Wenn in Zeiten von Rütli und PISA fakultativ weiter musischer Unterricht gegeben werden kann, frage ich Sie, ob die politische Entscheidung des Senats, die Wertschätzung des musischästhetischen Bereichs als so gering anzusetzen, dass er hinter den Wissensfächern und der motorischen Ausbildung zurückbleibt, nicht zu revidieren wäre. Ist es nicht wichtig, dass unsere Kinder heute ganzheitlich – auch musisch – besser ausgebildet werden?
Herr Präsident, Frau Abgeordnete Schultze Berndt! Die musisch-ästhetische Erziehung ist wichtig, das habe ich auch betont. Dazu bietet Berlin – ich sage es noch einmal – zwei spezielle Gymnasien ausschließlich für Musik. Sie wissen das. Wir haben viele musikbetonte Grundschulen und auch weiter führende Schulen. Ich sehe überhaupt keinen Anlass, dass das Profil dieser Schulen abgesenkt wird.
der noch nicht alle Schulen so ausgebaut, dass Cafeterien oder Mensen zur Verfügung stehen. Zu diesen Entscheidungen stehe ist.
Danach muss das Stundencurriculum neu definiert werden. Nach der TIMMS-Studie – eine Studie über mathematische Fähigkeiten, erstellt vor PISA – ist es klar, dass der Mathematik- und der naturwissenschaftliche Unterricht nicht abgebaut, sondern gestärkt werden sollen. Nach PISA haben wir darüber hinaus in Berlin entschieden, dass in keinem Fall der Deutsch- und der Sprachenunterricht abgebaut, sondern gestärkt werden sollen. Zudem haben wir entschieden – was Sie in einem Nebensatz lobend erwähnt haben –, dass auf Grund der motorischen Fähigkeiten unserer Schülerinnen und Schüler die drei Sportstunden in den Klassenstufen 1 bis 10 beibehalten werden sollen.
Wenn man das alles zusammenzählt, gelangt man zu der Frage, wie das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld und die musisch-ästhetische Erziehung berücksichtigt werden müssen. Das Parlament hat entschieden, dass es ab dem kommenden Schuljahr das Fach Ethik geben wird. – Auch die Parlamentsminderheit, die Ethik als Wahlpflichtfach einführen wollte, stünde vor der Aufgabe, dieses Fach zu implementieren. – Ich habe entschieden, dass dies zu Lasten des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes geschehen soll. Da bleibt – das haben Sie erkannt und kritisiert – der musisch-ästhetische Bereich, der zwar nicht so markante, aber leichte Einschnitte hat hinnehmen müssen. Ich persönlich bedaure dies, weil ich glaube, dass die musisch-ästhetische Erziehung – jenseits der Frage, ob dies in PISA gemessen werden kann oder nicht – ein elementarer Bestandteil des Bildungsauftrags der Berliner Schule ist. Dieser Auftrag wird nicht wegdefiniert. In den Klassenstufen 1 bis 6 in den Grundschulen haben wir weiterhin zwei Stunden Musik und zwei Stunden Kunst. Wir haben in Berlin eine Vielzahl musikbetonter Grundschulen, und wir haben musische Wochen. In den Klassenstufen 7 bis 10 haben wir – je nach Schulform – zwischen 8 bis 13 Wochenstunden Musik und Kunst. Lediglich in den Klassenstufen 9 und 10 gibt es die Wahlmöglichkeit zwischen Kunst oder Musik.Die Schülerinnen und Schüler in Berlin können nach wie vor auch Musik im Wahlpflichtbereich wählen, und sie können mit Musik als Teilfach auch Abitur machen. Das bleibt nach wie vor bestehen. Insofern bin ich der Auffassung, dass es genügend Möglichkeiten gibt, die hervorragende Musikkultur an den Berliner Schulen, die große Zahl von Bands und Chören, nicht nur zu halten, sondern zu steigern.
Dazu kommt noch etwas, was ich Ihnen auch zu den Fragen 1 und 2 sage. Die Berliner Schulen haben in ihrer Stundenzuweisung immer auch Möglichkeiten für fakultativen, zusätzlichen Unterricht. Diesen fakultativen, zusätzlichen Unterricht kann eine Schule nach Schwerpunkt wählen. So können sie in der Schule sehr leicht zum Beispiel Chor oder Musizieren am Nachmittag geben, was ich hervorragend fände. Viele Schulen machen das auch.
Ich bin davon überzeugt, dass wir trotz des bedauernswerten Verknappens des Musik- und Kunstunterrichts nach wie vor gut gerüstet sind für die musisch-ästhetische Bildung und Erziehung in Berlin.
Aber – das ist der bescheidene Vorzug einer Opposition – Sie können alles fordern und müssen es nicht unter ein Dach bringen. Ich muss entscheiden. Zwölf Jahre zum Abitur – das wollen Sie auch; 265 Jahresstunden – das wollen Sie auch; Mathematik, Naturwissenschaften stärken – das wollen Sie auch; Sprachen stärken – das wollen Sie auch; Deutsch stärken – das wollen Sie auch; Ethik oder Wahlpflichtfach – das wollen Sie auch; die Wochenstundenzahl nicht auf 38 Stunden – das wollen Sie auch. Das muss man also klären. Deswegen haben wir diese Entscheidung getroffen, ohne – ich sage es noch mal – gedanklich und auch real die Bedeutung von Musik und Kunst für die Schulen zu verringern. Wenn wir das gemeinsam unterstützen, gibt es viele Möglichkeiten fakultativ im zusätzlichen Unterricht. Trotz der geringfügigen Kürzung sind wir auf einem guten Weg, diese erzieherische Komponente weiter zu stärken.
Herr Senator! Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen der Abschaffung des Musikunterrichts durch einzelne Schulen in der Sekundarstufe I und dem dort fehlenden fachlichen Lehrpersonal, welches von den Schulen sehr oft als Begründung dafür angeführt wird?
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Schulze! Seit der Verabschiedung der Hartz-Gesetze am 1. 1. 2005 erhalten in Berlin zurzeit 570 000 Menschen Leistungen nach dem SGB II. Dazu gehören unter anderem das Arbeitslosengeld II, das Sozialgeld und auch Wohnkosten. Die Wohnkosten werden aus dem Berliner
Haushalt finanziert. Wir haben die Situation, dass 330 000 Bedarfsgemeinschaften oder Haushalte in Berlin den Anspruch haben, Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bekommen. Das Land hat für diesen Vorgang bekanntermaßen eine so genannte Ausführungsvorschrift erarbeitet, um Richtwerte aufzustellen, nach denen die Angemessenheit der Wohnkosten für Arbeitslosengeld-IIBezieherinnen und -Bezieher überprüft werden kann. Das verlangt das Gesetz.
Seit Ende des letzten Jahres haben die Jobcenter begonnen, die Mietkosten zu überprüfen. So ist es auch in unserer Ausführungsvorschrift vorgesehen. Sie müssen feststellen, ob die Mietkosten den Richtwerten entsprechen. Inzwischen sind etwa 100 000 Leistungsbescheide in den einzelnen Jobcentern bewertet worden. Wir haben damit erstmals wirklich belastbare Zahlen und keine Spekulationen, wie sie in den letzten Wochen immer wieder durch die Medien „geisterten“.
Nach Angaben der Jobcenter wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres 5 400 Haushalte darüber informiert, dass ihre Miete über den Richtwerten liegt. Gleichzeitig kommt eine weitere Regelung unserer Ausführungsvorschrift zum Zuge: Es wird überprüft, ob es so genannte Härtefälle gibt. Gleichzeitig wird bei sehr geringfügigen Überschreitungen überprüft, ob ein Umzug tatsächlich wirtschaftlich vertretbar ist.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Zunächst einmal gibt es für die Berliner Schulen in verschiedenen Fächern Fachbedarfe. Zu meinem Bedauern sind diese nicht immer zu jedem Zeitpunkt 100-prozentig gesichert. Aber es gibt keinen Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Abschaffung des Musikunterrichts und einem Mangel an Lehrern oder Lehrerinnen. Frau Abgeordnete! Gerade Sie, die Sie für Ihr Engagement für Kultur, Kunst und Musik bekannt sind, sollten nicht etwas in einer Frage unterstellen, was gar nicht zutrifft. Um es noch einmal zu betonen: Wir schaffen den Musikunterricht nicht ab – glücklicherweise –, das hoffe ich mit Ihnen. Das wäre furchtbar. Wir haben nur in einer Schulform in der Klasse 10 – und nur dort – die Variante Musik oder Kunst, nicht mehr und nicht weniger. Insofern sind Ihre Vermutungen falsch. Die Veränderung ist dem Zwang geschuldet, ein Curriculum beherrschbar zu gestalten.
Die große Zahl von Chören und Bands in den Schulen habe ich bei einem Schulbesuch immer freudvoll gehört. Am Wochenende habe ich in Neukölln die zweite MahlerSinfonie gehört – das erwartet man nicht automatisch –, mit begeisterter Zustimmung und Stille von den Schülerinnen und Schülern. – Also: Die Kraft von Musik und die Freude an Musik und die erzieherische Komponente von Musik wird nicht untergehen, sondern sie bleibt bestehen, auch dank des Curriculums.
Jetzt geht es weiter mit der Mündlichen Anfrage Nr. 3 der Frau Abgeordneten Dr. Schulze von der Linkspartei.PDS zum Thema
1. Welche konkreten Zahlen liegen dem Senat aktuell zur Umsetzung der Ausführungsvorschrift Wohnen für Leistungsempfangende nach dem SGB II vor?
Nach all diesen Maßnahmen können wir heute feststellen: Nicht einmal 1 Prozent der Haushalte, die bisher überprüft worden sind, wurden aufgefordert, ihre Wohnkosten zu senken. Lediglich in zwölf Fällen wurde das durch einen Umzug vollzogen.
Damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage. Wir haben erreicht, was wir uns mit der Ausführungsvorschrift Wohnen im Zusammenhang mit den Hartz-Gesetzen vorgenommen haben. Wir wollten die Sicherung des Wohnraums, und wir wollten die Einzelfallprüfung bei den Langzeitarbeitslosen. Massenumzüge für Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -Bezieher wollten wir weitgehend verhindern. Wir wollten, dass sie in ihrem gewohnten Umfeld leben können. Wir wollten auch nicht, dass es zu einer weiteren sozialen Entmischung in den Berliner Bezirken kommt. – Ich denke, wir haben unsere Ziele erreicht. Und ich glaube, dass dies im Interesse der Betroffenen ist.
Danke schön, Frau Dr. KnakeWerner! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von Frau Kollegin Dr. Schulze. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Frau Senatorin! Sind Ihnen Fälle aus Bezirken bekannt, in denen die AV Wohnen nicht oder fehlerhaft angewandt wurde, so dass es zu Fehlentscheidungen kommen konnte?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Oesterheld! Erstens überprüfen nicht wir die Leistungsbescheide, das machen bekanntermaßen die Jobcenter, auf die wir diesbezüglich keinen Einfluss haben. Das machen sie so, wie sie es mit ihrem Zeitbudget vereinbaren können. Ich selbst habe immer das Interesse, das dabei nicht das auf der Strecke bleibt, was sie vor al
lem tun sollen: Menschen fördern, damit sie wieder in Arbeit gelangen. Dennoch gehe ich davon aus – sie haben jetzt sechs Monate Zeit zur Überprüfung –, dass in dieser Zeit alle Leistungsbescheide überprüft werden und wir dann endgültige Zahlen haben.
1. Wie wird der Senat sicherstellen, dass in Notzwischenlagern gelagerte Berliner Siedlungsabfälle schnellstmöglich der rechtlich vorgeschriebenen Vorbehandlung zugeführt werden und eine schleichende Deponierung nicht stattfindet?
2. Wie hat der Senat Vorsorge getroffen für den Fall, dass die mit der Entsorgung von Teilen des Berliner Siedlungsabfalls beauftragten Unternehmen der vertraglichen Pflicht zur Vorbehandlung zukünftig nicht nachkommen oder nachkommen können, weil z. B. die Vorbehandlungsanlagen nicht ordnungsgemäß funktionieren, der hergestellte Brennstoff aus Müll keine Abnehmer findet oder der Auftragnehmer wegen dieser oder anderer Probleme Insolvenz anmelden muss?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ja, es hat immer wieder Fälle gegeben, in denen Jobcenter die Bezieher von Arbeitslosengeld II frühzeitig angeschrieben und zum Umzug aufgefordert haben. Das entsprach eindeutig nicht unseren Vorschriften. Deshalb haben wir eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der alle Jobcenter vertreten sind. Dort haben wir gemeinsam mit den Jobcentern ein einheitliches Verfahren verabredet. Nach dem, was ich bisher gehört habe, habe ich den Eindruck, dass diese Verabredung jetzt eingehalten wird und die Jobcenter das, was wir festgelegt haben, zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen.
Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt ist die Frau Abgeordnete Dr. Hiller mit einer Nachfrage an der Reihe. – Frau Dr. Hiller, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Gibt es Bezirke, in denen es eine besondere Konzentration von Fehlentscheidungen bzw. ein besonders strenge Herangehensweise festzustellen ist?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir gehen davon aus, dass alle Bezirke die Vorschriften, die wir erlassen haben, ernst nehmen und sich daran orientieren. Man kann das nicht feststellen. Die Überprüfungsaufforderungen und die einzelnen Umzüge, die es gab, verteilen sich über alle Bezirke. Deshalb gibt es keine eindeutige Zuordnung. Das ist ein gutes Zeichen, dass hier solide und gründlich gearbeitet und entsprechend entschieden wird.
Danke schön, Frau Senatorin! – Frau Oesterheld hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Frau Oesterheld, Sie haben das Wort!
Sie haben bisher knapp ein Drittel der Leistungsempfänger überprüft. Bis wann werden Sie alle überprüft haben? Bis wann können Sie uns sagen, wie viele tatsächlich umziehen müssen?
Dann ist der Kollege Eßer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe mit einer Frage zu dem Thema