schutzrechtlich vieles umgeht und sich alles an Eingriffsmöglichkeiten holt, was so am Markt zu haben ist. Dann werden wir sehen, wo die rot-rote Koalition steht, ob sie tatsächlich für mehr Datenschutz ist. Ich fordere Sie auf, nach anderthalb Jahren Legislaturperiode nicht aufzuhören, Datenschutz zu betreiben! Legen Sie sich ein neues Programm zu! Wir stehen dafür gern zur Verfügung.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux! – Für eine Kurzintervention hat jetzt der Herr Abgeordnete Kugler das Wort. – Bitte!
Es soll in der Tat eine kurze Kurzintervention sein, aber wenn Sie schon mit dem Fußball kommen, Herr Lux, dann sollten wir es mit Holland vergleichen: eine super Vorrunde und dann nichts dahinter. Entscheidend sind andere Tugenden: Man muss es dann auch durchhalten.
Die wirklich spannende Frage ist – das sehen wir aber offensichtlich ein bisschen unterschiedlich –: Ich glaube, dass die Übereinkunft und die Diskussion in Sachen Telefonüberwachung, die Sie wahrscheinlich gar nicht so richtig mitbekommen haben, sehr gut war, und es wurde eine sachgerechte Lösung gefunden. Es wurde von Frau Seelig vorhin schon angesprochen, dass wir nicht als Gericht auftreten, sondern dass wir in aller Regel dazwischen sitzen und uns eine Meinung bilden müssen. In diesem Fall haben wir sehr lange und intensiv darüber gesprochen und eine sachgerechte Lösung gefunden. Es ist zwar schön, dass Sie ein bisschen herumstänkern, aber es tut der Sache nicht gut. Deswegen: Kommen Sie öfter mal ins Boot! Arbeiten Sie mit uns zusammen! Das würde auch im Ausschuss die Arbeit ein bisschen beflügeln. – Danke!
Herr Kugler! Ich wäre gern bereit, Ihrer Aufforderung zu folgen, wenn ich nicht ständig den Eindruck hätte, dass Sie im vorauseilenden Gehorsam gegenüber Ihrer Verwaltung gar nicht fähig sind, eine eigene und kritische Haltung dieser gegenüber zu entwickeln.
[Beifall bei den Grünen – Michael Schäfer (Grüne): Körting ist nicht da! Ist ja nicht so schlimm, ist ja videoüberwacht!]
Diesen Beweis sind Sie schuldig geblieben. Ich erinnere nur an die Debatte zur Einsicht in die Steuerakte. Da sit
Es war so! Kommen Sie einmal in den Datenschutzausschuss, Herr Albers! Kommen Sie doch einmal vorbei, anstatt hier so herumzulabern. Sie haben doch überhaupt keine Ahnung davon, was dort passiert. In einer ruhigen Minute wird Ihnen auch Frau Seelig ihr Leid im Datenschutzausschuss klagen und erklären, wie langweilig es dort ist und wie wenig dort mit der SPD zu machen ist. Das wird Ihnen Frau Seelig bestätigen, da bin ich mir ganz sicher. Wenn jemand datenschutzsensibel ist – unserer Vorsitzenden nehme ich das noch ab, da ist bei Ihnen, bei den Linken eigentlich mehr drin! Da sollten Sie nicht so tun, als würden Sie etwas zustande bringen. Schauen Sie sich die Diskussion mit der Staatsanwaltschaft an! Da sagt ein Generalstaatsanwalt: Wieso soll denn der Datenschutzbeauftragte bei uns in die – übrigens anonymisierten – Akten sehen? – Das machen doch die Gerichte. – Die gleiche Sensibilität, wie sie die Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Datenschutzes hat, hat die SPD, nämlich in diesem Punkt fast gar keine. Da lohnt es sich nachzuhaken. Da lohnt es sich, auch hier dazu ein kritisches Wort zu verlieren, und wenn Sie das mit Selbstdarstellung verwechseln, Herr Albers, tut mir das wirklich leid. – Gute Nacht!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux! – Für die FDPFraktion hat jetzt der Abgeordnete Jotzo das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dr. Dix! Meine Damen und Herren! Es ist schon in den Vorreden – die durchaus unterschiedlicher Couleur waren – deutlich geworden, dass Datenschutz heute so wichtig ist wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Die technischen Voraussetzungen, die wir heute haben, bieten ganz andere Möglichkeiten der Datenerhebung und -verarbeitung als in der Vergangenheit. Auch die politischen Vorzeichen haben sich insbesondere seit dem Jahr 2001 sehr geändert. Wir erleben täglich, insbesondere auf der Bundesebene, dass sich ein gewisser Sicherheitsaktivismus Bahn gebrochen hat. Dieser Sicherheitsaktivismus ist in vielen Punkten zulasten des Datenschutzes und der Freiheitsrechte gegangen.
Wenn sich die rot-rote Koalition in Berlin feiern lässt und heute das Hohelied auf den Datenschutz singt, muss man doch sagen, dass es der rot-roten Koalition nicht in vielen Punkten gelungen ist, ihrem Anliegen auch auf Bundesebene Nachdruck zu verleihen. Die einzige Gelegenheit, an die ich mich erinnern kann – Herr Kugler, Sie schütteln so ungläubig den Kopf! –, ist auf Initiative der FDPFraktion die Intervention des Landes Berlin gegen die
Vorratsdatenspeicherung gewesen. Die war richtig und wichtig, und ich bin stolz darauf, dass wir das als Opposition in diesem Parlament durchsetzen konnten.
Wir haben im letzten Jahr erlebt, dass das Bundesverfassungsgericht wie noch nie zuvor in unglaublich vielen Verfahren zu vielen Punkten Stellung nehmen und den Gesetzgeber in die Schranken verweisen musste. Ich erinnere neben der schon erwähnten Vorratsdatenspeicherung im einstweiligen Verfahren an die Online-Durchsuchung, an das Kennzeichen-Screening. All das waren Beispiele, wo man im Rahmen der öffentlichen Verwaltung weit über das Ziel, das man eigentlich im Auge hatte, hinausgeschossen ist. Mit unverhältnismäßigen Maßnahmen hat man den Datenschutz und die Freiheitsrechte eingeschränkt, und zwar in einem Maße, in dem es in unserem Verfassungsstaat nicht zulässig war, und es ist gut, dass es unabhängige Instanzen wie das Bundesverfassungsgericht oder den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gibt, die dafür einstehen, dass diese Grundsätze unserer verfassungsstaatlichen Ordnung gewahrt werden. Heute ist ein guter Tag, um das in Anwesenheit von Herrn Dr. Dix erneut vor diesem Haus zu betonen!
Der Datenschutzausschuss hat sich in einer sehr konstruktiven Art und Weise mit den meisten Anliegen auseinandergesetzt. Wir haben in vielen Bereichen konsensuale Lösungen gefunden. Es hat mich auch gefreut, dass der Senat in vielen Fällen unsere Beschlussfassung schon vorweggenommen hat, indem er bestimmte Anregungen, die wir gegeben haben – zum Beispiel die Steuerakte –, schon vorher umgesetzt hatte, sodass es gar nicht mehr erforderlich war, kontrovers darüber zu diskutieren. Das muss man anerkennen.
Andererseits muss man aber auch sagen, dass der Senat nach unserer Auffassung an vielen Stellen nicht die notwendige Sensibilität zeigt, z. B. wenn er die datenschutzrechtlichen Bezüge in neuen Gesetzentwürfen einfach übersieht, so wie es jetzt geschehen wird. In etwa einer Stunde werden wir uns mit dem Personalvertretungsgesetz beschäftigen. Da fiel erst im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung auf Intervention des Datenschutzbeauftragten auf, dass er dort gar keine Erwähnung gefunden hat, wo er Erwähnung hätte finden müssen. Es ist gut, dass das im parlamentarischen Verfahren korrigiert werden konnte. Viel besser wäre es aber gewesen, wenn bereits der Senat die notwendige Sensibilität gezeigt hätte. Das gilt auch für zukünftige Gesetzgebungsverfahren. Wenn sich der Senat schon mit Vorlagen einmischt, dann sollte er es auch sinnvoll und in einer handwerklich vernünftigen Art und Weise tun und die Belange des Datenschutzes beachten.
Auch zukünftig werden wir uns im Ausschuss mit wichtigen Themen beschäftigen. Von einigen haben wir heute schon gehört. Herr Kugler, verzeihen Sie! Wenn ich nun höre, dass Sie uns schon wieder mit einer Zentraldatei
kommen wollen, in der unbedingt alle Schüler erfasst werden, um jeden Schulschwänzer sofort in seine Schule verbringen zu können, muss ich Ihnen sagen: Versuchen Sie doch einmal, die notorischen Schwänzer in eine solche Datei aufzunehmen, und dann können Sie vielleicht sinnvoller mit einem Datenbestand umgehen, der tatsächlich gerechtfertigt ist. Das ist so, als wenn Sie alle Bundesbürger erfassen wollen, wo sie jeweils in einer JVA einsitzen, nur um die Knackis zu finden. Das ist aus unserer Sicht überzogen, und das wird mit einer liberalen Fraktion nicht möglich sein, da müssen Sie sich etwas Angemesseneres einfallen lassen.
Ich danke dem Datenschutzbeauftragten und seinem Team ganz besonders für die geleistete Arbeit, es war eine Freude, mit Ihnen in diesem Jahr zusammenzuarbeiten. Wir haben einiges gemeinsam erreicht. Es gilt, dass wir uns alle bemühen, die Sensibilität der Bevölkerung für den Datenschutz zu erhöhen, denn: Datenschutz ist nicht zuletzt auch Freiheitsschutz. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung hat die Stellungnahme des Senats zum Datenschutzbericht für das Jahr 2006 einstimmig unter Maßgabe der Beschlussempfehlung zur Kenntnis genommen. Wer dieser Beschlussempfehlung Drucksache 16/1472 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen! Gegenstimmen und Enthaltungen gibt es nicht, dann ist das einstimmig so beschlossen.
Das ist der Tagesordnungspunkt 19. – Die Redezeit beträgt jeweils fünf Minuten, und für die Fraktion der Grünen hat Frau Paus das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir führen heute eine letzte Debatte zu unseren fünf Anträgen für die Kreativwirtschaft – zwei zur Verbesserung der Wirtschaftsförderung, drei zur Verbesserung der Raumsituation von Kreativen. Auch wenn Sie gleich im Anschluss alle Anträge ohne Unterschied ablehnen werden, das Thema und die Probleme haben Sie damit nicht vom Tisch.
Mich hat die Debatte im Kultur- und im Wirtschaftsausschuss erschüttert, weil ich selten eine so große Diskrepanz zwischen der Realität da draußen und unserer Debatte hier drinnen erlebt habe. Das grenzte wirklich an Realitätsverweigerung.