, dass ein Busfahrer bei der BVG etwa gleich viel verdiene wie ein Klinikarzt bei Vivantes oder an der Charité, und dass Sie der Gewerkschaft Verdi in diesem Zusammenhang vorgeworfen haben, sie sei extrem verwöhnt und verhalte sich unsolidarisch? Was werden Sie unternehmen, um dieses Missverhältnis bei den Gehältern zu beseitigen?

[Doering (PDS): Das Gehalt der BVG-Fahrer erhöhen!]