Frau Senatorin! Sind Sie bei der Einbeziehung und Information von Touristen, insbesondere aus dem Ausland, ein Stück weitergekommen, damit diese sich vorher über das Internet oder andere Quellen über die eingerichtete Umweltzone informieren können?
Herr Buchholz! Wir haben bereits seit Herbst mehrsprachige Informationen im Internet, die durch Kontakte mit dem Verein der ausländischen Journalisten breit bekannt gemacht worden sind. Ich persönlich habe den Eindruck, dass das gern wahrgenommen wurde, weil ich etliche Interviewanfragen zu dem Thema hatte. Mich freut besonders, dass es in Kooperation mit Berlin Tourismus Marketing offenbar sehr gut gelungen ist, die Hoteliers in dieser Stadt einzubinden, weil sie bei Bestellungen entsprechende Angebote machen. Dadurch sind ausländische Touristen, die in Berliner Hotels übernachten, gut im Bilde und werden gut unterstützt.
Schönen Dank, Frau Senatorin! – Wegen Zeitablaufs hat damit die Spontane Fragestunde ihr Ende gefunden.
Frühzeitiges Handeln statt starker Sprüche – mit Prävention und Konsequenz gegen Jugendkriminalität und Jugendgewalt
Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redner aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Linksfraktion in Person von Frau Dr. Barth. – Bitte schön, Frau Dr. Barth, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine Themen eignen sich offenbar so gut für den Stammtisch wie Kriminalität und Migration. Da werden weitab von den Realität in unverantwortlicher Weise Ängste geschürt. Da wird das Bild einer Jugend gezeichnet, die qualmt, kifft, säuft, arbeitsscheu und gewalttätig ist – vorzugsweise mit Migrationshintergrund. Damit wir uns recht verstehen: Wir reden kein kriminelles Verhalten gut. Wir sind – wie jeder in diesem Saal – schockiert von der Brutalität, mit der einzelne Jugendliche gegen andere vorgehen. Wir entschuldigen und verharmlosen nichts. Jede Straftat muss geahndet werden. Aber eines tun wir nicht: Wir spielen nicht mit den Ängsten der Menschen, und wir reden ihnen nicht ein, dass die wirklich existierenden Probleme mit der Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters, der Heraufsetzung der Jugendstrafe, mit „Warnschussarrest“ und Erwachsenenstrafrecht für Heranwachsende als Regelfall, mit Erziehungscamps oder gar Kinderknästen zu lösen seien.
Für mich als Kinder- und Jugendpolitikerin hat der Erziehungsgedanke immer Vorrang – so, wie es im geltenden Jugendstrafrecht und im neuen Jugendstrafvollzugsgesetz verankert wurde. Ich bin froh, dass meine Partei diesen Ansatz teilt. Knäste haben nämlich selten einen Jugendlichen besser gemacht.
In Berlin wurden aus gutem Grund die geschlossenen Einrichtungen vor 20 Jahren abgeschafft, weil die Rückfallquote mit über 80 Prozent viel zu hoch war und die Probleme nicht gelöst wurden. Schauen Sie sich die Ergebnisse der Politik der sogenannten „harten Hand“ in Hamburg an und wohin sie geführt hat!
Berlin ist einen eigenen Weg gegangen. Wir haben hier immer versucht, vorrangig aus der Sicht der Jugendhilfe zu agieren, ob bei der Diversion, beim Einsatz von Konfliktlotsen und Streitschlichtermodellen oder bei der Krisenintervention und einer verbindlicheren Unterbringung. Es ging uns immer um einzelfallbezogene Maßnahmen und eine frühzeitige geeignete Reaktion im Zusammenwirken von Jugendhilfe, Justiz und Polizei, um einerseits angemessen zu strafen und andererseits günstige Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Wenn wir die Kinder- und Jugendkriminalität bekämpfen wollen, wissen wir: Es gibt keine einfachen und schnellen Lösungen.
Wer eine wirksame Strategie entwickeln will, der muss sich intensiv mit den Ursachen auseinandersetzen. Für die meisten Kinder ist kriminelles Verhalten – zum Glück – eine kurze Episode in ihrem Entwicklungsprozess. Über 80 Prozent von ihnen werden einmal und dann nie wieder auffällig.
Im Auftrag der Landeskommission „Berlin gegen Gewalt“ hat Prof. Oder von der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege die Lebensläufe von 264 Intensivtätern ausgewertet und in einer Studie zusammengefasst. Es wird offensichtlich: Kriminelles, auffälliges Verhalten hat seine Ursache nicht schlechthin im Migrationshintergrund, sondern in erster Linie in den sozialen Verhältnissen, in denen junge Menschen heute heranwachsen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Migrantenfamilien überdurchschnittlich von Armut, Arbeitslosigkeit und Bildungsarmut betroffen sind. Dazu kommen oftmals eigene Erfahrungen mit einem autoritären Erziehungsstil und selbst erlebter Gewalt. Im „Tagesspiegel“ wurde neulich über einen 16-Jährigen berichtet, dessen Vater von den Polizisten zur Befragung dazugebeten wurde. Der Junge hatte mehrfach Mitschüler bedroht und Geld entwendet. Als ein Beamter den Vater hinausschickte, begann der Junge zu schluchzen, hob seinen Pullover hoch und zeigte die blauen Flecken und Striemen an seinem Körper. Das ist die bittere Realität. Wer nur Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung kennt, wird sie selbst einsetzen.
Jeder Mensch sucht Anerkennung und Teilhabe an der Gemeinschaft. Auch in der Schule erleben diese Kinder und Jugendlichen diese offensichtlich nur in geringem Maße – wenn überhaupt. Viele haben keinen oder einen schlechten Schulabschluss. Ihre Chance auf Ausbildung und Arbeit ist gleich null. Was meinen Sie, meine Damen und Herren, wie die Erfahrung, dass man ungewollt ist, nicht dazugehört, dass man unnütz ist und nicht gebraucht wird, auf junge Menschen wirkt? – Bekanntlich suchen sich die Jugendlichen genau das, was sie brauchen. Jeder junge Mensch braucht eine Chance. Wir setzen auf eine Gegenstrategie. Kinder müssen frühzeitig gefördert werden. Wir müssen an ihre Eltern heran und mit ihnen gemeinsam Alternativen erarbeiten. Auch durch eine gezielte vorschulische Sprachförderung müssen wir die Grundlagen für Schulerfolg, Ausbildung und Beruf schaffen.
Geben wir doch den Kindern, bei denen ein Sprachförderbedarf festgestellt wurde, die Chance, intensiv gefördert zu werden!
Wir brauchen gute Schulen, und wir brauchen außerschulische Förderungen, um die Benachteiligungen zu erkennen und gegen sie anzugehen.
Ich habe jetzt leider nicht mehr so viel Zeit, aber deswegen möchte ich fünf Thesen, die für uns wichtig sind, in kurzer Form noch einmal vortragen: Frühzeitiges Handeln und Prävention haben Vorrang. Frühzeitiges Handeln und Prävention müssen auf der Grundlage des geltenden
Rechts erfolgen. Frühzeitiges Handeln und Prävention benötigen handlungsfähige und gut kooperierende Strukturen. Frühzeitiges Handeln und Prävention verlangen den Vorrang des Erziehungsgedanken und konsequentes Handeln. Frühzeitiges Handeln und Prävention verlangen die Bereitstellung auch notwendiger Ressourcen. Daran arbeiten wir. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Barth! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Pflüger das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion dankt Herrn Reusch für den Aufbau der Intensivtäterabteilung, für seine fabelhafte Arbeit und für seinen Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.
Die Berliner Justiz war schon immer anfällig für personelle Peinlichkeiten. Aber jetzt ist eine neue Disziplin dazugekommen, nämlich die hemmungslose Heuchelei. Der Leiter der erfolgreichen Abteilung 47, Roman Reusch, wird versetzt aus Gründen der Fürsorge, wie es heißt. Die Wahrheit aber ist, Reusch hat seine beruflichen Erfahrungen zu einer starken Meinung verdichtet, die der SPDSenatorin nicht passt. Deshalb wird er abgeschoben.
Das ist die Wahrheit. Herr Reusch ist zwangsversetzt worden. Es ist nicht im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt. Hier wird eine unbequeme Stimme, die die Wahrheit für diese Stadt sagt, abgeschoben.
Der Senat tut so, als sei dies aus Fürsorge geschehen, es solle nicht so viel Streit geben. Es täte der Justiz nicht gut, wenn es immer Skandale und Streit gäbe. Wenn das der Maßstab ist, hätte Herr Wowereit Frau von der Aue entlassen, aber nicht Herrn Reusch abschieben müssen.
Was hat er denn gemacht, der Herr Reusch? – Er hat beispielsweise darauf hingewiesen, dass 80 Prozent der jugendlichen Serientäter in Berlin Migrationshintergrund haben. Das hat doch nichts mit Rassismus zu tun, wie dann gleich erklärt worden ist. Es ist vielmehr die Beschreibung der Wirklichkeit. Das heißt doch nicht, dass Herr Reusch oder irgend ein anderer damit sagt, es gebe böse und gute Völker auf der Welt oder man sei genetisch gut oder schlecht. Es zeigt vielmehr an, dass Integration in vielen Fällen einfach gescheitert ist. Das muss man
ist willkommen, solange er sich an unsere Gesetze hält, bereit ist, unsere Sprache zu sprechen und sich hier in Berlin positiv einbringt. Jeder ist dann Berliner.
Aber für uns gilt auch, dass wir von jedem, der zu uns kommt, auch erwarten, dass er sich an die Gesetze in diesem Land hält. Wir wollen Toleranz für diejenigen, die guten Willens sind, und wollen null Toleranz für Kriminalität, für Extremismus und für Gewalt auf unseren Straßen.
Wir haben viele solcher Vorfälle in U-Bahnen, im Supermarkt – Herr Momper kann davon erzählen – erlebt. Wir haben viele Menschen, die Angst haben, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, und haben BVG-Fahrer, die Angst haben, an bestimmten Haltestellen zu stoppen. Diese Angst ist etwas Alltägliches in dieser Stadt geworden.
Das darf nicht so sein. Diese Angst müssen wir bekämpfen. Dazu muss man sie benennen und darf sie nicht verharmlosen und beschönigen, wie es der rot-rote Senat leider tut.
Es gibt eine sehr gefährliche Tendenz. Es wird immer häufiger gesagt, die Deutschen seien Schweinefleischfresser, Nazi-Omas, Scheißdeutsche. Immer häufiger gibt es diese Diskriminierungen und Beschimpfungen. Haben Sie sich einmal überlegt, dass man in Teilen Berlins etwas feststellen kann, was man umgekehrten Rassismus nennen könnte? Vor dem muss genauso gewarnt werden wie immer vor schrecklichem Rassismus, wo immer er auftritt.