Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

[Beifall bei der FDP]

Doch ich mache mir wenig Illusionen. Wahrscheinlich werden Sie diesen Antrag auch wieder ablehnen. Sie werden weiter wegschauen, die Augen vor den Notwendigkeiten verschließen. Ich sage Ihnen eines: Jeder müde Euro, den Sie momentan in ein Projekt mit einem ungewissen Ausgang stecken, ist eine Verschwendung, das ist unverantwortlich. Wir haben im Bildungsbereich genug zu tun: marode Schulen, zu wenig Lehrpersonal. Das sind im Übrigen zwei Grundvoraussetzungen, damit Schule überhaupt gelingen kann. Um dieses zu realisieren, müssen wir Geld in die Hand nehmen.

Frau Senftleben, Ihre Redezeit ist bereits beendet. Das wissen Sie, nicht?

Zwei Sätze noch! – Tun Sie es, vergeuden Sie keine Ressourcen, setzen Sie Schwerpunkte!

Nun, last but not least: Lieber Herr Nolte! Wir hatten eben so ein leichtes, nettes Tête à Tête beim „RBB.

[Karlheinz Nolte (SPD): Tête à Tête?]

Ich freue mich auf Ihre Rede, denn eins muss ich sagen: Sie haben mir in keinem Punkt widersprochen. Nun müssen Sie das, was Sie eben den Zuschauern gesagt haben, auch Ihren Kollegen von Rot-Rot sagen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Jetzt hat Herr Nolte für die SPD-Fraktion das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Senftleben! Ich widerspreche Ihnen nicht, wo wir einer Meinung sind, aber ich widerspreche Ihnen, wo wir nicht einer Meinung sind. Wie Sie es schon angekündigt haben, ist es tatsächlich so, dass das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm in der bisherigen Höhe fortgeschrieben wird. So steht es in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Linksfraktion für diese Legislaturperiode. Das bedeutet, dass jedes Jahr 41 Millionen €, insgesamt also 205 Millionen € bis zum Jahr 2011, zur Verfügung stehen.

[Mieke Senftleben (FDP): Ein Tropfen!]

Dieses Programm bleibt damit das Kernstück der Politik der Koalition für die Modernisierung und Instandsetzung von Bildungseinrichtungen und Sportanlagen.

[Beifall bei der SPD]

In der vergangenen Wahlperiode, also in den Jahren 2002 bis 2006, wurden allein für dieses Programm 234 Millionen € bereitgestellt.

Die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen wurden von den Bezirken ausgewählt und nach Prioritäten geordnet, von der Stadtentwicklungsverwaltung bewilligt und von den Bezirken ausgeführt. Mit den Sanierungsmitteln wurden beispielsweise Dächer und Fassaden, Klassenräume und Sporthallen, Sanitäranlagen, ganze Schulhöfe und Sportplätze in einen sicheren, zeitgemäßen und langfristig nutzbaren Zustand gebracht. Anfängliche Umsetzungsschwierigkeiten in einigen Bezirken, die dazu führten, dass die Sanierungsmittel nicht in der beantragten Höhe ausgeschöpft wurden, sind spätestens seit dem Jahr 2006 behoben worden.

Herr Abgeordneter Nolte, entschuldigen Sie bitte die Störung! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Senftleben?

Wird es auf meine Zeit angerechnet?

Dann bitte, Frau Senftleben!

Verehrter Herr Kollege Nolte! Wenn Sie dieses wunderbare Bild schildern, können Sie mir sagen, wie der Rechnungshof auf die Summe von 700 Millionen € in den Jahren 2004 bis 2007 kommt, sodass wir inzwischen bei einer Gesamtsumme von 1,5 Milliarden € sind? Hat der Rechnungshof sich hier vielleicht verrechnet?

Zur Schätzung des Rechnungshofs, liebe Frau Senftleben, komme ich gleich. Jetzt sind wir zunächst bei dem, was die Koalition bisher getan hat und tun wird zur Sanierung der Schulen und Sportanlagen. Ich war bei den Bezirken, denn die FDP hat beantragt, dass das Verfahren der Programmumsetzung geändert wird. Das ist erledigt. Förderlich für die Beseitigung der Umsetzungshemmnisse war neben der Einstellung der Prüfungsverfahren durch die Stadtentwicklungsverwaltung insbesondere die Regelung, dass vom Bezirksamt beantragte Mittel auf andere Bezir

ke umverteilt werden, wenn der Bezirk dem Senat nicht bis zum 31. Juli eines Jahres die Auftragsvergabe für mindestens 75 Prozent der Sanierungsmittel nachgewiesen hat. Im Moment, liebe Frau Senftleben, beträgt der Zeitraum zwischen der Beantragung einer Baumaßnahme durch den Bezirk und der Bewilligung durch den Senat weniger als zwei Monate. Das Verfahren ist also ausgereift, und eine grundlegende Umgestaltung, wie sie die FDP in dem Antrag fordert, ist völlig überflüssig.

In den Jahren 2003 bis 2007 kamen übrigens zu den Sanierungsmitteln des Landes Berlin noch insgesamt 163 Millionen € aus dem Investitionsprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ der rot-grünen Bundesregierung hinzu, Mittel, die dem Land geholfen haben und in diesem Jahr auch noch helfen, mit 359 Einzelvorhaben eine Vielzahl von Schulen fit zu machen für die Ganztagsbetreuung ihrer Schüler. Das waren allerdings keine Sanierungsmaßnahmen, sondern Investitionen. Aber auch die haben wir gern für Berlin in Anspruch genommen.

[Beifall der Frau Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Insgesamt wurden im Zeitraum 2002 bis 2007 für die Schulen und Sportanlagen Berlins 438 Millionen € zur Verfügung gestellt. Trotzdem, Frau Senftleben, kommt der Berliner Rechnungshof in seinem Prüfungsbericht 2007 zu der Einschätzung, dass der ungefähre Sanierungsbedarf für diese Einrichtungen aktuell bis zu 1,5 Milliarden € betragen kann. Die zuständige Senatsverwaltung schätzt den Bedarf auf ungefähr 1 Milliarde €. Bei einer Fehlergrenze von 500 Millionen € zwischen Senat und Rechnungshof ist es nötig, dass man den Sanierungsbedarf konkreter bestimmt.

Was ist zu tun? – Zunächst einmal muss der Senat in Zusammenarbeit mit den Bezirken ermitteln, wie hoch der kurz- und mittelfristige Gesamtsanierungsbedarf wirklich ist und wie er nach Dringlichkeit kategorisiert werden kann. Da sind wir uns mit der FDP einig. Wir sind uns auch darin einig, dass der Senat sich mit den Bezirken auf eine mittelfristige mehrjährige Sanierungsplanung und durchführung verständigen muss. Bei der Ermittlung des Sanierungsbedarfs muss übrigens auch unterschieden werden, welche Mittel für unabweisbaren Instandsetzungsbedarf und welche für wünschenswerte wertverbessernde Maßnahmen erforderlich sind. Der Begriff Sanierungsbedarf umfasst alle diese Maßnahmen.

Es muss auch ermittelt werden, wie der Immobilienbestand Berlins effektiver genutzt werden kann, von welchen Immobilien sich das Land mittelfristig trennen kann, also neudeutsch: wie durch sogenanntes FacilityManagement Effizienzgewinne erzielt werden können.

Die Forderung der FDP, Maßnahmen zur ästhetischen Aufwertung der Schulgebäude wie das Programm „Grün macht Schule“ in diesem Zusammenhang besonders zu fördern, halten wir für abwegig. „Grün macht Schule“ ist kein Sanierungsprogramm, sondern ein pädagogisches Projekt mit dem Ziel, Schule als Lebens- und Lernort zu verwirklichen. Für dieses Programm stehen übrigens jähr

lich etwa 100 000 € Landesmittel und noch einmal der gleiche Betrag Drittmittel zweckgebunden zur Verfügung. Das soll auch künftig so bleiben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die FDP fordert, für die Finanzierung von Sanierungsprogrammen künftig auch alternative Finanzierungsmodelle zu prüfen, wie z. B. Public-Private-PartnershipProgramme. – Selbstverständlich, Frau Senftleben, werden der Senat und die Fraktionen Finanzierungsmodelle prüfen, die auch in anderen Bundesländern und Städten Anwendung finden. Die Koalition wird das ohne ideologische Vorbehalte tun.

[Mieke Senftleben (FDP): Bisher habt ihr das noch nicht gemacht!]

Allerdings müssen andere Finanzierungen für Berlin auch günstiger sein. Das heißt, sie müssen, was die zeitliche Abwicklung, die Flexibilität der Maßnahmen, insbesondere aber, was die Kosten betrifft, günstiger sein als die übliche Finanzierung über Kreditaufnahme des Landes. Hier sind übrigens alle Fraktionen gemeinsam übereingekommen, die Sanierung einzelner Schulen mithilfe von Public-Private-Partnership in den Bezirken Reinickendorf, Spandau und Treptow-Köpenick als Pilotprojekte prüfen zu lassen. Das Ergebnis dieser Prüfung und die Bewertung durch den Senat erwarten wir noch vor der Sommerpause, und dann werden wir es im Hauptausschuss besprechen.

Der vorliegende Antrag wird heute in die zuständigen Fachausschüsse überwiesen und soll dann in die Beratung des Haushalts 2008/2009 einbezogen werden. Also, Frau Senftleben, da, wo Sie recht haben, haben Sie recht. Und wo ich nicht mit Ihnen übereinstimme, habe ich es Ihnen auch gesagt. Die Koalition leistet im Bereich Schul- und Sportanlagensanierung viel, auch im Vergleich mit anderen, reicheren Bundesländern, und darauf können wir ein wenig stolz sein.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Nolte! – Für die CDU-Fraktion hat das Wort Herr Steuer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nolte! Sie sagen, schauen Sie doch nach, mehr als in Berlin getan wird, finden Sie nirgendwo anders. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Weniger als unter Rot-Rot zur Sanierung der Schulgebäude getan wird, ist in Berlin auch noch nie getan worden.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Ihr Wortbeitrag hat schon sehr gewundert und dürfte viele Schulleitungen, Eltern und Lehrer sehr verwundert haben, die jeden Tag in die Berliner Schule gehen und die desolaten Schulgebäude, die desolaten sanitären Einrich

laten Schulgebäude, die desolaten sanitären Einrichtungen sehen, seit 40 Jahren nicht mehr sanierte Treffpunkte in den Schulen, Aulen und Mehrzweckräume. So sieht es doch tatsächlich aus, und das ist nichts anderes als die Visualisierung Ihrer desaströsen sozialdemokratischen Bildungspolitik in Berlin.

Aber, Frau Senftleben, auch Ihr Antrag wundert mich. Sie haben erkannt: Hier gibt es ein Problem. Sie stützen sich auf die Veröffentlichung des Landesrechnungshofs, das ist löblich. Aber Sie springen nur den ersten Schritt, Sie springen zu kurz. Denn ohne eine Aufstockung der Sanierungsmittel mindestens auf die ursprüngliche Höhe von 50 Millionen € wird es nicht gehen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das haben wir immer gefordert!]

Schauen Sie sich an, wie groß der Sanierungsstau ist! Viele Hundert Millionen € müssen investiert werden, um die Schulen in Berlin wieder auf Vordermann zu bringen. Die Bezirke kommen mit ihren eigenen Sanierungsmitteln nicht hinterher. Hier sind die 41 Millionen € des Senats nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Im Grunde genommen geht es darum, dass die Bezirke minderausgestattet sind, und das schon seit langer Zeit, und die notwendigen Sanierungen längst bekannt sind. Hier brauchen wir kein neues Konzept und keine Prioritätenliste. Die Bezirke haben Prioritätenlisten. Die wissen jetzt schon, welche Schulen in den nächsten fünf Jahren saniert werden müssten. Den Bezirken fehlt hierfür schlichtweg das Geld, das Rot-Rot ihnen entzogen hat.

Deshalb lassen sie uns über Ihren Antrag sprechen. Es ist richtig, PPP nach vorn zu bringen, wie das die Bezirke Reinickendorf und Spandau schon vorbereitet haben. Wir können uns auch darüber unterhalten, wie das Verfahren beschleunigt werden kann. Aber, um es kurz zu machen: Am Ende werden wir nicht umhinkommen, das Sanierungsprogramm mindestens auf die ursprüngliche Höhe von 51 Millionen € aufzustocken. Nur das ist eine ehrliche Herangehensweise an das Thema. Darum kommt die Koalition auch nicht herum. Der Landesrechnungshof hat es Ihnen noch mal aufgeschrieben. Wenn Sie nicht wollen, dass Kinder den Staat in Berlin das erste Mal dadurch kennenlernen, dass sie in das marodeste, kaputteste, versiffteste Gebäude geschickt werden und das die Schule ist, dann müssen wir hier mehr investieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steuer! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Zillich das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Sie haben recht, es gibt den Investitionsstau an Berliner Schu

len, der ist sichtbar. Er erschwert die Arbeit an den Schulen. Es gibt unterschiedliche Angaben darüber, wie hoch er denn nun eigentlich ist. Der Rechnungshof spricht von geschätzt bis zu 1,5 Milliarden €. Die Senatsverwaltung für Finanzen schätzt den Sanierungsstau in bezirkseigenen Immobilien, von denen die Schulen ein großer, aber ein Teil sind, auf 700 Millionen €.

Das ist eine Differenz. Das sind allerdings beides große Summen. Deswegen haben Sie recht, dass dieser Bedarf in den Haushaltsberatungen ermittelt werden muss. Aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend ist der Befund des Rechnungshofs, dass der Sanierungsstau – also das Delta zwischen dem, was aufgewendet wird, und dem Bedarf – seit Mitte der Neunzigerjahre größer wird, obwohl das Land seit 1999 über 370 Millionen € über das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm in die Sanierung gesteckt hat.

Ja, es ist richtig, an den Berliner Schulen ist das Desaster der öffentlichen Finanzen in Berlin direkt sichtbar. Das muss man so sagen. Es nutzt auch nichts, sich dort hinter etwas zu verstecken. Es ist nicht selbstverständlich, dass dieser insgesamt große Betrag in den vergangenen Jahren in der Situation der Haushaltsnotlage aufgewendet worden ist. Aber es ist auch richtig, dass dieser Betrag augenscheinlich nicht ausreicht. Hier ist direkt sichtbar, dass die eigentlich dafür Zuständigen, die Bezirke, aufgrund der ihnen in der Haushaltsnotlage zur Verfügung stehenden Mittel bei Weitem nicht in der Lage sind, die notwendigen Sanierungen anzugehen.

Aber auch über den Sanierungsbedarf hinaus gibt es Notwendigkeiten, in die Schulgebäude Geld zu stecken. Ich will drei Gründe dafür nennen – einerseits den Raumbedarf für die Ganztagsbetreuung – das Auslaufen des IZBB ist hier sicherlich keine Hilfe –, zweitens den Bedarf für die Weiterentwicklung der Berliner Schulstruktur und nicht zuletzt den steigenden Bedarf aufgrund steigender Schülerzahlen in bestimmten Stadtteilen. In Prenzlauer Berg haben wir die Situation – und wir werden sie auch woanders bekommen –, dass wir aufgrund eines Bedarfs etwas tun müssen, was in Berlin in den letzten 20 Jahren nicht üblich oder nicht notwendig war, nämlich dass wir Schulen neu bauen müssen und dass wir Flächen dafür sichern müssen. Dabei können wir die Bezirke – auch wenn sie dafür zuständig sind – nicht allein lassen. Die begrüßenswerte Möglichkeit, dass der Verkauf ungenutzter öffentlicher Flächen und Gebäude aufgrund der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt zustande kommt, darf uns nicht dazu verleiten, nicht auf die Perspektive zu achten. Wir müssen auch frühzeitig Flächensicherung betreiben.