2. Sieht der Senat dabei einen Zusammenhang zu der anlässlich des 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrags geführten Debatte zur Umverteilung der Mittel innerhalb der ARD, und welche Konsequenzen leitet er daraus für sich ab?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat bedauert, dass sich der RBB genötigt fühlt, zwei Programme einstellen zu müssen, nämlich „Radio Multikulti“ und „Polylux“. Wir könne das nur zur Kenntnis nehmen, da es in der Autonomie des RBB liegt, solche Entscheidungen zu treffen. Die entsprechenden Gremien haben das zu bewerten.
Der Ersatz, den die Intendantin des RBB mit der Intendantin des WDR vereinbart hat, ist zumindest eine Teilkompensation des Programms, das aus Berlin gesendet wurde. Vor dem Hintergrund, dass es ansonsten gar nichts gegeben hätte, ist dies der Versuch, einen Ersatz zu schaffen.
Zu der Frage, wie das im Zusammenhang mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag steht: Ich denke, dass die Entscheidung damit nicht automatisch in Verbindung zu bringen ist.
Nein! – Die mit dem 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag getroffene Entscheidung für eine Erhöhung der Rundfunkgebühren um 0,95 € auf 17,98 € monatlich kommt auch dem RBB zugute. Er wird dadurch ab 2009 einen jährlichen Mehrertrag von ca. 14,3 Millionen € erhalten. Daraus wird klar, dass diese Grundsatzentscheidungen nicht mit der Erhöhung der Gebühren zusam
menhängen können, da es keine Senkung, sondern eine Erhöhung der RBB-Einnahmen gibt. Trotzdem hat der RBB offensichtlich riesige strukturelle Probleme, die ihn zum Handeln zwingen. Das darf man nicht miteinander verwechseln.
Worum es bei einer gerechteren Gebührenverteilung geht, ist eine andere Frage. Wir haben die Situation, dass die KEF – das wurde durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich bestätigt – die Empfehlung für eine Verteilung der Rundfunkgebühren abgibt: was angemessen ist und wie die Erhöhung auszusehen hat. Insofern haben die Ministerpräsidenten nur bedingt ein Einflussrecht auf die Empfehlung der KEF.
In die jetzige Empfehlung der KEF ist eine Passage aufgenommen worden, in der die Rundfunkanstalten – also die Intendanten der ARD – aufgefordert werden, in eigener Kompetenz darüber zu beraten, wie bestimmte Ungerechtigkeiten im Verteilungssystem – beispielsweise Mindereinnahmen, die der RBB geltend macht, die entstehen, weil einige Rundfunkteilnehmer keine Gebühren entrichten – intern auszugleichen sind. Das ist eine schwache Formulierung der KEF. Sie können sich vorstellen – das ist wie beim Länderfinanzausgleich –, dass auf der Ebene der 16 Länder die Intendanten, die etwas abgeben müssen, das nicht freiwillig tun.
Wir machen seitens der Senatskanzlei bei den Beratungen Druck auf die Intendanten, damit solche Tatbestände berücksichtigt werden.
Ich habe persönlich bei einem Treffen mit den Intendanten im Roten Rathaus auf diese Problematik hingewiesen. Ich kann Ihnen aber heute nicht sagen, ob das erfolgreich war. Wir müssen insgesamt Druck machen. In den noch stattfindenden Gesprächen werden wir das ebenfalls tun. Es hat sich ein bisschen Bewegung ergeben. Aber ich kann nicht sagen, dass die ADR insgesamt bereit ist, dem RBB zu helfen. – Aber auch mit dieser Hilfe wären die grundsätzlichen Probleme des RBB nicht gänzlich beseitigt. Ich bitte, das zu berücksichtigen.
Ich bedauere es außerordentlich, dass „Radio Multikulti“ und „Polylux“ eingestellt werden. Ich würde mich freuen, wenn mehr Mittel für die Programmgestaltung des RBB zur Verfügung stehen würden. Das ist aber mit den jetzigen Rahmenbedingungen von uns nicht zu korrigieren.
Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Jetzt kommt zunächst eine Nachfrage von Frau Ströver. – Bitte schön!
Herr Regierender Bürgermeister! Sind Sie gewillt, Ihre Unterschrift unter den 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag solange zurückzuhalten, bis eine Empfehlung der
KEF vorliegt, die – spätestens zum 31. Dezember 2008, weil es erst am 1. Januar 2009 um die Gebührenerhöhung geht – eine Umverteilung zugunsten der strukturschwachen Anstalten enthält? Damit würde der RBB die Chance erhalten, „Radio Multikulti“ fortzuführen.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP) und von Dr. Frank Steffel (CDU)]
Wenn dass Ihr Ernst ist, ist bei Ihnen keine medienpolitische Kompetenz vorhanden. Das tut mir leid!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP) und von Dr. Frank Steffel (CDU)]
Nun mal im Ernst: Bei aller Wichtigkeit von „Radio Multikulti“ und bei aller Empörung darüber, dass dieses Programmschema eingestellt wird: Die Probleme des RBB werden sich auch bei einem Einschwenken der anderen ARD-Intendanten zu einer Umverteilung nicht lösen lassen.
Nein! Es wird nie einen Ausgleich geben, der in dieser Größenordnung dort vorgenommen werden könnte.
Nein! Das kann man fordern. Man kann sagen: So lange unterschreiben wir den Vertrag nicht, bis das umgesetzt wird. – Frau Ströver, dann gibt es gar keine Erhöhung. Das wäre die Folge. Und dann hätte der RBB 14,9 Millionen € weniger, und dann müsste er noch mehr Programme, die Ihnen lieb sind, einstellen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!
Aber Sie müssen auch die Verhältnisse insgesamt betrachten. Auch andere Länderparlamente kämpfen für die Programme in ihren Ländern. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass der Landtag in Nordrhein-Westfalen auch mit den Stimmen der Grünen sagt: Jetzt schichten
Die KEF hat diese Gebührenverteilung nicht verändert. Sie hat gesagt: Es gibt einen Auftrag – wir würden den noch weiter verschärfen. Das wird aber noch eine jahrelange Auseinandersetzung sein, und deshalb kann ich heute nicht erklären, dass wir den Staatsvertrag mit der Gebührenerhöhung nicht unterschreiben, bevor dieser Kampf erfolgreich ausgefochten worden ist. Denn das würde dazu führen, dass wir jahrelang gar keine Gebührenerhöhung hätten. Das kann ja wohl nicht in Ihrem Interesse sein!
[Gelächter bei den Grünen – Alice Ströver (Grüne): Lächerlich! – Özcan Mutlu (Grüne): Peinlich ist das!]
[Beifall bei der SPD – Joachim Esser (Grüne): Wowereit könnte die verrücktesten Sachen sagen! – Weitere Zurufe von den Grünen]
Okay! – Herr Wowereit, ich habe aus Ihrer Antwort allerdings auch noch mehrere Fragen herausgehört und möchte einwerfen, dass es durch die europäische Gesetzgebung Fragen zur Überkompensation von Sendern in Süddeutschland – ich spreche vom Bayerischen Rundfunk – und dem WDR durchaus geben könnte. Werden die in der Gebührendiskussion der ARD einbezogen? Sehen Sie nicht die Gefahr, dass durch die Schwächung des RBB die Länder Berlin und Brandenburg rundfunkpolitisch gar nicht mehr auftauchen, dass kleine Anstalten insgesamt –
dazu gehören dann auch noch andere Anstalten – weniger vertreten sind und dass damit eine politische Darstellung in der ARD beeinträchtigt wird? Was würden Sie dagegen tun? – Danke schön!
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Das Gebührenverteilungsvolumen wird von der KEF bestimmt. Diese ist eine unabhängige Kommission, noch einmal bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht.
Ich möchte daran erinnern, dass die sogar Ihnen das Recht absprechen, hier Gebührenerhöhungen abzulehnen. Wir haben in Berlin eine Debatte, wo wir bislang bei Erhöhungen immer einen Konsens hatten. Es gibt aber Parlamente wie in Schleswig-Holstein, wo man gesagt hat: Wir können es den Gebührenzahlern nicht mehr zumuten, dass immer wieder die Gebühren erhöht werden. – Die Forderung war, dass die Rundfunkanstalten sich selber reformieren und kostengünstiger arbeiten sollen. Wir haben hier in Berlin Gott sei Dank eine andere Debatte, und dazu stehe ich auch, denn ich möchte einen leistungsfähigen öffentlichen Rundfunk haben. Dazu brauchen wir auch die Gebührenerhöhung.