unabhängig davon, dass wir die Rekommunalisierung der BWB für zwingend erforderlich halten; damit nicht mehr Geld aus dem Gesamtsystem herausgezogen wird, wollen wir, dass der Anteil, den das Land bekommt, auch für Wasser ausgegeben wird. Wasser bezahlt Wasser – das ist das richtige Motto.
Wir wollen, dass der Landesgewinnanteil zum Beispiel ausgegeben wird für die Pflege und Verkleinerung von Rohren, für die Pflege von Brunnen, für ökologisch nachhaltige Maßnahmen wie die Umsetzung europäischer Wasserrahmenrichtlinien,
für Innovation und Neuentwicklung. Vor allem wollen wir, dass Verfahren erforscht werden, wie Hormone und andere schwierige Chemikalien effektiv aus dem Wasser entfernt werden können.
Wasser unterhält Wasser – das ist ein Prinzip, mit dem die Wasserver- und -entsorgung gut funktionieren würden, mit dem wir hohe Trinkwasserqualität bei Tiefstpreisen für nachfolgende Generationen in Berlin erhalten könnten und mit dem wir – weil ausreichend und kontinuierlich in das Gesamtsystem investiert würde – keine Londoner Verhältnisse bekämen.
Das, verehrte FDP, was wir aus Ihrem ersten Antrag mittragen würden, wäre der Punkt 5: eine unabhängige Kommission als Genehmigungsbehörde für die Wassertarife. Der zweite Antrag, den Sie heute einbringen, widerspricht diesem Punkt 5. Wir wissen nicht genau, was die FDP will, weil sie nämlich in ihrem zweiten Antrag fordert, der Senat in seiner Funktion als Tarifgenehmigungsbehörde solle die flexiblen Wassertarife – diese neuen, die da vorgeschlagen werden – ermöglichen.
Was will die FDP nun, eine unabhängige Behörde oder den Senat weiterhin als Tarifgenehmigungsbehörde ansprechen? – Wir können das jetzt nicht mehr klären, wie Herr Lindner vorhin schon bemerkte. Uns ist das insgesamt zu wenig, deswegen unterstützen wir diese Anträge nicht.
Vielen Dank! – Aufgrund der Rede von Senator Wolf hat die FDP-Fraktion jetzt das Wort. Der Kollege Lindner spricht. – Fünf Minuten, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst Folgendes zu dem großen Popanz Teilprivatisierung ausführen: Diese Teilprivatisierung lehnte und lehnt die FDP ab, weil sie ordnungspolitisch unsinnig ist.
Man hätte, wenn überhaupt, den Betrieb in eine zu 100 Prozent private Betriebsgesellschaft überführen und Brunnen und Leitungen bei einer zu 100 Prozent staatlichen Besitzgesellschaft haben müssen. Das wäre sinnvoll gewesen.
Was damals der Diepgen-Senat unter tatkräftiger Mitwirkung der sozialdemokratischen Fraktion gemacht hat, war ein Darlehensgeschäft. Am Haushalt vorbei haben sie sich zusätzliche Kreditmittel beschafft. Da war ihnen jedes Mittel recht, deswegen kam es zu dieser verhunzten Teilprivatisierung, die wir ablehnen.
Diese Teilprivatisierung, die Sie zu verantworten haben, SPD und CDU, kann aber nicht als Entschuldigung für die staatliche Gier herhalten, über die wir heute reden, für die vollkommen überproportionalen Entnahmen des Landes Berlin, Herr Senator! Das Grundwasserentnahmeentgelt plus die staatlichen Entnahmen bilden einen Block, der weit überproportional zu dem ist, was die öffentliche Hand in anderen Ländern und Kommunen an Entnahmen aus dem Bereich Wasser zu verzeichnen hat.
Es ist nun einmal so, dass wir aus Verträgen nicht herauskommen können, Herr Wolf! Das heißt – ob es uns gefällt oder nicht –, die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den privaten Investoren müssen wir erfüllen. Wir leben in einem Rechtsstaat, pacta sunt servanda. Aber über den staatlichen Anteil können wir diskutieren. Es kann nicht sein, dass Sie darauf verweisen, dass die Privaten so viel entnehmen, und damit automatisch die staatlichen Entnahmen legitimieren. Ich erwarte, dass der Gesellschafter Land Berlin zugunsten seiner Bürgerinnen und Bürger zumindest auf einen Teil verzichtet. Das ist recht und billig.
Die Leute haben das Geld nicht in der Tasche, das Sie ihnen auf allen staatlichen Ebenen herauszuziehen versuchen. Dagegen wendet sich die FDP völlig zu Recht.
Beleuchten Sie einmal das System Berlin bei den Wasserpreisen! Immer höhere Wasserpreise! Seit ich diesem Hause angehöre, ist es immer dasselbe traurige Spiel. Alle zwei Jahre kommen die Wasserbetriebe daher und wollen die Preise erhöhen. Die Folge ist, dass die Bürger immer noch mehr Wasser sparen, obwohl das ökologisch völlig unnötig ist. Wir haben genug Wasser. Wir haben sogar so viel Wasser, dass in einigen Berliner Bezirken wie in Spandau der Pegel schon so weit ansteigt, dass wir feuchte Keller haben. Wir müssen den Verbrauch ankurbeln! Wir brauchen einen höheren Wasserverbrauch, denn die mit dem Niedrigverbrauch verbundenen Kosten werden den Bürgern bei der nächsten Erhöhung der Wasserpreise wieder übergeholfen. Sie bestehen aus einer zusätzlichen Spülung der riesigen Rohre und einem deutlichen Absenken der Abschreibungsfristen für die Rohre durch den
geringen Verbrauch. Erhöhte Korrosion führt zu einer deutlich geringeren Abschreibungszeit. Diese Kosten werden den Leuten bei der nächsten Runde – in zwei Jahren stehen die doch wieder da – übergeholfen. Diesen Abwärtskreislauf müssen wir durchbrechen. Deswegen haben wir erstens die Forderung: Herunter mit den staatlichen Entnahmen! – und zweitens: Höhere Grundgebühren und niedrigere Verbrauchspreise! Das kurbelt den Verbrauch an, und damit spülen wir im wahrsten Sinne des Wortes den Wasserbetrieben wieder mehr Geld in die Tasche, nämlich durch einen erhöhen Verbrauch.
Senator Wolf! Sie sagen, es sei grotesk, dass man verschiedene Preismodelle anbietet. – Das macht doch jede Telefongesellschaft. Die bieten dem Konsumenten doch auch unterschiedliche Möglichkeiten der Preisgestaltung an, und dann wird es für den einen günstiger sein, auf eine geringere Grundgebühr zurückzugreifen und eine höhere Verbrauchsgebühr zu haben und umgekehrt.
Die Refinanzierung dieses Modells erfolgt durch höheren Verbrauch. Ich möchte Ihnen einmal sagen, wie unterschiedlich der Wasserverbrauch in Deutschland ist: Im Raum Wiesbaden haben wir einen Verbrauch von über – –
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner! – Ich habe bei Ihrem Umverteilungsmodell mit den Wahlmöglichkeiten noch nicht verstanden, wer belastet wird, wenn unter dem Strich die gleiche Summe Geld erzielt werden muss?
Das versuchte ich gerade zu erklären. Ich werde es noch einmal versuchen. Sie müssen einen höheren Verbrauch erreichen. Bei dem Moment war ich gerade. Wir haben in Wiesbaden einen Verbrauch von etwa 170 oder 175 Litern pro Kopf und Tag. In Berlin sind es ungefähr 130 Liter pro Kopf und Tag. Das geht aber noch tiefer. In Dresden sind wir bei 70 Litern pro Kopf und Tag. Das heißt, wenn Sie mit Ihrem System weitermachen und den Verbrauch nicht vergünstigen, werden Sie in Berlin noch weniger Verbrauch haben,
also werden Sie den Einzelnen noch mehr belasten müssen. Das müsste auch in einen sozialistischen Kopf hineingehen können. Je weniger Wasser verbraucht wird, desto mehr müssen Sie den einzelnen Liter mit Kosten belasten. Das Ziel muss ein wesentlich höherer Verbrauch in Berlin sein. Dann können Sie die Kosten pro Liter deutlich reduzieren. Das müsste auch einer von der PDS verstanden haben, oder was meinen Sie? Dieses System schlagen wir Ihnen vor.
Wenn wir mit Ihrem System weitermachen, werden wir uns in zwei Jahren wieder hier treffen, und dann werden wir genau das Gleiche erleben. Sie werden sagen: Dummerweise ist der Verbrauch noch mehr gesunken. Die Kosten für die Rohrspülungen sind überproportional gestiegen. Die Abschreibungsfristen für die Rohre sind noch kürzer geworden, und wir bitten Sie um eine erneute Preis- und Kostensteigerung. – Das ist eine Abwärtsspirale, und nur Dummköpfe machen immer weiter. Intelligente Menschen werden eine solche Abwärtsspirale irgendwann einmal unterbrechen. Ich lade Sie ein, bei den Intelligenten mitzumachen! – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Thärichen das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Das Problem ist vom Ansatz her richtig geschildert. Wir haben bei den Wasserbetrieben eine sehr hohe Fixkostenbelastung von ungefähr 80 Prozent, und wir haben zurückgehenden Verbrauch – seit 1990 um die Hälfte. Natürlich muss die verbleibende Fixkostenbelastung auf immer weniger Verbrauchseinheiten verteilt werden, und als Folge haben wir relativ steigende Gebühren. Das ist klar.
Nur, was Sie jetzt sagen, und da wundere ich mich, dass Sie dieses Thema offensichtlich nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen: Na ja, dann müssen wir eben den Wasserverbrauch ankurbeln. – Wir werden in diesem Haus vermutlich noch ganz andere Diskussionen zu führen haben, was den Umgang mit der Ressource Wasser angeht. Die Diskussion um den Klimawandel und um die Frage, was daraus resultiert, scheint an Ihnen völlig vorbeizugehen.
Herr Lindner! Das mag ja bei dem einen oder anderen Keller aktuell so sein, aber wir müssen ein bisschen in die Zukunft sehen. Hier eine Politik zu betreiben, die den verschwenderischen Umgang mit der Ressource Wasser befördert, kann doch kein umweltpolitisch verantwortungsbewusstes Signal sein. Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass Sie wegen der aktuellen Kostenstruktur der Wasserbetriebe sagen: Wir müssen mehr verbrauchen!
Ja, Herr Lindner! Das Wasser ist da! Wenn Sie sich einmal die langfristigen Prognosen ansehen, die im Rahmen der Klimadiskussion von Fachleuten präsentiert werden, dann wissen Sie, dass es in absehbarer Zeit mit der Ressource Wasser ganz anders aussehen wird. Hier das Signal zu setzen: Verbraucht mal schön! Verbraucht mehr, um die spezifischen Kosten zu senken! – können wir in keiner Weise verantworten.
Zu der Tarifstruktur wurde das Wesentliche gesagt, nämlich dass hier eine Zauberrechnung vorgelegt wird, wie man auf allen Seiten der Gebührenschuldner im Prinzip Entlastung herbeiführt, obwohl die Gesamtkosten identisch bleiben. Sie sagen, Sie wollen im Wesentlichen die Refinanzierung über den erhöhten Verbrauch organisieren, aber diese Rechnung, Herr Lindner, geht nicht auf, und es ist insgesamt eine unsaubere Tarifpolitik, die Sie betreiben.
Zu den Punkten, die auch Herr Schmidt genannt hat: Das ganze Thema der Verzinsung und der entsprechenden kalkulatorischen Auswirkungen – darauf hatte Senator Wolf schon hingewiesen – ist an die Frage der Gewinne und der Verzinsung des dort eingesetzten Kapitals gebunden. Da sind die politischen Handlungsspielräume leider so, wie sie jetzt sind. In der Tat hätte man in der Vergangenheit andere Entscheidungen treffen müssen, aber wir müssen das jetzt zur Kenntnis nehmen. Hier zu behaupten, man könne beliebig daran spielen und daran drehen, wird den Realitäten nicht gerecht.
Noch einmal: Die Tarifkalkulation, die Tarifgenehmigung ist ein Verfahren, das wir als Rot-Rot über die Novellierung des Betriebe-Gesetzes gemacht haben, nämlich die rechtlichen Anforderungen und Maßstäbe zu konkretisieren, diese Maßstäbe zu verschärfen und auf ein Tarifgenehmigungsverfahren hinzuwirken, das haarklein die Rechtmäßigkeit der Tarife gewährleistet und auch überprüfbar macht. Diese Anforderungen haben wir im Jahr 2006 präzisiert. Es war gut und richtig, dass wir das gemacht haben. Damit haben wir die richtigen Entscheidungen getroffen.
Kurz und gut: Im Ergebnis bleibt es dabei, wir werden diese Anträge noch in den entsprechenden Ausschüssen
beraten. Das ist kein Beitrag – weder in wirtschaftlicher noch in ökologischer Hinsicht – für eine zukunftsorientierte Wasserpolitik. – Vielen Dank!