Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! – Für die CDU hat jetzt Herr Abgeordneter Gram das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Felgentreu! Ihr Beitrag war der beste Beweis dafür, dass Ihr Senat verzögert hat, um gerade Geschichten wie Tempelhof zu verhindern.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Das war eine einzige Bankrotterklärung, warum dieses Gesetz noch nicht vorliegt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Der vorliegende Gesetzentwurf ist Teil einer langen Geschichte, die in eine fraktionsübergreifende Verfassungsänderung mündete. Sie erinnern sich alle. Diese Geschichte findet heute ihre Fortsetzung. Die meisten von Ihnen werden sich bestens erinnern, wie Kollege Henkel, ich und die Damen und Herren von den anderen Fraktionen monatelang hier, aber auch außerhalb des Hohen Hauses miteinander gerungen haben, um auf der einen Seite plebiszitäre Elemente zu stärken, aber auf der anderen Seite auch die repräsentative Demokratie nicht dem Schicksal der Aushöhlung anheimfallen zu lassen. Damals hat mit Sicherheit die CDU den größten Sprung gemacht. Nun sind wir es aber auch, die mit am häufigsten als Unterstützer von Bürger- und Volksbegehren auftreten.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Eines kann ich Ihnen versprechen: Das wird auch nicht aufhören!

[Anhaltender Beifall bei der CDU]

Im Gegenteil! Mit dem von vielen anderen unterstützten Begehren zu Tempelhof werden wir den Wowereit-Senat treiben

[Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der CDU]

und dafür sorgen, dass die Schließungsarien zu seinem Schwanengesang werden.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben gelernt: Wenn ein Senat wie der Ihre auf Dauer Politik an den Interessen der Berlinerinnen und Berliner

vorbei macht, dann gerät er nicht zuletzt aufgrund der neuen Möglichkeiten direkter Demokratie unter Druck. Und das ist richtig so.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Jetzt aber kommt das Kuriose: Haben sich die Regierungsparteien damals noch gegenseitig mit Forderungen nach mehr direkter Demokratie überboten, so wird jetzt alles getan, um es ja nicht Wirklichkeit werden zu lassen, denn es stört mächtig beim Regieren. Und Tempelhof stört ganz mächtig.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Ach was! Überhaupt nicht! – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Man muss sich das einmal vorstellen: Sie sind ja nun der Protagonist. Die Verfassungsänderung, lieber Kollege Doering, trat im September 2006 in Kraft. Bis heute gibt es dazu aber noch kein Ausführungsgesetz. Ein bemerkenswerter Vorgang angesichts der Tatsache, dass gerade Ihre Partei das damals als politisches Kernanliegen bezeichnet hat!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das tun wir immer noch!]

Anfang des Jahres hatte dann meine Fraktion mit Nachdruck gefordert, dass die Verfassungsänderung nun auch endlich umgesetzt werden müsse.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): In der Badewanne, aber nicht im politischen Raum!]

Doch passiert ist zunächst nichts. Dann gab es den köstlichen Hinweis, am ach so schwierigen Entwurf werde stringent gearbeitet, und man gewann den Eindruck, es erfordere sozusagen ein Höchstmaß an Gesetzgebungskunst. Wir als Opposition wollten dann diese Sisyphusarbeit nicht länger stören und haben uns gemeinsam daran gemacht, einen eigenen Entwurf zu fertigen, und der liegt Ihnen heute vor.

[Uwe Doering (Linksfraktion): So nebenbei praktisch!]

Und plötzlich, lieber Kollege Doering, weil Sie heute so eifrig sind, kommt Bewegung, fast Hast in den Regierungsapparat.

[Beifall und Heiterkeit bei der CDU und den Grünen]

Nachdem der Kollege Dr. Lederer von der SED-PDSLinkspartei-Linke – kann sein, dass ich etwas vergessen habe, aber Sie wissen, wen ich meine –

[Zurufe von der Linksfraktion]

in der letzten Plenarsitzung ahnungsvoll Senator Körting fragte, ob denn nun etwas komme, und höchst überrascht der ebenso höchst spontanen bejahenden Antwort des Senators lauschte, wurde im Senat dann plötzlich ein Gesetzentwurf vorgelegt. Der kommt nun endlich auch und soll die Verfassungsänderung umsetzen. Nach unserer

Ankündigung unseres Entwurfs – oh Wunder! – ging dann plötzlich alles sehr schnell.

[Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Hier haben Sie versucht, zu verdunkeln und zu vernebeln, und das ist Ihnen nicht geglückt.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der Linksfraktion]

Nun aber zum Inhalt unseres Entwurfs: Es ist – ich kann das kurz machen – angesprochen worden, wichtig ist die freie Sammlung ohne Personalausweis. Sicherlich hat die CDU es sich hier nicht leichtgemacht. Wir haben das Für und Wider lange abgewogen, schließlich aber die Zulassung von Unterschriften überall in der Stadt ohne förmliche Hürden als zwingend angesehen. Immerhin, lieber Kollege Doering – die Zahl werde ich Ihnen noch zurufen –, bedarf es eines Quorums von 170 000 Unterschriften für den Erfolg eines Volksbegehrens. Das ist immer noch eine sehr beachtliche Zahl.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Es ist nie auszuschließen, dass Träger eines Volksbegehrens Listen oder andere Datenbestände missbrauchen. Aber diese Gefahr ist nach meiner und der Auffassung meiner Fraktionskollegen vernachlässigbar im Hinblick auf die verfassungsmäßige Bedeutung des ganzen Vorhabens. Überzeugend war hier für uns im Ergebnis das Argument, dass die eigentliche Entscheidung im Rahmen eines Volksentscheids unter Wahrung förmlicher Voraussetzungen durchzuführen ist.

Herr Gram! Ich weise darauf hin, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Letzter Satz von mir zur aufschiebenden Wirkung: Dazu hat mein Kollege Jotzo schon hinreichend Ausführungen gemacht, denen ich mich vollinhaltlich anschließe. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Bravo! von der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gram! – Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Gaebler zu einer Kurzintervention. – Sie haben drei Minuten. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gram! Es ist schön, dass sich die CDU noch einmal intensiv mit dem Thema beschäftigt hat.

[Ah! von der CDU]

Aber was Sie vorgetragen haben, haben wir alles schon in der interfraktionellen Runde im letzten Jahr abgehakt. Damals hat Herr Henkel die freie Sammlung – gar nicht mit so langer Überlegung, wie Sie das geschildert haben – akzeptiert. Habe ich jetzt zu viel verraten? Entschuldigung!

[Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Das war gar kein großes Problem. Wir haben uns auf die Eckpunkte verständigt. Sie stehen auch in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Rot. Insofern weiß ich gar nicht, warum Sie hier so ein Schauspiel veranstalten. Das ist ziemlich lächerlich.

[Zurufe von den Grünen]

Es soll zwar den Eindruck erwecken, es seien im Moment ohne Ihren Gesetzentwurf gar keine Volksbegehren möglich,

[Zurufe von der Linksfraktion]

aber dazu nur noch einmal zur Aufklärung, Herr Gram: Es gibt ein gültiges Ausführungsgesetz. Danach können Volksbegehren durchgeführt werden.

[Andreas Gram (CDU): Nach altem Recht!]

Und wir haben gesagt – das hat der Senat jetzt auch auf den Weg gebracht, übrigens schon erarbeitet, bevor Sie sich tiefgründig Gedanken auf der Grundlage der alten interfraktionellen Vereinbarung gemacht haben –, dass wir diese Sammlung erleichtern wollen.