1. Wie beurteilt der Senat die Äußerungen von Abgeordneten der Regierungskoalition, dass fälschungssichere Identitätsausweise im Baubereich, so genannte Chipkarten, im Kampf gegen die ausufernde Schwarzarbeit in der Stadt eingesetzt werden sollen im Hinblick auf die Aussage des Wirtschaftssenators vor zwei Wochen, eine solche Karte würde nicht eingeführt werden?
2. Hält der Senator eine Chipkarte im Baubereich für ein effektives Mittel, um Schwarzarbeit zu bekämpfen, und wird er sie einführen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wegner! Ich habe in der letzten Plenarsitzung im Namen des Senats von Berlin die Große Anfrage über Schwarzarbeit beantwortet und dort die Position bezogen, dass ich den Vorschlag, der aus der Bauwirtschaft kommt, eine Chipkarte einzuführen, für nicht zielführend zur Bekämpfung der Schwarzarbeit halte. Das ist, wie ich schon gesagt habe, eine Anfrage, die ich im Namen des Senats beantwortet habe, das ist damit auch die Auffassung des Senats.
Zur Frage 2: Es ist offensichtlich Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit entgangen, dass ich in dieser Beantwortung gleichzeitig einen Vorschlag gemacht habe, wie man das Problem, das der Forderung der Bauwirtschaft zu Grunde liegt, einfacher und unbürokratischer lösen kann, nämlich indem man eine Mitführungspflicht für den Personalausweis auf den Baustellen einführt. Damit ist eine zweifelsfreie Identifikation und gegebenenfalls auch ein Datenabgleich möglich. Ich halte den gegenwärtigen Sozialversicherungsausweis für kein hinreichendes Mittel zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Das habe ich auch bei der Beantwortung der Großen Anfrage gesagt. Wenn wir die Mitführungspflicht des Personalausweises einführen würden, müssten wir nicht ein neues umfängliches System aufbauen.
Sie wissen, die Bundesregierung hat die Absicht, eine so genannte Jobcard einzuführen, die noch eine Vielzahl anderer Funktionen erfüllen soll. Ich hatte gerade heute Morgen Gelegenheit, am Rande einer anderen Veranstaltung mit Staatssekretär Anzinger aus dem Arbeitsministerium darüber zu sprechen. Das wird umfangreiche neue Systeme erfordern, und es ist nicht abzusehen, wann es denn zu einer Einführung einer solchen Karte kommt.
Der Vorschlag, den ich vor zwei Wochen hier gemacht habe, könnte mit den bestehenden Instrumenten einfach umgesetzt werden. Ich habe vor, zu diesem Thema eine Besprechungsunterlage in den Senat einzubringen, damit der Senat darüber entscheiden kann, wie wir in dieser Frage weiter verfahren, ob wir zu diesem Thema bundespolitisch initiativ werden.
Danke schön, Herr Senator Wolf! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Wegner. – Er hat das Wort.
Danke, Herr Präsident! – Herr Senator, in der Tat haben Sie in der letzten Plenarsitzung im Namen des Senats geantwortet. Aber es gibt, wie wir den Medien entnehmen konnten, auch anders lautende Aussagen aus der Sie stützenden Koalition.
Mich würde interessieren, Herr Senator, deshalb frage ich Sie, warum Sie sich so vehement gegen diese so genannte Chipkarte sperren.
Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass z. B. die Fachgemeinschaft Bau seit Jahren diese Chipkarte fordert und sämtliche Experten sagen, dass es dadurch leichter nachzuvollziehen wäre, ob Bauarbeiter oder Arbeiter legal oder illegal arbeiten? Das müssen wir bei den massiven Kontrollen auf den Baustellen einfordern. Können Sie sich vorstellen, Herr Senator, doch noch eine Kehrtwende zu machen und diese Chipkarte mit zu unterstützen?
Herr Wegner, das ist das Problem, wenn man sich eine Nachfrage schon vorher zurechtgelegt hat, bevor man die Antwort auf die erste Frage gehört hat.
Ich kann Ihnen sagen, ich richte mich nicht vehement gegen diese Karte, sondern in aller Ruhe und Sachlichkeit, und aus einem ganz einfachen Grund, weil ich glaube, dass ich einen besseren Vorschlag habe.
denn Sie wissen doch zwischenzeitlich, dass wir in dieser Stadt unter 10 000 Bauarbeiter haben. Das heißt, wir haben in den letzten Jahren 40 000 bis 50 000 Menschen aus dieser Branche in die Arbeitslosigkeit geschickt.
Sehr geehrter Abgeordneter! Ich habe nicht vor, Schluss zu machen mit der Ruhe und mit der Sachlichkeit.
Ich nutze die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass das Wirtschaftsressort nach meiner Erinnerung im Land Berlin von 1995 bis 2001 von der Christlich-Demokratischen Union geführt wurde. Das Problem des Anwachsens der Schwarzarbeit in der Bauindustrie war seit Anfang der 90er Jahre bekannt. Den Vorschlag der Chipkarte gibt es seit Mitte der 90er Jahre. Mir ist nicht bekannt, dass es in dieser Richtung Aktivitäten von Seiten meiner Vorgänger gegeben hätte, weder eine Bundesratsinitiative noch etwas Ähnliches. Ich habe Ihnen aber schon gesagt: Ich habe vor, im Senat das Thema und meinen Alternativvorschlag zu besprechen, von dem ich glaube, dass er den gleichen Effekt hätte, aber wesentlich einfacher und zügiger und mit weniger Kosten einzuführen ist.
Durch Zeitablauf ist die Fragestunde damit beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäftsordnung wieder schriftlich beantwortet, und zwar abweichend von unserer Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen.
Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt Kollege Dr. Felgentreu von der Faktion der SPD und hat auch das Wort und das Mikrofon. – Bitte schön, Herr Dr. Felgentreu!
Vielen Dank! – Eine Frage an Herrn Senator Dr. Körting! – Wie beurteilt der Senat die Bedeutung der Festnahme des Mahmoud A., der sich selbst als „Präsident“ bezeichnet, für die Bekämpfung der Kriminalität in Berlin?
Herr Präsident! Herr Kollege Felgentreu! Ich halte den Erfolg, den die Kriminalpolizei gestern durch den Vollzug von fünf Haftbefehlen gegenüber Drogenhändlern erreicht hat, darunter ein stadtbekannter Mensch, der sich selbst als Präsident bezeichnet und der nach dem, was ihm vorgeworfen wird, eine der führenden Funktionen innerhalb der organisierten Kriminalität Berlins innehat, für hervorragend. Ich halte das für ein hervorragendes Ergebnis der Berliner Polizei, dass diese Leute aus dem Verkehr gezogen wurden und insbesondere damit auch ein deutliches Zeichen gegenüber organisierter Kriminalität in der Stadt gesetzt wurde.
Die Nachfrage lautet: Warum war es in der Vergangenheit nicht möglich, Mahmoud A. nach seiner letzten Festnahme in die Türkei abzuschieben?
Herr Kollege Dr. Felgentreu! Der Betreffende hat mehrere Freiheitsstrafen bekommen und auch verbüßt. Wir haben seinerzeit versucht, ihn nach Verbüßung der letzten Freiheitsstrafe – er ist türkischer Staatsangehöriger gewesen – in die Türkei abzuschieben. Das ist nach dem geltenden Ausländerrecht bei einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren