Eine weitere wesentliche Leistung der großen Koalition im Bund bestand darin, dass die Bundesrepublik 150 Millionen € im Jahr für Sprachkurse ausgibt.
Auch damit stärken wir insbesondere die Migranten, die nach Deutschland kommen bzw. schon hier leben. Das Goethe-Institut bietet z. B. in der Türkei und dort insbesondere in Ost- und Südostanatolien die Möglichkeit an, Sprachkurse zu besuchen – zum einen, um dort Deutsch zu lernen, und zum anderen, um so die Deutschtests zu absolvieren.
Für mich und meine Fraktion sind die Deutschkenntnisse der wichtigste Faktor im Hinblick auf den Opferschutz. Wie soll sich sonst eine junge Frau, die zwangsverheiratet werden soll, hier in Deutschland wehren können? – Nur dann, wenn sie Grundkenntnisse der deutschen Sprache hat, kann sie auf ihre Not aufmerksam machen und sagen, dass sie Hilfe braucht.
Anders wird es nicht funktionieren. Das ist langfristig eine der wichtigsten Maßnahmen, um Frauen auch vor dem Schicksal als Importbeute zu schützen. Ich wünsche den Frauen, die nach Deutschland einreisen, eben nicht, dass sie in irgendwelchen Wohnungen verschwinden und keine Chance haben, an unserem Leben in Berlin teilzuhaben.
Ich wünsche ihnen das Gegenteil, nämlich dass sie hier in Berlin im Miteinanderleben Freude und Freunde finden. Dabei müssen wir ihnen helfen. Dazu sind wir hier im Parlament verpflichtet. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Sehr verehrte Frau Bilkay Öney! Sie haben mit Ihrem Antrag zusammengefasst, was wir in Berlin seit langem auf der Agenda haben.
Die Kolleginnen und Kollegen, die schon etwas länger als Sie dem Abgeordnetenhaus angehören, erinnern sich. Wir haben uns im Plenum und in verschiedenen Ausschüssen mehrfach und intensiv mit dem Thema Zwangsverheiratung beschäftigt. Zur Erinnerung möchte ich insbesondere für die Grünen noch einmal einige unserer Beschlüsse kurz in Stichworten erwähnen: „Menschenrechte sind unteilbar – gemeinsam gegen Gewalt an Frauen!“ hieß die Entschließung des Abgeordnetenhauses nach dem fürchterlichen Mord an der jungen Frau Hatun Sürücü. „Berlin bekämpft Zwangsverheiratungen“, so lautet der Beschluss des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2005. Dazu stehen wir.
Falls Sie es immer noch nicht mitbekommen haben, wie Rot-Rot in Berlin präventiv gegen Zwangsverheiratung vorgeht, verrate ich Ihnen, dass wir die Maßnahmen zum Schutz gegen Zwangsverheiratung weiter entwickelt und in bestehende Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt sowie in das Integrationskonzept eingebettet haben.
Darüber hinaus werden wir in Kürze das gleichstellungspolitische Rahmenprogramm beraten, in dem selbstverständlich ein Handlungsfeld das Problem von Zwangsverheiratet erfassen wird.
Nein! – Ich bin sogar sehr dafür, dass wir uns ausführlich in verschiedenen Ausschüssen mit diesem Problem befassen und beschäftigen. Die im Antrag aufgeworfenen Punkte sind nicht neu. Setzen Sie vor jeder Frage in Ihrem Antrag „Berlin wirkt präventiv gegen Zwangsverheiratung“ ein „wie“ und „wann“, bin ich damit einverstanden. Dann haben wir im Grunde eine Große Anfrage zur Umsetzung des Beschlusses „Berlin bekämpft Zwangsverheiratungen“ von 2005.
Es würde jetzt den Rahmen sprengen, alles aufzulisten, was inzwischen im Frauenbereich mit den frauenpolitischen Schwerpunkten, der Einsetzung einer Arbeitsgruppe Migrantinnen im Rahmen der Fortsetzung des Aktionsplanes gegen häusliche Gewalt, in der interdisziplinären Zusammenarbeit, im Arbeitskreis Zwangsver
heiratung, bei der Jugendverwaltung und in den Schulen sowie in der Zusammenarbeit mit dem Innensenator Herrn Körting geschehen ist. Einen wichtigen Beitrag haben natürlich die Migrantenorganisationen und -vertretungen geleistet. Es ist an dieser Stelle nicht nur der türkische Bund zu erwähnen. Ich selbst bin öfter an Schulen, in Vereinen und bei freien Trägern, um über das Thema zu sprechen und habe die Patenschaft über eine junge Frau übernommen. Mit bekannten Migrantinnen aus dem Kulturbereich, denen sie Vorbilder sein können für ein selbstbestimmtes Leben, habe ich eine Kampagne gestartet, um Zwangsverheiratung zu ächten und allen Mädchen und Frauen Mut zu machen, sich zu befreien.
Zu dem Einwand, dass auch Männer betroffen sind, will ich gleich sagen: Die übelsten Folgen von Zwangsverheiratung hat das weibliche Geschlecht mit Vergewaltigung, Isolation und Demütigung bis hin zur Ermordung zu ertragen. Was uns leider nicht gelungen ist, liegt außerhalb unserer Möglichkeit auf Bundesebene. Es gab von der Berliner Seite die entsprechende Änderung im Bundesrat zum Aufenthalts- und Rückkehrrecht von Betroffenen. Allerdings haben wir uns damit nicht durchsetzen können.
Auch hier gilt, dass wir auf Berliner Ebene jeden Spielraum nutzen, der uns möglich ist. Es gibt eine entsprechende Weisung des Innensenators, die, soweit es die gegenwärtige Rechtslage ermöglicht, eine großzügige Ermessensausübung vorgibt. In der Antigewaltarbeit ist das oberste Gebot, dass sich Männer in Berlin Frauen mit drohender Abschiebung nicht gefügig machen dürfen. Die Aufenthaltserlaubnis kann gegen häufig geäußerte Ängste auch bei Sozialhilfebezug verlängert werden. Für die Linke gilt, der Opferschutz steht an erster Stelle. – Danke!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Baba. – Für die FDPFraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Lehmann. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Recht auf Eheschließung und auf die freie Wahl des Ehegatten oder der Ehegattin ist ein Grund- und Menschenrecht. Zwangsverheiratungen sind Ausdruck eines altertümlichen Gesellschaftsbildes, das insbesondere Frauen die Entwicklung einer eigenen Identität nicht zugesteht. In geringerem Maß trifft dies aber auch auf Männer zu. Diese Vorschrift, die auch auf Drängen der FDP entstanden ist, hat dazu beigetragen, für die von Zwangsheirat Betroffenen und Bedrohten einen verlässlichen Rechtsrahmen zu schaffen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
Dennoch gibt es in diesem Bereich kaum ein Ermittlungsverfahren oder Verhandlungen. Aber Jahr für Jahr suchen gerade auch in Berlin viele Frauen und Mädchen Hilfsan
gebote, weil eine Zwangsverheiratung geplant ist. Das zeigt, dass es unhaltbare Gegensätze zwischen Theorie und Praxis gibt, sodass es weitergehender Maßnahmen bedarf, damit Rechte auch wahrgenommen werden können.
Hiervon haben die Grünen nun viele wichtige und – wie ich auch finde – sinnvolle Dinge vorgeschlagen. Auch wenn es in einigen Punkten wie der Einführung von speziellen Beauftragten in jedem Sozialraum noch Klärungsbedarf in den Ausschüssen gibt, begrüßen wir diese Initiative. Gleichzeitig nehme ich sie zum Anlass, weitergehende Forderungen zu stellen, denn uns Liberalen war es bereits in der letzten Legislaturperiode ein wichtiges Anliegen, gegen diese Menschenrechtsverletzungen vorzugehen.
Zwangsverheiratungen werden innerhalb der Ethnien und deshalb leider auch von vielen Betroffenen nicht als Straftat, sondern als normales Vorgehen bei der Partnersuche angesehen. Es besteht also bei vielen gar kein Unrechtsbewusstsein, da Zwangsverheiratungen seit Generationen praktiziert werden und nicht gleichbedeutend mit körperlicher Gewalt gegen Frauen sind. Dass dies ein Verstoß gegen Menschenrechte und geltendes Gesetz in Deutschland, aber auch in der Türkei ist, ist vielen gar nicht bewusst. Deshalb muss gerade die Aufklärung in Kulturkreisen, die an der Zwangsverheiratung festhalten, in Verbindung mit Migrantenverbänden und Religionsgemeinschaften über den Kampagnencharakter hinaus gehen und regulär neben der Unterstützung der Betroffenen einen ebensolchen Stellenwert haben.
Es müssen gemeinsam Maßnahmen gegen Zwangsheirat entwickelt werden. Nur so wird es gelingen, ein Umdenken hervorzurufen und umfassend gegen Zwangsheirat vorzugehen. Hierbei spielt die Bildung und Unterstützung der Frauen natürliche eine zentrale Rolle. Aber auch Männer und männliche Jugendliche brauchen gezielte Angebote, um sich mit überholten, aber immer noch gelebten Rollenbildern bewusst auseinanderzusetzen und diese überwinden zu können.
Zusätzlich hat man mit der Neuregelung des Aufenthaltsrechts im letzten Sommer Regelungen eingeführt, die Zwangsheiratungen offiziell verhindern sollen. In der Realität führt dies aber zu Ehen zweiter Klasse und verstärkten Ressentiments. Die Möglichkeit, Deutsch zu lernen, ist in den Herkunftsländern meist nur schwer möglich und oft mit erheblichen Kosten verbunden. Auch können die Gesetzesänderungen nicht helfen, wenn man Opfer einer Zwangsheirat zu werden droht oder geworden ist. Hierfür brauchen wir ein eigenständiges Aufenthalts- und Rückkehrrecht für Opfer von Zwangsheirat.
Der Ausbau und die Sicherstellung der Finanzierung von Schutzeinrichtungen wie in den Frauenhäusern sind natürlich von großer Bedeutung. Dass diesem so sozialen Senat wenig daran liegt, haben die vergangenen Haushaltsberatungen gezeigt. Die Zuwendungen für die Berliner Frauenhäuser sind seit 1996 annähernd konstant geblieben und sind im letzten Haushalt sogar noch leicht abgesenkt worden.
Außerdem hat dieser Senat den Frauenhäusern die Auflage erteilt, ohne Gegenfinanzierung nur die Plätze zur Verfügung zu stellen, um so den Mangel an Schutzplätzen zu überbrücken. Offensichtlich gibt es kein soziales Gewissen, wo kaum Wählerstimmen zu holen sind. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Einvernehmlich wird von den Fraktionen die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit, berufliche Bildung und Soziales und mitberatend an die Ausschüsse für Bildung, Jugend und Familie und Wirtschaft, Technologie und Frauen empfohlen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.
Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage bei erhöhter wöchentlicher Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst des Landes Berlin
Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung stehen den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. – Bevor ich Herrn Jotzo das Wort gebe, bitte ich, alle Gesprächen in den Gängen einzustellen. Wenn Sie diese weiterführen wollen, tun Sie dies bitte draußen. – Herr Jotzo, Sie haben das Wort!
Vielleicht wissen Sie die Antwort, Herr Gaebler! – Wie nennt man eine Person, die eine andere Person mit Gewalt zwingt, unfreiwillig Geld an eine dritte Person auszuzahlen?
Feuerwehr ist falsch. – Einen Räuber nennt man eine solche Person. Die zweite Frage, die ich gleich hinterherschicke, ist: Wie nennt man denselben Sachverhalt, wenn der Berliner Senat der Täter ist? – Dann nennt man den Sachverhalt Mindestlohn.
[Beifall bei der FDP – Scherzbold! von der Linksfraktion – Mario Czaja (CDU): Sie sind ja heute ein Gute-Laune-Bär!]