Protokoll der Sitzung vom 21.06.2007

Bei den nicht ausgeschöpften Ausbildungsmitteln – das wissen auch Sie, Herr Czaja – kommt es auch auf die Bezirke und die Fachverwaltungen an, was diese abfragen. Der Senat hat hier nur zu einem bestimmten Teil Einfluss, dass er sagt: Liebe Verwaltung, bilde aus, es gibt hier noch Mittel. Wenn die Verwaltungen dies nicht tun, gibt es kein Druckmittel. Das Geld verfällt allerdings auch nicht. Das konnten Sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Frau Pop lesen. Die Mittel werden dann umgeschichtet.

Ich möchte Sie auch noch darauf hinweisen, dass 500 Jugendliche pro Jahr in Ausbildungsberufen ausgebildet werden, die nicht für die Verwaltung gedacht sind, sondern für die Wirtschaft, und die hinterher nicht übernommen werden können.

Aber zumindest sind es Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst.

[Sebastian Czaja (FDP): Jetzt widersprechen Sie sich aber!]

Ich widerspreche mir nicht.

Zum Antrag der Grünen: Liebe Frau Pop, eine Ausbildungsquote von sieben Prozent gibt es nicht. Das wissen Sie. Das war eine Forderung der Gewerkschaften und der Linken. Die Quote war mit der Forderung nach einer Umlagefinanzierung durch die Wirtschaft und nach einem Umlagefinanzierungsgesetz verbunden. Dieses Gesetz hat Ihre Partei, als sie in der Regierungsverantwortung war, nicht realisiert. Es schmort noch immer in den Schubladen des Bundesrates. Stattdessen wurde der Ausbildungspakt verlängert, inzwischen bis zum Jahr 2010.

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion erhält jetzt der Kollege Luchterhand. – Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass auch in der heutigen Sitzung über Forderungen gesprochen wird, die partielle Möglichkeiten zum Erhalt bzw. zur Schaffung von Arbeitsplätzen eröffnen. Die Situation ist unverändert äußerst angespannt. Es sieht leider nicht so aus, als stelle sich im Herbst die totale Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt ein. Wie in den vergangenen Jahren ist auch im Jahr 2007 die Lage so, dass sich der Eindruck verfestigt, nicht jeder Verantwortliche arbeite mit ganzer Kraft und kreativem Einsatz an einer Verbesserung der Lage. Alle, die Einfluss und Möglichkeiten der Steuerung haben, erscheinen mir nicht atemlos und könnten die Schlagzahl deutlich erhöhen. Sie dürfen nicht darauf hoffen, dass die Diskussion im Herbst abflaut und zum Jahresende einschläft. Häufig bleibt am Ende nur der Hinweis auf die Wirtschaft und der Vorwurf, sie bilde zu wenig aus – und das seitens eines Senats, der selbst dem Anspruch genügender Ausbildung nicht gerecht wird.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Bei den Unternehmen mit über 50 Prozent Landesbeteiligung ist die Ausbildungsquote indiskutabel, mit negativen Spitzenreitern von drei Prozent. Unternehmen, die nichts oder wenig ausbilden, signalisieren, dass sie wenig an ihre eigene Zukunft glauben.

[Beifall von Gregor Hoffmann (CDU)]

Wer meint, Azubis machten das Geschäftsergebnis kaputt, der irrt gewaltig.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Stimmt!]

Einerseits bewirken Azubiprojekte mit steigender Ausbildungszeit genau das Gegenteil, und andererseits dürften die allgemeinen Geschäftsziele falsch sein, wenn das Ergebnis nicht stimmt. Es ist faszinierend, dass Geschäftsergebnisse länger als sechs Monate im Voraus ausweichend erläutert werden, aber die gleichen Leute genau wissen, dass sie drei bis dreieinhalb Jahre später keinen ausgebildeten Nachwuchs benötigen. Azubis haben noch kein Unternehmen in den Ruin getrieben, vielmehr halten sie den Weg in die Zukunft offen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ganz besonders unverständlich ist die Unterdeckung der Ausbildungsquote im Gesundheitsbereich. Gerade hier bildet sich bei deutlich zunehmendem Fachpersonalbedarf eine Lücke, wenn nicht ausreichend ausgebildet wird.

Wenn im allgemeinen Landesdienst die selbst gesetzten Ausbildungsplatzmengen nicht realisiert werden und als Erklärung nicht erschienene Neuazubis und Frühabbrecher angeführt werden, erzeugt das bei Leuten, die sich im Geschäft mit Ausbildungsverträgen auskennen, heftiges Erstaunen. Wenn es gewollt ist, dass eine bestimmte Azubizahl dazukommt, dann werden diese normalen Verluste über Überhangbewerber und Nachrücker ausgeglichen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Es bleiben berechtigte Zweifel, eine Lücke könnte nicht geschlossen worden sein, um eine Einsparung zu realisieren.

Wir unterstützen als CDU-Fraktion die vorliegenden Anträge. Es muss erreicht werden, dass Forderungen nach Ausbildungsquoten auch bei landeseigenen Unternehmen umgesetzt werden und dass im direkten Landesdienst bereitgestellte Mittel ausgeschöpft werden, zumal die Quote gerade da extrem gering ist.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Im Vordergrund steht, dass über alle Schuldzuweisungen hinweg alles zur Schaffung von Ausbildungsplätzen getan wird. Nur in der Addition vieler Einzelschritte kommen Zahlen zustande, die die bestehende Lücke auf dem Ausbildungsmarkt verringern.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen und an den Hauptausschuss. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Wir kommen dann zur

lfd. Nr. 5 c:

Antrag

Schwarzarbeit aufdecken – Leistungserschleichung beenden!

Antrag der FDP Drs 16/0634

Das ist die Priorität der FDP-Fraktion unter dem laufenden Tagesordnungspunkt 35. – Auch hier stehen den Fraktionen wieder jeweils fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Es beginnt Herr Lehmann für die FDP. – itte! B

Meine Damen und Herren! Vor etwa einem Jahr titelte der „Tagesspiegel“:

Berlin ist die Hauptstadt der Schwarzarbeit.

Noch ein Jahr früher hieß es ebenfalls im „Tagesspiegel“:

Jeder fünfte Euro wird in Berlin schwarz verdient.

In diesem Jahr erfahren wir von einer Maßnahme in Sachsen-Anhalt, bei der Arbeitslose zu einer Schulung geladen wurden, zu der fast die Hälfte nicht erschien. Stattdessen haben sie sich aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Hintergrund dieser Maßnahme waren Anhaltspunkte, wonach viele Arbeitslose nebenbei schwarz arbeiten. Auch wenn dies nur eine kleine Stichprobe war und die Zahlen nicht repräsentativ sind, sollte man sie doch nicht unterschätzen.

[Beifall bei der FDP]

Allerdings wäre es falsch, pauschal alle Arbeitslosen der Schwarzarbeit zu verdächtigen und ein grundsätzliches Misstrauen zu schaffen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Aber Sie dürfen nicht übersehen, dass Schwarzarbeit weit verbreitet ist und allein im letzten Jahr ein Schaden von mehr als 6 Millionen € entstanden ist. Diese enorme Summe muss erst einmal erwirtschaftet werden. Menschen, die regulär arbeiten, dürften kaum dazu Zeit haben. Wer schwarz arbeitet, hinterzieht Steuern und Leistungen und zahlt keine Sozialabgaben. Hinzu kommt, dass er auch ehrlich Beschäftigten Arbeit wegnimmt. Das geht zulasten der Allgemeinheit und somit zulasten des Staates. Wenn Schwarzarbeiter zudem noch Leistungen der Sozialversicherung beziehen, ist das Leistungsmissbrauch. Dieses Erschleichen von Sozialleistungen ist unsolidarisch und muss verfolgt werden.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wie groß Ausmaß und Schaden wirklich sind, kann man erahnen, wenn man sieht, dass nach Schätzungen der Fachgemeinschaft Bau 70 bis 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an Schwarzarbeit beteiligt sind.

Hier drängt sich die Frage auf, ob so viele Deutsche kriminelle Energien entwickeln, mit ihrem Verdienst nicht zufrieden sind oder so viel Zeit haben. Sie stimmen mir sicherlich zu, dass wir dabei Ersteres ausschließen können. Lassen Sie uns aber einmal den Verdienst näher betrachten! Etwa 40 Prozent des Lohns wird Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weggenommen, um diesen Teil in eine ausufernde Sozialindustrie zu investieren. Dadurch wird dem Einzelnen so viel Verantwortung wie möglich von seinen Schultern genommen, und in vielen Fällen bleibt ihm dadurch so wenig, dass er zum Konsum von Sozialleistungen getrieben wird. Das ist in meinen Augen nicht sozial. Für den Arbeitgeber verteuert sich der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin weiter, wenn er den ebenfalls beträchtlichen Anteil an Sozialabgaben leisten muss. Die Folge: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erschließen sich ergiebigere Verdienstquellen, und Arbeitgebern fehlt der Anreiz, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen.

Genau dieses Problem wird sich durch die Einführung von nicht marktgerechten Mindestlöhnen verschärfen. Die vermeintliche Fürsorge bedroht schon jetzt die Existenz vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zwingt sie zum zusätzlichen Sozialleistungsbezug und nimmt ihnen somit Selbstbestimmung. Letztlich werden sogar viele ihren Job verlieren, wenn Produktivität und Lohn nicht mehr zusammenpassen. Das hat mit sozialer Sicherung nichts mehr zu tun.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Marion Kroll (CDU)]

Der Anreiz schwarzzuarbeiten wächst. Die Menschen verharren im Leistungsbezug und nutzen die guten Möglichkeiten, ihren Lebensstandard auf Kosten anderer zu verbessern. Das bedeutet, viele müssen bluten, um eine bestimmte, unberechtigte Personengruppe zu finanzieren. Auch wenn der Staat durch ausufernde Sozialabgaben oder Bemühungen um einen Mindestlohn dazu beiträgt, darf Schwarzarbeit nicht toleriert werden.

[Beifall bei der FDP]

Besonders die Fälle, in denen durch gleichzeitigen Leistungsbezug die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler hintergangen werden, muss man aufdecken. Bundesweit steigen die Fallzahlen in der Statistik des Bundeskriminalamtes und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Es gibt bereits intensive Ermittlungen in diesem Bereich, aber durch Umstrukturierungen in vielen Behörden oder durch Personalüberlastung besonders in Jobcentern und Arbeitsagenturen bleiben viele Fälle im Verborgenen. Um effektiv Leistungsmissbrauch durch Schwarzarbeit vorzubeugen, muss man auch neue Möglichkeiten ausprobieren. Die bestehenden Vorschriften sind gut. Diese wirken aber besser, wenn man sie durch größere Projekte verstärkt anwenden kann.