Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

eine Möglichkeit, der Öffentlichkeit und den CDUAbgeordneten klarzumachen, dass es neben dem großen zentralen Fanfest noch viele große Feste in den Bezirken und auch zentral in der Stadt gibt, die man noch besser publik machen kann?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Buchholz! Ja, es gibt sehr viele kleinere und größere Veranstaltungen neben der Fanmeile. Sie sind auch gut besucht. Dennoch ist die Situation so, dass die Massen zur Fanmeile streben. Das ist so, das mag man gut oder schlecht finden, aber wir müssen uns darauf einstellen. Deshalb müssen wir auf einen eventuellen Ansturm beim Halbfinale und beim Finale gewappnet sein.

[Trapp (CDU): Mit Deutschland!]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt geht es weiter mit der Frage Nr. 4 des Kollegen Eßer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema

Bespitzelung des Sozialforums

Bitte schön, Herr Kollege Eßer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Was hindert den Senat daran, nicht nur Prof. Grottian, sondern auch den übrigen Mitgliedern des Sozialforums, der Initiative Bankenskandal und anderen betroffenen Gruppen Einsicht in die über sie angelegten Akten des Verfassungsschutzes zu ermöglichen?

Die Sachlage, erste Frage von Ihnen: Was hindert uns, Menschen Einsicht zu geben? – Nichts. Sie werden Einsicht kriegen. Prof. Grottian hat das beantragt. Es haben inzwischen zwei, drei andere beantragt. Das ist nicht nur eine Akteneinsicht für Prof. Grottian, sondern wer Akteneinsicht beantragt, bekommt nach den Voraussetzungen des Verfassungsschutzgesetzes – dazu gehört auch der Schutz der Interessen Dritter usw. – Akteneinsicht.

Nein! Ob es etwas in den Akten über ihn gibt, Herr Ratzmann.

2. Wie beurteilt der rot-rote Senat eine solche Akteneinsicht vor dem Hintergrund, dass Rot-Grün 1989 den Mitgliedern der Alternativen Liste – so auch mir und dem heutigen Wirtschaftssenator – Einsicht in die Akten des Verfassungsschutzes gewährt und diese für das Amt peinlichen Dokumente anschließend in das Landesarchiv überstellt hat?

Ich vermute, der Senator für Inneres will reden. – Herr Dr. Körting hat das Wort. – Bitte schön, Herr Dr. Körting!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eßer! Zu Frage 1 eine Klarstellung: Es gibt keine über Prof. Grottian angelegte Akte des Verfassungsschutzes. Das muss ich immer wieder betonen. Weder Prof. Grottian noch das Sozialforum noch andere von Ihnen genannte Gruppierungen, die es hier gibt, sind Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes gewesen. Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes sind bestimmte autonome Gruppen. Da müssen Sie allerdings springen, ob Sie meinen dass sie Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sind. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, verfassungsfeindliche Bestrebungen, ganz egal ob es Ausländerextremisten, ob es Rechtsextremisten oder ob es Linksextremisten sind, zu beobachten und darüber die Politiker und andere zu beraten. Dementsprechend gehören zu den Beobachtungsobjekten bei uns auch linksextremistische Gruppierungen, die sich in Wort und Schrift offen zur Abschaffung des Parlamentarismus bekennen und an dessen Stelle eine kommunistische oder sonstige Diktatur setzen wollen, oder die sich offen zu Gewalt bekennen. Das sind teilweise die autonomen Gruppen.

Wenn Sie sich unsere Zahlen aus dem Jahr 2005 ansehen, dann haben wir im Jahr 2005 152 Gewaltdelikte im Bereich der politisch motivierten Kriminalität links gehabt, davon 12 Brandanschläge, 63 Körperverletzungen. Hinzu kommen 186 Sachbeschädigungen. Ich stehe dazu, dass auch solche Organisationen, die so etwas gutheißen, vom Grundsatz her vom Verfassungsschutz zu beobachten sind. Deshalb sind autonome Gruppen, die diese Politik unterstützen, vom Verfassungsschutz zu beobachten.

[Eßer (Grüne): Da geraten alle möglichen anderen in die Mühlen!]

Das ist so. Mit wem man sich ins Bett legt, mit dem wird man gefunden. So einfach ist das. Das ist ein altdeutscher Spruch aus dem Mittelalter. Das ist nichts Anzügliches. – Wir beobachten autonome Gruppen. Bei der Beobachtung dieser autonomen Gruppen sind, weil sie Bündnisse mit anderen geschlossen haben, automatisch bei dem, was aus den autonomen Gruppen berichtet wurde, Menschen mit enthalten, die sich mit den autonomen Gruppen zusammengetan oder getroffen haben. Dazu haben wir eine Aussage gemacht, dass wahrscheinlich zu unsensibel und zu undifferenziert Material aufgehoben worden ist. Zu dieser Aussage stehe ich.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Auch Herr Specht?]

Auch der selbstverständlich. Ich weiß nur nicht, ob etwas in seiner Akte ist. Das kann ich jetzt nicht sagen.

[Ratzmann (Grüne): Christian Specht hat eine Akte bei Ihnen?]

Wir haben uns deshalb – um das auch gleich hier klarzustellen, weil es Irritationen gab, Herr Ratzmann hatte das im Innenausschuss gefragt – entschieden, vorerst unser Überprüfungssystem zu beenden und im Moment keine Vorgänge zu löschen, weil wir nicht wissen, wer noch Akteneinsicht wünscht. Wer sich jetzt meldet, wird Gelegenheit zur Akteneinsicht haben.

Die zweite Frage, die Sie stellen, wie wir das vor dem Hintergrund betrachten, dass es einmal ein Akteneinsichtsrecht innerhalb der rot-grünen Landesregierung für die Alternative Liste gegeben hat: Ich glaube, man darf Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Meines Erachtens hat die Alternative Liste, die ich auch seit über 20 Jahren kenne,

[Ratzmann (Grüne): Und beobachte! – Zuruf von der CDU: Leider nicht!]

sich zu keinem Zeitpunkt zu Gewalt, Brandanschlägen, Sachbeschädigung, Körperverletzung als Mittel der parlamentarischen Auseinandersetzung bekannt. Insofern ist das nicht vergleichbar, wenn wir autonome Gruppen, die sich dazu bekennen, heute beobachten, mit dem, was Sie von 1989 wissen wollen.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Eßer – bitte schön!

Auch wenn das keine Frage ist; ich nehme erst einmal dankbar zur Kenntnis, dass Sie sagen: Jeder, der sich bei Ihnen meldet, kann die Einsicht erhalten. – In diesem Sinn ist der alte Vorgang mit dem jetzigen sehr wohl vergleichbar. Auch damals wurde wegen bestimmter Individuen, von denen man glaubte, dass sie in der Alternativen Liste tätig sind, der Gesamtkomplex beobachtet. Daher würde ich gern wissen: Ehe Sie die Akten schreddern, sind Sie denn bereit, die verschiedenen betroffenen Gruppierungen dieser Art, das Sozialforum ist eine, die Initiative Bankenskandal, die Initiative Volksbegehren, wo die Gewerkschaft der Polizei mit drin saß, und die Berliner Tafel sind andere, die sich miteinander getroffen haben, sind Sie bereit, wenigstens diese in einer ähnlichen Situation wie damals die Alternative Liste be

Die zweite Frage, die Sie stellen, habe ich öffentlich schon beantwortet. Der Fall gibt uns Anlass, das Verfahren, das wir bei der Sammlung von Daten haben, daraufhin zu überprüfen, ob wir die Grenzen genau einhalten. Wir haben das zum Anlass genommen, in anderen Fällen zu gucken: Sind die Grenzen dort genau eingehalten? Wenn sie nicht genau eingehalten sind, dann sind die Grenzziehungen neu zu machen. Das heißt, wir werden

dafür sorgen, dass die Grenzen eingehalten werden. Trotzdem werde ich auch für die Zukunft nicht ausschließen können, wenn ich verfassungsfeindliche Organisationen oder Gruppen habe oder sogar terroristische Gruppen aus dem Ausländerextremismus, wenn die sich mit anderen Gruppierungen aus dem Islamismus oder sonstwo treffen, dass dieses Bestandteil der Akte des Verfassungsschutzes wird, weil auch Sie eventuell ein legitimes Interesse daran haben, wo die Fäden von einem solchen Netzwerk hinreichen. Machen wir uns mal nichts vor! Das gilt für den Rechtsextremismus, für Neonazis ganz genauso wie für Terroristen. Es gilt ganz genauso für Linksextremisten. Ich bin nicht bereit, dort einen Unterschied zu machen.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich frage den Senat: Welche Forderungen wurden – vor dem Hintergrund des zwischen Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jüngst geschlossenen Tarifvertrages – von Seiten der Ärztevertreter der öffentlichen Berliner Kliniken bereits erhoben? Ist ein Ärztestreik zu erwarten?

findlichen Bürgerbündnisse öffentlich zu benennen, aus deren Reihen sich dann diese Personen melden könnten, die bei Ihnen Akteneinsicht beantragen können?

Herr Senator Körting!

Herr Kollege Eßer! Ich habe deutlich gemacht, dass wir autonome Gruppen beobachten. Wir beobachten keine Bürgerbündnisse, irgendwelche Initiativen oder Volksbegehren oder was auch immer. Das heißt, wir haben auch keine Akten über diese Gruppierungen, sondern Sie finden eventuell in einer Akte über die autonome Gruppe XY, dass die sich an einem Bündnis beteiligt mit Soundso. Das halte ich übrigens für eine zulässige Information, die der Verfassungsschutz sammeln darf. Wir müssen doch im Interesse des Verfassungsschutzes und unserer Verfassung wissen, wo sich verfassungsfeindliche Gruppierungen tummeln und was sie eventuell tun. Das halte ich für ein legitimes Interesse. Ich stehe auch dazu. Insofern bleibe ich bei der Aussage: Es gibt über die anderen Gruppierungen keine gezielte Beobachtung. Es gibt auch keine gezielte Registrierung. Das heißt, ich habe eine Akte Autonome X und muss jetzt mit Hand raussuchen: Ist da irgendwo ein Vermerk, dass die autonome Gruppe mit Herrn Soundso gesprochen hat. Wenn Herr Soundso kommt, werden wir ihm Akteneinsicht gewähren. – Ich habe doch gesagt, wir werden in diesem Bereich im Moment nicht schreddern.

Danke schön! – Jetzt hat Herr Zillich das Wort für eine Nachfrage.

Herr Senator! Werden Sie zusagen, dass angesichts der Erfahrungen mit der Berichterstattung über das Sozialforum, obwohl es offiziell nicht Beobachtungsobjekt war, der Bereich Linksextremismus im Verfassungsschutz einer Revision daraufhin unterzogen wird, inwieweit es sich dabei um einen Einzelfall handelt? Können Sie zusichern, dass Ergebnis und Ziel einer solchen Revision sein wird, dass ein solcher Fall, dass über ein Nichtbeobachtungsobjekt trotzdem nahezu komplett berichtet wird, in Zukunft nicht wieder auftreten wird?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Zillich! Es ist nicht über das Sozialforum komplett vom Berliner Verfassungsschutz berichtet worden. Das will ich hier einmal festhalten. Ich spreche nur für die Berliner Verfassungsschutzbehörde, sonst für niemanden.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt stellt Herr Lehmann von der FDP eine Frage zu dem Thema

Droht ein Streik der Berliner Klinikärzte?

Bitte schön, Herr Lehmann!

Herr Staatssekretär SchulteSasse antwortet für den Senat. – Bitte schön, Herr Schulte-Sasse!

Dr. Schulte-Sasse, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz: Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lehmann! Die Situation an den beiden Kliniken ist, wie Sie wissen, von der Ausgangslage her verschieden. Die Charité hat am 21. April 2006 eine Einigung mit dem Marburger Bund, Landesverband Berlin-Brandenburg, über einen Vorschalttarifvertrag für die 2 200 Berliner Universitätsärzte erzielt. Damit ist der für den 24. April 2006 angekündigte Streik in der Charité abgewendet worden. Der Vorschalttarifvertrag trat zum 1. Mai 2006 in Kraft und ist bis zum 31. März 2007 befristet. Nach Aussagen des Vorsitzenden des Marburger Bundes Landesverband Berlin-Brandenburg sind mit dem Vorschalttarifvertrag die schwierige wirtschaftliche Situation des Landes Berlin und die Forderung der Charitéärzte gut miteinander kombiniert worden. Daher werden zurzeit von den Ärzten der Charité keine Forderungen erhoben und wird kein Streik in Betracht gezogen.

Allerdings haben sich die Parteien des Vorschalttarifvertrags verpflichtet, in erneute Verhandlungen einzutreten, sobald ein Tarifvertrag zwischen dem Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zu Regelungen für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken abgeschlossen wird. Dies ist mit Wirkung zum 1. Ju

Die andere Frage ist: Wie können wir ein Solidarsystem, von dem 90 % der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land profitieren, zukunftsfähig gestalten? – Hier gibt es – und da sind sich nach meiner Kenntnis alle Parteien einig, einschließlich der Ihren – ein großes Problem im Hinblick auf die Finanzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversicherung. Und die Lösung dieses Problems ist wahrhaft kompliziert und schwierig. Es wird mit Sicherheit keine Lösung geben, die niemanden ausspart. Es wird Belastungen geben müssen. Was im Detail auf Bundesebene hierzu beschlossen werden wird, werden wir abwarten müssen. Ich kenne – so wie Sie – Einzelinformationen nur aus den Berichterstattungen der Presse, die zum Teil auch nicht einheitlich, sondern widersprüchlich sind, und allein deshalb verbietet sich eine Kommentierung meinerseits zu diesem Zeitpunkt.

li 2006 hinsichtlich der Tarifsätze und zum 1. November 2006 hinsichtlich der übrigen Regelungen geschehen. Deshalb werden nach der Sommerpause die Verhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Charité erneut beginnen, insbesondere um die Vergütung der Charitéärzte auf das Niveau der Tarifgemeinschaft deutscher Länder für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken anzugleichen. – So weit die Situation zur Charité.

Die Situation zu Vivantes: Forderungen des Marburger Bundes gegenüber Vivantes wurden bisher nicht erhoben. Wegen der bestehenden Friedenspflicht darf zurzeit auch keine Urabstimmung der Mitglieder des Marburger Bundes erfolgen. Die Friedenspflicht bei Vivantes resultiert daraus, dass der Marburger Bund zwar den Tarifvertrag vom 17. Januar 2001, nach dem für die Angestellten von Vivantes der BAT in der TdL-Fassung Anwendung findet, mit Schreiben vom 17. Juni dieses Jahres gekündigt hat, die Kündigung aber wegen der dreimonatigen Kündigungsfrist erst zum 15. September 2006 wirksam wird. Bis dahin ist deshalb auch kein Streik zu befürchten.

Die Entwicklung im Bereich der Vereinigung kommunaler Krankenhäuser bleibt abzuwarten. Der zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem Marburger Bund vereinbarte Tarifvertrag findet schon aus dem Grund keine Anwendung, da er nur für die Universitätskliniken unmittelbare Wirkung entfaltet.

Zusammenfassend kann ich deshalb zu Ihren Fragen feststellen, dass in den beiden großen kommunalen Krankenhäusern des Landes Berlin derzeit nicht mit Streiks der Ärzteschaft gerechnet werden muss.

Eine Nachfrage des Kollegen Lehmann! – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Auf Grund der sehr schwierigen Situation und dadurch, dass das auch in unmittelbarem Zusammenhang steht: Wie bewertet der Senat angesichts des offensichtlichen Kostendrucks im Gesundheitssystem die Absichten der Bundesregierung, eine Gesundheitssteuer einzuführen? Teilen Sie meine Auffassung, dass die Steuer- und Abgabenlasten in Deutschland wie auch in Berlin ohnehin zu hoch sind?