Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Frau Senatorin! Können Sie Informationen bestätigen, dass immer mehr Berliner Hotels ihren ausländischen Gästen vorab Informationen über die Umweltplakette geben und ihnen bei der Beantragung bzw. Zusendung behilflich sind und dass Berlin international – europaweit – bekannt macht, dass es in Berlin eine Umweltplakettenpflicht gibt?

[Oliver Schruoffeneger (Grüne): Jetzt aber mit Ja antworten! – Zuruf von der CDU: Gefälligkeitsfrage!]

Frau Senatorin Lompscher – bitte schön!

Herr Buchholz! Nach meinem Kenntnisstand ist es tatsächlich so, dass die Kooperation mit der Berlin Tourismus Marketing, die wir sehr frühzeitig gesucht haben, dazu führt, dass die Hotels diesen Service anbieten und dieser sehr intensiv genutzt wird. Außerdem gibt es seit kurzer Zeit einen Internetauftritt, der EU-weit alle bestehenden Umweltzonen, die anderswo anders heißen – z. B. Low-Emission-Zone in London seit Anfang Februar 2008 –, international mehrsprachig bekannt macht. Insofern gehe ich davon aus, dass diese Vertiefung des Informationsangebots, die zugleich die Möglichkeit bietet, zu erfahren, wo man eine solche Plakette bekommt, zu einer deutlichen Verbesserung geführt hat.

Nun hat Frau Dr. Hiller das Wort zu ihrer Mündlichen Anfrage über

Grundstücksverkauf an NPD-nahen Betreiber geplant?

Ich frage den Senat:

1. Ist dem Senat bekannt, dass der Liegenschaftsfonds das Grundstück „An der Wuhlheide 152“ in Köpenick an einen bekannten, der NPD nahestehenden Betreiber eines Fitnessstudios veräußern will, und wenn ja, wie verhält sich der Senat dazu?

2. Welche Maßnahmen hat der Senat eingeleitet, um die Ausdehnung rechtsradikaler Gruppierungen gerade im Bereich von Köpenick zu verhindern?

Der Senator für Inneres, Herr Dr. Körting, hat das Wort dazu. – Bitte!

Herr Präsident! Frau Kollegin Dr. Hiller! Die erste Frage beantworte ich in Abstimmung mit dem Finanzsenator: Dem Senat liegen hierzu derzeit keine Erkenntnisse vor. – Im Übrigen muss ich darauf hinweisen, dass der Speicherung und Erhebung personenbezogener Daten über die bloße politische Gesinnung rechtsstaatliche Grenzen gesetzt sind. Zumindest müsste eine Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Partei vorliegen, wenn man daraus irgendwelche Konsequenzen ziehen will. Das bloße, angebliche Nahestehen oder so etwas reicht uns jedenfalls für rechtsstaatliche Maßnahmen nicht aus.

Zur zweiten Frage – welche Maßnahmen wir eingeleitet haben: Wir haben nicht nur in Bezug auf bestimmte Bezirke, sondern berlinweit Maßnahmen gegen rechtsextremistische Gruppen und Organisationen eingeleitet, und zwar seit Jahren. Sie finden dort verstärkt statt, wo rechtsextremistische Personenpotenziale bzw. Infrastrukturen vorhanden sind, wobei der Senat sowohl präventiv wie repressiv tätig ist. Bereits 2006 hat der Berliner Senat ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus beschlossen, das in der Federführung der Kollegin Knake-Werner liegt. Im September 2007 wurde darüber hinaus ein Expertenberatungsnetzwerk gegründet, in dem staatliche Zuständigkeit, zivilgesellschaftliches Engagement und wissenschaftliche Kompetenz gebündelt sind, um Maßnahmen und Schritte gegen rechtsextremistische Gesinnung zu ergreifen.

Auch die Berliner Sicherheitsbehörden gehen mit hohem Verfolgungsdruck gegen rechtsextremistische Gruppierungen vor. Das zeigt sich im Regelfall bei der Verhinderung von rechtsextremistischen Musikveranstaltungen. Da soll es zwei gegeben haben, bei denen es uns nicht gelungen ist, sie rechtzeitig zu unterbinden. Ich weiß das, aber im Regelfall gelingt es uns, derartige Veranstaltungen zu unterbinden. Aber auch, soweit es die organisierten Strukturen betrifft, wird dagegen vorgegangen. Gerade was Köpenick betrifft, wurde die rechtsextremistische Kameradschaft „Berliner Alternative Süd-Ost“ – BASO –, die ihren Agitationsschwerpunkt in Berlin Treptow-Köpenick hatte, im Jahr 2005 durch den Senat verboten.

Frau Dr. Hiller hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator! Davon ausgehend, dass ich bei einer Nachfrage beim Liegenschaftsfonds durchaus den Eindruck gewinnen konnte, dass man weiß, mit wem man verhandelt – also was die Gesinnung angeht, die bei dieser Person nicht unbekannt ist, denn es handelt sich um eine bezirksweit bekannte Person –, frage ich: Kann ich davon ausgehen, dass es auf Grundlage dieser Anfrage, die ich hier gemacht habe, und auf Grundlage der Gespräche, die ich mit dem Liegenschaftsfonds geführt habe, nunmehr eine besondere Sensibilität im Umgang mit diesem Grundstück geben wird?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Frau Kollegin Dr. Hiller! Die Anfrage ist uns selbstverständlich Ursache, über die Senatsverwaltung für Finanzen den Liegenschaftsfonds noch einmal von der besonderen Problematik zu unterrichten. Ich kann die Frage nur abstrakt beantworten. Ansonsten ist grundsätzlich festzuhalten, dass wir politische Gesinnungen, die sich nicht in Aktivitäten politisch verfassungsfeindlicher Art auswirken, nicht von Staats wegen dateimäßig erfassen. Das halte ich auch für richtig.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Wegen Zeitablaufs hat damit die Aktuelle Stunde ihr Ende gefunden. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich beantwortet.

Aus gegebenem Anlass möchte ich noch einmal auf Folgendes hinweisen: Für Nachfragen kann man sich erst dann durch Drücken des Knopfes anmelden, wenn vom Senat als Antwort auf die Anfrage wenigstens schon ein Satz gesagt worden ist. Alle vorherigen Meldungen werden von uns immer weggedrückt. Das ist leider eine alte Übung – aber zu recht. Bitte denken Sie daran!

Das Zweite: Ich habe zu Beginn verabsäumt, dem Kollegen Steffel zur Geburt einer Tochter namens Katharina zu gratulieren. – Herzlichen Glückwunsch und auch Grüße an die Frau Mutter! Alles Gute!

[Allgemeiner Beifall]

Kinder und Väter und Mütter, das ist das, was Berlin braucht.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt die Fraktion der SPD in Person von Frau Harant. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Meine Frage richtet sich an Herrn Zöllner. Es geht um Bildung. Gestern wurde ein neues System der Lehrerzuweisung und der Zuweisung von Förderstunden vorgestellt. Wie berechtigt sind die vorgetragenen Bedenken, dass dadurch Schulen in sozialen Brennpunkten und Schüler mit Migrationshintergrund benachteiligt werden könnten?

Herr Senator Dr. Zöllner – bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Harant! Zur Beurteilung dieser Situation muss man sich als Erstes vergegenwärtigen, wie die Situation im Augenblick ist. Es gibt für diesen Personenkreis, den Sie benannt haben, zwei sogenannte Fördertöpfe – zum einen die Förderung unter dem Schlagwort „DaZ – Deutsch als Zweitsprache“. In diesem Bereich sind ca. 760 Vollzeitlehrereinheiten als Reservoir vorhanden. Die Verteilung dieser Stellen erfolgt über Einzelfallentscheidungen und ist damit historisch gewachsen, sodass in vielen Fällen heute nicht mehr nachvollziehbare Diskrepanzen in der Größenordnung der Zuweisung von zusätzlichen Stellen in den Schulen zu beobachten sind. Das ist nicht marginal, sondern eine Schule hat z. B. im Vergleich zu einer anderen, fast identischen Schule um den Faktor 4 – d. h. um 400 Prozent – mehr.

Der zweite Bereich, den man in der Ist-Situation im Auge haben muss, ist die sogenannte Frequenzabsenkung für Schulen und Klassen, wo der Anteil an Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache über 40 Prozent liegt. Die Verteilung dieser Mittel erfolgt im Sinne eines Ja-Nein-Prinzips. Das heißt, wenn man 41 Prozent ndH-Anteil hat, bekommt man genauso viel zusätzlich, wie wenn man 99 Prozent ndH-Anteil hat. Das ist die augenblickliche Situation. In diesem Reservoir ist eine Größenordnung von ungefähr 320 Vollzeitlehrereinheiten enthalten, die dann zusätzlich an den Schulen zur Verfügung stehen.

Für die Beurteilung des zukünftigen Modells ist es wichtig, dass es neben vielen anderen Töpfen noch einen dritten Topf gibt, einen sogenannten Topf für Wertausgleich, der – das betone ich – bisher ausdrücklich nicht für diesen betroffenen Kreis von Schülerinnen und Schülern verwendet wird. Dieser hat eine Größenordnung von ca. 110 Vollzeitlehrereinheiten.

In dem neuen System wird es keine zusätzlichen Zuweisungen oder Vergünstigungen nach der sogenannten Frequenzabsenkung bei ndH über 40 Prozent geben, was auf den ersten Blick den Eindruck erwecken könnte, dass dieser Personenkreis in Zukunft nicht mehr gefördert wird. Ich hoffe, Ihnen zu zeigen, dass gerade in sozialen Brennpunkten gerade diese Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache gezielter und eindeutig besser gefördert werden als bisher.

Das neue System beruht darauf, dass es einen sogenannten Strukturtopf gibt, aus dem die Sprachförderung und die Förderung zur Integration realisiert wird. Für die weiteren Betrachtungen brauchen wir hier nur die Sprachförderung im Auge zu haben. Der Bereich der Sprachförderung wird zur Verfügung stehen – ungekürzt. Der gesamte Bereich, der bisher dafür eingesetzt worden ist – die Größenordnung von 760 Stellen –, der gesamte Bereich, der bisher über die Frequenzabsenkung ndH über 40 Prozent diesem Personenkreis zugute gekommen ist, wird in diesem Topf zusätzlich auch zur Verfügung stehen, das heißt, insgesamt zusätzlich diese 320 Stellen. Darüber hinaus werden in diesem Topf in der Größenordnung von 110 Stellen über den sogenannten Wertausgleich die Mittel zur Verfügung stehen, die vorhin von mir erwähnt wurden, die nicht diesem Personenkreis zugute gekommen sind. Das heißt, das Reservoir, aus dem diese Schülerinnen und Schüler zusätzlich gefördert werden, ist eindeutig größer als das Stellenreservoir, das es vorher gegeben hat.

[Özcan Mutlu (Grüne): Das stimmt nicht!]

Ich wundere mich, dass Sie das wissen, wenn Sie sagen können, dass es nicht stimmt. Ich habe es so entschieden, und so wird es auch kommen.

[Gelächter bei der CDU]

Es gibt eine zweite Veränderung in diesem Zusammenhang. Die Verteilung erfolgt jetzt nicht mehr im Sinne einer Ja/Nein-Entscheidung oder willkürlich, sondern transparent und nachvollziehbar. Wenn es so ist, dass ein größerer Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache eine zusätzliche Förderung begründet, dann muss es so sein, dass diese Begründung bei 41 Prozent geringer ist als bei 99 Prozent. Das heißt, es wird eine Relation linearer Abhängigkeit geben: Je mehr entsprechende Schülerinnen und Schüler es gibt, desto stärker wird die Förderung sein. Ich persönlich bin der festen Meinung, dass das zielgerichteter und effektiver ist und gerade in sozialen Brennpunkten unserem Anliegen besser Rechnung trägt als eine Ja/Nein-Entscheidung.

[Beifall von Mieke Senftleben (FDP)]

Der zweite Punkt der Veränderung ist, dass auch berücksichtigt wird, wie viele lehrmittelbefreite Schülerinnen und Schüler in diese Schule gehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es einen Unterschied macht, ob wir Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache – Übertreibung macht anschaulich – in einem Diplomatenviertel haben oder ob die Schule in einem Distrikt steht, in dem – auch über Arbeitsplatzproblematik und

Ähnliches – die häusliche Situation nicht annähernd so gut ist. Eine solche Kombination von Parametern macht eine Förderung in sozialen Brennpunkten zielgerichteter und effektiver.

Punkt 3 in diesem Zusammenhang: Es könnte sein, dass durch die zusätzliche Inanspruchnahme von Schulen, die bisher nicht gefördert wurden, weil nur der Anteil derjenigen, die Lehrmittelbefreiung beziehen, größer ist, letzten Endes denjenigen etwas weggenommen werden kann. Ich habe mir die ganze Sache sehr sorgfältig im Voraus angeguckt. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Schulen, die zusätzlich in den Genuss der Förderung aus diesem Topf kommen, sich in der Größenordnung von 20 Prozent bewegt. Da letzten Endes nur eine relevante Inanspruchnahme bei hohen Prozentsätzen an ndH und beim Zusammenfallen mit dem Aspekt der Lehrmittelfreiheit infrage kommt, muss man davon ausgehen, dass nur unter 10 Prozent der Ressourcen in die Bereiche gehen, wo letzten Endes der ndH-Anteil nicht greift, das heißt letzten Endes, der deutschen Herkunft. Das bedeutet, dass hier auch quantitativ keine Verluste eintreten.

In der Summe meine ich, dass die Begründung, so wie ich dieses Parlament und zumindest meine Einstellung dazu verstehe, dass wir besondere Förderanstrengungen im Bereich von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache unternehmen, in dem Grundgesetz innerlich bejahend seinen Hintergrund hat, dass man in dieser Republik und insbesondere in Berlin nicht wegen Herkunft, Geschlecht und ähnlichen Dingen diskriminiert werden darf. Das gilt für beide Seiten.

Deswegen sage ich auch, dass die Vermutungen, die in der Presse aufgetreten sind, falsch sind. Selbst wenn es mir nicht möglich gewesen wäre, eine Lösung zu finden, wo es nicht eintritt, und wir hätten aus dem gleichen Topf tatsächlich auch diejenigen, die deutsch sind und die der Sprachförderung bedürfen, nicht fördern können, dann hätte ich den Vorschlag gemacht, dass von dem obersten Gebot von sozialem Handeln – der Basis meiner Sozialdemokratie, der Bereitschaft zum Teilen – Gebrauch gemacht wird. Dann hätten wir es eben geteilt, weil wir beide Bereiche bedienen müssen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie haben es doch geteilt!]

Danke schön! – Jetzt gibt es noch eine Nachfrage von Frau Harant. Dazu hat sie das Wort. – Bitte schön, Frau Harant!

Erst wenn die Lehrerzuweisung erfolgt ist, wird klar werden, ob es Gewinner und Verlierer gibt und wer Gewinner und wer Verlierer ist. Bis wann wird die Zuweisung vorliegen? Sie soll früher erfolgen als in den vergangenen Jahren.

Herr Senator – bitte!

Das ist richtig. Ich hoffe, dass wir insgesamt einen Monat bis zwei Monate früher sein werden als in den letzten Jahren – wobei man berücksichtigen muss, dass die Umstellungsphase beim ersten Mal nicht gleich reibungslos funktionieren wird.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Statzkowski von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Statzkowski! Sie haben das Wort!