Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich feststellen, dass Sie sich leider nicht alle an den Wunsch und die Empfehlung der Kollegin EichstädtBohlig gehalten haben, hier konstruktiv zu diskutieren.

[Christian Gaebler (SPD): Sie haben angefangen!]

Herr Kollege Krug! Frau Kollegin Michels! Herr Kollege Albers!

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Ja, richtig, Herr Doering, jetzt kommen wir, jetzt hören Sie zu!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ich höre immer zu!]

Es ist sehr erfreulich, dass Sie Stichworte wie Neoliberalismus und Nokia in den Raum werfen und viele Fragen stellen. Aber zum einen ist mir die Position der SPD nach diesem Beitrag immer noch nicht klar, und zum anderen stelle ich fest, Frau Kollegin Michels, wenn Sie zur sachlichen Debatte aufrufen und sagen, es solle nicht so schnell vorangehen: Wir haben sechs Jahre debattiert. Dieser Reformvertrag ist das Ergebnis einer sechsjährigen Debatte. Irgendwann sollten wir uns wieder darauf konzentrieren, dass wir ein Europa für die Bürger schaffen, und nicht ewig intern diskutieren.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Dazwischen ist nichts passiert!]

Des Weiteren: Wenn Sie jetzt ein europaweites Referendum haben wollen, Frau Kollegin Michels, wie soll das dann mit den Europawahlen 2009 einhergehen? Ich kann nur vermuten, dass Sie ein europaweites Referendum haben möchten.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Egal, was das Volk sagt, wir machen es!]

Die Kollegin Eichstädt-Bohlig hat es auch schon angedeutet: Weil Sie diesen Vertrag beerdigen wollen, egal mit welchen Mitteln! Sie haben es selbst schon gesagt. – Herr Kollege Albers! Sie lächelten vorhin so, als die Kollegin Eichstädt-Bohlig von schiefgelaufenen Voten gesprochen hat. Ich muss ich Ihnen sagen: Das war klar. Die Referenden in der Vergangenheit waren nationale Entscheidungen. Das waren Denkzettel für nationale Politik. Da wurde nicht über Europa abgestimmt. Wenn die Linkspartei immer fordert, sich differenziert auseinandersetzen zu wollen, kann ich nur sagen: Bislang ist mir nicht aufgefallen, dass sich die Linkspartei beim Thema Europa differenziert mit irgendetwas auseinandersetzt.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der Linksfraktion]

Ich möchte noch einmal die wichtigsten Punkte aus Sicht der FDP nennen.

Zuerst einmal begrüßen wir es, dass die nationalen Parlamente mit der Einführung eines Subsidiaritätsfrühwarnsystems erstmals die Möglichkeit erhalten, innerhalb von acht Wochen nach Erhalt eines Gesetzgebungsentwurfs der Kommission die Vereinbarkeit dieses Entwurfs mit dem Subsidiaritätsprinzip zu prüfen und eventuelle Verstöße gegenüber der Kommission und den europäischen Gesetzgebungsorganen Rat und Europäisches Parlament geltend zu machen. Der Deutsche Bundestag und – das ist für uns von besonderer Bedeutung – der Bundesrat sind in Deutschland für die Prüfung zuständig. Die Kommission muss unter der Voraussetzung festgelegter Mehrheitsverhältnisse ihren Entwurf nochmals überprüfen, bzw. es wird ein Verfahren ausgelöst, das zur Ablehnung des Ent

Entwurfs durch die Gesetzgebungsorgane führen kann. Der Ausschuss der Regionen, Frau Kollegin Michels, erhält ferner das Recht, bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip und bei Verletzung eigener Rechte zu klagen. Das ist auch ein Fortschritt. Insofern ist dieser Vertrag sicherlich nicht so schlecht, wie Sie es manchmal darstellen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Sie haben überhaupt nicht zugehört!]

Diese Stärkung des Subsidiaritätsprinzips ist auch gut für uns hier im Berliner Abgeordnetenhaus. Es ist eine gute und wichtige Verbesserung, Herr Doering!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Auch das haben wir gesagt!]

Zweitens begrüßen wir die Einführung von doppelten Mehrheiten, die eine angemessene Vertretung der EUBürger gewährleisten, und die Zunahme der Mehrheitsentscheidungen, beispielsweise in den Bereichen Justiz und Polizeizusammenarbeit.

Drittens begrüßen wir die Aufwertung der Rolle des Europäischen Parlaments, beispielsweise durch Direktwahl des Kommissionspräsidenten und die Beteiligung an Entscheidungen. Wir begrüßen auch die dringend notwendige Verkleinerung.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Doering! Sie hatten ja Redezeit. Sie hätten darüber sprechen können. Sie haben über Neoliberalismus und über Militarismus gesprochen.

[Zuruf von der Linksfraktion]

Ja, ja, wir haben wieder nicht zugehört. – Zu begrüßen ist auch, dass der Ministerrat künftig immer dann öffentlich beraten und abstimmen wird, wenn er gesetzgeberisch tätig wird.

Gleichzeitig gibt es aus unserer Sicht aber auch zahlreiche kritische Punkte.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ach was!]

Dazu zählen die verschiedenen Regelungen und Verträge, die zu einer Unübersichtlichkeit führen, zweitens die Tatsache, dass der freie und unverfälschte Wettbewerb nicht mehr explizites Ziel des EU-Reformvertrags genannt wird.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Au weia!]

Aus unserer Sicht ist das ein deutlicher Rückschritt im Vergleich zum Verfassungsvertrag. Drittens kritisieren wir das späte Inkrafttreten des Vertrags 2014 bzw. in Ausnahmefällen sogar erst 2017 sowie die auf Wunsch Polens eingeführte Joannina-Klausel, mit der eine kleine Gruppe von Staaten Mehrheitsentscheidungen verzögern kann.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Bloß keine Kritik!]

Vierter Kritikpunkt ist, dass die für die Stärkung eines europäischen Gemeinschaftsgefühls wichtige Symbolik,

beispielsweise in Form der Flagge, der Hymne oder des Begriffs Verfassung fehlt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Schon wieder Kritik!]

Der ursprüngliche Verfassungsvertrag wäre für Europa besser gewesen. Wir hätten uns gewünscht, dass noch mehr Transparenz gesetzlich verankert wird. Gleichzeitig kritisieren wir den Entstehungsprozess, da zu oft auf Einzelmeinungen Rücksicht genommen wurde, die den Gesamtvertrag nun eher behindern als fördern.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das hat Frau Michels auch gesagt!]

Dennoch können wir nach nunmehr sechsjähriger Debatte, liebe Kollegen von der Linksfraktion, festhalten: Die EU wird durch diesen Vertrag institutionell vorangebracht. Sie wird handlungsfähiger und demokratischer.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Augen zu und durch!]

Ein letzter Satz: Es sind also viele Gründe vorhanden, dem Vertrag wie auch dem Grünen-Antrag zuzustimmen. Lassen Sie uns alles tun, damit auch Deutschland diesen Vertrag schnellstmöglich ratifiziert und die Europäische Union wieder nach vorne schauen kann! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Europaangelegenheiten, wozu ich keinen Widerspruch sehe. – Jetzt hat der Kollege Brauer um eine persönliche Erklärung gebeten. Das ist auch zulässig für den Fall, dass er damit persönliche Angriffe zurückweisen oder eigene Ausführungen berichtigen möchte. – Bitte schön, Herr Brauer!

[Mario Czaja (CDU): Der will bestimmt nur eigene Ausführungen berichtigen!]

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Steuer! Sie haben vorhin versucht, eine meinerseits aus Ihrer Sicht vorgenommene Falschbehauptung – ich versuche, jetzt ein neutrales Wort zu gebrauchen – richtigzustellen. Ich habe keine Falschbehauptung aufgestellt. Natürlich – um auf Ihre Replik Bezug zu nehmen – kann ich Sie nicht veranlassen – und möchte es auch gar nicht –, das „Neue Deutschland“ zu lesen. Aber als Landespolitiker sollte man wenigstens den Landespressedienst zur Kenntnis nehmen. Ich habe die inkriminierte Seite hier – vom Montag dieser Woche. Im Landespressedienst stand genau dieses zu lesen, was Sie hier gewissermaßen als Falschbehauptung meinerseits zu bewerten versuchten. Im Landespressedienst wurde dies so zitiert, Frau Klier habe zwar von „mafiotischen Zusammenhängen“ gesprochen – okay –, aber bei der Bewertung, „Werkzeuge Margot Honeckers“ hätten die Meinungshoheit an der Berliner Schule erreicht, steht hier als Quelle „Steuer“ angegeben. Dieses ist das wortwörtliche

Zitat. Werde ich falsch zitiert, Herr Kollege Steuer, und bin der Meinung, dieses falsche Zitat gehe in Richtung Ehrabschneidung, dann verlange ich in jedem Fall eine Richtigstellung, auch von politisch mir nicht nahestehenden Zeitungen. Das ist das normale Geschäft. Mache ich dieses nicht, so muss die Öffentlichkeit davon ausgehen, dass ich entweder korrekt zitiert wurde oder die mir fälschlicherweise in den Mund gelegten Äußerungen als meine eigenen akzeptiere. Genau davon mussten sowohl ich als auch die Berliner Öffentlichkeit noch bis vor einer knappen Stunde des heutigen Tages ausgehen. Dann haben Sie etwas anderes erklärt.

Herr Kollege! Ich muss darauf hinweisen: Wodurch fühlen Sie sich denn nun persönlich angegriffen? Das habe ich immer noch nicht gemerkt.

Durch die Unterstellung, ich hätte eine Falschaussage gemacht! Dieses habe ich nicht getan, ganz im Gegenteil! – Herr Steuer! In dem Moment, wo meine Kolleginnen und Kollegen und übrigens auch ich persönlich – Herr Präsident! Nehmen Sie das Handbuch zur Hand und schauen Sie auf meine Biografie! – derartig stigmatisiert und verunglimpft werden wie in diesen Zitaten geschehen, halte ich es für ein Mindestmaß an Selbstachtung eines gewählten Parlamentariers, dass er sich dagegen zur Wehr setzt und sich vor seine Wählerinnen und Wähler stellt. Dieses und nichts anderes habe ich getan.

Sollten Sie zwischenzeitlich – ich nehme es sehr ernst, was Sie gesagt haben – zu einer anderen Auffassung gelangt sein, dann können wir uns begegnen, auch wenn wir unterschiedlicher Auffassung sind. Aber dies konnte ich so nicht stehenlassen! – Vielen Dank!

[Mario Czaja (CDU): Sie haben heute wohl Ihre Medikamente nicht genommen!]

Vielen Dank!

Ich rufe nunmehr auf

lfd. Nr. 4 e:

Antrag