Protokoll der Sitzung vom 11.09.2008

Bund Tariferhöhungen ergeben. Das nur noch einmal zu Ihrer Kenntnis.

Als Erstes Gesetz zur Änderung des Sonderzahlungsgesetzes gibt es ein Lohndiktat anstelle eines Tarifvertrages. Unter dem Motto „ Lohndiktat statt Tarifvertrag“ bringt der rot-rote Senat das Gesetz ins Abgeordnetenhaus ein. Der Senat wird sich dafür feiern lassen, dass er nach Gutsherrenart durch „König Klaus“ den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ein Almosen zukommen lässt. Die sogenannte freiwillige Leistung des Senats von einer Bruttoeinmalzahlung in Höhe von 300 Euro in den Jahren 2008 und 2009 an die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes führt natürlich nicht zur Zufriedenheit bei den im öffentlichen Dienst Beschäftigten, der Streik geht weiter.

Diese sensationelle Einkommenssteigerung bedeutet, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einen Einkommenszuwachs in Höhe von ca. netto 50 Cent pro Tag erhalten. Das geschieht vor dem Hintergrund einer Inflationsrate in Höhe von 3 Prozent. Eine tolle Lohn- bzw. Gehaltssteigerung! Für 50 Cent bekommt man noch nicht einmal einen Coffee To Go.

Mit diesem Tarifdiktat hat der rot-rote Senat gezeigt, dass Arbeitnehmerrechte, Tarifautonomie, Sozialpartnerschaft für ihn Fremdworte sind. Da dieser Senatsbeschluss einstimmig erfolgt ist, wird sich auch die Linke fragen lassen müssen, was die Tarifautonomie für sie wert ist.

[Beifall bei der CDU – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Die ist doch gar nicht angegriffen worden!]

Diese Politik, nach Gutsherrenart zu regieren und die Beschäftigten des Berliner öffentlichen Dienstes jeweils mit 300 Euro Einmalzahlung für die Jahre 2008 und 2009 abzuspeisen, ist die arbeitnehmerfeindlichste und unsozialste Politik aller Bundesländer. Die Politik nach Gutsherrenart verärgert die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes des Landes Berlin. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Gutdünken um bis zu 20 Prozent von der Einkommensentwicklung in anderen Bundesländern abzukoppeln, ist zutiefst unsozial. Die CDU fordert eine lineare Erhöhung der Löhne und Gehälter in der Höhe der Inflationsrate.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Und wer bezahlt das?]

Auf diese Frage habe ich schon gewartet! Ich kann darauf nur antworten: Wer im Spreedreieck Millionen versenkt, für das Tempodrom zusätzliche Millionen verbaut

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Ha, ha!]

und auf dem Golfplatz in Wannsee noch die eine oder andere Million liegen lässt, für den sollte auch Geld bereitliegen, um die hart arbeitenden Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Land Berlin zu bezahlen!

[Beifall bei der CDU]

Deshalb fordert die CDU-Fraktion, dass Berlin wieder der Tarifgemeinschaft deutscher Länder beitritt. Die Mitarbei

terinnen und Mitarbeiter des Landes Berlin haben in der Vergangenheit einen großen Anteil zur Sanierung des Landeshaushalts beigetragen. Sie werden schlechter bezahlt als die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern und beim Bund. Mit dieser Schlechterstellung muss Schluss sein! Berlin darf nicht von der Einkommensentwicklung in Deutschland abgekoppelt werden. Alle anderen Bundesländer haben die Besoldung mittlerweile bis zu 3 Prozent erhöht.

Für uns Christdemokraten ist es selbstverständlich, dass Gehälter und Arbeitszeiten durch Tarifverträge bestimmt werden, bei denen Gewerkschaften und Arbeitgeber auf Augenhöhe miteinander verhandeln. Ein Lohndiktat per Gesetz lehnen wir ab. Ich bin gespannt, wie die Genossen hier im Haus abstimmen werden, die noch als aktive Gewerkschaftler tätig sind!

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Guter Lohn für gute Arbeit auch im öffentlichen Dienst! Schluss mit dem Lohndiktat per Gesetz! Tarifvertrag statt Lohndiktat!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Trapp! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Lederer das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Trapp, Sie haben recht: Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben in den vergangenen Jahren einen wichtigen Anteil zur Haushaltskonsolidierung geleistet. Aufgrund der klaffenden Milliardenlücke zwischen Einnahmen und Ausgaben und einem selbstwachsenden Schuldenberg, den die Koalition unter Eberhard Diepgen uns hinterließ – Herr Trapp, waren Sie da schon im Parlament? Haben Sie da schon Mitverantwortung getragen? – Nein? – Okay! Lassen Sie sich mal von Ihren Kolleginnen und Kollegen erzählen, wie das damals gelaufen ist, einige waren damals bereits dabei.

[Uwe Goetze (CDU): Sind Sie etwa gegen Lohnan- gleichung in Ost und West? – Peter Trapp (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Herr Dr. Lederer! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Trapp?

Ja, gern!

Bitte, Herr Trapp!

Herr Dr. Lederer! Ist Ihnen bekannt, dass Herr Eberhard Diepgen dafür gesorgt hat, dass für gleiche Arbeit auch gleicher Lohn gezahlt wird, in Berlin Ost wie in Berlin West?

Bitte, Herr Dr. Lederer!

Herr Trapp! Das ist mir bekannt! Das war neben ganz viel Unsinn, den Sie damals verzapft haben, eine der wenigen haushaltspolitischen Maßnahmen, die meine Partei damals vorbehaltlos unterstützt hat.

[Och! von der CDU]

Verdi und der Senat schlossen den bis 2010 geltenden Anwendungstarifvertrag, Herr Trapp! Einen Anwendungstarifvertrag! Zwei Beteiligte, Gewerkschaften und Senat, schlossen einen Tarifvertrag, Lohnverzicht gegen Freizeitausgleich. Das Tarifniveau wurde insgesamt bis zum Jahr 2010 eingefroren. Das, was Sie als Klausel zitiert haben, das sollten Sie sich lieber noch einmal genau ansehen. Das, was Sie behauptet haben, steht darin nicht!

Dass es uns im vergangenen Jahr gelang, einen positiven Haushaltsabschluss zu erzielen, hat auch mit diesem Tarifvertrag zu tun, Herr Trapp. Aber nicht nur. Es ist die augenblicklich vergleichsweise günstige Konjunkturlage, die uns höhere Steuereinnahmen verschafft. Wie lange das anhält, weiß keiner von uns. Trotzdem war und ist es richtig, an die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes das Signal zu senden, dass auch sie partizipieren sollen. Aus diesem Grund, Herr Trapp, hat sich die Linke seit Herbst 2007 für Tarifgespräche eingesetzt. Zu denen ist es schließlich ja auch gekommen. Ich will die Verdi-Verhandlungsführer noch einmal daran erinnern, dass es vergangenes Jahr noch hieß: Bis zum Jahr 2010 gibt es nichts. Das war im vergangenen Jahr die Position des Senats.

Leider haben die Tarifgespräche vor dem Sommer keinen erfolgreichen Abschluss gefunden. Die Gewerkschaften haben die Verhandlungen abgebrochen und einseitig für gescheitert erklärt, obwohl eine Lösung in greifbarer Nähe lag. Wir bedauern das. Das wäre für alle Beteiligten der bessere Weg gewesen, das ist wahr! Aus unserer Perspektive wäre ein bisschen Bewegung vonseiten des Landes durchaus noch möglich gewesen. Nichtsdestotrotz begrüßen wir es, dass sich der Senat im Anschluss an den Abbruch der Gespräche dafür entschieden hat – einseitig, Herr Trapp, und freiwillig –, außertarifliche Leistungen zu gewähren. Was das ist, werden Sie als Gewerkschaftler wissen. Es war klar, dass nicht ewig verhandelt werden

würde, weil das Beamtenrecht, Herr Trapp, in Deutschland per Gesetz geregelt wird. Das hat mit Lohndiktat nichts zu tun, sondern ist schlicht beamtenrechtliche Normalität.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Da wir dieses Gesetzgebungsverfahren noch schaffen mussten, musste irgendwann die Verhandlung zu einem Ende gebracht werden. Es war klar, dass wir nicht bis zum Jahr 2009 oder 2010 über Einmalzahlungen verhandeln werden. Es war klar, dass der Senat das nicht würde tun können. Und das ist letztlich auch richtig so.

Wir bringen heute für die Beamtinnen und Beamten das auf den Weg, was für die Beschäftigten insgesamt gilt. Sie erhalten nämlich mehr Geld, und das war das unmittelbares Ziel, Herr Trapp. Das hat die Gewerkschaft Verdi vor zwei Jahren gefordert: Einmalzahlungen für die drei Jahre. Nichts anderes!

Die Linke, Herr Trapp, hatte allerdings von Anfang an auch anderes im Blick. Rot-Rot wird die Aufgabe zu bewältigen haben, eine dauerhafte Abkopplung des Berliner Tarifniveaus vom dem des Bundes und der Länder zu verhindern. In diesem Sinn erwarten wir vom Senat, aber gerade auch von den Verhandlungsführern der Gewerkschaften die Offenheit für Lösungen, die über das Jahr 2010 hinaus praktikabel sind und die die Interessen der Beschäftigten und die nach wie vor nicht rosige Haushaltssituation gleichermaßen berücksichtigen.

Herr Trapp! Das Auslaufen des Solidarpakts ist dabei genauso ein Problem wie die mutmaßlich nicht dauerhaft sprudelnden Steuereinnahmen. Wir wollen, dass nicht nur auf individuelle Lohnsituationen geschaut wird, wie Sie das vorhin getan haben, sondern auch auf die Leistungsfähigkeit der Berliner Verwaltung für die gesamte Bevölkerung.

Wenn wir von einer Notwendigkeit guten Kinderschutzes reden, von hoher Bildungs- und Betreuungsqualität, von vernünftigen Bürger- und Ordnungsämtern, dann müssen wir zweifelsohne auch die Frage beantworten, wie viele Beschäftigte Berlin sich leisten kann und will. Wir sind – anders als der Finanzsenator und die Grünen – der Ansicht, dass eine Reduzierung bis auf 93 000 Stellen massive Leistungs- und Qualitätseinbußen mit sich bringen würde, die politisch nicht akzeptabel und volkswirtschaftlich nicht sinnvoll sind.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Herr Trapp! Wie sehen Sie das? Wer das will, der muss sich auch zu den damit verbundenen sozialen Folgen bekennen. Auch darüber muss man noch mit den Gewerkschaften reden.

Was hier vorliegt ist vernünftig. Es findet die Zustimmung der Linken. An die Verhandlungsführer der Gewerkschaften und Herrn Trapp ergeht der Hinweis: Ein Lohndiktat sieht anders aus als eine freiwillige außerta

rifliche Leistung. Es gibt keine Friedenspflicht und nach wie vor einen gültigen Tarifvertrag. Wir Linke meinen allerdings, dass es nicht so viel bringt, sich gegenseitig zu zerlegen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, eine gemeinsame, nachhaltige und tragfähige Lösung im Interesse der Beschäftigten ab dem Jahr 2010 zu finden. In diesem Zusammenhang wird gegebenenfalls auch darüber zu reden sein, was für die nächsten Monate und Jahre noch geht. – Wir haben einen einheitlichen Etat. Aus dem muss alles bezahlt werden. In diesem Sinn werden wir vernünftige Lösungen finden. Ich glaube auch, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes dazu bereit sind. Dem Gesetzentwurf werden wir zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lederer! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Schruoffeneger das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz und die dahinterstehende Einmalzahlung für die Angestellten sind der schwerste personalpolitische Fehler, den Rot-Rot in der bisherigen Regierungszeit gemacht hat.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Statt den Ball aufzunehmen und konstruktiv mit den Gewerkschaften über eine Verlängerung des Solidarpakts zu verhandeln,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Kann man ja nicht!]

hat der Senat die Tür faktisch zugeschlagen. Ich bin sicher, dass die Gewerkschaften ein offensives Angebot – sofort deutliche Einkommensverbesserungen für die unteren Einkommensgruppen, spürbare Entlastung für die mittleren Einkommensgruppen und dafür eine Verlängerung des Solidarpakts –, wenn man es öffentlich vorgetragen hätte, zu einer Verhandlung gebracht hätte.

[Beifall bei den Grünen – Uwe Doering (Linksfraktion): Das stimmt nicht!]

Auch die Gewerkschaftsmitglieder hätten das sehr attraktiv gefunden. Ich bin sicher, dass hätte zu Ergebnissen geführt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Zu gar keinen!]