Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 4 c:

Studienreform durch BerlHG-Novelle nicht im luftleeren Raum – Bericht zum Stand und den Folgen der Bachelorreform jetzt!

Antrag der Grünen Drs 16/0557

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat Frau Schillhaneck. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Woran denken Sie, wenn Sie irgendwo die Worte „BolognaReform“, „Bachelor“ oder „Master“ lesen? Denken Sie dabei an modularisierte Studiengänge, bessere Betreuungsrelationen, eine bessere Organisation der Studiengänge, sodass die realen Studienzeiten sinken, oder vielleicht an die Idee, dass Wissenschaftlichkeit und Berufsorientierung sich als Studienziel nicht widersprechen müssen? Fällt Ihnen dazu vielleicht sogar der europäische Hochschulraum ein – das Ziel der besseren Internationalisierung und Mobilität unserer Studierenden? – Dann denken Sie vor allem an die Chancen, und es würde mich freuen, wenn Sie vor allem an diese Chancen einer qualitätsorientierten Studienstrukturreform denken.

Die Kritiker und Kritikerinnen der Reform haben vor allem immer die Gefahren betont. Sie sahen die Gefahr der Verschulung oder eine Gefahr der Niveauabsenkung, weil die Massen nur noch das Bachelor-Studium machen, aber nur noch die Wenigsten den Master. Sie sahen die Gefahr einer einseitigen Orientierung an Verwertungslogiken oder die ganz andere Gefahr, dass einfach alter Saft in neue Tüten gefüllt und auf alte Studiengänge das neue Etikett „Bachelor“ oder „Master“ geklebt wird.

Wer hat nun recht behalten? – Die Reform – das muss man deutlich sagen – war ein politisch verordnetes Ziel. Das kam nur sehr marginal von den Hochschulen selbst. Aber genau deshalb ist die Politik – wir als Landesparlament und Sie als Landesregierung – jetzt gefordert, sich damit auseinanderzusetzen, wie diese Umstellung auf den Bachelor gelaufen ist und welche Konsequenzen das für Studierende, Lehrende und die Hochschulen als Institutionen hat.

[Beifall bei den Grünen]

Bei dem, was seit Längerem zu hören ist, bleibt einem manchmal etwas die Spucke weg. Studierende, aber auch Lehrende beklagen sich darüber, dass sie mit teils völlig unsinnigen Prüfungsanforderungen überzogen werden. Die Betreuungsrelationen haben sich in einigen Bereichen verbessert. Der Preis dafür sind Pflichtseminare, wo die Plätze verlost werden. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass der ursprüngliche Ansatz für die Studienreform darin bestand, diese klassischen Krankheiten einer sogenannten Massenuniversität irgendwie in den Griff zu bekommen. Wir können nur feststellen, dass es dabei offensichtlich etwas hakt. Es gibt innerhalb der meisten Bachelor-Studiengänge keine Möglichkeiten, auf

die faktische Normalität Teilzeitstudium sinnvoll einzugehen. Entweder ist man heute ausschließlich Student oder Studentin, oder man hat ein Problem – wenn man z. B. nebenbei arbeiten geht, Kinder hat oder sich – wie wir das doch immer fordern – gesellschaftlich engagiert. Dazu kann ich nur sagen: So geht das nicht. Das kann nicht wahr sein.

[Beifall bei den Grünen]

Vor allem Lehrende beklagen sich immer wieder darüber, dass zwischen Pflichtcurriculum und Anwesenheitskontrollen in vielen Studiengängen nur noch eine vage Ahnung von dem übrig ist, was eigentlich einmal als wissenschaftliches Studium gedacht war. Die Einführung von studienbegleitenden Prüfungen hat in einigen Studiengängen zu wahrnehmbaren Verbesserungen geführt, in anderen aber zu einer kaum begründbaren Vervielfachung von Prüfungslasten. Wenn Sie dann mal fragen, warum das so ist, bekommen Sie sehr schnell eine Antwort, und die heißt: Die Politik will das doch so von uns. – Da stellen wir die Frage: Wie ist denn dieser Eindruck entstanden? – Wir wollten das jedenfalls nicht im Rahmen der Bachelor- und Masterreform.

Wir beobachten schon seit einiger Zeit sehr kritisch, was an den Berliner Hochschulen in Bezug auf Bachelor und Master läuft. Wir sagen: Die Politik, die diese Reform wollte, ist jetzt auch gefordert, sich damit auseinanderzusetzen und die Hochschulen nicht allein zu lassen. Denn das – mit Verlaub – haben Sie durchaus getan in letzter Zeit. Man kann doch nicht den Hochschulen den Brocken hinwerfen und sagen: „Nun macht mal! In euren Zielvereinbarungen steht drin, dass ihr Bachelor und Master einzuführen habt.“, ohne sich dann um die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen auch nur einen Gedanken zu machen. Das kann nicht sein. Das funktioniert nicht.

[Beifall bei den Grünen]

Denn bis heute kennt das Berliner Hochschulgesetz keinen Bachelor-Studiengang. Zentrale Fragen wie die Definition von Teilstudiengängen des Teilzeitstudiums oder – ganz banal – die Definition dessen, was ein Modul ist, sind nicht geklärt. Alle Studenten sollten ja modularisierte Studiengänge machen, aber was sie da wirklich machen sollen, hat ihnen nie jemand gesagt. Das fehlt, oder es ist nicht anwendbar, weil es sich auf die alten Studiengänge bezieht.

Es geht auch unter den Bedingungen von autonomen Hochschulen und mit einem Vertragssystem längst nicht nur darum, wie man die Hochschulleitungen in das Gesetz schreibt und was man hinsichtlich der Gremien in der Hochschule festschreibt, sondern bei einem Hochschulgesetz geht es um das Setzen der angemessenen Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Hochschulen ihre ureigensten Aufgaben in Wissenschaft und Studium organisieren. Wir müssen die Rahmenbedingungen setzen. Das ist die ureigenste Aufgabe der Landespolitik, und das fordern wir mit unserem Antrag ein.

[Beifall bei den Grünen]

Frau Schillhaneck, Ihre Redezeit ist beendet!

Ja! – Zum Schluss nur noch eine Bemerkung: Dass die Hochschulen das von uns auch so erwarten, sieht man z. B. an der Diskussion im Akademischen Senat der Humboldt-Universität in dieser Woche. Die haben klar die Verantwortung des Senats und der Landespolitik gerade bei der Umsetzung der Bachelorreform betont. Wir sagen: Lassen Sie die nicht länger allein im Regen stehen! Wir müssen uns damit auseinandersetzen. Und machen Sie endlich die Hochschulgesetz-Novelle, wo das abgeklärt werden kann und die Rahmenbedingungen drin stehen! – Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort hat nun Frau Dr. Koch-Unterseher. – Bitte sehr!

Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Schillhaneck! Ich habe mich über viele faire und fachkundige Bemerkungen, die Sie zu dem Prozess gemacht haben, in dem wir mittendrin sind, gefreut. Über einige Ihrer Schlussfolgerungen habe ich mich gewundert. Ich habe mich – das muss ich eingangs auch sagen – schon über den Titel gewundert. Sie haben formuliert: „Studienreform und Novelle des Berliner Hochschulgesetzes findet im luftleeren Raum statt.“ – Ich finde nicht, dass der Raum, in dem das stattfindet, luftleer ist. Im Gegenteil: Wir haben intensive bildungs- und wissenschaftspolitische Diskussionen seit 1998. Bis das umgesetzt wird, ist noch sehr viel Luft. Deshalb habe ich Ihren Titel nicht verstanden.

Ich möchte noch einmal ganz kurz schildern, worum es bei der Studienreform ging, die zum Bachelor und Master führt, zu den sogenannten gestuften Studienabschlüssen. Die Diskussion begann im Mai 1998 in Paris. Dort haben sich vier Bildungsminister aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland besprochen. Sie wollten harmonisierte Bedingungen in der europäischen Hochschullandschaft bewirken. Im Juni 1999 haben sich schon 29 Ministerinnen und Minister getroffen und das Ziel erklärt, der europäische Hochschulraum müsse zwischen graduierten und Undergraduate-Studiengängen unterscheiden und es auf diese Weise erreichen, dass mehr Mobilität und Flexibilität im gesamten europäischen Hochschulraum die Regel ist. Wir halten weiterhin fest, dass das eine richtige und zukunftsweisende Idee war. Es ist gut, dass wir uns in Europa, in Deutschland und insbesondere in Berlin auf die Socken gemacht haben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Ziele – ich skizziere es noch einmal ganz kurz – lagen in der internationalen Öffnung, in der Vergleichbarkeit und der Verständlichkeit von Studienabschlüssen. Ziel war auch die Reduzierung der Abbrecherquote. Es ging des weiteren darum – das sollte ein qualitätssicherndes Akkreditierungssystem mitbewirken –, dass die Lernziele und -inhalte der Studiengänge überdacht, noch einmal auf den Prüfstand gestellt und neu zusammengesetzt werden sollten. Wir erkennen hier also einen fundamentalen Wechsel des Wissenschaftssystems. Früher ging es nur darum, dass viele Studierende hinein und irgendwann mit einem Abschluss – viele erhielten gar keinen Abschluss – herauskamen. Heute ist es so, dass Universitäten und Hochschulen an ihrem Erfolg gemessen werden. Der Erfolg besagt etwas darüber, wie viele, wie gut und wie schnell sie das Studium absolvieren konnten. Wir finden es gut, dass es sich jetzt in diese Richtung entwickelt. Daran müssen wir weiterarbeiten.

Zum Zwischenstand der Umsetzung gibt es neben vielem Lob über die umfangreiche und beeindruckende Wandlung, die wir sehen, auch Probleme. Das schildern uns auch die Forschungsinstitute HIS und CHE. Da gibt es Probleme nicht nur mit den komplexeren Vorgängen der Akkreditierung, sondern auch Probleme mit der Mobilität der Studierenden, die noch zu wenig in Europa zum Studieren unterwegs sind. Es gibt aber auch Schwierigkeiten bezüglich der Prüfungsflut und der Verschulung. Das sind Stichworte, die immer wieder fallen.

Modularisierung – das hatte Frau Kollegin Schillhaneck erwähnt – wird als Einengung empfunden. Das wird gelegentlich immer wieder vorgebracht. Ich möchte nur darauf hinwirken, Frau Schillhaneck – das gilt als Aufforderung an Sie und Ihre Fraktion –, darauf zu schauen, woran es konkret liegt, wenn Prüfungsvorgänge verschult erscheinen und wenn Studienordnungen belastet und wenig durchforstet, wenig modernisiert und so wenig auf die neuen Zeiten ausgerichtet wirken. Sind es nicht doch in erster Linie die Fachleute in den Hochschulen selbst, die sich vielleicht, bevor sie die Akkreditierung angegangen haben, nicht genug Sorgfalt und Mühe gegeben haben zu überlegen, wie man das Ganze, was sie zur Akkreditierung vorschlagen, wirklich entschlacken könnte? Ist es richtig, dass Sie an der Stelle hier nach der Politik rufen? – Mir scheint, das ist ein wenig zu kurz gesprungen. [Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Im Übrigen möchte ich Sie nur mit einer einzigen Zahl behelligen. Berlin liegt bundesweit von allen Bundesländern an der Spitze. Wir bieten 81,3 Prozent – das sind Zahlen von diesem Sommer von der Hochschulrektorenkonferenz – des Gesamtstudienangebots bereits in gestufter Form mit Bachelor- und Masterabschluss an.

Nun haben Sie zitiert – wir haben es alle gehört –, dass die fleißigen Studierenden der Humboldt-Universität eine Studie erstellt haben. Dort gibt es eine Projektgruppe Studierbarkeit. Diese haben eine dicke und beeindruckende Studie mit einer Umfrage unter mehr als 2 000 Studierenden erstellt, in der etliche konkrete Probleme von den

Studierenden, was die Umsetzung der Studienreform angeht, aufgegriffen wurden.

Frau Abgeordnete! Ihre Redezeit ist bereits beendet.

Danke! – Ich komme zum Schluss. – Insbesondere Probleme mit Familien- und Betreuungssituationen, Verschulungen der Studiengänge werden dort moniert. Wir weisen darauf hin, dass die Hochschulen in der Verantwortung sind, sich um die Umsetzung der Studienreform selbst zu kümmern, möchten aber auch klar sagen, dass sich der Senat frühzeitig darum gekümmert hat. Sowie die Studie im Mai erschienen war, gab es eine Reaktion. Sobald die neu eingerichtete AG Studierbarkeit erste Zwischenergebnisse vorlegt, wird es ein Gespräch geben, das ganz in unserem Sinne ist. Studierende müssen ihre Sorgen und Änderungswünsche vortragen und besprechen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Koch-Unterseher! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Zimmer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag der Grünen gelesen habe, hätte ich für die Rede eigentlich ein relativ kurzes Konzept im Sinne von „Stimmt!“ schreiben können. Das ist richtig. Das muss man auch tun. – Frau Dr. Koch-Unterseher, Sie sagten, die BerlHG-Novelle würde nicht im luftleeren Raum stattfinden, sondern es wäre ganz viel Luft. Das stimmt. Das Problem ist nur, dass es meistens heiße Luft ist, die mit der BerlHG-Novelle produziert worden ist.

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Dieses Projekt hat lange Zeit in Anspruch genommen und kann auf Erfahrungen aufbauen, die an den Universitäten und Fachhochschulen selbst gesammelt wurden. Es sollte Einiges dafür getan werden, auch Freiräume zu erhalten. Wir müssen uns natürlich auch mit den veränderten Rahmenbedingungen, die in den letzten Jahren auf unsere wissenschaftlichen Einrichtungen zugekommen sind, auseinandersetzen und auch auf ihre Praktikabilität überprüfen. Das Anliegen ist also berechtigt. Genauso berechtigt ist der Bologna-Prozess. Da gibt es hier im Haus auch keinen großen Zweifel. Es gibt verschiedene Studiengänge, bei denen man sich fragt, wie man dem Bachelor- und Mastermodell nähertreten kann. Auch das ist sicherlich ein richtiger Hinweis, weil es dort auch traditionelle Verwurzelungen gibt, die mit typischen Berufsbildern für Deutschland, aber auch für andere Länder, korrespondieren.

Es geht aber auch um die Frage, wie der Studienalltag tatsächlich ausgestaltet wird. Es ist schön, dass wir von den Studierenden der Humboldt-Universität einen entsprechenden Bericht bekommen haben. Er ist aber noch lange nicht aussagekräftig für die gesamte Hochschullandschaft. Es geht nicht nur um die Universitäten, es geht nicht nur um die Humboldt-Universität, es geht auch um die Fachhochschulen. Da wir dort auch eine veränderte Situation und den Grundgedanken einer Durchgängigkeit zwischen den unterschiedlichen Hochschulzweigen haben, ist darauf ein besonderes Augenmerk zu richten.

Es geht auch nicht nur um die Studierenden, sondern auch um die Rahmenbedingungen für die Lehre. Ich rege angesichts der Auseinandersetzung über die BerlHG-Novelle an, eine vernünftige empirische Grundlage zu schaffen und uns nicht nur mit der Frage des Bachelor- und Mastersystems auseinanderzusetzen, sondern auch mit der Einführung der W-Besoldung und deren Folgen oder auch der Nichteinführung der W-Besoldung, die im Augenblick keine Rolle spielt. Das hat auch etwas damit zu tun, wie es seitens der Berliner Verwaltung gehandhabt wird. Das hört man zumindest immer wieder gern aus Universitätskreisen.

Man wird sich darüber unterhalten müssen, wie die institutionalen Rahmenbedingungen insgesamt an den Hochschulen zu schaffen sind. Dabei gilt es – ich habe es schon angesprochen – die Rolle der Universitäten und Fachhochschulen neu zu definieren, wie optimale Strukturen in einem Bologna-geprägten Lehrbetrieb aussehen und wie sich unsere Universitäten weiter entwickeln. Werden es Forschungsuniversitäten oder Lehruniversitäten? Das ist eine Diskussion, die in vollem Gang ist. In welche Richtung führt uns die Exzellenzinitiative? In welcher Richtung werden zukünftig auch öffentliche und private Mittel aufgewandt? Führt es dazu, dass wir einen Bereich haben, in dem Spitzenforschung stattfindet und einen Bereich haben, der – wie es Herr Markschies einmal formulierte – wie eine große Volkshochschule zwar vorhanden ist, aber die eigentliche akademische Qualität nicht mehr vermitteln kann? Und auch das korrespondiert mit Bologna. Es reicht nicht, dass wir unsere Studienabschlüsse anders nennen und dass wir unsere Studienverläufe auf dem Papier anders gestalten. Es hat auch etwas damit zu tun, wie wir die Attraktivität und Exzellenz im Lehrbetrieb steigern können. Auch das gehört mit zu der Frage: Wie werten wir den begonnenen Wandlungsprozess in unseren Universitäten und Fachhochschulen aus?

Ich bitte darum, dass wir uns in diesem Zusammenhang auch mit best practices auseinandersetzen, die über Berlin und Deutschland hinausgehen. Man muss sich auch die Frage stellen: Wie gehen andere Nationen im europäischen Wissenschaftsraum mit dem Bologna-Prozess um? Was können wir von ihnen lernen? Wie sieht in diesem Licht die Zielsetzung des Wissenschaftsraums Berlin aus? Was wollen wir eigentlich erreichen? – Wir haben eine

Diskussion über eine Wissenschaftsmarke geführt. Wir haben eine Diskussion darüber geführt, wie wir bestimmte Teilbereiche aufstellen. Aber wie sieht eigentlich unser Anspruch an den universitären und fachhochschulischen Wissenschaftsstandort Berlin aus? Auch das ist ein elementarer Bestandteil einer Neugestaltung der BerlHGNovelle. Wollen wir ein größeres Augenmerk auf die Durchlässigkeit und Attraktivität für Studierende aus anderen Ländern des Bologna-Raums haben? Dann wird man darauf ein Augenmerk richten müssen. Wollen wir stattdessen etwas Eigenes schaffen und auf spezifische Berliner Bedingungen eingehen? Wollen wir uns beispielsweise mit der Frage von Familienfreundlichkeit und ähnlichen Dingen stärker beschäftigen, weil wir sagen: Es gibt innerhalb Deutschlands auch dort einen Handlungsbedarf? Dann muss das auch vor die Klammer gezogen werden. So gesehen kann man sagen, wie so häufig im Leben: Alles hängt mit allem zusammen.

Ich bin den Grünen dafür dankbar, dass sie dieses Thema aufgerufen haben, und hoffe, dass wir im Ausschuss die Gelegenheit bekommen werden, auf fundierter, sachlicher Grundlage darüber zu beraten, und dann beteiligt werden an dem, was am Ende des Prozesses stehen soll – ein reformiertes Berliner Hochschulgesetz, das unseren Universitäten und Fachhochschulen und vor allen Dingen auch unseren Studierenden die Möglichkeit gibt, in der Zukunft das Beste aus dem zu machen, was Bologna uns an die Hand gegeben hat. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zimmer! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Albers. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Die Diskussion über die Studienreform findet nicht im luftleeren Raum statt. Sie ist ausgesprochen interessengeprägt. Es geht dabei auch um die Frage, die Herr Zimmer gerade aufgeworfen hat: Welche Ansprüche hat diese Gesellschaft eigentlich zukünftig an ihre Hochschulen?

Die Koalitionsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode vereinbart, die Schaffung eines europäischen Hochschulraums im sogenannten Bologna-Prozess weiter zu unterstützen. Dabei haben wir als Linke nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir der 1998 von den Staatschefs der EU vereinbarten sogenannten Lissabon-Strategie, auf die der Bologna-Prozess aufbaut und die zum Ziel hat, Europa bis 2010 zum dynamischsten und stärksten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, kritisch gegenüberstehen. Hochschulbildung kann nicht einzig ökonomischen Zielen untergeordnet werden. Wilhelm von Humboldt würde im

Grabe rotieren – Sie erinnern sich: Bildung, Weisheit und Tugend so mächtig und allgemein verbreitet als möglich. – Der Wert von Wissenschaft misst sich in einer demokratischen Gesellschaft auch zukünftig nicht an ihrer unmittelbaren Verwertbarkeit im sogenannten Wertschöpfungsprozess.