Protokoll der Sitzung vom 21.06.2007

Hinsichtlich der Aufforderung, geeignete Bewerberinnen und Bewerber auszuwählen, sowie auf Ausbildungsabbrüche und Nicht-Erscheinen in geeigneter Form zu reagieren, verweise ich auf die konkreten Bemühungen, die in den Bezirken stattfinden. Die können Sie sich ansehen, das ist sehr interessant und aufschlussreich. Auch das sollten wir vertieft in den Ausschüssen diskutieren.

Herr Kollege! Das müsste Ihr Schlusssatz gewesen sein.

Der Schlusssatz kommt jetzt. – Es ist ärgerlich, wenn bereitgestellte Mittel nicht ausgereicht werden können. Die vollständige Ausschöpfung der Ausbildungsplatzmittel wird immer unser Ziel sein, und die Mittel hierfür werden auch immer bereitstehen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Czaja – bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute Morgen hat eine Debatte genau zu diesem Thema im Deutschen Bundestag stattgefunden. 1,3 Millionen junge Menschen sind deutschlandweit auf Ausbildungsplatzsuche. Sie profitieren nicht vom Wirtschaftsaufschwung, von dem heute auch für Berlin in der einen oder anderen Debatte bereits die Rede gewesen ist.

In wenigen Wochen beginnt das neue Ausbildungsjahr. Trotz leichter Entspannung auf dem Arbeitsmarkt wird es erneut vielen Berliner Jugendlichen nicht gelingen, einen Ausbildungsplatz zu finden, und dies obwohl sie ausbildungswillig und ausbildungsfähig sind. Für dieses Dilemma gibt es unserer Auffassung nach verschiedene Ursachen. Mit Sicherheit gehört dazu aber nicht die NichtEinhaltung irgendwelcher Ausbildungsquoten.

[Beifall bei der FDP]

Es ist der kurzsichtige Versuch, die Verantwortung für verfehlte Politik auf andere abzuwälzen. Die seit langem schlechte Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist ein Resultat von verfehlter rot-roter Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik in unserer Stadt. Der Senat hat es bis heute nicht geschafft, die Ausbildungsquote und die Steuerlast insbesondere für die mittelständischen Unternehmen zu senken.

Die Frage ist nicht, ob die Unternehmen Ausbildungsplätze schaffen möchten, sondern ob sie diese überhaupt schaffen können. Das ist die Frage!

[Beifall bei der FDP]

Das gilt nicht nur für die privaten Unternehmen, sondern auch für die Landesbeteiligungen, denn auch diese müssen wirtschaftlich agieren.

Der Lösungsansatz, die Ausbildungsquote in den Landesbetrieben von heute auf morgen auf 7 Prozent zu erhöhen, ist meiner Auffassung nach der falsche Weg. Ich frage Sie in allem Ernst: Wann hören Sie endlich damit auf, Symptome zu bekämpfen, und befassen sich mit den Ursachen? – Ich nenne Ihnen vier Punkte aus unserer Sicht.

Wir brauchen erstens ein funktionierendes Bildungssystem, um die Ausbildung zu sichern. Gerade in den Hauptschulen brauchen wir mehr Orientierung auf die Berufspraxis. Denn nur so kann unserer Auffassung nach das Problem angegangen werden, dass einige Betrieb oder auch der Senat keine eigenen Bewerber finden.

Wir brauchen zweitens eine neue Wirtschaftspolitik. Das heißt, Senkung von Steuern und Abgaben, und wir brauchen ein Klima für Investitionen. Das schaffen wir auch

nicht mit einer Ausbildungsquote, die sich kontraproduktiv auf die Qualität der Ausbildung und damit auf die Situation der Unternehmen in dieser Stadt auswirkt.

[Beifall bei der FDP]

Im Übrigen bleiben wir damit den eigentlichen Problemen am Arbeitsmarkt fern, und sie bleiben damit unverändert für die jungen Menschen.

Wir brauchen drittens eine Flexibilisierung in der Berufsausbildung, beispielsweise durch individuelle Ausbildungslängen, und wir brauchen viertens die Abschaffung von Ausbildungshemmnissen, auch in Tarifverträgen, und mehr Flexibilität bei der Ausbildungsvergütung.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Oberg?

Sehr gern!

Herzlichen Dank! – Herr Kollege Czaja! Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass die Verantwortung für die Sicherstellung der notwendigen Fachkräftesituation in dieser Stadt, die für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sicher nicht unerheblich ist, auch bei den Unternehmen zu suchen ist und dass es mitnichten allein die Aufgabe der Politik ist, dort für Ausbildungsplätze zu sorgen, wo die Wirtschaft an dem Ast sägt, auf dem sie selbst sitzt?

[Beifall bei der SPD]

Vielleicht waren Sie eben zu sehr in persönlichen Gesprächen vertieft: Ich habe deutlich gesagt, dass Unternehmen Anreize brauchen. Dafür muss Steuerlast gesenkt werden, und damit müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass sich Unternehmen in dieser Stadt überhaupt erst einmal leisten können, Auszubildende in ihren Betrieben aufzunehmen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Margit Görsch (CDU)]

Die FDP wendet sich strikt dagegen, dass Betriebe verfehlte Politik ausbügeln sollen, und damit wenden wir uns auch gegen ein so untaugliches Instrument wie einen Ausbildungspakt.

Anders ist die Situation bei der Berliner Verwaltung selbst, womit ich zum Antrag der FDP-Fraktion komme. Durch die Bereitstellung von Haushaltsmitteln erklären Sie sich bereit, entsprechend viele Azubis einzustellen. Ganze 14,3 Millionen € sind in den letzten Jahren nicht

verausgabt worden. Die Ausbildungsquote in der Berliner Hauptverwaltung lag gerade einmal bei lächerlichen 0,25 Prozent. – Sehr geehrter Herr Treichel! Das war genau das, was hier vor zwei Wochen von dem Berliner Senat ausgeführt wurde, und das war nicht die Beantwortung der Kleinen Anfrage, die Sie vorhin so gerne zitieren wollten.

[Beifall bei der FDP]

Da frage ich, wieso die Hauptverwaltung nicht direkt von Ihnen – auch Ihnen, werte Kollegen von den Grünen – angesprochen wird. Grob überschlagen hätten von den verfallenen Mitteln fast 1 000 junge Menschen mehr ausgebildet werden können. Angesichts so hoher Zahlen ist es schlicht unglaubwürdig, davon zu sprechen, es hätten sich nicht genügend oder genügend geeignete Bewerber gefunden. Deshalb möchte ich noch einmal auf meine anfangs ausgeführte Forderung nach einer besseren Bildung hinweisen.

Herr Kollegen! Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen!

Für die Jugendlichen, die dann nicht die Möglichkeit haben, in dieser Stadt einen Ausbildungsplatz zu finden, tragen all jene die Verantwortung, die sich nicht darum bemühen, entsprechende Abgaben zu senken. Wenn dennoch nicht mehr Mittel verausgabt werden, dann ist es die Aufgabe, unverzüglich diese Mittel an die entsprechenden Verwaltungen umzusteuern und entsprechende Entscheidungen möglichst bald zu treffen.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Kollegin Holzheuer-Rothensteiner!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt wohl keine Fraktion in diesem Hause, die das Problem fehlender Ausbildungsplätze in Berlin nicht für ein sehr gravierendes Problem hält. Aber dass Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und der FDP, immer wieder dem Senat den Vorwurf machen, zu wenig zu tun und Jugendliche in Warteschleifen zu parken, trägt zwar zur ständigen Wiederholung von falschen Argumenten bei, allerdings kaum zur Lösung.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Auch die beiden Anträge von der FDP und den Grünen sind nicht besonders hilfreich.

Erst in der letzten Plenarsitzung hat Senatorin KnakeWerner sehr ausführlich auf eine Mündliche Anfrage des Kollegen Lehmann von der FDP zu Ausbildungsplätzen geantwortet. Ich nenne hier noch einmal insbesondere das Programm „Jobstarter“ zur Erschließung von weiteren Ausbildungsplätzen in Unternehmen der ethnischen Ökonomie, das Projekt „Ausbildung in Sicht“ für Jugendliche mit Migrationshintergrund und die 3 000 zusätzlich zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze im Rahmen des Bund-Länder-Sonderprogramms. Frau Knake-Werner hat auch angemahnt, dass landeseigene Unternehmen aus ihrer Sicht – und so sehe ich das auch – Vorbild sein und nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern möglichst darüber hinaus ausbilden sollen.

Nun wissen aber auch Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und der FDP, dass in Berlin noch immer das Problem besteht, dass der Personalbestand höher ist als anderswo und die Haushaltslage angespannt bleibt. Deshalb kann der Senat nur immer wieder Unternehmen ermutigen, mehr auszubilden und trotz Personalabbaus die Zahl der Ausbildungsplätze weiter zu erhöhen. Da gibt es gute Beispiele.

So ist die Ausbildungsquote bei der BSR zwischen 1999 und 2006 von 3,13 auf 3,71 Prozent gestiegen, bei der BVG von 3,15 auf 3,8 Prozent und bei den Wasserbetrieben und den Stadtgütern liegt sie bei 8 Prozent. Das sind gute Beispiele, und das ist auch ermutigend.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

In diesem Zusammenhang ein Wort an die FDP: Dass gerade Sie sich in Ihrem Antrag so vehement für mehr Ausbildungsplätze und die Qualifizierung des Nachwuchses im öffentlichen Dienst und den landeseigenen Betrieben einsetzen, erstaunt mich etwas, wo Ihre Partei doch eigentlich am liebsten sofort gerade die landeseigenen Betriebe privatisieren würde. Da stimmt doch etwas nicht in Ihrer Fraktion.

[Beifall bei der SPD]

Ihr Kollege Herr Thiel hat erst kürzlich wieder erklärt und vehement gefordert, alle Wohnungsbaugesellschaften, die BSR und die BVG zu privatisieren. Das sollten sie dann doch einmal in Ihrer Fraktion klären, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, was Sie dort wirklich wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Czaja von der FDP?

Frau Holzheuer-Rothensteiner! Sie teilen also nicht die Auffassung der FDP-Fraktion, dass man 1 000 Jugendlichen in dieser Stadt eine Ausbildung in der Berliner

Verwaltung ermöglichen sollte, die man im Übrigen durch die Verschenkung der Mittel nicht ermöglicht hat? Teilen Sie auch nicht die Auffassung, dass ein Ausbildungsplatz in der Berliner Verwaltung gleichzusetzen ist mit einem Ausbildungsplatz in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen in dieser Stadt?

Ich würde mich sehr freuen, wenn der öffentliche Dienst sehr viel mehr ausbilden würde und könnte. Dazu bräuchten wir dann auch die Mittel, weil Jugendlich ganz zu recht fordern, dass sie nach der Ausbildung auch übernommen werden. Niemand möchte eine Ausbildung im öffentlichen Dienst machen und hinterher gehen und arbeitslos sein. Das ist der Kampf, den wir in jedem Jahr haben, und wir setzen uns auch immer dafür ein, dass Jugendliche nach der Ausbildung möglichst übernommen werden. Wenn Sie sich die Kleinen Anfragen hierzu anschauen, wird dies auch noch einmal deutlich.