Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Danke, Herr Staatssekretär Schlemm! – Der Kollege Steuer hat noch eine Nachfrage. – Bitte sehr!

Herr Staatssekretär Schlemm! Wie Sie auf die Idee kommen, dass dies eine Gutheißung Ihrer Politik ist und keine Resignation, ist mir nicht klar, aber das ist Ihre Interpretation.

Wenn das die Frage war, dann wird sie beantwortet.

Halten Sie es für vertretbar, dass nach wie vor über 100 Schulen unter 96 Prozent Lehrerausstattung haben und es Schulen gibt, die sogar unter 90 Prozent Lehrerausstattung haben, wie aus Ihrer Übersicht hervorgeht?

Bitte, Herr Staatssekretär Schlemm!

Herr Abgeordneter Steuer! Ich glaube nicht, dass gerade die Berliner Eltern resignieren. Wir bekommen in vielen anderen Bereichen immer noch Zuschriften, wenn etwas nicht rund läuft. Diesen Problemen werden wir nachgehen, und wir werden sie lösen. Das werden wir auch in diesem Bereich tun, wenn Probleme auftreten.

Ihre Frage, weshalb die Schulen so unterschiedlich ausgestattet sind, muss ich damit beantworten, dass ich darauf hingewiesen habe, dass das eine Momentaufnahme für den Tag gewesen ist, an dem wir diese Umfrage durchgeführt haben. Es gibt immer wieder – das ist systembedingt – Gründe, weshalb Schulen noch eine Ausstattung haben, die unterhalb der 100 Prozent liegt. Zum Beispiel werden Lehrkräfte, die dauerhaft erkrankt sind und nach dem Hamburger Modell wieder Unterricht erteilen, nicht in der Statistik aufgeführt, weil sie noch krankgeschrieben sind. Deshalb ist diese Schule rein rechnerisch zwar unterausgestattet, aber sie kommt mit den vorhandenen Lehrkräften sehr gut zurecht. Dasselbe gilt zum Beispiel für die Rückkehr von Lehrkräften aus der Elternzeit. Wenn die Schule weiß, dass diese Lehrkräfte in Kürze zurückkommen, dann wartet sie ihr Zurückkommen ab und fordert nicht in jedem Einzelfall noch eine Vertretungslehrkraft zur Überbrückung an.

Ein weiterer Grund, warum Schulen zu unter 100 Prozent ausgestattet sind, sind die noch nicht abgeschlossenen Auswahlverfahren für Einstellungen. Diese werden erst mit dem Tag in der Statistik erfasst, wenn die Lehrer an der Schule angekommen sind.

Ich darf ferner darauf hinweisen, dass es auch Kooperationen zwischen Schulen gibt – ich nenne als Beispiel die Paul-Mohr-Grund- und Sonderschule in Spandau –, bei denen die eine Schule 95 Prozent und die andere 105 Prozent hat. Beide Schulen arbeiten in demselben Gebäude und ergänzen sich mit ihren Lehrkräften. – Es gibt noch eine Reihe weiterer Gründe, aber ich möchte es dabei bewenden lassen. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke, Herr Staatssekretär! – Der Kollege Mutlu hat eine Nachfrage. – Bitte, Herr Mutlu!

Herr Staatssekretär! Entsprechend Ihrer Schnellabfrage vom 8. Oktober haben 322 Schulen eine Unterausstattung, also weniger als 100 Prozent. In der gesamten Stadt fehlen 38 Vollzeitlehrerstellen, und es gibt Bezirke, da fehlen sogar bis zu 30 Lehrkräfte. Ich möchte bei dieser Gelegenheit anmerken, dass es Schulen gibt, die 75 Prozent Lehrerausstattung haben, das heißt, dass vielerorts viele Lehrer fehlen.

Herr Kollege Mutlu! Sie müssen eine Frage stellen, und der Anlauf war schlichtweg zu lang. Bitte, stellen Sie jetzt Ihre Frage!

Entschuldigen Sie, Herr Präsident! – Ich komme zu meiner Frage: Wie und wann wollen Sie diesen Misstand endlich mit tatsächlichen Neueinstellungen beheben?

Herr Staatssekretär!

Herr Abgeordneter Mutlu! Ich weise noch einmal darauf hin, dass das ein Verteilungsproblem innerhalb der Schullandschaft ist. Wie ich erwähnte, waren von insgesamt 21 900 Lehrkräften 38 Stellen an diesem Stichtag nicht besetzt, was weniger als 0,2 Prozent sind.

[Beifall bei der SPD]

Wir haben bisher keine Beschwerden, weder von Eltern noch von Schulen, dass mit der vorhandenen Lehrerausstattung kein vernünftiger Unterricht durchgeführt werden kann. – Danke!

Danke, Herr Staatssekretär!

Nun hat der Kollege Liebich das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Wir sind Pankow – tolerant und weltoffen!

Bitte, Herr Liebich!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die für den heutigen Donnerstag angekündigte Mahnwache der NPD gegen die Eröffnung der Moschee der Ahmadiya-Gemeinde in Berlin-Pankow sowie die von allen Bezirksorganisationen der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unterstützte Aktion gegen Ausgrenzung und Hetze in Heinersdorf und für Vielfalt und Toleranz?

2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Organisation Pax Europa, zu deren Landesvorsitzenden der CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz am 30. September gewählt wurde, der sogleich vor der sich vermeintlich „ausbreitenden islamischen Ideologie in vielen Bezirken“ warnte, die unübersehbar sei, und der fürch

tet, „dass die Verachtung, die viele Muslime gegenüber ihren Nachbarn empfinden, die Hemmschwelle für eine nie gekannte Gewaltbereitschaft gegenüber Nichtmuslimen“ senken würde?

Vielen Dank! – Zur Beantwortung der Fragen hat der Innensenator Dr. Körting das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Liebich! Wir haben heute eine Versammlung, die von der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger e. V. durchgeführt wird, und zwar unter dem Motto „Für Demokratie und Menschenrechte – gegen Antisemitismus, Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus“. Die Bürgerinitiative wird von mir eher als ein Bündnis ängstlicher Bürger und nicht als eine rechtsextremistische Organisation eingeschätzt, aber am 11. Juli 2007 hat diese Interessengemeinschaft unter dem Motto „Pankow braucht mehr Demokratie und keine Moschee“ einen Aufzug durchgeführt. Damit ist meines Erachtens dann doch schon eine Zielrichtung bei der Interessengemeinschaft erkennbar, die einem Teil der Bevölkerung das Recht auf Religionsfreiheit abspricht. Insofern ist das eine Interessengemeinschaft, die ich persönlich in ihrem Ansatz für verfehlt halte. Wir sind ein toleranter Staat, und auch solche wie die Interessengemeinschaft mit ihren Äußerungen sind zugelassen, aber ich bin der Ansicht, dass alle deutlich machen müssen, dass – jedenfalls von unserem Verständnis von Religionsfreiheit her – wir derartige Zielrichtungen, wie sie die Interessengemeinschaft generell gegen Moscheebauten hat, nicht unterstützen können.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Ich habe übrigens auch in Gesprächen mit der Interessengemeinschaft deutlich gemacht, dass da eine Scheidelinie ist, wo ich ihre Ängste zwar verstehe, weil sie mit etwas konfrontiert werden, mit dem sie bisher noch nie etwas zu tun hatten, dass sie aber die falschen Mittel wählen, um sich mit der Sache auseinanderzusetzen.

Zur zweiten Frage: Über die Gruppe Pax Europa hat der Senat keine Erkenntnisse, weil es sich nicht um eine Organisation handelt, mit der wir uns von Amts wegen auseinandersetzen. Ich habe also meine Kenntnis aus einem Internetauftritt, den ich mir habe ausdrucken lassen. Danach ist Pax Europa, Landesverband Berlin-Brandenburg, eine Organisation, deren Ziel es ist, den Erhalt der Wertegemeinschaft der christlich-jüdisch geprägten Kultur zu fördern.

Das ist alles in Ordnung, aber sie wollen auch alles aufklären, was zugunsten islamisch geprägter Interessengruppen geht. Das ist mit meinem Verständnis von Religionsfreiheit nicht vereinbar. Man kann sagen: Ich bin für

christlich-jüdische Kultur. Ich lebe aus der christlichen Kultur heraus. – Aber man muss gleichzeitig andere Religionen und Kulturen tolerieren. Das scheint Pax Europa nicht zu tun. Deshalb bedauere ich, dass dort auch führende Vertreter demokratischer Parteien tätig sind. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Danke schön, Herr Senator! – Der Kollege Otto hat eine Nachfrage. – Bitte, Sie haben das Wort!

Geben Sie mir recht, dass es, wenn wir Bauwerke wie Moscheen in Ortsteilen errichten, in denen es Derartiges bisher noch nicht gab, besonders darauf ankommt, die Anwohner vorzubereiten und zu unterstützen? Ist es richtig, von dem Grundsatz auszugehen, dass sich für ein gedeihliches Zusammenleben alle ändern müssen – sowohl die, die bereits dort leben, als auch die, die dort hinkommen?

Bitte, Herr Senator Dr. Körting!

Herr Abgeordneter! Ich habe deutlich gemacht, dass ich Leute, die ängstlich sind und zurückschrecken, weil sie mit Neuem, Fremdem in Berührung kommen, nicht verteufle. Aber gerade in Heinersdorf gab es in den letzten Monaten eine umfassende Aufklärung. Es gab Bürgerversammlungen. Auch die Gemeinde, die dort bauen will – mit der ich übrigens nicht „verheiratet“ bin, die mir fremd und zu orthodox ist, die aber dort im Rahmen der Religionsfreiheit lebt –, hat unzählige Angebote an die Bürger gemacht, um aufzuklären. Wer diese Angebote nicht annimmt und trotzdem sagt, die seien des Teufels, der muss sich selbst den Spiegel vorhalten. Er kann sich später nicht beschweren, er sei nicht aufgeklärt worden. Die Heinersdorfer wurden aufgeklärt. Ihnen wurden Gespräche und Informationsmaterialien angeboten. Sie hätten sich davon überzeugen können, dass – wie immer man zu dieser Religionsgemeinschaft steht – keine Gefahr für unsere öffentliche Ordnung oder die Bewohner von Heinersdorf besteht.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen – Beifall von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Es geht jetzt weiter mit einer Anfrage des Kollegen Otto von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema

Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung im Schneckentempo oder bringt der Berliner Sonderweg das Land um Einsparungen von jährlich 10 Millionen Euro und 50 000 Tonnen CO2?

Bitte schön, Herr Otto!

Ich frage den Senat:

1. Bis wann und wie will der Senat die öffentliche Beleuchtung so modernisieren, dass das Einsparpotenzial bei der öffentlichen Beleuchtung von mindestens 10 Millionen Euro und mindestens 50 000 Tonnen CO2 jährlich endlich realisiert wird?

2. Warum will der Senat zuerst das Management der Beleuchtung ausschreiben und sich nicht wie alle anderen Städte der Bundesrepublik über ein Verhandlungsverfahren die besten Konzepte zur Finanzierung und Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung in Berlin vorlegen lassen?

Danke schön, Herr Kollege Otto! – Die Senatorin für Stadtentwicklung beantwortet das. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Otto! Ziel des Senats ist der Erhalt der Verkehrssicherheit, der Funktionsfähigkeit und die Modernisierung der außerordentlich veralteten Anlagen in einigen Stadtbezirken, aber auch die CO2-Reduzierung und die Kosteneinsparung bei der öffentlichen Beleuchtung.

Bereits seit Übernahme der Zuständigkeit und ausdrücklich vor Ausschreibung eines Konzepts bzw. der Suche eines Betreibers für die öffentliche Beleuchtung ist der Senat tätig geworden. Unter anderem werden zunächst – wie es sich aus dem Gesamtkonzept ergibt – voraussichtlich die Einsparpotentiale, die sich daraus ergeben, dass die vorhandenen 8 500 gasfreien Leuchten durch moderne, energiesparende Elektroleuchten ersetzt werden, innerhalb der nächsten fünf Jahre erhebliche Effekte zur CO2-Minderung mit sich bringen. Darüber hinaus wurde bereits im Herbst 2006 mit der Modernisierung der Straßenbeleuchtung in außerordentlich relevanten Größenordnungen begonnen. Wir wollen beispielsweise bis Ende 2008 ca. 40 000 Elektroleuchten mit moderner Funksteuerung versehen und die außerordentlich störanfällige Tonfrequenzrundsteuerung und die veraltete Dämmerungsschaltung ersetzen. Das ist ebenfalls eine wesentlicher Beitrag zur Modernisierung der Leuchten.

Ein weiteres Beispiel: Es gibt die durch Quecksilberhochdrucklampen in der Vergangenheit erzeugte CO2Emission. Der Gesamtbestand wird am Ende des Jahres bei 9,5 Prozent liegen, und im Jahr 2010 wird es in Berlin solche Leuchten nicht mehr geben. Der durchschnittliche Anteil – zum Vergleich – liegt in anderen deutschen Städten immer noch bei 33 Prozent.

Wir haben uns im Frühjahr 2007 zu der Konzeption einer Beleuchtung beraten lassen, und zwar zu organisatorischen, wirtschaftlichen, energieeffizienten, steuerrechtlichen und finanziellen Gesichtspunkten. Wir sind dazu gekommen, eine projektorientierte Erneuerung des Bestandes vorzunehmen. Ich halte es für richtig, dass wir Verträge gestalten wollen, die auch während der Laufzeit einen größtmöglichen Steuerungsspielraum haben. Wenn wir jetzt für die hochkomplexe und vielfältige Leuchtenlandschaft in Berlin ein abschließendes Angebot annehmen würden, würden wir uns die Möglichkeit nehmen, künftig noch etwas zu ändern. Das beträfe nicht nur stadtgestalterische Vorgaben, sondern insbesondere auch technische Erneuerungen, mit denen wir in den nächsten Jahren rechnen. Die künftige Änderung solcher Bauprogramme, die kleinteilige Vergabe und die straßenbezogene Analyse der Leuchtensituation führt dazu, dass wir von dem Betreiber immer den neuesten technischen Stand erwarten können. Mit einem solchen Vertrag haben wir die Sicherheit, zum Zeitpunkt der Maßnahme die jeweils energieeffizienteste und kostengünstigste Lösung bestellen zu können. Wir können dadurch im Wettbewerb mit anderen Städten erreichen, dass wir die technischen Möglichkeiten der Zukunft nutzen können. Zudem können wir die finanziellen Erfolge für das Land Berlin immerzu verbessern.

Danke schön! – Der Kollege Otto hat eine Nachfrage. – Bitte!