sie hat Probegitter anschweißen lassen, sie hat zusätzliche Haftraumkontrollen veranlasst, und sie hat Kontakt mit den Kleingärtnern und mit dem Datenschutzbeauftragten aufgenommen, um zu prüfen, ob und wie die Kolonie in die Videobeobachtung einbezogen werden kann.
Übrigens, Kollege Jotzo – wo ist er denn, das scheint ihn nicht zu interessieren, Herr Lindner, jetzt wende ich mich an Sie –, das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass die FDP jetzt fordert, die Videoüberwachung abzuschalten. Da können wir doch gleich ein Schild an die Mauer schrauben: Lieferantenzugang, bitte hier schmeißen. – Natürlich ist der Datenschutz wichtig, aber das kann man doch auch klären, ohne dass das Sicherheitssystem lahmgelegt wird. Gisela von der Aue ist angetreten, um Probleme zu lösen. Sie hat ihr hohes Engagement mehrfach energisch unter Beweis gestellt und sich dafür auch Kritik zugezogen.
Ihre Kampagne, meine Damen und Herren von der Opposition, ist deshalb fehlgeleitet. Ich lade Sie ein, Ihren Ansatz zu überdenken!
Die Berlinerinnen und Berliner erwarten von uns eine konzentrierte, kritische Debatte darüber, ob unser Justizvollzug richtig aufgestellt ist. Der Strafvollzug muss Sicherheit schaffen, und er muss die Verurteilten auf ein
Leben ohne Straftaten vorbereiten. Darauf kommt es an und nicht darauf, ob es der Opposition gelingt, vorübergehend am Lack des Senats zu kratzen.
Gisela von der Aue wird ihre Verantwortung wahrnehmen, und sie wird die Berliner Justiz mit konkreten Maßnahmen voranbringen.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Felgentreu! – Jetzt hat für Bündnis 90/Die Grünen Kollege Behrendt das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Felgentreu! Bei Ihren Einlassungen hatte ich eben ein wenig den Eindruck, dass Sie zwar anwesend waren in den Sitzungen des Rechtsausschusses im letzten Dreivierteljahr, aber von den Debatten Sie offenbar nicht mehr viel in Erinnerung haben!
Sie haben von der Tätigkeit der Senatorin von der Aue ein Bild gezeichnet, das mit der Realität nicht so richtig in Übereinstimmung zu bringen ist, möchte ich zurückhaltend sagen. Wir müssen daran erinnern – Herr Kollege Rissmann hat es bereits getan –, dass wir häufig sowohl im Ausschuss als auch im Plenum über die doch sehr schwerwiegenden Probleme im Justizvollzug und auch in anderen Bereichen der Berliner Justiz haben sprechen müssen. Es ist ausgesprochen bedauerlich, dass wir das nun erneut tun müssen.
Aber wer sich an diese Bilder der Sendung „Kontraste“ erinnert, wo gefilmt wurde, wie nachts die Pakete über die Mauer geworfen wurden, kann doch nicht sagen, der Berliner Justizvollzug habe keine Probleme, da sei alles in Ordnung. Das wurde offenkundig, dass dort Zustände herrschen, die dringend abgestellt werden müssen.
Es ist völlig richtig, worauf immer wieder, auch in der Öffentlichkeit, hingewiesen wurde: Die Probleme im Justizvollzug haben nicht mit dem Tag begonnen, als Gisela von der Aue ihr Amt angetreten hat, sondern sie sind über die Jahre entstanden. Wir haben, als von Frau von der Aue ihr Amt antrat, gesagt, dass sich, ob sie eine gute Justizsenatorin wird, daran zeigen wird, ob es ihr gelingt, die Zustände in den Justizvollzugsanstalten in den Griff zu bekommen, dort eine qualitative Verbesserung zu erreichen. Das war sozusagen der Gradmesser. Da muss leider
gesagt werden, dass die vielen Diskussionen und vielen Probleme, die zunehmen – das ist doch das Problem, sie nehmen zu und nicht ab –, darauf hinweisen, dass wir uns nicht in die richtige Richtung entwickeln, sondern uns eher zum Teil auf Abwegen bewegen.
Auch darauf ist bereits hingewiesen worden: Es ist notwendig das Problem zu sagen, dass wir Probleme im Justizvollzug haben, und nicht zu sagen, wir legen die Hände in den Schoß, nach dem Motto: Das kann man eben nicht ändern –, sondern wichtig ist, dass man sich daran macht, offen damit umzugehen. Auf die schwierige Kommunikationsstrategie der Senatorin ist auch bereits hingewiesen worden. Die erste Reaktion auf den Fernsehbericht war ein Schulterzucken und die Meinung: Das ist nun eben so, da kann man nichts ändern! Drogen gibt es eben im Knast. – Das ist auch richtig, aber ich muss doch, um die Probleme überhaupt angehen zu können, erst einmal eingestehen, dass sie existieren. Herr Felgentreu! Ich hätte mir gewünscht, dass die Senatorin es so ungeschminkt skizziert hätte, wie Sie es heute gemacht haben. Aber dazu ist sie offensichtlich nicht in der Lage. Auch im Rechtsausschuss war sie dazu bedauerlicherweise nicht in der Lage.
Zu den aufgetretenen Irritationen: Es ist richtig, dass es für Grüne schlimmere Vorstellungen gibt, als das ein Häftling ab und zu einen Joint raucht.
Es ist auch richtig, dass es für Grüne Schlimmeres gibt, als dass ein Häftling ab und an Mutti oder andere anruft.
Die Spritzenproblematik wurde angesprochen. Das ist eine richtige Forderung, allerdings muss man darauf hinweisen, dass wir Grüne die Spritzen im Knast nicht wollen, um den Drogenkonsum anzukurbeln, sondern wir wollen die Spritzen aus Gesundheitsgründen,
damit die übertragbaren Krankheiten nicht weiter verbreitet werden können. An dieser Linie werden wir auch festhalten.
Wir wollen auch keinen Vollzug, der in Richtung Hochsicherheitsgefängnis geht. Es gibt in diesem Haus genügend Kollegen der CDU, die dieses Feld bedienen. Das ist nicht unsere Linie.
Aber es kann auch nicht sein, dass man die Missstände bestehen lässt. Ich darf darauf hinweisen, dass diese zu einer massiven Stärkung der Subkultur in den Gefängnissen führen, und insbesondere im Jugendvollzug haben wir große subkulturelle Probleme. Dort wird um diesen Dro
genhandel eine regelrechte Struktur aufgebaut, und dem müssen wir gemeinsam entgegenwirken. Insbesondere die Häftlinge sind von uns schützen, die schwach und Opfer dieser Subkultur sind. Da kann man nicht sagen, dass es eben Drogen im Knast gibt und dass man das so hinnehmen muss. Wir brauchen dort klare Regeln. Die Strafgefangenen sollen dort zu einem straffreien Leben geführt werden.
Gerade weil uns Letzteres wichtig ist, weil wir weiterhin einen an Resozialisierung und an liberalen Grundprinzipien ausgerichteten Strafvollzug brauchen, müssen wir immer wieder die Frage stellen: Ist der Strafvollzug in Berlin – insbesondere der Jugendstrafvollzug – befähigt und in der Lage, diesen Ansprüchen gerecht zu werden? Wir erwarten von Ihnen, Frau Senatorin, dass Sie die Voraussetzungen schaffen, damit das möglich wird. Das ist im letzten halben Jahr zu wenig geschehen.
Das ist besonders im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen zu erwähnen, denn leider lässt der Haushaltsplan, den Ihre Verwaltung vorgelegt hat, nicht erkennen, dass die rot-rote Koalition hier einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht. Es gibt nur einen sehr geringfügigen Zuwachs an Stellen für die Jugendstrafanstalt. Ich erinnere daran, dass wir dort mit massiver Überbelegung zu kämpfen haben; es wurde von der Justizvollzugsanstalt Plötzensee ein weiteres Haus übernommen, und wir haben ein Jugendstrafvollzugsgesetz zu verabschieden, in dem viel weitergehende Aufgaben vorgesehen sind, die sehr personalintensiv sind, beispielsweise längere und häufigere Besuchsmöglichkeiten. Dafür braucht man Personal, und dieses Personal muss zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen eine Justizsenatorin – die wir leider nicht haben –, die in ihren Haushaltsberatungen mit dem Finanzsenator sagt, dass wir hier einen Schwerpunkt unserer Rechtspolitik setzen, um die Anstalt zu befähigen, mit den Jugendlichen zu arbeiten und dabei ein Ergebnis zu erzielen, das anders ist, nämlich dass die Jugendlichen besser aus den Gefängnissen herauskommen, als sie hineingegangen sind. Diese Richtung vermissen wir. Wir fordern die Regierungskoalition auf, hier in sich zu gehen, denn wir brauchen dort bessere Ausbildungsmöglichkeiten für die Jugendlichen und bessere Betreuungsmöglichkeiten, damit diese wichtigen Grundsätze des liberalen Strafvollzugs eingehalten und verbessert werden können.
Nun werden wir uns – um die aktuellen Vorkommnisse aufzuklären – in ungefähr zehn Tagen in einer Rechtsausschusssitzung zusammensetzen, um dort noch einmal die Sachverständigen und die Praktiker aus dem Vollzug zu hören. Wir werden auch weiterhin die Akteneinsichtsgesuche verfolgen, um diese Irritationen um die Bestellvorgänge – der Kollege Rissmann hat darauf hingewiesen – zu beheben, denn es ist noch ein Bündel an Fragen offen. Frau Senatorin, Ihr Auftreten hat bisher nicht dazu beigetragen, sie aufzuklären. Es war geradezu eine Wohltat, am Montag im Innenausschuss den Polizeipräsidenten zu hören, der vernünftiges Zahlenmaterial dargeboten hat und
vernünftig erklären konnte, was vonseiten der Polizei unternommen wurde. Genaues wurde von der Justizverwaltung nicht gesagt, auch nicht von Ihnen im Rechtsausschuss. Das war alles wolkig und unkonkret. So werden wir nicht zusammenkommen, und so wird der Justizvollzug in Berlin nicht verbessert werden können.
Dieses genauere Hinschauen, Herr Müller, ist alles andere als verlogen, wie Sie gestern in den Medien gesagt haben. Dieses genaue Hinschauen und das Thematisieren, immer wieder in die Anstalten zu gehen und mit den Gefangenen, mit den Mitarbeitern und den Anstaltsleitern zu sprechen – was wir grünen Parlamentarier sehr umfangreich machen –, ist dringend notwendig, damit wir uns ein eigenes Bild über die Zustände in den Vollzugsanstalten verschaffen. Verlogenheit sieht völlig anders aus. Diese Arbeit werden wir fortsetzen und weiter für den Justizvollzug und seine Verbesserung streiten.
Unser Entwurf des Jugendstrafvollzugsgesetzes – er stammt aus dem Mai dieses Jahres – zeigt deutlich, wohin die Reise gehen soll. Uns ist es gelungen, damit ein Gesetz vorzulegen, das diesen Geist lebt und als alleiniges Vollzugsziel die Erziehung zu einem straffreien Leben enthält, anders als der Regierungsentwurf. In dem Gesetzentwurf sind feste Personalschlüssel enthalten. Wir haben konkrete, verbindliche Rechte und Pflichten der Gefangenen und die Betreuungskontinuität nach der Haft festgeschrieben, und im Gegensatz zu dem Regierungsentwurf verzichten wir auf Uniformen für die Gefangenen. Wir werden in der Beratung sehen, wer den liberalen Geist, der den Justizvollzug prägen sollte, vertritt. Das wird sich zeigen, das steht unmittelbar an.
Unser gemeinsames Ziel muss es bleiben, dass die Jugendlichen besser aus der Haft herauskommen, als sie hineingegangen sind. Wir haben die Intensivtäterdebatte in dieser Stadt breit geführt.
Ja! – Ich komme zu dem letzten Satz. – In diesem Bemühen fordern wir Bündnispartner auf, mit uns in diese Richtung zu gehen. Wir fordern auch die SPD auf. Stellen Sie uns Personal an die Seite, die dieses Ziel im Justizbereich erfüllt! Herr Regierender Bürgermeister! Vielleicht ist wirklich die Zeit gekommen, dass sich einmal intensiver mit dieser Thematik befassen und uns in dieser Frage auch zur Seite stehen. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Behrendt! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Lederer das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Jugendstrafanstalt sitzen verurteilte Jugendliche ihre Strafe ab, nicht weil sie in sich gegangen sind und darum gebeten haben, dort sitzen zu dürfen, auch nicht, um ihre Taten gegenüber der Allgemeinheit zu sühnen, sondern weil sie ein Urteil bekommen haben. Deswegen sitzen sie da.
Jugendliche in der Haft versuchen, die Restriktionen ihres Alltags ein Stück weit zu umgehen. Das ist aus ihrer Perspektive nachvollziehbar. Gesprächskontakte über die Mauer hinweg, gelegentlich einen Joint oder ein Telefonat mit dem Mobiltelefon sind für inhaftierte Jugendliche etwas Erstrebenswertes. Deshalb denken sie darüber nach, wie sie da herankommen können, und sie sind nicht völlig einfallslos. Das ist bekannt.