Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Aber auch über den Sanierungsbedarf hinaus gibt es Notwendigkeiten, in die Schulgebäude Geld zu stecken. Ich will drei Gründe dafür nennen – einerseits den Raumbedarf für die Ganztagsbetreuung – das Auslaufen des IZBB ist hier sicherlich keine Hilfe –, zweitens den Bedarf für die Weiterentwicklung der Berliner Schulstruktur und nicht zuletzt den steigenden Bedarf aufgrund steigender Schülerzahlen in bestimmten Stadtteilen. In Prenzlauer Berg haben wir die Situation – und wir werden sie auch woanders bekommen –, dass wir aufgrund eines Bedarfs etwas tun müssen, was in Berlin in den letzten 20 Jahren nicht üblich oder nicht notwendig war, nämlich dass wir Schulen neu bauen müssen und dass wir Flächen dafür sichern müssen. Dabei können wir die Bezirke – auch wenn sie dafür zuständig sind – nicht allein lassen. Die begrüßenswerte Möglichkeit, dass der Verkauf ungenutzter öffentlicher Flächen und Gebäude aufgrund der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt zustande kommt, darf uns nicht dazu verleiten, nicht auf die Perspektive zu achten. Wir müssen auch frühzeitig Flächensicherung betreiben.

Zum Antrag wurde schon einiges gesagt. Einige Dinge sind richtig. Er muss in die Haushaltsberatungen eingehen. Zu Public-Private-Partnership hat Herr Nolte die richtigen Worte gesagt. Ich will den Mechanismus noch einmal deutlich machen, weshalb das langfristig eine sehr teure Maßnahme sein kann. Bei einer solchen Investition müssen wir nicht nur die Investition selbst bezahlen und

die Kosten für die Finanzierung übernehmen, sondern darüber hinaus noch eine Rendite für den privaten Partner generieren. Aus Spaß an der Freude und purer Menschenliebe wird uns niemand dafür Geld geben.

Letztlich ist der Bedarf unumstritten. Es wird in den Haushaltsberatungen darauf ankommen, inwieweit wir in der Lage sein werden, die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen, etwas für die Substanz der Schulgebäude tun zu können. Die Ehrlichkeit gebietet aber durchaus auch, darauf hinzuweisen, dass es angesichts weiterer Konsolidierungsnotwendigkeiten nicht einfach wird. Die Opposition teilt ja mit, dass die Konsolidierung bei Weitem – auch in der Planung des Senats – noch nicht ausreicht. Es ist also klar, dass die Spielräume dafür nicht üppig sind, wenn man sich nur einmal anguckt, was allein für Bildung und Jugend an Mehrbedarf angemeldet worden ist: die Ausstattung der Jugendämter, die Hilfen zur Erziehung, Sprachförderung in der Kita, die kostenfreie Kita, bessere Ausstattung von Grundschulen und Horten, Mittagessen an Ganztagsschulen,

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Finanzierung von Dauerkranken, Vertretungspauschale, Investitionen in eine zukunftsfähige Schulstruktur, Schulsanierung, Lehrerarbeitszeit, zusätzliche Referendarplätze, bessere Ausstattung von Schulsekretariaten und Schulleitungen und – wie wir im letzten Ausschuss seitens der Opposition gehört haben – Gutachten. Das macht deutlich, wie schwer es werden wird, dem benannten Bedarf zu entsprechen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zillich! – Jetzt hat Herr Abgeordneter Schruoffeneger für die Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Zillich! Das ist eben das Problem, wenn man als Koalition keine Schwerpunkte setzt. Dann kommt man irgendwann zu dem Ergebnis, dass nichts mehr geht.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Özcan Mutlu (Grüne): Und keine Konzepte hat!]

Wir haben es bei dem Inhalt dieses Antrags mit einem wahren Trauerspiel seit mehr als zehn Jahren zu tun. Das Trauerspiel hat 1995 in der großen Koalition begonnen und wurde von Rot-Rot unverändert fortgeführt, nämlich dass man den Verzicht auf bauliche Unterhaltung, den Verzicht auf Sicherung der Infrastruktur als Haushaltskonsolidierung bezeichnet. In Wirklichkeit – das wissen wir alle – ist es das Gegenteil. Der bauliche Verfall unserer Infrastruktur ist die teuerste Form des Schuldenmachens, die man sich vorstellen kann. Deshalb war das von Anfang an eine falsche Konsolidierungsstrategie, diese

Kürzungen bei der baulichen Unterhaltung und bei den Investitionen vorzunehmen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Herr Zillich! Bei Ihnen hatte ich den Eindruck, dass Sie das wenigstens sehen. Bei Herrn Nolte hatte ich den Eindruck, dass er schon sehr lange nicht mehr in einer Berliner Schule war.

[Özcan Mutlu (Grüne): Stimmt sogar!]

Er war vielleicht in Finnland oder Frankreich in einer Schule, aber nicht in Berlin, denn er hat nicht einmal mehr das Problem erkannt. Was uns der Rechnungshof seit Jahren ins Stammbuch schreibt, nicht nur für die Schulen, auch für andere Gebäude, auch beim Tiefbau, das wird von Rot-Rot immer noch ignoriert. Das ist ein ganz schlechtes und teures Verfahren. Es ist mittlerweile auch klar, dass der Senat nicht einmal einen Überblick über den realen Sanierungsbedarf, über den Sanierungsstau in Berlin hat. Was wir gestern im Hauptausschuss vorgelegt bekommen haben – 1,6 Milliarden € –, war eine rechnerische Größenordnung. Es scheint keine konkrete Liste der einzelnen Gebäude zu geben, wo steht, was in welchem Gebäude zu tun ist. Das ist aber der erste Schritt, um mit diesem Thema seriös umzugehen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Mieke Senftleben (FDP)]

Herr Nolte! Wenn Sie dieses schöne Verfahren so toll finden, dann sage ich Ihnen eines: Sie haben – angefangen in der großen Koalition und fortgeführt bis jetzt – den Bezirken in den letzten zehn Jahren rund 120 Millionen € jährlich für bauliche Unterhaltung über die Haushaltskonsolidierung entzogen. Dann geben Sie 41 Millionen € als Landesprogramm Schulsanierung zurück. Deshalb dürfen Sie sich nicht wundern, dass das nicht reicht und dass man über dieses Verfahren schimpft. Was die Bezirke vorher mit ihrem eigenen Geld immer hinbekommen haben, funktioniert jetzt über einen bürokratischen Umweg, von dem Sie sagen: Was wollt ihr eigentlich? Die Beteiligung der Senatsverwaltung dauert doch nur noch zwei Monate. – Wozu denn diese zwei Monate? Wozu denn dieses zusätzliche Personal, das sich damit beschäftigen muss? Völliger Blödsinn! Und Sie selbst haben hier zweieinhalb Minuten Ihrer kostbaren Redezeit verwendet, um uns dieses Verfahren zu erklären. Das sagt alles über dieses Verfahren.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Das sagt gar nichts!]

Was wir brauchen, wenn wir den Sanierungsstau nicht weiter anwachsen lassen und in den nächsten 10 bis 15 Jahren langsam wieder abbauen wollen, ist eine Erhöhung der Schulsanierungsmittel um rund 100 Millionen € pro Jahr, zusätzlich zu den Mitteln in den Bezirkshaushalten. Was Sie gemacht haben, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ist eine Pressemeldung mit der Überschrift „100 Millionen € mehr für die Schulsanierung“. Damit meinten Sie aber nicht mehr, sondern die Rücknahme einer Kürzung. Sie haben das Schulanlagensanierungsprogramm im letzten Jahr von 50 Millionen € auf

41 Millionen € gekürzt. Diese Kürzung nehmen Sie jetzt zurück, 9 Millionen € pro Jahr.

[Mieke Senftleben (FDP): Nein, haben sie nicht!]

Sie haben das angekündigt, sagen wir es so! – Die Überschrift Ihrer Pressemitteilung lautet: „100 Millionen € mehr“. Ich glaube, bei Ihnen hat PISA in Mathematik auch ein Problem bereitet. Das sind nicht 100 Millionen € mehr.

[Beifall bei den Grünen]

Diese brauchten wir aber.

Ich will zum Abschluss einen Satz zur FDP sagen. Eines verstehe ich bei Ihrem Antrag nicht. Der Antrag steht unter der Überschrift „Exzellente Bildung für Berlin“. Dann schreiben Sie aber, der Sicherung und Instandhaltung von Schulgebäuden müsse z. B. vor ästhetischen Maßnahmen Vorrang gegeben werden. Wenn man aber über exzellente Bildung redet und nicht über Bildung auf unterstem Niveau, dann geht es um Aufenthaltsqualität in Schulen, um Nutzungsmöglichkeiten von Schulhöfen und nicht nur um bautechnische Sicherung.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Deshalb finde ich diese Einschränkung, keine ästhetischen Sachen mehr zu machen, „Grün macht Schule“ zurückzustellen und alles nur noch in Bautechnik und Bausicherung zu stecken, ausdrücklich falsch.

Darüber muss im Ausschuss noch einmal geredet werden. Ansonsten ist der Antrag die richtige Initiative. Wir werden uns bemühen, das in den Haushaltsberatungen mit dem von uns erkannten Bedarf – 100 Millionen € jährlich für das Schulanlagensanierungsprogramm zusätzlich zu dem, was schon jetzt in den Bezirkshaushalten eingestellt ist – zu begleiten.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schruoffeneger! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Hauptausschuss. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe die Priorität der Fraktion der SPD auf unter

lfd. Nr. 4 e:

Modernisierung der Berliner Verwaltung und Bürokratieabbau entschlossen fortsetzen

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0515

in Verbindung mit

Dringliche Beschlussempfehlung

Modernisierung der Berliner Verwaltung und Bürokratieabbau entschlossen fortsetzen

Beschlussempfehlung VerwRefKIT Drs 16/0593 Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0515

Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 16. – Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Der Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0515 ist vorab an den Ausschuss für Verwaltungsreform, Kommunikations- und Informationstechnik überwiesen worden. Die nachträgliche Zustimmung stelle ich fest. Die Beschlussempfehlung hierzu liegt Ihnen bereits vor. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Bitte, Herr Treichel!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Birk! Sie sagten auf der letzten Ausschusssitzung, dass sich kaum jemand in diesem Haus für die Verwaltungsreform interessiere. Und was ist heute, Herr Kollege? – Priorität! Die Koalitionsfraktionen setzen unseren Antrag auf die Liste der Prioritäten. Was wollen Sie eigentlich mehr?

[Zuruf von Thomas Birk (Grüne)]

Das hatten wir Ihnen im Ausschuss versprochen, das erleben Sie nun heute. Ich sage es noch einmal: Die Verbesserung der Verwaltung und der Bürokratieabbau haben für uns Priorität und Dringlichkeit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der Senat hat am 1. April 2003 die Neuordnungsagenda 2006 beschlossen. Mit über 50 Projekten hat der Senat in der zurückliegenden Legislaturperiode diese Neuordnungsagenda betrieben. Sie wurde Teil der Finanzplanung von Berlin. Die Senatsverwaltungen und die Bezirke waren eingebunden. Die prominentesten Beispiele dieser Agenda sind z. B.: die Reformen des öffentlichen Gesundheitsdienstes; das Modellsozialamt 2005; die Ordnungsämter; die Optimierung der Bürgerämter; Umsetzung des Masterplans E-Government. – Ich mache hier einen Schnitt, könnte die Liste jedoch ohne Probleme fortführen.

Was wir in der letzten Legislaturperiode auf dem Feld der Verwaltungsreform begonnen haben, ist eine Erfolgsgeschichte. Sie belegt die Stärke und Entschlossenheit der zurückliegenden und der gegenwärtigen Regierungskoalition.

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne)]

Bürokratieabbau und Optimierung der Verwaltung haben Priorität für die Koalition, weil wir den Menschen in dieser Stadt dienen.

[Beifall bei der SPD]