Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

[Beifall bei den Grünen]

[Doering (PDS): Es ist 13.19 Uhr!]

Man spricht besser fünf vor zwölf als fünf nach zwölf darüber. Deswegen stimmen Sie aus Aktualitätsgründen bitte unserem Thema zu!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Eßer! – Das Wort für die Fraktion der FDP hat nunmehr der Kollege Dr. Lindner. – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich kann mir am heutigen Tag kein aktuelleres Thema vorstellen, als sich über die Frage zu unterhalten, wie wir uns künftig steuerpolitisch in Deutschland, aber vor allem auch in Berlin aufstellen wollen.

[Ratzmann (Grüne): Weiß die CDU das schon?]

Der erste aktuelle Anlass ist die Steuerschätzung, die gestern im Hauptausschuss für Berlin vorgestellt wurde. Steuerausfälle von 329 Millionen € für dieses Jahr, von 323 Millionen € für das folgende und von 277 Millionen € für das Jahr 2007 müssten uns Anlass genug sein, eine Debatte zu führen über eine solide Finanzierung der Kommunen, des Landes, des Bundes, über Einkommensteuer, Unternehmensteuer, Gewerbesteuer und die Verbrauchssteuerthematik.

Der zweite Grund für die Aktualität ist der aktuelle Diskussionsstand auf dem Städtetag über die Frage: „Abschaffen der Gewerbesteuer oder nicht?“ – Wir haben Ihnen Vorschläge unterbreitet, wie man an Stelle der Gewerbesteuer zu einer wesentlich solideren Finanzierung kommen kann – über eine neue Kommunalsteuer mit ei

Danke schön, Herr Kollege Dr. Lindner! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse zunächst über den Vorschlag der Koalitionsfraktionen abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und PDS. Die Gegenprobe! – Das sind die anderen drei Fraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist das Thema so beschlossen. Die anderen Vorschläge haben damit ihre Erledigung gefunden.

genen Hebesätzen der Gemeinden bei Einkommen- und Körperschaftsteuer, eine Erhöhung des Anteils der Gemeinden an der Umsatzsteuer. Es wäre genauso aktuell zu diskutieren, ob das nicht gerade im Hinblick auf die Konjunkturabhängigkeit von Gewerbesteuer auch für das Land Berlin eine wesentlich sinnvollere und solidere Finanzierungsquelle wäre.

Der dritte Aktualitätsanknüpfungspunkt ist die aktuelle Debatte über die Mehrwertsteuererhöhung, die wir in Deutschland führen. Hier hat sich auch der Berliner Finanzsenator wie folgt eingelassen – ich zitiere aus dem „Tagesspiegel“ von 25. Mai –:

„Wir brauchen mehr als 80 Milliarden € für die öffentlichen Haushalte“, sagte Sarrazin und forderte dazu die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 20 Prozent.

Es wäre aktuell zu diskutieren, ob diese 80 Milliarden € nicht eine Milchmädchenrechnung sind. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Tabaksteuerentwicklung 2004. Da hatten wir zweimal eine rot-grüne Erhöhung, einmal im März, einmal im Dezember. Gleichermaßen sind aber die Einnahmen von 14,1 Millionen € aus dem Jahr 2003 auf 13,6 Millionen € zurückgegangen. Typische linke Milchmädchenrechnung. Man geht mit den Sätzen hoch und erhöht die Einnahmen.

Das ist aktuell zu diskutieren. Übrigens würde ich auch gern mit der PDS darüber diskutieren, ob sie es aus ihrer Warte für sozial gerecht hält, ausgerechnet den Verbrauchern 4 % mehr aufzuoktroyieren, und wie sich das aus der Sicht des Wirtschaftssenators auf die Konjunktur auswirken kann.

[Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Wo steht der Senat? Möchte er zu einer Steuerstrukturreform kommen, wie teilweise Verlautbarungen übrigens desselben Senators in der „Süddeutschen Zeitung“ zu entnehmen war, oder möchte er „Billigen Jakob“ spielen, die Mehrwertsteuer erhöhen und glauben, dass damit das Geld für das Land sprudelt?

Vierter Punkt: Wir hätten das mit unserer Großen Anfrage verbinden können, die ursprünglich auf der Tagesordnung stand. Der Senat weigert sich, sie schriftlich zu beantworten. Vor diesem aktuellen Hintergrund wäre heute die Gelegenheit gewesen, diese gerade von mir skizzierte Thematik zu diskutieren. Man sagte mir, Senator Sarrazin sei nicht da. Gut, das akzeptiere ich; deswegen muss keine Finanzministerkonferenz verschoben werden. Aber wenn man sich den Berliner Stellenplan anschaut, entdeckt man unter „Senatskanzlei“, dass es auch noch einen Regierungschef gibt. Auch wenn man googelt, wenn man Stichworte eingibt wie „Trennkosttipps“, „Kessel Buntes“ oder Ähnliches, fällt der Name Wowereit auf. Das ist derselbe Wowereit, der sich neulich in einer sehr aktuellen, aber nicht minder peinlichen Rede vor Medienvertretern darüber beschwerte, im Zusammenhang mit ihm werde immer nur berichtet, wie sich die Körper

fülle vor oder rückentwickelt, nie etwas Seriöses. Heute wäre die Gelegenheit – so wie andere Ministerpräsidenten es in ihren Ländern machen –, dieses Thema zum Chefthema zu machen – Hic Rhodus, hic salta! Dann würde mit seinem Namen auch einmal etwas anderes verbunden als Diäten. – Deswegen: Stimmen Sie unserem Vorschlag zu! Geben Sie den Bürgern und uns die Gelegenheit, über Steuern zu diskutieren, und Ihrem Regierungschef die Gelegenheit, auch einmal etwas Ernsthaftes zu tun. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Dr. Lehmann-Brauns (CDU)]

Ich weise auf die Ihnen vorliegende Konsensliste hin. Sofern sich gegen die Konsensliste bis zum Aufruf des entsprechenden Tagesordnungspunktes kein Widerspruch erhebt, gelten die Vorschläge als angenommen.

Dem Ältestenrat lagen die folgenden Entschuldigun

gen für die Nichtteilnahme an der heutigen Plenarsitzung vor: Mit Schreiben vom Dienstag teilte Herr Bürgermeister Wolf mit, dass er gegen 15.30 Uhr die Sitzung verlassen muss, um an der 15. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz in Schwerin teilzunehmen. Herr Senator Dr. Sarrazin nimmt heute und morgen an der Finanzministerkonferenz in Bremen teil. Herr Senator Böger ist ebenfalls ganztätig abwesend, weil er heute und morgen auf der Kultusministerkonferenz in Quedlinburg ist. Der Regierende Bürgermeister nimmt zum jetzigen Zeitpunkt an der Abschlusskonferenz des Deutschen Städtetages teil und wird erst gegen 14.00 Uhr hier eintreffen.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Zu Beginn der Fragestunde habe ich Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten, und zwar, die Frage Nr. 6 der Frau Abgeordneten Grosse und die Frage Nr. 7 des Abgeordneten Wegener, beide zum Thema Charité, miteinander zu verbinden. Es gibt dann insgesamt vier Nachfragen, wobei den Fragestellern jeweils die ersten Nachfragen zustehen. – Zu diesem Vorschlag höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat nun der Abgeordnete Radebold von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Entwicklung des Gleisdreiecks

Präsident Momper

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fantasie geht nicht so weit, dass ich die gesamte mögliche Fragestellung des Abgeordneten Radebold schon nachvollziehen könnte, auch wenn sie nicht ausgesprochen ist. Ich darf Ihnen allerdings versichern, dass ich der festen Überzeugung bin, dass der gesamte Senat, so wie dies bisher in unseren öffentlichen Diskussionen auch dargestellt wurde, alles tun wird, um uns nachdrücklich in die Situation zu versetzen, den Bürgerinnen und Bürgern diesen Park nach langer Wartezeit nunmehr so zügig wie möglich zur Verfügung zu stellen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Der Kollege Buchholz stellt die nächste Zusatzfrage. – Bitte schön, Herr Buchholz!

Bitte schön, Herr Radebold! Sie haben das Wort!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welchen Planungs- und Vertragsverhandlungsstand gibt es bezüglich der Entwicklung des Gleisdreiecks, v. a. im Hinblick auf die Entwicklung als innerstädtische Grünfläche und als Bürgerpark?

2. Liegt eine Einschätzung vor, ab welchem Zeitpunkt konkret mit den ersten Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen begonnen werden kann?

[Frau Oesterheld (Grüne): Wir haben doch schon längst angefangen!]

Danke schön, Herr Radebold! – Die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer, wird die Fragen beantworten. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Radebold! Wie Sie wissen, haben wir uns eine lange Zeit mit der Vorbereitung des Rahmenvertrages und der Planung für den von uns allen seit langem gewünschten Park am Gleisdreieck auseinander gesetzt. Ich glaube, dass wir inzwischen in der Lage sind, die zugehörige Zusatzvereinbarung und die dafür in Ergänzung vorzulegende weitere Fassung, die sich mit der Entwicklung noch einmal dezidiert auseinander setzt, vorzulegen. Ich beabsichtige, den Senat in sehr kurzer Zeit mit diesem Rahmenvertrag zu befassen und diesen Entwurf dann unmittelbar danach dem Abgeordnetenhaus beziehungsweise dem Hauptausschuss vorzulegen. Ich glaube, dass wir dann sehr zeitnah in eine unmittelbare Beratung einsteigen könnten, und bereite zurzeit die Beteiligung der Öffentlichkeit vor, die – so, wie wir es miteinander verabredet haben – hinsichtlich ihrer Vorstellungen in Bezug auf die Gestaltung des Parks befragt werden soll. Sie wissen, dass das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und dort auch Bürgerinnen und Bürger seit langem die Entstehung des Parks begleiten und ihre Vorstellungen ebenfalls bereits entwickeln. Wenn dies dann mit der Zustimmung des Hauptausschusses so beschlossen ist, hoffe ich, dass die Wettbewerbsergebnisse zu Beginn des nächsten Jahres vorliegen und wir dann den ersten Spatenstich vornehmen können.

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage des Kollegen Radebold? – Bitte!

Frau Senatorin! Erstens: Kann ich Ihre Antwort so deuten, dass alle Senatsverwaltungen dahinterstehen? – Zweitens: – –

Herr Kollege Radebold! Es ist nur eine Nachfrage zulässig!

Dann ist sie gestellt.

[Doering (PDS): Hättest du nicht „erstens – zweitens“ gesagt, hätte es keiner gemerkt!]

Bitte schön, Frau Junge-Reyer!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Sie haben darauf hingewiesen, dass es sich um einen seit langem gewünschten und benötigten Park handelt. Wäre es deshalb nicht sinnvoll, die Öffentlichkeitsbeteiligung bereits in diesem Jahr zu beginnen, damit der Park im nächsten Jahr zumindest mit einem Spatenstich eröffnet werden kann?

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Buchholz! Selbstverständlich muss ich zunächst eine Beschlussfassung im Senat abwarten. Ich glaube aber, dass es möglich ist, unmittelbar danach – ohne dem Beschluss des Hauptausschusses vorgreifen zu wollen oder zu können – dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit informiert wird. Ich glaube, dass es richtig ist, unverzüglich Fragen an die Bürgerinnen und Bürger in der unmittelbaren Nachbarschaft zu stellen, damit wir sobald wie möglich auch auf Grund der Antworten der Bürgerinnen und Bürger, ihrer Hinweise, Wünsche und Vorstellungen den Wettbewerb gestalten können.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit der Frau Abgeordneten Schultze-Berndt von der Fraktion der CDU zu dem Thema

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