Protokoll der Sitzung vom 24.11.2005

Wir bemühen uns bei der Bundesregierung um die Weiterführung des Bund-Länder-Sonderprogramms über die nächsten Jahre hinaus. Wir gehen davon aus, dass wir diese Unterstützung noch bis zum Jahr 2009 benötigen, weil sich insbesondere in Berlin die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen nicht in dem Maße reduzieren wird, wie das in den anderen Bundesländern der Fall ist.

Das MDQM-Angebot wird im nächsten Jahr als Regelangebot an den Berliner Schulen angeboten werden. Auch das bisherige Angebot an vollzeitschulischen und berufsvorbereitenden Ausbildungsgängen wird aufrechterhalten. Wir wollen auch über die Förderung und Unterstützung der Verbundausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen Ausbildungsplätze sichern und werden das auch weiterhin finanziell über unsere unterschiedlichen Programme unterstützen.

Die Frage zu den vollzeitschulischen Ausbildungsplätzen möchte ich folgendermaßen beantworten: In den letzten Jahren sind die vollzeitschulischen Ausbildungsplätze immens angestiegen. Das hat natürlich auch etwas mit den Rückgängen der betrieblichen Ausbildungsplätze zu tun. Ich will hier nur zwei Zahlen nennen: Wir hatten noch im Jahr 1995 ca. 7 000 vollzeitschulische Ausbildungsplätze, und zurzeit sind es 17 000 Personen, die sich in schulischer Ausbildung befinden.

Wir haben in Berlin schon länger auf vollzeitschulische Ausbildungsberufe gesetzt. Wir haben das gemeinsam mit den Kammern verabredet – auch, dass die Zulassung zur Abschlussprüfung vor den Kammern möglich wurde – und ergänzen mit diesem Angebot die betriebliche Ausbildung seit Jahren. Wir gehen davon aus, dass diese Entlastung weiterhin notwendig ist.

Für eine zusätzliche Ausweitung dieses Angebots in der quantitativen Form sehen wir im Moment keinen Bedarf. Wir können uns aber vorstellen, dass es z. B. in neuen oder in wachstumsorientierten Branchen möglicherweise Sinn machen kann, neue vollzeitschulische Ausbildungsgänge anzubieten. Das kann aber nur sinnvoll umgesetzt werden, wenn es mit den Kammern und Verbänden und auch mit dem Landesausschuss für Berufsbildung abgestimmt wird. Diese vollzeitschulischen Ausbildungsgänge müssten aber in jedem Fall Bedingungen und Kriterien erfüllen wie z. B., dass sie anschließend in eine Beschäftigung einmünden können und vor allem nicht in Konkurrenz zur dualen Berufsausbildung treten.

Danke schön, Frau Ahlers! – Eine Nachfrage gibt es nicht.

Dann kommen wir mit der 9. Mündlichen Anfrage zu dem Kollegen Schruoffeneger von der Fraktion der Grünen und dem Thema

Warum muss das Land für Hertha BSC zahlen?

Bitte schön, Herr Schruoffeneger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Auf Basis welcher Informationen und Unterlagen hat Senator Böger die Vertragsänderung für die Olympiastadion-Besitz GmbH – mit einer finanziellen Belastung für das Land Berlin von rund vier Millionen € jährlich und einer entsprechenden Entlastung für Hertha BSC – veranlasst?

2. Welche Konsequenzen bezüglich der Übernahme finanzieller Verpflichtungen von Hertha BSC durch den Landeshaushalt zieht der Senat aus der Aussage von Hertha BSC, dass es entsprechende Schwierigkeiten nicht gibt?

Danke schön, Herr Schruoffeneger! – Der Bildungssenator Herr Böger hat das Wort.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schruoffeneger! Nach dem Insolvenzantrag der Walter Bau-AG hat der Senat die Möglichkeiten für eine Revision der bestehenden Vertragskonstruktionen zum Olympia-Stadion mit dem Ziel untersucht: 1. die Einflussmöglichkeiten Berlins dem schon jetzt – das heißt damals – zu tragenden finanziellen Risiko anzunähern, 2. das Olympia-Stadion unabhängig von einzelnen Nutzerinteressen wirtschaftlich tragfähig zu betreiben.

Nach dem Ausschalten der Walter Bau-AG als Gesellschafter wegen Insolvenz der OlympiastadionBerlin GmbH haben der Senat am 7. Juni 2005 sowie der Hauptausschuss am 15. Juni 2005 zugestimmt, dass das Land Berlin die Gesellschaftsanteile von Hertha BSC an der Olympiastadion GmbH zu einem Kaufpreis von einem Euro erwirbt und dass auf der Basis der vom Senat beschlossenen Absichtserklärung ein neuer Nutzungsvertrag mit Hertha BSC geschlossen wird, der die finanzielle Leistungsfähigkeit des Hauptnutzers des Stadions berücksichtigt.

Ausgangspunkt der Entscheidung war die Erkenntnis, dass es der Olympiastadion-Berlin GmbH auf Dauer nicht möglich sein wird, die vereinbarte Pacht in voller Höhe zu zahlen. Zur Sicherstellung einer nachhaltigen Leistungsfähigkeit der Olympiastadion-Berlin GmbH, auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden FIFA FußballWeltmeisterschaft 2006, muss die OlympiastadionBerlin GmbH von der Verpflichtung der Bedienung der Rückzahlung der Olympiastadion-Besitz GmbH durch

entsprechende Fachzahlungen entlastet werden. Dazu wird das Land Berlin die noch ausstehenden Kreditverpflichtungen in den Landeshaushalt übernehmen. Wenn ich mich recht erinnere, hat dies der Kollege Finanzsenator schon vor der Sommerpause formuliert.

Weiterhin hat der Senat berücksichtigt, dass Berlin ein großes Interesse daran hat, Hertha BSC als Hauptnutzer des Stadions zu behalten. Eine finanzielle Überforderung des Clubs ist weder dem Ansehen Berlins als Sporthauptstadt

[Dr. Lindner (FDP): Richtig!]

noch dem Erfolg der künftig landeseigenen Gesellschaft zuträglich. Die von Ihnen genannten Zahlen der Entlastung werde ich nicht kommentieren. Wir haben Zahlenwerke im Vermögensausschuss vorgelegt, und dies in nichtöffentlicher Sitzung.

Zur Frage 2 – Sie fragen, ob wir finanzielle Verpflichtungen durch den Landeshaushalt übernehmen –: Eine Übernahme finanzieller Verpflichtungen von Hertha BSC aus dem Landeshaushalt geschieht selbstverständlich nicht, sondern es wird eine Anpassung der Nutzungsvereinbarung vorgenommen, die neben der Leistungsfähigkeit von Hertha auch die Mieten anderer Fußballstadien in Deutschland berücksichtigt hat.

Zur finanziellen Situation von Hertha BSC äußere ich mich nicht. Ich empfehle Ihnen, Herr Kollege, das Studium der Tagespresse und einen Blick in die Prospektion, die Hertha BSC zusammen mit der Volksbank gemacht hat. Dort bestand die Verpflichtung, die wirtschaftliche Situation darzulegen.

Für die Sportstadt Berlin ist es notwendig, einen wichtigen Sportbotschafter und Standortfaktor der Stadt zu unterstützen. Wir sind selbstverständlich daran interessiert, dass der Konsolidierungskurs fortgesetzt wird. Ansonsten wird sich der Senat an öffentlichen Erörterungen über wirtschaftliche Lagen oder angebliche Schieflagen eines Clubs nicht beteiligen.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Schruoffeneger – bitte!

Herr Senator! Nach dieser Erläuterung frage ich den Senator, wie es sein kann, dass in der von Ihnen selbst für das Parlament gefertigten Vorlage, die Grundlage für den von Ihnen zitierten Beschluss vor der Sommerpause gewesen ist, ausdrücklich und wörtlich mit der Vermeidung eines Insolvenz- und Lizenzrisikos argumentiert wird, während der Vertragspartner dies anders darstellt.

Herr Senator – bitte!

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass Herr Schruoffeneger soeben sinngemäß, wenn auch nicht wörtlich, aus einer vertraulichen Unterlage zitiert hat. Sie werden verste

hen, dass ich nicht aus einer vertraulichen Unterlage antworten kann. Ich sage nur so viel: Herr Schruoffeneger zitiert nicht ganz exakt.

Im Übrigen, Herr Kollege Schruoffeneger, kommt es vor – das dürften Sie auch schon erfahren haben –, dass ein und derselbe Sachverhalt von unterschiedlichen Personen und Institutionen unterschiedlich beurteilt wird.

Danke schön, Herr Senator! – Es gibt eine Nachfrage der Frau Abgeordneten Dr. Hiller. – Bitte schön, Frau Abgeordnete Dr. Hiller!

Danke schön! – Herr Senator! Ist es richtig, dass der Vertrag bis 2017 geschlossen wurde, und geht also der Senat davon aus, dass sich die Möglichkeiten von Hertha BSC bis 2017 nicht verändern?

Herr Senator Böger!

Frau Abgeordnete Hiller! Der Vertrag ist über einen längeren Zeitraum geschlossen, aber die konkrete Nutzungsvereinbarung und die Mieten unterliegen einer zweijährigen Überprüfung.

Danke schön, Herr Senator! – Die Fragestunde ist damit wegen Zeitablauf beendet. Die heute nicht mehr beantworteten Fragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt die Frau Kollegin Grosse. Sie hat das Wort.

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Regierender Bürgermeister! Welche Ergebnisse beziehungsweise Verabredungen haben sich aus Ihrer Reise nach Israel ergeben?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Es war ein gemeinsamer Wunsch des Parlaments – artikuliert in einer gemeinsamen Beschlussfassung –, anlässlich des 40. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland unsere Kontakte insbesondere zu Jerusalem zu vertiefen, bis hin zu einer Partnerschaft.

Wir wissen, dass aus dem gut gemeinten Wunsch auch Irritationen entstanden sind. Ich kann Ihnen mitteilen,

dass diese Irritationen auf Jerusalemer Seite, bei dem Kollegen Bürgermeister von Jerusalem, ausgeräumt sind. Er hat noch einmal deutlich gemacht, dass Jerusalem auf Grund seiner einzigartigen Situation keine ausländischen Partnerschaften unterhält. Trotzdem haben wir vereinbart, dass wir unterhalb dieser Ebene partnerschaftlich zusammenarbeiten, Projekte gemeinsam gestalten.

Erfreulicherweise gibt es Schulpartnerschaften zwischen Berliner Schulen und Schulen in Jerusalem und Israel. Diese Schulpartnerschaften sollte man weiter unterstützen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Eine besondere Partnerschaft besteht zwischen der Liebfrauenschule in Charlottenburg und der Hand-in-HandSchule in Jerusalem – ein besonderes Projekt, dass auch von der Stiftung „Herz für Kinder“ unterstützt worden ist. Es handelt sich um ein Projekt, in dem arabische Kinder gemeinsam mit jüdischen Kindern paritätisch eine Schule besuchen. Es ist ein besonderes Projekt, das für die Integration und das bessere Verständnis der beiden Teile Israels auch notwendig ist. Dies zu unterstützen, ist gerade aus Berliner Sicht – denn auch hier bestehen im Bereich der Integration große Herausforderungen – eine besondere Aufgabe, und dies sollten wir ebenfalls unterstützen.

Ich habe mich gefreut, dass Herr Peymann vom Berliner Ensemble anlässlich der Reise angeboten hat, dass er selbst mit einer oder mehreren Produktionen aus dem Berliner Ensemble, beispielsweise „Arturo Ui“, in einem Theater in Tel Aviv oder Jerusalem auftritt. Ich habe dieses Angebot sowohl den Kollegen in Tel Aviv als auch in Jerusalem unterbreitet. Es ist in beiden Städten aufgenommen worden. Wir sind dabei, ein Partnertheater zu suchen.

Ich freue mich, dass die Hebrew University of Jerusalem mit der Technischen Universität und mit der Humboldt-Universität eine enge Partnerschaft pflegt. Der Präsident der Universität hat deutlich gemacht, dass sie sehr stark daran interessiert sind, im Bereich der Wissenschaft, aber auch in der Forschung enger zusammen zu arbeiten. Die Firma Time Kontor und die Technologiestiftung Berlin haben im Rahmen eines Israelbesuchs eine Partnerschaft mit MATIMOP, der entsprechenden Partnerorganisation in Tel Aviv unterschrieben, wo im Bereich der Technologieförderung eine engere Kooperation gefunden wird. Wir haben in einer Präsentation des Tourismus, vertreten durch den Hotel- und Gaststättenverband und die BTM, mit den entsprechenden Organisationen in Israel eine verbesserte Zusammenarbeit besprochen. Ich freue mich, dass Investoren aus Israel im Hotelbereich in Berlin bereits investiert haben oder investieren werden, beispielsweise durch Übernahme des Hotels Excelsior oder durch Neugestaltung des Postfuhramtes. Andere Unternehmen haben angekündigt, dass sie Interesse haben, zu kooperieren.

Die Humboldt-Universität hat eine Partnerschaftsurkunde mit einem besonderen Radioprojekt unterschrie

ben: Radio for Peace, ein Projekt, das auch von palästinensischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestaltet wird, Trägerorganisationen und der Kibbuz-Bewegung in Israel, ein gemeinsames Projekt auch zu einer verbesserten Verständigung zwischen Palästinensern und Israeli. Das ist ein ganz wichtiger Bereich.

Wir konnten feststellen, dass im Bereich des Jugendaustauschs, des Austauschs von jungen Menschen, bereits erhebliche Kooperationen stattfinden, beispielsweise mit der Aktion Sühnezeichen. Berlinerinnen und Berliner machen beispielsweise ihren Zivildienst in sozialen Einrichtungen in Jerusalem, Tel Aviv oder anderen Bereichen Israels. Diese Erfahrungen sind sicherlich für beide Seiten hilfreich. Die Jugendlichen haben uns auch berichtet, welche besonderen Empfindungen sie bei dem Austausch haben. Sie können sich vorstellen, dass das insgesamt eine sicherlich nicht ganz einfache Sache ist.