Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

[Christian Gaebler (SPD): Nein, nicht darüber!]

Wir sind in der Sofortabstimmung über den Antrag. Wer ist dafür? – Das sind CDU- und FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die anderen drei Fraktionen. Wer enthält sich? – Keine Enthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 48:

Antrag

Mehr Wohlstand durch Wettbewerb (X): Berliner Krematorien ohne staatliche Zuschüsse

Antrag der FDP Drs 16/1878

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP.

[Unruhe]

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die letzte Viertelstunde um Konzentration und möglicherweise um Stille. – Bitte schön, Herr Kollege Jotzo!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben vorhin viel über Aufgabenkritik und sinnlose staatliche Aufgaben gesprochen, über deren Abschaffung man diskutieren kann. Sie wissen, dass die FDP-Fraktion nie darum verlegen ist, Ihnen auch zu fortgeschrittener Stunde entsprechende Angebote zu unterbreiten.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Herr Präsident! Ich darf angelegentlich dessen darauf aufmerksam machen, dass es sich hier nicht um Mehr Wohlstand durch Wettbewerb „X“ handelt,

[Zuruf von Stefanie Winde (SPD)]

sondern um den bereits zehnten Antrag, den zehnten Vorschlag, den die FDP-Fraktion mit römisch X diesem Plenum unterbreitet, um mehr Wohlstand durch Wettbewerb zu erlangen.

[Beifall bei der FDP – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Die werden aber nicht besser, Ihre Anträge! Leichenfledderer!]

Wenn man die Berliner Bürgerinnen und Bürger fragt, was meinst du als einzelner konkret, was du im Jahr dafür zahlst, dass es in Berlin staatliche Krematorien gibt?, dann würden Ihnen die meisten sagen: keine Ahnung, weiß ich nicht. – Ich kann es Ihnen sagen: Jeder Berliner Bürger zahlt nahezu einen Euro pro Jahr dafür, dass es überhaupt staatliche Krematorien in Berlin gibt.

[Dr. Frank Steffel (CDU): Wie in der DDR! – Mario Czaja (CDU): Soll man den gleich abgeben? Ich zahle gleich fürs nächste Jahr mit!]

Wenn Sie gleichzeitig wissen, dass es in vielen Bundesländern einen wunderbar funktionierenden privaten Markt für Kremierungen aller Art gibt,

[Unruhe]

dann kann man sich in der Tat fragen, –

Herr Kollege! Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Meine Damen und Herren! Wir werden die Sitzung unterbrechen, wenn Sie nicht in der Lage sind, dem Redner zuzuhören.

[Dr. Frank Steffel (CDU): Ist doch der Redner schuld!]

Man kann sich draußen in der Halle unterhalten, aber bitte nicht hier. – Bitte schön, fahren Sie fort, Herr Jotzo!

warum sich Berlin einen solchen Luxus leistet. Auf diese Frage gibt es keine befriedigende Antwort, denn wir könnten uns von diesem Luxus tatsächlich von einer auf die andere Minute trennen.

In der Tat sind die Infrastrukturkosten, die uns durch die Krematorien entstehen, geringer als der Betrag, den wir zahlen müssten, wenn wir den Betrieb der staatlichen Krematoriumsbetriebe von einer Minute auf die andere einstellten und stattdessen Private in diesen Markt ließen. Es ist erstaunlich, dass diese simple Erkenntnis immer noch nicht beim Berliner Senat angekommen ist. Immer noch wird versucht, an Symptomen herumzudoktern. Seit Jahren bereits versucht der Senat, dieses Problem zu lösen. Sie haben es immer noch nicht geschafft, ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Betrieb von Krematorien in Berlin zu entwickeln.

Das Einzige, worauf Sie jetzt gekommen sind, ist eine neue Gebühren- oder Entgeltordnung, wie Sie es jetzt nennen. Die wird wiederum dazu führen, dass staatliche Krematorien unter Preis anbieten, was letztlich auch wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belastet und privaten Krematorienbetreibern unnötig Konkurrenz macht. So sieht eine vernünftige staatliche Betätigung im Wettbewerb nicht aus. Man muss konstatieren, dass Sie mit Ihren Plänen gescheitert sind, was die Berliner Krematoriumsbetriebe angeht. Es ist Zeit, Konsequenzen zu ziehen.

[Heidi Kosche (Grüne): Was schlagen Sie denn vor?]

Diese Konsequenzen ziehen wir mit diesem Antrag. Wir fordern den Senat auf, endlich ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Betrieb von Krematorien in Berlin vorzulegen.

[Zuruf von Dr. Frank Steffel (CDU)]

Wenn das bedeutet, dass Sie die Berliner Krematoriumsbetriebe vollständig in den Wettbewerb entlassen werden, ist das eine vernünftige, eine gute Konsequenz, die auch die Berliner Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erheblich entlasten wird.

[Beifall bei der FDP – Unruhe]

Ich freue mich, dass dieses Thema auch zu fortgeschrittener Stunde noch für so viel Heiterkeit sorgt, und bin deswegen sehr optimistisch, dass die Koalitionsfraktionen in der Ausschussberatung und letztlich bei der Abstimmung im Plenum unserem Vorschlag ihre Zustimmung nicht verweigern werden, denn letztlich muss jeder vernünftige Mensch einsehen, dass der von uns vorgeschlagene Weg hier der einzig wirtschaftliche und richtige ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Dr. Martin Lindner (FDP): Bravo! – Uwe Doering (Linksfraktion): Wie ist das mit der Seebestattung? – Zuruf von Stefanie Winde (SPD)]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Goetze.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun könnte man zu dem Antrag sagen: Leb’ wohl!

[Heiterkeit]

Aber wir wollen uns ja trotz allem hier ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen.

Im Antrag wird unter anderem gefordert, dass die Krematorien Berlins schnellstmöglich veräußert werden sollen. Wenn es denn so einfach wäre, dann hätten es Kaufinteressenten schon längst auch bei diesem Senat geschafft, einen Termin zu bekommen und ein Angebot abzugeben. Allerdings ist die Welt so einfach nicht.

[Henner Schmidt (FDP): Für das Krematorium Wedding gab es Angebote!]

In der Tat ist es so, dass das Problem Kremierungen zweierlei ist. Erstens gibt es Dumpingangebote aus dem Umland bis hin nach Holland. In Polen werden auch preisgünstige Kremierungen vorgenommen. Das zweite Problem ist, dass diese Krematorien, insbesondere Baumschulenweg, von ihrer Anlage her so konstruiert sind, dass sie ein würdevolles Abschiednehmen gewährleisten. Deshalb können der Betrieb oder die Unterhaltung nicht unter normalen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet werden.

Ich weiß nicht, ob wir gut beraten sind, wenn wir jede Form des Abschiednehmens im Trauerfall uneingeschränkt betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unterordnen. Niemand käme auf die Idee, Kirchenbauten unter diesen Gesichtspunkten zu sehen. Insofern ist für all diejenigen, die vielleicht nicht kirchlich gebunden sind, auch eine entsprechende Möglichkeit zur Abschiednahme sinnvoll.

Ich glaube, dass wir gut beraten sind, die Details im Ausschuss zu besprechen. Auch die neue Gebührenordnung müssen wir uns angucken.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich hoffe nur, dass die Verwaltung – bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass sie das leisten kann – nunmehr Angebote an diejenigen macht, die die Krematorien nutzen, die dazu führen, dass die Inanspruchnahme der entsprechenden Angebote in Polen oder in Holland unterbleibt. Ich würde mich freuen, wenn wir zu einer möglichst einvernehmlichen Lösung kommen. Denn das ganze Thema eignet sich, weiß Gott, gar nicht dazu, irgendeine poli

tische Auseinandersetzung zu führen. Deswegen sollten wir es hier auch nicht tun.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat nun der Kollege Schruoffeneger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich anguckt, worüber wir heute alles nicht geredet haben: über Ausbildung, über Hochschulen, über exzellente Wissenschaft und Forschung, dann ist es erstaunlich, dass wir jetzt über die Krematorien reden.

[Mario Czaja (CDU): Vor allem, dass Sie jetzt darüber reden!]

Aber man muss eben Prioritäten und Schwerpunkte setzen. Ein bisschen fühle ich mich bei der FDP zurückversetzt in die 80er-Jahre, Grieneisen-Lange lässt grüßen. Man wundert sich immer wieder, wie so etwas zustande kommt.