Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Es ist nicht erkennbar, dass aus der kritischen Debatte über die angemessene Gestaltung des öffentlichen Stadtraumes ein Schaden für das Ansehen Berlins entstünde, es sei denn, diese Debatte würde unterdrückt. So sehr wir uns über die Gestaltung des Stadtraumes streiten können, so sehr sollten wir uns bei der Zurückweisung geschichtsrevisionistischer Positionen alter Stasi-Kader einig sein. Dieses Haus hat dies beschlossen und das ist auch meine Position. – Ein Zusammenhang mit der Debatte um die Buddy-Bären besteht allerdings nicht.

Eine Nachfrage des Kollegen Henkel – bitte schön!

Herr Senator! Ich konzediere gern, dass man über Kunst und Kultur sehr viel streiten kann. Das haben Sie herausgearbeitet, und da haben wir keinen Dissens. Wie bewerten Sie jedoch Ihre Aussage, die Buddy-Bären seien moralisch verschlissen, vor dem Hintergrund, dass Herr Wowereit sie als Werbeträger des neuen Berlins an Gäste aus dem In- und Ausland verschenkt? Welche Wirkung wird es demnächst haben, wenn ein Mitglied des Berliner Senats ein solches Geschenk als moralisch verschlissen bezeichnet?

Ich frage den Senat:

1. Hat der Senat die gleiche Meinung wie oder eine andere Meinung als der Kultursenator Flierl, der das völkerverständigende Projekt mit den von internationalen Künstlern bemalten Buddy-Bären am Bebelplatz für Kitsch hält und dieses deshalb an diesem Ort verbieten lassen möchte?

2. Ist der Senat der Meinung, dass der Kultursenator mit seiner verspäteten bzw. verschlafenen Stellungnahme zum Buddy-Bären-Projekt oder der versäumten Abwehr des Angriffs der Stasi-Kader mit geschichtsverfälschenden Aussagen gegen die Gedenkstätte Hohenschönhausen dem Ansehen und der Außendarstellung Berlins geschadet hat, und wie will er dies zukünftig verhindern?

Der Senator für Kulturelle Angelegenheiten ist im Senat für die Buddy-Bären zuständig. – Bitte schön, Herr Senator Flierl, Sie haben das Wort!

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Henkel! Die neuere Diskussion um die Buddy-Bären auf dem Bebelplatz wurde durch eine Anfrage im Kulturausschuss initiiert. Fraktionsübergreifend wurde dort die Auffassung vertreten, dass die kreisförmige Aufstellung der Buddy-Bären um das Denkmal von Micha Ullman herum problematisch sei.

In Aufnahme dieser Diskussion habe ich daher den Bürgermeister von Mitte gebeten, die erteilte Genehmigung zu überdenken. Der Bezirk hat mittlerweile erklärt, dass er die Genehmigung nicht zurücknehmen will und kann. Wie die öffentliche Resonanz gezeigt hat, ist die vorgesehene Gestaltung auf dem Bebelplatz durchaus umstritten. Ich darf darauf verweisen, dass die Kommission für Kunst im öffentlichen Raum im Bezirk Mitte, der Verein Aktives Museum, der Beratungsausschuss Kunst bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, der Förderverein für das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas sowie mehrere Kommentatoren der Berliner Tageszeitungen diese Position teilen.

Stellvertretend darf ich den kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion zitieren, der davon sprach, dass Berlin seine wenigen verbliebenen Metropolenplätze schützen muss, und in Bezug auf die Bären die allgemeine Rummelplatzmentalität, die sich auf Berlins Plätzen abspielt, kritisierte. – Wie immer, kann man auch hierbei sehr unterschiedlicher Position sein, und dies kann möglicherweise auch im Senat der Fall sein.

Keine Differenz sollte es aber in der Frage geben, dass, obgleich der Kulturausschuss und der Kultursenator nicht am Genehmigungsverfahren für Sondernutzung im Bezirk Mitte beteiligt sind, sie gleichwohl das Recht haben, sich zu diesen Genehmigungen zu äußern, selbst dann, wenn die Nutzung bereits genehmigt wurde.

[Dr. Lindner (FDP): Geschmacklich gebe ich Ihnen Recht!]

Herr Senator Dr. Flierl, bitte!

In der Tat: Die Buddy-Bären sollen eine Friedensbotschaft verkünden, und ich bin irritiert, mit welcher Intoleranz, ja Vehemenz und Unduldsamkeit diese Debatte geführt wird. Ich denke, dass wir diese Friedensbotschaft auf Toleranz gründen sollten. Dies zeigt sich unter anderem auch daran, dass wir akzeptieren, dass nicht allen Menschen dieser Stadt – zum Beispiel auch mir persönlich –, die Buddy-Bären auf Dauer Freude machen. Es gibt viele andere, die das auch so sehen, andere sehen es wiederum anders.

Die Stadt sollte sich überlegen, wie sie sich präsentiert. Dazu sollte man unterschiedliche Positionen einnehmen und von Zeit zu Zeit auch die Überlegung anstellen, ob man sich auf neue Weise präsentieren sollte. Die massenhafte Rückkehr der Buddy-Bären wird in dieser Stadt jedenfalls nicht von allen unterstützt. Das ändert aber nichts daran, dass wir uns auf die FußballWeltmeisterschaft freuen, dass wir uns als streitbare Stadt, die ein vielfältiges Leben widerspiegelt, auf dieses Fest freuen und auch die Debatte um die Buddy-Bären aushalten. Viele Leute müssen die Buddy-Bären aushalten. Manche sollten auch die Kritik daran aushalten.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Können wir nicht auch noch die Tele-Tubbies einkaufen? – Heiterkeit]

Möchten Sie eine Nachfrage stellen, Herr Henkel? – Sie haben das Wort – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich treffe mich regelmäßig mit den Vertretern der Opferverbände, und die begrüßen es auch, dass das endlich ein Regierender Bürgermeister tut, nachdem es jahrzehntelang nicht Praxis war. Deshalb freue ich mich, dass wir vierteljährig zusammenkommen. Bei diesen Treffen tragen wir all die Dinge vor, die hinsichtlich der Gedenkstättenarbeit oder der Aufarbeitung zu erledigen sind. Dabei ist auch vorgetragen worden, dass die Situation des Mahnmals „17. Juni 1953“ an der Leipziger Straße aus Sicht der Opferverbände unbefriedigend ist.

Schön, Herr Niedergesäß! – Ich war nicht derjenige, der die Verantwortung dafür hatte, dass dieses Mahnmal dorthin gekommen ist, sondern bestimmte Entscheidungen sind vorbereitet und dann so getroffen worden. Hinsichtlich der Ästhetik von Mahnmalen kann man sich immer vortrefflich streiten. Ich kann verstehen, dass die Opferverbände sagen, dort sei zu wenig zu sehen. Sie wissen, dass es diese illegalen Aktionen mit den Bildtafeln gegeben hat, die nicht abgenommen worden sind. Das Bundesfinanzministerium hat dann die Abnahme durchgesetzt. Wir haben stets versucht, in dieser Frage zu vermitteln und mit dem Eigentümer, dem Bundesfinanzministerium, zu vernünftigen Regelungen zu ommen.

Herr Senator! Sie sind von Ihrer Profession her Philosoph und haben philosophisch geantwortet. Können Sie noch einmal sagen, was es heißt, moralisch verschlissen zu sein?

[Dr. Lindner (FDP): Bei einem Buddy-Bär! Was soll da „moralisch verschlissen“ bedeuten?]

Herr Senator Dr. Flierl!

Dazu benötigt man nicht unbedingt einen kunsthistorischen Exkurs. Dass bestimmte Gebrauchswerte sowohl physisch wie auch moralisch verschlissen sein können, heißt einfach nur, dass sie aus der Mode gekommen sein können.

[Ritzmann (FDP): Ach so!]

Es bedeutet also z. B., dass sie durch den vielen Gebrauch möglicherweise nicht mehr genutzt werden können, aber dass man sie durchaus als Historisierung anschauen kann. Dass halten wir auch wechselseitig so, dass wir uns z. B. gegenseitig für verschlissen halten. Man kann sich übrigens auch erneuern.

[Dr. Lindner (FDP): Der Flierl ist auch aus der Mode geraten – moralisch verschlissen! – Heiterkeit bei der FDP und der CDU – Weitere Zurufe]

Die Fragestunde ist jetzt beendet. Die heute nicht beantworteten Fragen werden gemäß § 51 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt Frau Kollegin Radziwill von der Fraktion der SPD. – Ich sehe sie nicht!

[Zurufe]

Dann geht es weiter mit der Frage des Kollegen Henkel. Sie sind schon wieder dran. – Bitte schön, Herr Henkel!

Da müssen Sie durch, Herr Präsident!

[Heiterkeit]

Das schaffen wir auch.

Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Wie bewerten Sie das Konzept für das zentrale Mahnmal „17. Juni 1953“, das Ihnen von der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft vorgelegt wurde? Welche Schritte zu dessen Realisierung haben Sie bisher eingeleitet?

Herr Regierender Bürgermeister Wowereit! Sie haben das Wort. – Bitte schön!

[Niedergesäß (CDU): So ist es!]

Diese vernünftigen Regelungen sind aber nicht so leicht zu erreichen. Es gibt einerseits den Anspruch desjenigen, der das Mahnmal gestaltet hat und der sagt, sein Mahnmal habe eine bestimmte Ästhetik, die sich auch in der Verbindung mit dem Gebäude herstelle. Daraus ergeben sich Restriktionen. Andererseits gibt es die Bedürfnisse des Finanzministeriums. Insofern hoffen wir, dass wir dort weiterhin vermittelnd tätig sein können und eine bessere Situation entsteht, die sowohl der Ästhetik des Mahnmals – wie es jetzt dort vorhanden ist – wie auch den Anforderungen der Opferverbände gerecht wird. Hoffentlich kommen wir da zu einer Lösung.

Herr Kollege Henkel hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Wurde das Konzept in der Senatskulturverwaltung geprüft, nachdem es Ihnen übergeben wurde? Wurde mit der Bundesregierung gesprochen? Liegen schon Stellungnahmen vor? Wenn ja, wie sehen diese aus? Wenn nein, wann werden sie vorliegen?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Kulturverwaltung ist bei den Besprechungen immer dabei.

Ich habe noch weitere Gespräche geführt – u. a. mit einem Unternehmen, das ich zurzeit noch nicht namentlich nennen will. Auch dieses Unternehmen denkt darüber nach, in Berlin sein europäisches Hauptquartier zu errichten. Das sieht ganz günstig aus. Ansonsten habe ich während dieser Asienreise noch Gespräche mit dem japanischen Tourismusministerium geführt. Japan versucht zurzeit seine touristischen Werbeaktivitäten zu erhöhen, weil 16 Millionen Touristen aus Japan in das Ausland verreisen, aber nur fünf bis sechs Millionen Touristen nach Japan kommen. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Zahlungsbilanz, und ich habe mit dem japanischen Tourismusministerium darüber gesprochen, dass die ITB eine ausgezeichnete Plattform für eine groß angelegte Werbekampagne Japans bietet. Es gab die Zusicherung, dass die Aktivitäten Japans auf der TB verstärkt werden.

[Frau Senftleben (FDP): Gott sei Dank! – Braun (CDU): Reden Sie noch zusammen?]

Ach, Herr Braun! Lächelkurs – das gibt es bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das hilft manchmal weiter.

[Heiterkeit – Braun (CDU): Sie waren auch schon besser!]

Die Kulturverwaltung ist involviert. Sie weiß darüber Bescheid. Meines Wissens liegt noch kein Ergebnis vor. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich Ihnen aus dem Stegreif heraus nicht den aktuellen Stand sagen kann. Das Projekt ist jedenfalls in der Bearbeitung.

Nun hat Kollege Doering das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS. – Bitte!